(19)
(11) EP 0 741 234 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.11.1996  Patentblatt  1996/45

(21) Anmeldenummer: 96810257.4

(22) Anmeldetag:  23.04.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F01D 1/04, F01D 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB LI SE

(30) Priorität: 02.05.1995 DE 19515926

(71) Anmelder: ABB Management AG
CH-5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Kreitmeier, Franz
    5400 Baden (CH)

   


(54) Radialdiffusor für Zapfstrom bei einer axialen Turbomaschine


(57) Bei einer axial durchströmten Turbomaschine mit mindestens einer Anzapfkammer (7) im Gehäuse (3), wird ein Teil des zum Betrieb der Turbomaschine verwendeten Arbeitsmittels über Entnahmeöffnungen (6) abgeführt.
Im Innern der Anzapfkammer (7) an der Entnahmeöffnung (6) ist ein im wesentlichen radial ausgedehnter Diffusor (23) angebracht.
Der Diffusor (23) wird durch eine Anzapfkammerwand (9) der Anzapfkammer (7) und eine Diffusorwand (20) gebildet.




Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung betrifft eine axial durchströmte Turbomaschine mit mindestens einer Anzapfkammer im Gehäuse, in die ein Teil des zum Betrieb der Turbomaschine verwendeten Arbeitsmittels über Entnahmeöffnungen abgeführt wird.

Stand der Technik



[0002] Derartige Anzapfkammern für axial durchströmte Turbomaschinen sind bekannt. Die Turbomaschine besteht im wesentlichen aus einem Läufer bestückt mit Laufschaufeln und einem Gehäuse mit darin angeordneten Leitschaufeln. Eine Reihe Laufschaufeln wechselt sich jeweils mit einer Reihe Leitschaufeln ab. Um Arbeitsmittel aus der Turbomaschine zu entnehmen, sind im Gehäuse zwischen den Leitschaufelreihen Entnahmeöffnungen angebracht. Ueber diese kann das Arbeitsmittel in die im Gehäuse angeordneten, umlaufenden Anzapfkammern gelangen. Von der Anzapfkammer wird dann das Arbeitsmittel abgeführt und weiterverwendet. Tritt das Arbeitsmittel mit hoher kinetischer Energie und drallbehafteter Strömung in die im Vergleich zu den Entnahmeöffnungen weit ausgedehnten Anzapfkammern, wird die kinetische Energie praktisch vollständig dissipiert. Dadurch können sich bedeutsame Exergieverluste ergeben. Durch die stark wirbelnde Strömung können infolge der guten Wärmeübertragung weitere Exergieverluste durch hohe Wärmeflüsse hinzukommen.

[0003] In der CH 661 319 A5 wurde die Entnahmeöffnung als Diffusor ausgestaltet indem mindestens eine Wand der Entnahmeöffnung abgeschrägt wurde. Das Radiusverhältnis von Austrittsradius zu Eintrittsradius dieses Diffusors ist jedoch so klein, dass die Drallkomponente der stark wirbelnden Strömungen ungenügend abgebaut wird. Dadurch wird ein sehr geringer Rückgewinnkoeffizient erreicht. Als Rückgewinnkoeffizient wird ein Wert zwischen null und eins bezeichnet, der den Anteil der zurückgewonnen kinetischen Energie angibt. Zudem können Zuströminhomogenitäten in die Entnahmeöffnungen zur vollen Ablösung der Strömung im kurzen Diffusor führen, wodurch der Rückgewinnkoeffizient auf null sinkt.

Darstellung der Erfindung



[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, bei einer axial durchströmte Turbomaschine mit Anzapfkammer im Gehäuse der eingangs genannten Art Exergieverluste in der Anzapfkammer zu vermeiden.

[0005] Erfindungsgemäss wird dies dadurch erreicht, dass im Innern der Anzapfkammer an der Entnahmeöffnung ein im wesentlichen radial ausgedehnter Diffusor angebracht ist.

[0006] Die Vorteile der Erfindung sind unter anderem darin zu sehen, dass durch die gewählte radiale Ausdehnung und lange Lauflänge des Diffusors die Normal- und Tangentialkomponenten der Geschwindigkeit der Strömung sicher abgebaut werden. Der Diffusor ist deshalb robust, d.h. unempfindlich auf die Zuströmbedingungen an der Entnahmeöffnung.

[0007] Besonders in Fällen eines kleinen Radienverhältnisses ist es zweckmässig, wenn vor dem Diffusoraustritt ein Umlenkgitter eingebaut wird. Es bewirkt einen totalen Abbau der Tangentialgeschwindigkeit und führt damit zu einem grösstmöglichen Rückgewinnkoeffizienten.

[0008] Es ist besonders zweckmässig, wenn als eine Diffusorwand die abströmseitige Anzapfkammerwand verwendet wird, weil hier die resultierenden Wärmeflüsse über die Kammerwand minimal sind. Zudem wird dadurch der Bauaufwand minimal, da nur eine Diffusorwand gefertigt werden muss.

Kurze Beschreibung der Zeichnung



[0009] In den Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer doppelflutigen Niederdruck-Dampfturbine dargestellt. Es zeigen:
Fig. 1
einen Teillängsschnitt der Dampfturbine;
Fig. 2
eine Vergrösserung des Details II aus Fig.1;
Fig. 3
eine Teilabwicklung des Umlenkgitters des Diffusors.


[0010] Es sind nur die für das Verständnis der Erfindung wesentlichen Elemente gezeigt. Nicht dargestellt sind beispielsweise die Dampfzu- und Dampf abführungen sowie die Wellenlager. Die Strömungsrichtung des Arbeitsmittels ist mit Pfeilen bezeichnet.

Weg zur Ausführung der Erfindung



[0011] Gemäss Fig.1 ist ein Läufer 1 aus zusammengeschweissten Wellenscheiben mit Laufschaufeln 2 bestückt, die in mehreren Reihen 10, 11, 12 und 13 angeordnet sind. Der Läufer 1 wird von einem Gehäuse 3 umschlossen, das axial geteilt ist und über nicht dargestellte Flansche verbunden wird. Im Gehäuse 3 sind Leitschaufeln 4 in mehreren Reihen 14, 15, 16 und 17 entsprechend den Laufschaufeln 2 angeordnet.

[0012] Der Weg des Dampfes führt über eine nicht dargestellte Zudampfleitung zu einem torusförmigen Zuströmkanal 5 im Gehäuse 3. Der Torus sorgt dafür, dass der Dampf gut geführt zu den beiden Fluten der Dampfturbine gelangt. Nach Abgabe der Energie über die Laufschaufeln 2 an den Läufer 1 wird der Dampf abgeführt.

[0013] Zwischen den Leitschaufelreihen 15 und 16 und zwischen den Leitschaufelreihen 16 und 17 sind Entnahmeöffnungen 6 positioniert. Durch die im wesentlichen schlitzförmigen, umlaufenden Entnahmeöffnungen 6 wird Dampf in um das Gehäuse umlaufende, im wesentlichen torusförmige Anzapfkammern 7 abgeführt. Durch die jeweilige Position der Entnahmeöffnungen 6 wird Dampf von spezifischer Temperatur und Druck entnommen. Dieser Entnahmedampf wird in den Anzapfkammern 7 gesammelt und dann über eine nicht gezeigte Anzapfleitung abgeführt. Der Entnahmedampf kann beispielsweise zur Erhitzung von Speisewasser in einem Dampfkreislauf verwendet werden.

[0014] In Fig.2 ist unmittelbar anschliessend an die Entnahmeöffnung 6 in der Anzapfkammer 7 eine Diffusorwand 20 angebracht, welche mit der abströmseitigen Anzapfkammerwand 9 einen Diffusor 23 mit einem Diffusoraustritt 26 begrenzt. Die Temperatur der abströmseitigen Anzapfkammerwand 9 sowie des Fussteiles der Leitschaufel 4 entspricht im wesentlichen der Temperatur des Anzapfdampfes. Zur Befestigung der Diffusorwand 20 sind umlaufende Führungsnuten 21 an der Entnahmeöffnung 6 und Führungsnuten 22 in Rippen 8 vorgesehen. Mehrere Rippen 8 sind gleichmässig über den Umfang des Gehäuses 3 verteilt.

[0015] Die Diffusorwand 20 wird entsprechend dem zweiteiligen Gehäuse 3 in zwei Teilen hergestellt, beispielsweise aus einem Blech durch ein Umformverfahren. Dadurch kann die Diffusorwand 20 zirkular in die Führungsnuten 21 und 22 eingeschoben werden.
Der Diffusor 23 wird beschrieben durch sein Längenverhältnis L/H mit einer Lauflänge L zu einer Entnahmebreite H an der Entnahmeöffnung 6, durch sein Radienverhältnis R2/R1 mit einem Austrittsradius R2 zu einem Eintrittsradius R1, sowie durch sein Flächenverhältnis A2/A1 von Austrittsfläche A2 am Diffusoraustritt 26 zur Eintrittsfläche A1 an der Entnahmeöffnung 6. Das Verhältnis von Lauflänge L zur Entnahmebreite H beträgt vorteilhafterweise mindestens zehn (L/H > 10), um die Normal- und Tangentialkomponenten der Geschwindigkeit der eintretenden Strömung weitgehend abzubauen. In Fig.2 wurde das Verhältnis von Lauflänge L zur Entnahmebreite H grösser als fünfzehn gewählt, um einen möglichst hohen Rückgewinnkoeffizient zu erzielen. Der Diffusor 23 ist radial weit ausgedehnt, so dass das Radienverhältnis R2/R1 > 1.3 beträgt. Dadurch resultiert eine Abnahme der Austritts-Tangentialgeschwindigkeit der Strömung des Diffusors 23 beim Diffusoraustritt 26 im Vergleich mit der Eintritts-Tangentialgeschwindigkeit am Entnahmeschlitz 6. Das Verhältnis Austrittsquerschnitt A2 zu Eintrittsquerschnitt A1 wird selbstverständlich entsprechend den allgemein bekannten Bedingungen für einen ablösungsfreien Diffusor gewählt. Bei einem Verhältnis von Lauflänge L zur Entnahmebreite H von mindestens zehn wird dann zum Beispiel das Flächenverhältnis von Austrittsquerschnitt A2 zu Eintrittsquerschnitt A1 ungefähr drei oder grösser. Kann beispielsweise bei äquidistanter Anordnung von Diffusorwand 20 zur Anzapfkammerwand 9 das benötigte Flächenverhältnis A2/A1 nicht erreicht werden, wird die Führungsnut 22 einfach weiter oder näher von der Anzapfkammerwand 9 entfernt angeordnet. Dadurch können beliebige Verhältnisse von Austrittsquerschnitt zu Eintrittsquerschnitt erzielt werden.

[0016] Am Diffusoraustritt des Diffusors 23 an der Diffusorwand 20 kann zusätzlich ein Umlenkgitter 24 angebracht werden. Es bewirkt den Abbau der verbleibenden Tangentialgeschwindigkeit. Es führt damit zu einer weiteren Erhöhung des Druchrückgewinns und zu einer Reduktion des Wärmeübergangs in der Anzapfkammer.

[0017] Nach Fig.3 besteht das Umlenkgitter 24 aus Schaufeln 25, deren Form nur beispielhaft wiedergegeben ist. Diese Schaufeln 25 können bsw. aus Blech gefertigt werden. Sie werden vor der zirkularen Montage der Diffusorwand 20 in die Anzapfkammer 7 auf der Diffusorwand 20 befestigt, bsw. durch Schweissen oder Nieten.

[0018] Durch den Einbau eines Diffusors in die Anzapfkammer 7 können erhebliche Exergieverluste vermieden werden. Nachfolgend wird dies anhand einer überschlagsmässigen Rechnung dargelegt. Für den obigen Diffusor 23 sollen folgende Bedingungen für den eintretenden Dampf gelten:
  • Eintrittsdruck  ≅ 250 mbar
  • Eintrittsenthalpie  ≅ 2600 kJ/kg
  • Eintrittsgeschwindigkeit  ≅ 250 m/s


[0019] Damit ergibt sich ein Exergieverlust von 180 kW pro Anzapfkammer ohne Diffusor 23. Dies entspricht, bei einer doppelflutige Niederdruck-Dampfturbine mit je drei Anzapfkammern 7, einem Exergieverlust von 1 MW. Durch den Diffusor 23 können zudem weitere, nicht quantifizierte Exergieverluste infolge der nicht wirbelnden Strömung und der daraus resultierenden reduzierten Wärmeübertragung vermieden werden.

[0020] Selbstverständlich ist die Erfindung nicht auf das gezeigte und beschriebene Ausführungsbeispiel beschränkt. Der Einbau eines Diffusors in die Anzapfkammer kann bei jeder axial durchströmten Turbomaschine mit hoher Strömungsenergie in der Anzapfkammer zur Anwendung kommen. Der Diffusor kann auch durch zwei Diffusorwände gebildet werden, ohne Einbezug der Anzapfkammerwand. Weiter kann die Ausgestaltung der Befestigung der Diffusorwand natürlich auch durch beliebige andere Mittel erfolgen. Die Ausgestaltung (Umlenkwinkel, Sehnenlänge und Teilungsverhältnis) und Position des Umlenkgitters wird durch die jeweilige Strömung stromabwärts des Diffusoraustritts bestimmt.

Bezugszeichenliste



[0021] 
1
Läufer
2
Laufschaufel
3
Gehäuse
4
Leitschaufel
5
Zuströmkanal
6
Entnahmeöffnung
7
Anzapfkammer
8
Rippe
9
Anzapfkammerwand abströmseitig
10 - 13
Laufschaufel-Reihen
14 - 17
Leitschaufel-Reihen
20
Diffusorwand
21
Führungsnut Entnahmeöffnung
22
Führungsnut Rippe
23
Diffusor
24
Umlenkgitter
25
Schaufeln
26
Diffusoraustritt
A1
Eintrittsfläche
A2
Austrittsfläche
L
Lauflänge
H
Entnahmebreite
R1
Eintrittsradius
R2
Austrittsradius



Ansprüche

1. Axial durchströmte Turbomaschine mit mindestens einer Anzapfkammer (7) im Gehäuse (3), in die ein Teil des zum Betrieb der Turbomaschine verwendeten Arbeitsmittels über Entnahmeöffnungen (6) abgeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
im Innern der Anzapfkammer (7) an der Entnahmeöffnung (6) ein im wesentlichen radial ausgedehnter Diffusor (23) angebracht ist,
dass ein Radienverhältnis (R2/R1) des Diffusors (23) von Austrittsradius (R2) zu Eintrittsradius (R1) grösser Eins-Komma-Drei ist [R2/R1 > 1.3]
und dass der Diffusor (23) im wesentlichen durch eine Lauflänge (L) und eine Entnahmebreite (H) beschrieben wird, wobei das Verhältnis der Lauflänge (L) zur Entnahmebreite (H) mindestens zehn beträgt [L/H ≥ 10].
 
2. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
im Diffusor (23) am Diffusoraustritt (26) ein Umlenkgitter (24) angeordnet ist.
 
3. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
der Diffusor (23) durch eine Anzapfkammerwand (9) der Anzapfkammer (7) und eine Diffusorwand (20) gebildet wird.
 
4. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
die Diffusorwand (20) in die Anzapfkammer (7) eingesetzt ist.
 
5. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass
die Diffusorwand (23) über Führungsnuten (21, 22) in der Anzapfkammer (7) befestigt ist.
 
6. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
die Anzapfkammerwand (9) die abströmseitige Anzapfkammerwand ist.
 
7. Axial durchströmte Turbomaschine nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass
das Umlenkgitter (24) auf der Diffusorwand (20) angeordnet ist.
 




Zeichnung