Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft eine axial durchströmte Turbomaschine mit mindestens einer
Anzapfkammer im Gehäuse, in die ein Teil des zum Betrieb der Turbomaschine verwendeten
Arbeitsmittels über Entnahmeöffnungen abgeführt wird.
Stand der Technik
[0002] Derartige Anzapfkammern für axial durchströmte Turbomaschinen sind bekannt. Die Turbomaschine
besteht im wesentlichen aus einem Läufer bestückt mit Laufschaufeln und einem Gehäuse
mit darin angeordneten Leitschaufeln. Eine Reihe Laufschaufeln wechselt sich jeweils
mit einer Reihe Leitschaufeln ab. Um Arbeitsmittel aus der Turbomaschine zu entnehmen,
sind im Gehäuse zwischen den Leitschaufelreihen Entnahmeöffnungen angebracht. Ueber
diese kann das Arbeitsmittel in die im Gehäuse angeordneten, umlaufenden Anzapfkammern
gelangen. Von der Anzapfkammer wird dann das Arbeitsmittel abgeführt und weiterverwendet.
Tritt das Arbeitsmittel mit hoher kinetischer Energie und drallbehafteter Strömung
in die im Vergleich zu den Entnahmeöffnungen weit ausgedehnten Anzapfkammern, wird
die kinetische Energie praktisch vollständig dissipiert. Dadurch können sich bedeutsame
Exergieverluste ergeben. Durch die stark wirbelnde Strömung können infolge der guten
Wärmeübertragung weitere Exergieverluste durch hohe Wärmeflüsse hinzukommen.
[0003] In der CH 661 319 A5 wurde die Entnahmeöffnung als Diffusor ausgestaltet indem mindestens
eine Wand der Entnahmeöffnung abgeschrägt wurde. Das Radiusverhältnis von Austrittsradius
zu Eintrittsradius dieses Diffusors ist jedoch so klein, dass die Drallkomponente
der stark wirbelnden Strömungen ungenügend abgebaut wird. Dadurch wird ein sehr geringer
Rückgewinnkoeffizient erreicht. Als Rückgewinnkoeffizient wird ein Wert zwischen null
und eins bezeichnet, der den Anteil der zurückgewonnen kinetischen Energie angibt.
Zudem können Zuströminhomogenitäten in die Entnahmeöffnungen zur vollen Ablösung der
Strömung im kurzen Diffusor führen, wodurch der Rückgewinnkoeffizient auf null sinkt.
Darstellung der Erfindung
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei einer axial durchströmte Turbomaschine
mit Anzapfkammer im Gehäuse der eingangs genannten Art Exergieverluste in der Anzapfkammer
zu vermeiden.
[0005] Erfindungsgemäss wird dies dadurch erreicht, dass im Innern der Anzapfkammer an der
Entnahmeöffnung ein im wesentlichen radial ausgedehnter Diffusor angebracht ist.
[0006] Die Vorteile der Erfindung sind unter anderem darin zu sehen, dass durch die gewählte
radiale Ausdehnung und lange Lauflänge des Diffusors die Normal- und Tangentialkomponenten
der Geschwindigkeit der Strömung sicher abgebaut werden. Der Diffusor ist deshalb
robust, d.h. unempfindlich auf die Zuströmbedingungen an der Entnahmeöffnung.
[0007] Besonders in Fällen eines kleinen Radienverhältnisses ist es zweckmässig, wenn vor
dem Diffusoraustritt ein Umlenkgitter eingebaut wird. Es bewirkt einen totalen Abbau
der Tangentialgeschwindigkeit und führt damit zu einem grösstmöglichen Rückgewinnkoeffizienten.
[0008] Es ist besonders zweckmässig, wenn als eine Diffusorwand die abströmseitige Anzapfkammerwand
verwendet wird, weil hier die resultierenden Wärmeflüsse über die Kammerwand minimal
sind. Zudem wird dadurch der Bauaufwand minimal, da nur eine Diffusorwand gefertigt
werden muss.
Kurze Beschreibung der Zeichnung
[0009] In den Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer doppelflutigen
Niederdruck-Dampfturbine dargestellt. Es zeigen:
- Fig. 1
- einen Teillängsschnitt der Dampfturbine;
- Fig. 2
- eine Vergrösserung des Details II aus Fig.1;
- Fig. 3
- eine Teilabwicklung des Umlenkgitters des Diffusors.
[0010] Es sind nur die für das Verständnis der Erfindung wesentlichen Elemente gezeigt.
Nicht dargestellt sind beispielsweise die Dampfzu- und Dampf abführungen sowie die
Wellenlager. Die Strömungsrichtung des Arbeitsmittels ist mit Pfeilen bezeichnet.
Weg zur Ausführung der Erfindung
[0011] Gemäss Fig.1 ist ein Läufer 1 aus zusammengeschweissten Wellenscheiben mit Laufschaufeln
2 bestückt, die in mehreren Reihen 10, 11, 12 und 13 angeordnet sind. Der Läufer 1
wird von einem Gehäuse 3 umschlossen, das axial geteilt ist und über nicht dargestellte
Flansche verbunden wird. Im Gehäuse 3 sind Leitschaufeln 4 in mehreren Reihen 14,
15, 16 und 17 entsprechend den Laufschaufeln 2 angeordnet.
[0012] Der Weg des Dampfes führt über eine nicht dargestellte Zudampfleitung zu einem torusförmigen
Zuströmkanal 5 im Gehäuse 3. Der Torus sorgt dafür, dass der Dampf gut geführt zu
den beiden Fluten der Dampfturbine gelangt. Nach Abgabe der Energie über die Laufschaufeln
2 an den Läufer 1 wird der Dampf abgeführt.
[0013] Zwischen den Leitschaufelreihen 15 und 16 und zwischen den Leitschaufelreihen 16
und 17 sind Entnahmeöffnungen 6 positioniert. Durch die im wesentlichen schlitzförmigen,
umlaufenden Entnahmeöffnungen 6 wird Dampf in um das Gehäuse umlaufende, im wesentlichen
torusförmige Anzapfkammern 7 abgeführt. Durch die jeweilige Position der Entnahmeöffnungen
6 wird Dampf von spezifischer Temperatur und Druck entnommen. Dieser Entnahmedampf
wird in den Anzapfkammern 7 gesammelt und dann über eine nicht gezeigte Anzapfleitung
abgeführt. Der Entnahmedampf kann beispielsweise zur Erhitzung von Speisewasser in
einem Dampfkreislauf verwendet werden.
[0014] In Fig.2 ist unmittelbar anschliessend an die Entnahmeöffnung 6 in der Anzapfkammer
7 eine Diffusorwand 20 angebracht, welche mit der abströmseitigen Anzapfkammerwand
9 einen Diffusor 23 mit einem Diffusoraustritt 26 begrenzt. Die Temperatur der abströmseitigen
Anzapfkammerwand 9 sowie des Fussteiles der Leitschaufel 4 entspricht im wesentlichen
der Temperatur des Anzapfdampfes. Zur Befestigung der Diffusorwand 20 sind umlaufende
Führungsnuten 21 an der Entnahmeöffnung 6 und Führungsnuten 22 in Rippen 8 vorgesehen.
Mehrere Rippen 8 sind gleichmässig über den Umfang des Gehäuses 3 verteilt.
[0015] Die Diffusorwand 20 wird entsprechend dem zweiteiligen Gehäuse 3 in zwei Teilen hergestellt,
beispielsweise aus einem Blech durch ein Umformverfahren. Dadurch kann die Diffusorwand
20 zirkular in die Führungsnuten 21 und 22 eingeschoben werden.
Der Diffusor 23 wird beschrieben durch sein Längenverhältnis L/H mit einer Lauflänge
L zu einer Entnahmebreite H an der Entnahmeöffnung 6, durch sein Radienverhältnis
R2/R1 mit einem Austrittsradius R2 zu einem Eintrittsradius R1, sowie durch sein Flächenverhältnis
A2/A1 von Austrittsfläche A2 am Diffusoraustritt 26 zur Eintrittsfläche A1 an der
Entnahmeöffnung 6. Das Verhältnis von Lauflänge L zur Entnahmebreite H beträgt vorteilhafterweise
mindestens zehn (L/H > 10), um die Normal- und Tangentialkomponenten der Geschwindigkeit
der eintretenden Strömung weitgehend abzubauen. In Fig.2 wurde das Verhältnis von
Lauflänge L zur Entnahmebreite H grösser als fünfzehn gewählt, um einen möglichst
hohen Rückgewinnkoeffizient zu erzielen. Der Diffusor 23 ist radial weit ausgedehnt,
so dass das Radienverhältnis R2/R1 > 1.3 beträgt. Dadurch resultiert eine Abnahme
der Austritts-Tangentialgeschwindigkeit der Strömung des Diffusors 23 beim Diffusoraustritt
26 im Vergleich mit der Eintritts-Tangentialgeschwindigkeit am Entnahmeschlitz 6.
Das Verhältnis Austrittsquerschnitt A2 zu Eintrittsquerschnitt A1 wird selbstverständlich
entsprechend den allgemein bekannten Bedingungen für einen ablösungsfreien Diffusor
gewählt. Bei einem Verhältnis von Lauflänge L zur Entnahmebreite H von mindestens
zehn wird dann zum Beispiel das Flächenverhältnis von Austrittsquerschnitt A2 zu Eintrittsquerschnitt
A1 ungefähr drei oder grösser. Kann beispielsweise bei äquidistanter Anordnung von
Diffusorwand 20 zur Anzapfkammerwand 9 das benötigte Flächenverhältnis A2/A1 nicht
erreicht werden, wird die Führungsnut 22 einfach weiter oder näher von der Anzapfkammerwand
9 entfernt angeordnet. Dadurch können beliebige Verhältnisse von Austrittsquerschnitt
zu Eintrittsquerschnitt erzielt werden.
[0016] Am Diffusoraustritt des Diffusors 23 an der Diffusorwand 20 kann zusätzlich ein Umlenkgitter
24 angebracht werden. Es bewirkt den Abbau der verbleibenden Tangentialgeschwindigkeit.
Es führt damit zu einer weiteren Erhöhung des Druchrückgewinns und zu einer Reduktion
des Wärmeübergangs in der Anzapfkammer.
[0017] Nach Fig.3 besteht das Umlenkgitter 24 aus Schaufeln 25, deren Form nur beispielhaft
wiedergegeben ist. Diese Schaufeln 25 können bsw. aus Blech gefertigt werden. Sie
werden vor der zirkularen Montage der Diffusorwand 20 in die Anzapfkammer 7 auf der
Diffusorwand 20 befestigt, bsw. durch Schweissen oder Nieten.
[0018] Durch den Einbau eines Diffusors in die Anzapfkammer 7 können erhebliche Exergieverluste
vermieden werden. Nachfolgend wird dies anhand einer überschlagsmässigen Rechnung
dargelegt. Für den obigen Diffusor 23 sollen folgende Bedingungen für den eintretenden
Dampf gelten:
- Eintrittsdruck ≅ 250 mbar
- Eintrittsenthalpie ≅ 2600 kJ/kg
- Eintrittsgeschwindigkeit ≅ 250 m/s
[0019] Damit ergibt sich ein Exergieverlust von 180 kW pro Anzapfkammer ohne Diffusor 23.
Dies entspricht, bei einer doppelflutige Niederdruck-Dampfturbine mit je drei Anzapfkammern
7, einem Exergieverlust von 1 MW. Durch den Diffusor 23 können zudem weitere, nicht
quantifizierte Exergieverluste infolge der nicht wirbelnden Strömung und der daraus
resultierenden reduzierten Wärmeübertragung vermieden werden.
[0020] Selbstverständlich ist die Erfindung nicht auf das gezeigte und beschriebene Ausführungsbeispiel
beschränkt. Der Einbau eines Diffusors in die Anzapfkammer kann bei jeder axial durchströmten
Turbomaschine mit hoher Strömungsenergie in der Anzapfkammer zur Anwendung kommen.
Der Diffusor kann auch durch zwei Diffusorwände gebildet werden, ohne Einbezug der
Anzapfkammerwand. Weiter kann die Ausgestaltung der Befestigung der Diffusorwand natürlich
auch durch beliebige andere Mittel erfolgen. Die Ausgestaltung (Umlenkwinkel, Sehnenlänge
und Teilungsverhältnis) und Position des Umlenkgitters wird durch die jeweilige Strömung
stromabwärts des Diffusoraustritts bestimmt.
Bezugszeichenliste
[0021]
- 1
- Läufer
- 2
- Laufschaufel
- 3
- Gehäuse
- 4
- Leitschaufel
- 5
- Zuströmkanal
- 6
- Entnahmeöffnung
- 7
- Anzapfkammer
- 8
- Rippe
- 9
- Anzapfkammerwand abströmseitig
- 10 - 13
- Laufschaufel-Reihen
- 14 - 17
- Leitschaufel-Reihen
- 20
- Diffusorwand
- 21
- Führungsnut Entnahmeöffnung
- 22
- Führungsnut Rippe
- 23
- Diffusor
- 24
- Umlenkgitter
- 25
- Schaufeln
- 26
- Diffusoraustritt
- A1
- Eintrittsfläche
- A2
- Austrittsfläche
- L
- Lauflänge
- H
- Entnahmebreite
- R1
- Eintrittsradius
- R2
- Austrittsradius
1. Axial durchströmte Turbomaschine mit mindestens einer Anzapfkammer (7) im Gehäuse
(3), in die ein Teil des zum Betrieb der Turbomaschine verwendeten Arbeitsmittels
über Entnahmeöffnungen (6) abgeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Innern der Anzapfkammer (7) an der Entnahmeöffnung (6) ein im wesentlichen radial
ausgedehnter Diffusor (23) angebracht ist,
dass ein Radienverhältnis (R2/R1) des Diffusors (23) von Austrittsradius (R2) zu Eintrittsradius
(R1) grösser Eins-Komma-Drei ist [R2/R1 > 1.3]
und dass der Diffusor (23) im wesentlichen durch eine Lauflänge (L) und eine Entnahmebreite
(H) beschrieben wird, wobei das Verhältnis der Lauflänge (L) zur Entnahmebreite (H)
mindestens zehn beträgt [L/H ≥ 10].
2. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
im Diffusor (23) am Diffusoraustritt (26) ein Umlenkgitter (24) angeordnet ist.
3. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
der Diffusor (23) durch eine Anzapfkammerwand (9) der Anzapfkammer (7) und eine Diffusorwand
(20) gebildet wird.
4. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
die Diffusorwand (20) in die Anzapfkammer (7) eingesetzt ist.
5. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass
die Diffusorwand (23) über Führungsnuten (21, 22) in der Anzapfkammer (7) befestigt
ist.
6. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
die Anzapfkammerwand (9) die abströmseitige Anzapfkammerwand ist.
7. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
das Umlenkgitter (24) auf der Diffusorwand (20) angeordnet ist.