(19)
(11) EP 0 753 599 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.01.1997  Patentblatt  1997/03

(21) Anmeldenummer: 96110790.1

(22) Anmeldetag:  04.07.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C23C 8/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE GB IT NL

(30) Priorität: 11.07.1995 DE 19525182

(71) Anmelder: METAPLAS IONON Oberflächenveredelungstechnik GmbH
D-51427 Bergisch Gladbach (DE)

(72) Erfinder:
  • Hoppe, Steffen, Dr.
    D-51491 Overath-Rott (DE)

(74) Vertreter: Stenger, Watzke & Ring Patentanwälte 
Kaiser-Friedrich-Ring 70
40547 Düsseldorf
40547 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung von Korrosions- und Verschleissschutzschichten auf Eisenbasiswerkstoffen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung von Korrosions- und Verschleißschutzschichten auf Eisenbasiswerkstoffen, bei dem oberflächennahe Bereiche mit Stickstoff, Kohlenstoff sowie Sauerstoff angereichert werden. Um Eisenbasiswerkstoff mit einer besonders langlebigen und effektiven Korrosions- und Verschleißschutzschicht zu erzeugen, wird vorgeschlagen, daß in einem ersten Verfahrensschritt der Werkstoff zur Bildung einer aus Eisenkarbonitriden bestehenden Verbindungsschicht einer Nitrocarburierung unterzogen wird. Anschließend wird der Werkstoff einem plasmagestützten Unterdruckverfahren zur Aktivierung der mit der Verbindungsschicht versehenen Oberfläche des Werkstoffes unterzogen, bevor bei der nachträglichen Oxidation auf der bestehenden Verbindungsschicht eine geschlossene und gleichmäßige Oxidschicht ausgebildet wird. Durch die Aktivierung der im Nitrocarburierverfahren gebildeten Verbindungsschicht in dem plasmagestützten Unterdruckverfahren werden Korrosions- und Verschleißschutzschichten erhalten, deren Standzeit in normierten Korrosionstests den bekannten Schutzschichten deutlich überlegen sind.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Korrosions- und Verschleißschutzschichten auf Eisenbasiswerkstoffen, bei dem oberflächennahe Bereiche mit Stickstoff, Kohlenstoff sowie Sauerstoff angereichert werden. Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.

[0002] Seit Anfang der 80er Jahre ist es bekannt, daß das Korrosions- und Verschleißverhalten von Eisenbasiswerkstoffen durch die nachträgliche Oxidation von Nitridschichten deutlich verbessert werden kann. Besonders gute Ergebnisse wurden durch die Kombination der Verfahrensschritte Nitrocarburieren und anschließendes Oxidieren erreicht. Beide Verfahrensschritte können sowohl in gasförmigen als auch flüssigen Medien erfolgen. Die Aufgabe der nachträglichen Oxidation der Nitrierschichten besteht dabei in der Ausbildung einer geschlossenen Oxidschicht an der Oberfläche des Werkstoffs.

[0003] Obwohl des sehr effektiven Einsatzes einer Oxidation eine Vielzahl von kommerziell anwendbaren Technologien existieren, sind die bisher erreichten Kennwerte des Korrosionsverhaltes derart behandelter Werkstoffe für eine Vielzahl industrieller Anwendungen nicht ausreichend.

[0004] Nachteilig ist darüber hinaus, daß insbesondere der Einsatz von Salzbadverfahren sehr umweltbelastend ist und die solchermaßen erzeugten Oberflächen rauh sind, weshalb sie einer Zwischen- oder Nachbearbeitung unterzogen werden müssen.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Erzeugung von Korrosions- und Verschleißschutzschichten auf Eisenbasiswerkstoffen zu schaffen, das einerseits die voran genannten Nachteile nicht aufweist und andererseits höhere Standzeiten der solchermaßen behandelten Werkstoffe ermöglicht. Ferner liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens zu schaffen.

[0006] Die verfahrensgemäße Lösung dieser Aufgabe durch die Erfindung ist gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte:

a) Nitrocarburieren des Werkstoffs zur Bildung einer aus Eisenkarbonitriden bestehenden Verbindungsschicht;

b) Aktivieren der Oberfläche des Werkstoffs in einem plasmagestützten Unterdruckverfahren und

c) Oxidieren des Werkstoffs zur Bildung einer geschlossenen Oxidschicht.



[0007] Bei diesem erfindungsgemäß ausgebildeten Verfahren werden in dem Verfahrensschritt Nitrocarburieren die oberflächennahen Bereiche mit Stickstoff und Kohlenstoff angereichert, um eine aus Eisenkarbonitriden bestehende Verbindungsschicht zu bilden. Überraschenderweise hat sich herausgestellt, daR das Korrosions- und Verschleißverhalten von Eisenbasiswerkstoffen deutlich verbessert werden kann, wenn die der Nitrocarburierung unterzogenen Werkstoffe vor der nachfolgenden Oxidation einem plasmagestützten Unterdruckverfahren unterzogen werden. Die durch den Ionenbeschuß der Werkstoffoberfläche ablaufenden chemischen und physikalischen Wechselwirkungsreaktionen bewirken eine Aktivierung und gezielte Veränderung der oberflächennahen Bereiche der im Nitrocarburierschritt gebildeten Verbindungsschicht. Aufgrund dieses Ionenbeschusses führt die Anreicherung der oberflächennahen Bereiche mit Sauerstoff beim Oxidieren zu einer geschlossenen und gleichmäßigen Oxidschicht auf der bestehenden Verbindungsschicht. Solchermaßen behandelte Eisenbasiswerkstoffe weisen bei normierten Korrosionstests (wie den Salz-Sprühnebel-Test nach DIN 500 21 SS) Standzeiten von bis zu 600 Stunden auf.

[0008] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgen die Verfahrensschritte Nitrocarburieren und Oxidieren in einem Normaldruck-Gasverfahren.

[0009] Zur Erzeugung einer besonders effektiven Verbindungsschicht während des Nitrocarburierens werden durch Anreicherung von Stickstoff und Kohlenstoff in den oberflächennahen Bereichen die Eisenkarbonitride

        ε- Fe2 (N, C)1-x

und/oder

        δ' - Fe4 (N, C)1-y

gebildet.

[0010] Zur Bildung der geschlossenen und gleichmäßigen Oxidschicht hat es sich als besonders vorteilhaft erwiesen, daß zur Anreicherung der oberflächennahen Bereiche mit Sauerstoff die Oxidiation in einem Stickstoff-Wasserdampf-Gemisch definierter Zusammensetzung durchgeführt wird. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird die Oxidation in einem Temperaturbereich von 480°C bis 520°C durchgeführt.

[0011] Die Aktivierung der Werkstoffoberfläche während des plasmagestützten Unterdruckverfahrens erfolgt vorteilhafterweise durch den Beschuß der Werkstoffoberfläche mit Stickstoff-, Wasserstoff-, Kohlenstoff- und Sauerstoffionen. Durch die geeignete Wahl der Zusammensetzung eines Gasgemisches zur Erzeugung der voranstehend genannten Ionen im Plasma können definierte und gezielte Veränderungen der im Nitrocarburierschritt gebildeten Verbindungsschicht herbeigeführt werden, was sich wiederum auch auf den nachfolgenden Oxidationsschritt auswirkt.

[0012] Die vorrichtungsmäßige Lösung ist erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß die Normaldruck-Gasverfahren Nitrocarburieren und Oxidieren und das plasmagestützte Unterdruckverfahren in der gleichen Anlage ausführbar sind.

[0013] Durch die Integration aller drei Verfahrensschritte läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren trotz des zusätzlichen Verfahrensschrittes einfach und kostengünstig durchführen.

[0014] Der Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens läßt sich schematisch wie folgt beschreiben:

[0015] Die zu behandelnden Eisenbasisstoffe werden zunächst auf die Behandlungstemperatur von etwa 500°C bis 590°C erwärmt und anschließend in einer Ammoniak-Stickstof-Kohlendioxid-Atmosphäre dem Nitrocarburierprozeß unterzogen, bei dem die Anreicherung von Stickstoff und Kohlenstoff zu einer aus Eisenkarbonitriden bestehenden Verbindungsschicht führt. Nach dem unter Normaldruck stattfindenden Nitrocarburierverfahren wird das Werkstück auf die Temperatur der Oxidationsbehandlung geführt. Es kann ebenso eine Abkühlung des Werkstückes auf Raumtemperatur erfolgen. Für den nachfolgenden plasmagestützten Ionenbeschuß der Werkstückoberfläche wird der Prozeßraum evakuiert. Ebenso ist neben dieser Evakuierung bei vorheriger Abkühlung des Werkstückes auf Raumtemperatur eine gleichzeitige Erwärmung des Werkstückes auf die Temperatur der Oxidationsbehandlung notwendig. Zur Erzeugung des aus Stickstoff-, Wasserstoff-, Kohlenstoff- und Sauerstoffionen gebildeten Plasmas wird der Werkstoff als Kathode geschaltet, während beispielsweise die Anlagenwand als Anode geschaltet ist. Durch die mit hoher kinetischer Energie auf die Oberfläche des Werkstoffes auftreffenden Ionen werden die oberflächennahen Bereiche der im Nitrocarburierschritt gebildeten Verbindungsschicht durch Erwärmung, Implantation und Sputtern so verändert, daß sich im nachfolgenden Oxidationsschritt eine geschlossene und gleichmäßige Oxidschicht in und auf der Verbindungsschicht ausbilden kann. Die Ausbildung der gleichmäßigen Oxidschicht wird dadurch unterstützt, daß sich das Plasma während des Aktivierungsprozesses um die gesamte Oberfläche des Werkstoffes ausbildet.

[0016] Nach dem Plasmaprozeß wird die Anlage mit Stickstoff als Inertgas auf Normaldruck geflutet und der Werkstoff wieder auf seine Behandlungstemperatur von ca. 480°C bis 520°C erwärmt. Zur Anreicherung der oberflächennahen Verbindungsschicht mit Sauerstoff wird anschließend für den Oxidationsprozeß Wasserdampf zur Erzeugung eines Stickstoff-Wasserdampf-Gemisches in die Anlage geleitet. Nach Beendigung des Oxidationsprozesses wird der solchermaßen behandelte Werkstoff unter weiterer Stickstoffzufuhr abgekühlt.


Ansprüche

1. Verfahren zur Erzeugung von Korrosions- und Verschleißschutzschichten auf Eisenbasiswerkstoffen, bei dem oberflächennahe Bereiche mit Stickstoff, Kohlenstoff sowie Sauerstoff angereichert werden,
gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte:

a) Nitrocarburieren des Werkstoffes zur Bildung einer aus Eisenkarbonitriden bestehenden Verbindungsschicht;

b) Aktivieren der Oberfläche des Werkstoffs in einem plasmagestützten Unterdruckverfahren und

c) Oxidieren des Werkstoffs zur Bildung einer geschlossenen Oxidschicht.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Verfahrensschritte Nitrocarburieren und Oxidieren unter Normaldruck gefahren werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß beim Nitrocarburieren die Eisenkarbonitride

        ε- Fe2 (N, C)1-x

und/oder

        δ' - Fe4 (N, C)1-y

gebildet werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Oxidieren in einem Stickstoff-Wasserdampf-Gemisch definierter Zusammensetzung durchgeführt wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Oxidieren insbesondere in einem Temperaturbereich von 480°C bis 520°C durchgeführt wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß beim Aktivieren die Werkstoffoberfläche mit Stickstoff-, Wasserstoff, Kohlenstoff- und Sauerstoffionen beschossen wird.
 
7. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach mindestens einem der Ansprüche 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Normaldruckverfahren und das plasmagestützte Unterdruckverfahren in der gleichen Anlage ausführbar sind.
 





Recherchenbericht