(19)
(11) EP 0 737 840 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.10.1996  Patentblatt  1996/42

(21) Anmeldenummer: 96105249.5

(22) Anmeldetag:  02.04.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F41H 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB

(30) Priorität: 07.04.1995 DE 19513167

(71) Anmelder: Daimler-Benz Aerospace Aktiengesellschaft
81663 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Feierlein, Johannes
    85667 Oberpframmern (DE)
  • Rieger, Ulrich
    83620 Feldkirchen-Westerham (DE)

   


(54) Tarneintichtung und -verfahren für Objekte


(57) Mit Hilfe von Formelementen und Flächenelementen wird das charakteristische Erscheinungsbild eines Objektes gezielt dahingehend verändert, daß der Eindruck eines taktisch weniger interessanten Objektes entsteht.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Tarneinrichtung und ein Tarnverfahren für Objekte mit Wenigstens einem entfaltbaren Formelement zur Veränderung der objekttypischen Signatur.

[0002] Aus der DE 33 12 169 A1 ist ein Störziel für stehende und fahrende Geräte bekanntgeworden, das aus einem aufblasbaren, luftmatrazenähnlichen Hohlkörper besteht. Dieses Störziel soll mittels seiner Anordnung neben, über oder hinter dem Objekt sensorgesteuerte Munition mit Hilfe einer intensiven Signatur vom eigentlichen Ziel ablenken. Deshalb muß das Störziel immer einen Sicherheitsabstand vom Objekt aufweisen.

[0003] Die klassische Tarntechnik reduziert die Signatur eines Objektes soweit oder paßt sie der Umgebung an, daß die gegnerischen Aufklärungsmittel das Objekt nicht mehr erkennen sollen. Die heute üblichen Sensoren, die häufig auch multispektral, also in verschiedenen Frequenzbändern arbeiten, sind jedoch so empfindlich hinsichtlich geringster Differenzen von Meßgrößen, daß die herkömmliche Art der Tarnung zunehmend schwieriger wird oder mit vertretbarem Aufwand nicht mehr lösbar ist.

[0004] Aus diesem Grund hat es sich die vorliegende Erfindung zur Aufgabe gestellt, einen anderen Weg der Verhinderung der Erkennbarkeit von Objekten einzuschlagen. Anstelle der Verringerung und Anpassung der Objektsignatur soll die Verschleierung der Natur oder der Aufgabe des Objektes treten. Dies bedeutet, daß die Sichtbarkeit des Objektes bewußt in Kauf genommen wird. Die gegnerische Aufklärung soll jedoch ein andersartiges Objekt sehen, dessen Bekämpfung sich nicht lohnt. So umfaßt beispielsweise eine Raketenstellung immer bestimmte Geräte wie Radare, Werfer und Führungsfahrzeuge, deren Aufstellung, Anzahl und Signatur bekannt ist. Fehlen jedoch bei der Beobachtung der Stellung typische Geräte, so kann die Funktion der Einheit nicht mehr ausreichend genau bestimmt werden.

[0005] Die Aufgabenstellung wird durch die in den kennzeichnenden Teilen der Ansprüche 1 und 9 genannten Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen wiedergegeben.

[0006] Der besondere Vorteil der Einrichtung und des Verfahrens gemäß der Erfindung liegt darin, daß einem Beobachter die Eigenschaften und die Aufgabe des getarnten Objektes verschleiert werden. Dadurch wird die Entscheidung zur Bekämpfung zu spät oder gar nicht getroffen, was letztlich eine Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkein des Objekts oder der gesamten Einheit bedeutet.

[0007] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in der Zeichnung dargestellt und wird in der Beschreibung näher erläutert. Es zeigen.
Fig. 1
ein ungetarntes Rundsuchradar mit Zugfahrzeug und
Fig. 2
die gleichen Fahrzeuge in getarnter Stellung.


[0008] Das in Fig. 1 dargestellte Ausführungsbeispiel ist ein zweiteiliges Kettenfahrzeug, welches ein taktisches Radargerät transportiert. Das Fahrzeug gehört zu einer Flugabwehrbatterie. Um den gewünschten Tarneffekt zu erhalten, muß nicht nur das Strahlungsverhalten des Objektes 1a sondern auch seine äußere Form scheinbar verändert werden. Zu diesem Zweck sind beim Anwendungsbeispiel verschiedene Maßnahmen erforderlich. Die Kettenlaufwerke 6 des Zugfahrzeugs und des Anhängers stellen signifikante Komponenten dar. Zur Tarnung sind ausrollbare oder anknöpfbare Schürzen 3 vorgesehen, deren Oberfläche so gestaltet ist, daß der Beobachter im sichtbaren und im infraroten Frequenzbereich Lastwagenräder anstelle der Kettenlaufwerke erkennt. Dies wird dadurch erreicht, daß aufdie Schürzen 3 in bekannter Weise Materialien mit unterschiedlicher Farbgebung, sowie Emissions- und Reflexionsfähigkeit appliziert wurden. Für den Fahrbetrieb werden die Schürzen abgenommen oder aufgerollt.

[0009] Ein weiterer Problembereich, der der Tarnung bedarf, sind charakteristische Teile 4 der Karosserie, der Ladeflächen bzw. -räume und des Fahrwerkes. Diese werden, soweit es für die Verschleierung sinnvoll ist, teilweise ungetarnt gelassen. Für die zu verändernden Teile 4 werden Formelemente 2 und Flächenelemente 3 oder Kombinationen aus beiden Elementen 2, 3 eingesetzt. Beim Ausführungsbeispiel in Figur 2 werden der Zugwagen und der Anhänger mit Hilfe eines Formelementes 2, welches im Zwischenraum zwischen den Fahrzeugen entfaltet wird, zu einer Einheit verschmolzen. Auf beiden Seiten des Radargerätes 5 sind weitere Formteile 7 angeordnet. Insgesamt entsteht der Eindruck eines Lastkraftwagens, dessen Ladefläche mit einer Plane überdeckt ist. Werden an den Seitenflächen der Plane Flächenelemente 3 eingesetzt, deren Erscheinungsbild und Verhalten einer natürlichen Plane gleicht, so gibt die Tarnung sogar das Flattern der Plane im Wind realistisch wieder.

[0010] Für die Radaranlage 5 wird als Tarnmittel ein flexibles, aufblasbares Formteil 8 in der Gestalt einer Haube verwendet. Eine derartige Haube ist in der älteren Anmeldung P 43 30 224 beschrieben. Durch die entsprechende Verwendung bekannter Materialien für die Oberfläche der Haube 8 entsteht der Eindruck einer Baumkrone. Somit wird durch die erfindungsgemäße Verwendung von Formelementen und Flächenelementen dem Beobachter vorgetäuscht, daß ein Versorgungsfahrzeug 1b vor einem Baum stünde, die Charakteristik des tatsächlichen Objektes 1a wird verschleiert. Dies trägt zur Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit bei.

[0011] Das beschriebene Tarnsystem besteht also aus einer Anzahl von bedruckten oder mit geeigneten Materialien applizierten Flächenelementen (Tamschürzen) 3, die die auffälligen und signifikanten Bereiche des Objektes 1a verdecken und gleichzeitig die Merkmale eines anderen, taktisch weniger wichtigen Objekts 1 b zeigen, sowie einer Anzahl von flexiblen Formelementen 2, welche die äußere Form und die Konturen des zu tarnenden Objekts 1a gezielt so verändern, daß die Form und die Konturen des weniger wichtigen Objekts 1b angenähert werden. Diese Anordnung und das damit durchgeführte Tarnverfahren bieten den Vorteil hoher taktischer Wirksamkeit bei einem gleichzeitigen Minimum an Materialaufwand und Tarnarbeit im Einsatzfall.


Ansprüche

1. Tarneinrichtung für Objekte mit wenigstens einem entfaltbaren Formelement zur Veränderung der objekttypischen Signatur, dadurch gekennzeichnet, daß am Objekt (1a) wenigstens ein Formelement (2) und/oder ein Flächenelement (3) entfaltbar angeordnet sind, die im entfalteten Zustand objekttypische Merkmale wie Einrichtungen (4) der Karosserie, Aufbauten (5) und Antriebsmittel (6) abdecken und die derart gestaltet sind, daß auch bei multispektraler Beobachtung die Signatur eines andersartigen Objektes (1b) erkennbar ist.
 
2. Tarneirrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Gestaltung des Form- und/oder des Flächenelements (2,3) die Auswahl des Oberflächenmaterials betrifft.
 
3. Tarneinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Gestaltung des Form- und/oder des Flächenelements (2,3) die Beschaffenheit der sichtbaren Oberfläche des Materials hinsichtlich Farbgebung, Emissionsfähigkeit und Reflexionsfähigkeit betrifft.
 
4. Tarneinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Gestaltung des Form- und/oder des Flächenelements (2,3) die Formgebung betrifft.
 
5. Tarneinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Form- und/oder das Flächenelement (2,3) als Schürze für Fahrwerks- bzw. Antriebsteile (6) des Objekts ausgeführt sind.
 
6. Tarneinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß das Form- und/oder Flächenelement (2,3) als Schürze für Karosserie- bzw. Aufbauteile (4) des Objekts ausgeführt ist.
 
7. Tarneinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Form- und/oder Flächenelement (2,3) die Gestalt von für das Objekt untypischen Aufbau- und/oder Karosserieteilen (7) aufweist.
 
8. Tarneinrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Form- und/oder Flächenelement (2,3) die Gestalt von Bestandteilen (8) der natürlichen Umgebung aufweist.
 
9. Tarnverfahren für Objekte unter Verwendung von wenigstens einem entfaltbaren Formelement zur Veränderung der objekttypischen Signatur, dadurch gekennzeichnet, daß am Objekt (1a) wenigstens ein Formelement (2) und/oder ein Flächenelement (3) angebracht und bei Bedarf entfaltet wird, wobei im entfalteten Zustand objekttypische Merkmale wie Einrichtungen (4) der Karosserie, Aufbauten (5) und Antriebsmittel (6) abgedeckt werden, und wobei das Formelement und/oder das Flächenelement derart gestaltet sind, daß auch bei multispektraler Beobachtung die Signatur eines andersartigen Objektes (1b) erkennbar ist.
 
10. Tarnverfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß das Oberflächenmaterial des Form- und/oder Flächenelements im Hinblick auf die Gestalt des andersartigen Objektes (1b) auswählbar ist.
 
11. Tarnverfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Beschaffenheit der sichtbaren Oberfläche des Form- und/oder Flächenelements (2,3) bezüglich der Farbgebung, Emissions- und Reflexionsfähigkeit dem andersartigen Objekt (1b) anpaßbar ist.
 
12. Tarnverfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß die Formgebung des Form- und/oder des Flächenelements (2,3) an das andersartige Objekt (1b) anpaßbar ist.
 
13. Tarnverfahren nach wenigstens einem der Ansprüche 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Beschaffenheit und/oder die Formgebung des Form- und/oder Flächenelements (2,3) an die natürliche Umgebung des andersartigen Objekts (1b) anpaßbar ist.
 




Zeichnung