[0001] Die Erfindung betrifft ein lichtempfindliches Aufzeichnungsmaterial für Schwarz-Weiß-Bilder
mit hohem Kontrast, bei dem das aufbelichtete Bild durch eine Wärmebehandlung entwickelt
werden kann.
[0002] Materialien dieser Art sind auch unter den Bezeichnungen "photothermographische Aufzeichnungsmaterialien"
oder auch kurz "Trockensilbermaterialien" bekannt und beispielsweise in den Research
Disclosures Nr. 170 029 (Juni 1978) und 299 063 (März 1989) beschrieben.
[0003] Die lichtempfindliche Beschichtung des "Systems B" der erstgenannten Veröffentlichung
enthält lichtempfindliches Silberhalogenid und ein bilderzeugendes Redoxgemisch in
einem Bindemittel. Das Redoxgemisch besteht aus einem Metallsalz einer organischen
Verbindung als Oxidationsmittel und einem organischen Reduktions- oder Entwicklungsmittel.
Das Metallsalz ist meist ein lichtunempfindliches Silbersalz.
[0004] Die Entstehung des Bildes in diesen Trockensilbermaterialien beruht darauf, daß das
im Silberhalogenid bei der Belichtung entstehende latente Bild bei der Wärmebehandlung
die Reaktion des unempfindlichen Silbersalzes mit dem Reduktionsmittel katalysiert.
[0005] Die erwähnten Research Disclosures geben auch eine Zusammenstellung von zahlreichen
Verfahren und Stoffen, die zur gezielten Verbesserung bestimmter Eigenschaften der
Trockensilbermaterialien angewendet werden, um diese für die praktische Verwendung
brauchbar zu machen.
[0006] Ein ständiges Problem bei den Trockensilbermaterialien ist die allgemein mäßige optische
Maximaldichte und die dadurch bedingte flache Gradation. Der häufig stark vom Neutralschwarz
abweichende Bildton läßt diesen Nachteil bei Beobachtung oder Messung mit weißem Licht
noch gravierender erscheinen. Man versucht daher, durch Entwicklungsbeschleuniger
die Menge des entwickelten Silbers zu erhöhen und durch Toner den Farbton des Bildes
zu verschwärzlichen und so zu höherer Dichte und Gradation zu gelangen. Solche Toner
sind in Research Disclosure 170029, Kapitel V, und 299063, Kapitel XXII, genannt.
Beispiele brauchbarer Toner sind Phthalazinon und dessen Derivate, beispielsweise
2-Acetylphthalazinon, Phthalimid und Derivate, wie N-Hydroxyphthalimid, Succinimid,
N-Hydroxy-1,8-naphthalimid. So können Maximaldichten von etwa 2,5 und Gradationen
(Gammawerte) von etwa 3 erreicht werden (David A. Morgan, New Capabilities with Dry
Silver Recording Materials, Journal of Imaging Technology, Volume 13, Seite 4 ff.(1987)).
[0007] Aus der Research Disclosure 177011 (Band 177, Januar 1979) sind photothermographische
Materialien mit hydrophilem Bindemittel (Typ "System A" der oben genannten Research
Disclosure 170 029) bekannt, die spezielle Hydrazide als Aktivator-Stabilisator-Vorläuferverbindungen
enthalten. Diese bilden beim Erhitzen basische Verbindungen, welche die Entwicklung
des belichteten Silberhalogenids durch die ebenfalls anwesende Entwicklerverbindung
ermöglichen.
[0008] Die EP-A-02 19 087 beschreibt photothermographische Materialien, die ein lichtempfindliches
Silberhalogenid, eine Entwicklerverbindung, eine polymerisierbare Verbindung, einen
Farbbildner und eine Kombination spezieller Hydrazinverbindungen enthalten. Bei der
Wärmeentwicklung wird unter im wesentlichen wasserfreien Bedingungen der Farbbildner
bildweise immobilisiert.
[0009] Für eine Reihe von Anwendungen, insbesondere für das Gebiet der Reproduktionstechnik
ist ein Aufzeichnungsmaterial mit einem Gammawert von etwa 3 nicht ausreichend. Dort
werden Gammawerte von mindestens 6, bevorzugt über 10, gefordert.
[0010] Die Erfindung stellt sich daher die Aufgabe, ein durch Wärmebehandlung entwickelbares
lichtempfindliches Aufzeichnungsmaterial für Schwarz-Weiß-Bilder anzugeben, welches
zu einen Gammawert von mindestens 6 entwickelt werden kann.
[0011] Diese Aufgabe wird durch ein Material nach dem Hauptanspruch gelöst.
[0012] Es wurde nämlich beobachtet, daß durch Zusatz von Hydrazinverbindungen, welche an
einem ihrer Stickstoffatome mit einer Ethengruppe substituiert sind, zu einer Schicht
auf der lichtempfindlichen Seite des Trockensilbermaterials die Gradation des Bildes
wesentlich erhöht wird.
[0013] Beispiele für erfindungsgemäße gradationssteigernde Verbindungen sind:

[0014] Besonders geeignete Verbindungen dieser Art sind das 1,1-Diethoxycarbonyl-2-hydrazinoethen
(Verbindung I-1) und das 1-Ethoxycarbonyl-1-nitrilo-2-hydrazinoethen (I-10).
[0015] Die anzuwendende Menge der kennzeichnenden Verbindungen beträgt 0,001 bis 1 Mol je
Mol des Metallsalzes der organischen Verbindung, bevorzugt 0,01 bis 0,1 Mol.
[0016] Als Bindemittel kommen natürliche und synthetische Polymere wie Celluloseacetate,
Polyvinylacetale, Polyolefine, polymere Ester, beispielsweise der Terephthalsäure,
Polyamide, Poly-(N-vinyl)amide, Polyvinyl/vinylidenchlorid, Polystyrol, Polyacrylnitril,
Polycarbonate und dergleichen sowie Copolymere der den genannten Polymeren zugrundeliegenden
Monomere in Frage.
[0017] Das nicht lichtempfindliche Silbersalz ist bevorzugt ein Salz einer unverzweigten
Fettsäure mit 12 bis 22 Kohlenstoffatomen, beispielsweise der Laurin-, Myristin-,
Palmitin-, Stearin-, Arachin- oder Behensäure, oder ein Gemisch solcher Salze. Besonders
bevorzugt ist Silberstearat.
[0018] Als Reduktionsmittel können aromatische Dihydroxyverbindungen wie Hydrochinon, Brenzkatechin
oder deren Vorläuferverbindungen dienen. Geeignet sind auch andere als photographische
Entwickler wirkende Verbindungen, wie m- oder p-Aminophenole, 3-Pyrazolidinone, Ascorbinsäure
und ihre Derivate. Bevorzugt werden Bisphenole, beispielsweise das Bis(2-hydroxy-3-t-butyl-6-methylphenyl)methan.
Das Reduktionsmittel kann in der lichtempfindlichen Schicht oder auch in einer mit
dieser in reaktiver Beziehung stehenden Schicht, etwa in einer angrenzenden Hilfsschicht
enthalten sein. Seine Menge beträgt gewöhnlich 0,1 bis 3 Äquivalente, bezogen auf
die Gesamtmenge an reduzierbaren Silbersalzen.
[0019] Das erfindungsgemäße Trockensilbermaterial kann auch einen Toner enthalten, wie oben
bei der Darstellung des Standes der Technik beschrieben.
[0020] Das lichtempfindliche Silberhalogenid kann "in situ" aus dem nicht lichtempfindlichen
Silbersalz durch Umsetzung mit einer begrenzten Menge einer Verbindung, die Halogenidionen
freisetzen kann, hergestellt werden. Solche Verbindungen sind beispielsweise die Halogenide
der Alkalimetalle und des Ammoniums oder organische N-Halogenverbindungen wie N-Bromsuccinimid,
N-Bromphthalimid, N-Chlorphthalazinon, N-Bromacetamid und andere. Weitere Verfahren
dieser Art sind in den in Research Disclosure Nr. 170029, Kapitel I (Juni 1978) und
Nr. 299063, Kapitel XV (März 1989) zitierten Veröffentlichungen beschrieben.
[0021] In bevorzugter Weise wird das Silberhalogenid in einem separaten Arbeitsgang ("ex
situ") in einer wäßriger Lösung hergestellt, die ein hydrophiles Kolloid, bevorzugt
Gelatine, enthält. Man wendet hierbei die aus der konventionellen Technik der photographischen
Silberhalogenidemulsionen bekannten Verfahren der Fällung sowie der chemischen und
spektralen Sensibilisierung an. Danach kann das Silberhalogenid von dem Schutzkolloid
getrennt werden, beispielsweise nach dem Verfahren der GB 13 54 186. Das isolierte
und ggf. sensibilisierte Silberhalogenid wird dann der Beschichtungsmasse für die
lichtempfindliche Schicht des Trockensilbermaterials zugesetzt. Als Silberhalogenid
bevorzugt werden Silberbromid und Silberbromoiodid mit einem Iodidanteil bis zu 10
Molprozent. Die Korngröße des Silberhalogenids liegt vorzugsweise zwischen 0,05 und
0,5 µm, sein Anteil am gesamten Silbersalzgehalt der lichtempfindlichen Schicht beträgt
im allgemeinen weniger als 10, vorzugsweise 0,2 bis 2 Molprozent.
[0022] Die Trockensilbermaterialien können außer der lichtempfindlichen Schicht weitere
Schichten enthalten, beispielsweise über oder unter der lichtempfindlichen Schicht
angeordnete Hilfsschichten wie Schutzschichten oder haftungsvermittelnde Schichten
oder auf der Rückseite des Schichtträgers angebrachte Antihalo- oder Anticurlschichten.
In diesem Fall ist bevorzugt, die erfindungsgemäß im Material enthaltene gradationssteigernde
Verbindung einer Hilfsschicht zuzufügen, die in reaktiver Beziehung zur lichtempfindlichen
Schicht steht, d. h., die so angeordnet ist, daß eine Diffusion aus dieser Schicht
in die die Silbersalze enthaltende lichtempfindliche Schicht und umgekehrt stattfinden
kann. Besonders bevorzugt ist hierfür eine über der lichtempfindlichen Schicht angeordnete
Schutzschicht, insbesondere ein sogenannter Überguß, d.h. eine Schicht, die auf der
dem Schichtträger abgewandten Seite des auf der lichtempfindlichen Seite des Materials
aufgetragenen Schichtpakets angeordnet ist.
[0023] Das erfindungsgemäße Trockensilbermaterial enthält vorzugsweise in der lichtempfindlichen
Schicht oder in einer mit dieser in reaktiver Beziehung stehenden Schicht eine schleierhemmende
Verbindung. Dadurch wird insbesondere die Bildung von Schleier während der Wärmeentwicklung
gehemmt. Beispiele solcher Verbindungen sind im oben genannten Stand der Technik angeführt,
insbesondere in der Research Disclosure 299063, Kapitel II (März 1989) und 170029,
Kapitel VII (Juni 1978), sowie beispielsweise auch in EP-A-02 23 606, EP-A-04 97 053,
EP-A-06 00 587 und EP-A-06 05 981. Geeignet sind auch 1-Hydroxybenzotriazol und 1,2,3-Benzotriazin-4(3H)-on.
Besonders bevorzugte schleierhemmende Verbindungen sind Pyridazone der allgemeinen
Formel (A)

worin
- X
- Chlor oder Brom und
- A
- eine ggf. substituierte Aminogruppe oder eine Thioethergruppe bedeuten.
[0024] Als Schichtträger können sowohl klare und gefärbte bzw. pigmentierte Kunststoffolien,
beispielsweise aus Polyethylenterephthalat oder Celluloseacetat, als auch rohe oder
beschichtete Papiere dienen.
[0025] Mit den erfindungsgemäßen Trockensilbermaterialien lassen sich Bilder mit einem Gradienten
von 10 bis 15 erzeugen.
[0026] Diese Materialien zeichnen sich durch eine gute Beständigkeit auch bei der Lagerung
im unbenutzten Zustand, insbesondere hinsichtlich des Schleiers und der Maximaldichte,
aus.
[0027] Auch der Verarbeitungsspielraum, d.h. der Bereich der für ein einwandfreies Bild
bei minimalem Schleier zulässigen Kombination aus Verarbeitungstemperatur und -zeit,
ist bei den erfindungsgemäßen Materialien im Vergleich zum Stand der Technik vergrößert.
[0028] Die erfindungsgemäßen Materialien können für die Herstellung von Bildern mittels
Belichtung und Wärmeentwicklung verwendet werden, insbesondere für Kontaktkopien,
Projektionsvergrößerungen und Kameraaufnahmen in der Reproduktionstechnik.
Ausführungsbeispiel
[0029] Eine lichtempfindliche Beschichtungsmasse für ein Trockensilbermaterial wurde auf
folgende Weise hergestellt:
[0030] In einer Perlmühle wurden
196 g Silberstearat,
1500 ml Ethanol,
40 g Polyvinylpyrrolidon K 30 (Molmasse 40 000),
4 ml Nonylphenolethoxylat (10 EO) und
7 g Behensäure
mit 1000 ml Glasperlen (2 mm Durchmesser) unter Kühlung 18 Stunden lang gemahlen.
Zur Kontrolle des Mahlgrads wurde eine Probe der Dispersion bei hundertfacher Vergrößerung
unter einem Mikroskop betrachtet, wobei keine Teilchen erkennbar waren. Die so hergestellte
Beschichtungslösung wird mit A bezeichnet.
[0031] Dieser Dispersion wurden unter Rühren
60 g Polyvinylpyrrolidon,
1,28 g Quecksilber-(II)-chlorid in 200 ml Ethanol,
16 g Phthalazinon in 200 ml Ethanol und
6,4 g 5-Nitroindazol in 250 ml Ethanol und
8 g 4-(4-Morpholinyl)-5-brom-3-(2H)-pyridazon
zugemischt. Nach Abtrennen der Glasperlen war diese Beschichtungslösung B fertig zum
Beschichten.
[0032] In einem Lösungsmittelgemisch aus
400 ml Methylenchlorid und
80 ml Isopropanol wurden
4 ml Nonylphenolethoxylat (10 EO),
40 g Polyvinylbutyral (Molmasse 36 000),
34 g 3,3'-Di-t-butyl-2,2'-dihydroxy-5,5'-dimethyldiphenylmethan
unter Bildung der Beschichtungslösung C gelöst.
[0033] Zur Herstellung der Beschichtungslösung D wurden in einem Ansatz der Lösung C noch
2,0 g der Verbindung I-10 gelöst.
[0034] Die Beschichtungslösung B wurde mit einer Schichtdicke von 60 µm auf einen klaren
farblosen Polyethylenterephthalat-Schichtträger aufgetragen und getrocknet. Auf die
trockene Schicht wurde die Beschichtungslösung C oder D mit einer Schichtdicke von
100 µm aufgebracht und wiederum getrocknet.
[0035] Auf diese Weise erhielt man Trockensilberfilme 1 und 2, von denen nur der Film 2
die erfindungsgemäße gradationssteigernde Verbindung in der nicht lichtempfindlichen
Schutzschicht enthielt. Proben dieser Filme wurden in einem Kontaktbelichtungsgerät
durch eine Verlaufskeil-Vorlage bildmäßig belichtet und durch Berührung mit einer
Metalloberfläche, die eine Temperatur von 105 °C hatte, 15 s entwickelt. Der zwischen
den Transmissionsdichten 0,1 und 3,0 gemessene Gradient betrug 2,7 beim Film 1 gegenüber
13 beim Film 2.
1. Durch Wärmebehandlung entwickelbares photographisches Aufzeichnungsmaterial, welches
in mindestens einer auf einem Schichtträgeraufgetragenen Bindemittelschicht mindestens
ein lichtempfindliches Silberhalogenid und ein lichtunempfindliches Silbersalz einer
organischen Säure, sowie in dieser oder in mindestens einer weiteren, mit dieser Schicht
in reaktiver Beziehung stehenden Schicht ein Reduktionsmittel und ggf. einen Toner
enthält,
dadurch gekennzeichnet, daß
mindestens eine dieser Schichten eine gradationssteigernde Verbindung der allgemeinen
Formel

enthält, worin bedeuten
R
1 die Gruppe -CN oder eine Gruppe R
4-CO-,
R
2 Wasserstoff, eine Alkylgruppe oder eine ggf. mit Alkyl substituierte Arylgruppe mit
jeweils insgesamt höchstens 12 Kohlenstoffatomen,
R
3 eine Alkyl-, Aryl-, Acyl- oder Alkoxycarbonylgruppe mit höchstens 12 Kohlenstoffatomen
oder die Gruppe -CN,
R
4 eine Alkyl-, Alkoxy- oder Alkylaminogruppe mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen oder eine
Aminogruppe,
2. Material nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Verbindung der allgemeinen Formel (I) 1,1-Diethoxycarbonyl-2-hydrazinoethen oder
1-Ethoxycarbonyl-1-nitrilo-2-hydrazinoethen ist.
3. Material nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Menge der im Material enthaltenen Verbindung der allgemeinen Formel (I) 0,001
bis 1, bevorzugt 0,01 bis 0,1 mol je mol des Silbersalzes der organischen Säure beträgt.
4. Material nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß
das Silberhalogenid ex situ gebildet wird und chemisch und ggf. spektral sensibilisiert
ist.
5. Material nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Verbindung der allgemeinen Formel (I) in einer über der lichtempfindlichen Schicht
angeordneten Hilfsschicht enthalten ist.