[0001] Die Erfindung betrifft eine Produktionsanlage zur Erzeugung von warmgewalzten Flachprodukten,
bestehend aus einer mehrgerüstigen Walzstraße, einem Auslaufrollgang mit Einrichtungen
zur Kühlung des Warmbandes und mit nachgeordneten Wickelmaschinen zum Aufwickeln des
Bandes.
[0002] Walzanlagen zur Erzeugung warmgewalzter Bänder werden heute im allgemeinen so ausgelegt
und betrieben, daß die Umformung in den einzelnen Gerüsten austenitisch erfolgt, das
heißt, es wird sichergestellt, daß die Walztemperaturen in den einzelnen Walzgerüsten
oberhalb der GOS-Linie des Eisenkohlenstoffdiagramms liegen. Erst nach dem letzten
Walzstich, der zur Erzielung eines feinkörnigen Endgefüges möglichst nahe an der GOS-Linie
liegen sollte, erfolgt die Abkühlung auf die Haspeltemperatur mit Gefügeumwandlung
in der Kühlstrecke bzw. im gewickelten Bund.
[0003] Für Stähle mit einem Kohlenstoffgehalt von weniger als 0,2 % liegt für die Walzung
nach dem oben beschriebenen Verfahren die Endwalztemperatur, das heißt die Temperatur
im letzten Walzgerüst der Walzstraße je nach Höhe des Kohlenstoffgehalts bei 840 bis
920 °C. Die Einhaltung der Endwalztemperatur erfolgt durch Wahl der Endwalzgeschwindigkeit,
mit der die natürliche Abkühlung des Bandes in der Walzstraße und die Wärmezufuhr
durch die Antriebsleistung der Walzgerüste gesteuert werden kann. Dieses Verfahren
ist problemlos anwendbar für Banddicken oberhalb einer Mindestbanddicke, die je nach
Straßentyp in der Größenordnung von 1,3 mm liegt. Wird diese Banddicke unterschritten,
so erreicht die erforderliche Walzgeschwindigkeit mit Werten oberhalb von 12 m pro
Sekunde eine Höhe, die im freien Auslauf auf dem Rollgang hinter der Walzstraße nicht
mehr beherrscht werden kann.
[0004] Die ungeachtet dieser Problematik vorhandene Entwicklungstendenz in Richtung geringerer
Enddicken hat dazu geführt, daß nach Wegen gesucht wurde, die Endwalztemperatur abzusenken,
um damit geringere Walzgeschwindigkeiten zu ermöglichen. Solche Walzprozesse wurden
unter der Bezeichnung ferritisches Walzen bekannt, da sie bei Temperaturen unterhalb
der GOS-Linie, das heißt im Bereich der α , γ -Mischkristalle oder unterhalb der GPS-Linie
im ferritischen Bereich erfolgen.
[0005] Ein bevorzugtes Verfahren sieht eine Vorwalzung im austenitischen Bereich bis auf
eine Zwischendicke von 2 bis 8 mm und eine Fertigwalzung im ferritischen Bereich auf
geringste Enddicken unterhalb von 1,3 mm vor. Zwischen den beiden Prozeßstufen muß
das Walzgut von der Endwalztemperatur im austenitischen Bereich auf die Walztemperatur
im ferritischen Bereich abgekühlt werden. Dies bedeutet eine Abkühlung aus dem Temperaturbereich
von 840 bis 920 °C auf den Temperaturbereich von 600 bis 780 °C.
[0006] Die Endwalztemperatur hinter der zweiten Verformungsstufe liegt ebenfalls im Bereich
von 600 bis 780 °C und damit in einer Größenordnung, bei der nach dem Aufhaspeln eine
Rekristallisation des Gefüges im gewickelten Bund eintritt. Es entsteht ein Gefüge,
welches die Verwendung des Produktes ohne weitere Kaltumformung oder Wärmebehandlung
ermöglicht.
[0007] Wesentliche Voraussetzung für ein gutes Ergebnis ist die Einhaltung einer Mindestkühlzeit
für die Abkühlung aus dem austenitischen Gebiet in das ferritische Gebiet. Damit die
Umwandlung von Austenit in Ferrit in ausreichendem Maße erfolgen kann, muß diese Mindestkühlzeit
eingehalten werden. Diese liegt je nach gewählter Temperatur für den Eintritt in die
erste ferritische Umformung bei 10 bis 200 Sekunden.
[0008] Die Realisierung des oben beschriebenen Prozesses bereitet in einer konventionell
gestalteten Warmbreitbandstraße erhebliche Schwierigkeiten. Der Übergang von der austenitischen
in die ferritische Umformung soll im Dickenbereich von 2 bis 8 mm vorgenommen werden,
das heißt in einem Dickenbereich, bei dem sich das Walzgut etwa in Mitte einer konventionellen
Fertigstraße befindet. Da die Durchlaufzeit von Gerüst zu Gerüst an dieser Stelle
nur wenige Sekunden beträgt, ist eine Realisierung der Kühlung zwar prinzipiell möglich,
jedoch kann die Einhaltung der geforderten Zeit für die Umwandlung nicht realisiert
werden. Die Durchführung des ferritischen Walzens nach der beschriebenen Methode wird
damit für die konventionell gestaltete Warmbreitbandstraße unmöglich.
[0009] Bei diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe der Erfindung darin, eine Produktionsanlage
für das ferritische Walzen von Warmband zu schaffen, mit der die zuvor genannten Nachteile
und Probleme beseitigt werden. Aufgabe der Erfindung ist auch ein Verfahren bereitzustellen,
mit dem ein Fertigwalzen von Warmband im ferritischen Bereich problemlos ermöglicht
wird.
[0010] Die Lösung der Aufgabe gelingt bei einer Produktionsanlage der eingangs genannten
Art mit der Erfindung dadurch, daß die zusätzliche Anordnung einer ein- bis viergerüstigen
kompakten Walzstraße 6 hinter der Haspelanlage 5 der konventionell gestalteten Warmbreitbandstraße
3 vorgeschlagen wird (vgl. Figur). Diese Walzstraße ist speziell für die Umformung
im ferritischen Gebiet gestaltet. Hierzu gehört unter anderem die Ausrüstung mit Arbeitswalzendurchmessern
von weniger als 500 mm sowie mit Stell- und Regelkreisen zur Erzielung von Bandtoleranzen
für Dicke und Planheit, wie sie von Kaltwalzprodukten gefordert werden.
[0011] Im Gesamtablauf des Walzprozesses übernimmt die konventionell gestaltete Warmbreitbandstraße
3 die Erzeugung einer Zwischendicke durch Walzung im austenitischen Bereich und die
kompakte ferritische Umformstufe 6 die Endwalzung im ferritischen Bereich. Die Abkühlung
des Bandes mit Zwischendicke aus dem austenitischen Bereich in den ferritischen Bereich
erfolgt in einfachster Weise beim Durchlaufen des Auslaufrollganges 4 zwischen der
austenitischen Umformstufe 3 und der ferritischen Umformstufe 6. Bedingt durch die
Länge dieses Rollganges, der für die Kühlung austenitisch gewalzter Bänder auf Haspeltemperatur
auszulegen ist, ergeben sich Durchlaufzeiten, die bei ferritischer Walzung im Normalfall
die erforderliche Abkühlung und die Umwandlung von Austenit in Ferrit sicherstellen.
Die für den austenitischen Walzprozess vorhandenen Kühleinrichtungen 9 können erforderlichenfalls
zusätzlich zur Erzielung der erforderlichen Abkühlrate herangezogen werden. Sollte
die Durchlaufzeit von der letzten austenitischen Umformung 3.1 bis zur ersten ferritischen
Umformung 6.1 für eine ausreichende Umwandlung von Austenit in Ferrit nicht ausreichend
sein, so wird ein beheizter Schlingenspeicher (nicht dargestellt) vorgesehen, der
unmittelbar zwischen der konventionellen Haspelanlage 5 und der kompakten ferritischen
Umformstufe 6 anzuordnen ist.
[0012] Unmittelbar hinter der kompakten ferritischen Umformstufe 6 werden speziell für das
Wickeln von Dünnband 7 gestaltete Haspel 8 angeordnet. Da für die örtlichen Gegebenheiten
nicht mehr die Belange dickerer Bänder berücksichtigt werden müssen, ist die Konstruktion
solcher Einrichtungen problemlos möglich.
[0013] Der in der einzigen Figur dargestellten Warmbandproduktionsanlage 1 für austenitisches
und ferritisches Walzen ist vor der ersten mehrgerüstigen Walzstraße 3 eine nicht
näher dargestellte Vorstraße 12 oder ein Dünnbrammenofen mit Gießmaschine 13 vorgeordnet.
[0014] Mit der Erfindung ergibt sich ein Gesamtanlagenkonzept, welches in optimaler Weise
sowohl den austenitischen Prozeß als auch den ferritischen Walzprozeß zuläßt.
1. Produktionsanlage (1) zur Erzeugung von warmgewalzten Flachprodukten (2, 7), bestehend
aus einer mehrgerüstigen Walzstraße (3), einem Auslaufrollgang (4) mit Einrichtungen
(9) zur Kühlung des Warmbandes und nachgeordneten Wickelmaschinen (5) zum Aufwickeln
des Bandes,
dadurch gekennzeichnet,
daß in Walzrichtung (14) gesehen hinter den Wickelmaschinen (5) eine kompakte Umformstufe
(6) in Form eines ein- oder mehrgerüstigen Walzwerkes für das Walzen dünner Bänder
(7) angeordnet ist.
2. Produktionsanlage nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß unmittelbar hinter der kompakten Umformstufe (6) spezielle Wickelmaschinen (8)
für das Wickeln dünner Bänder (7) angeordnet sind.
3. Produktionsanlage nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die in Walzrichtung (14) gesehen erste mehrgerüstige Walzstraße (3) für die Walzung
im austenitischen Temperaturbereich und die in Walzrichtung (14) gesehen zweite ein-
oder mehrgerüstige Walzstraße (6) für die Walzung im ferritischen Temperaturbereich
einsetzbar ist und daß die Abkühleinrichtung (9) für die Kühlung des Warmbandes (2)
aus dem austenitischen in den ferritischen Temperaturbereich im Bereich des Kühlrollgangs
(4) zwischen den beiden Walzstraßen (3, 6) angeordnet ist.
4. Produktionsanlage nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß vor der zweiten ein- oder mehrgerüstigen Walzstraße (6) eine beheizte Speichereinrichtung
vorgesehen ist.
5. Produktionsanlage nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Walzgerüste der kompakten Umformstufe (6) als Quarto- oder Sexto-Gerüste (6.1)
ausgeführt sind.
6. Produktionsanlage nach Anspruch 2 und 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Durchmesser der Arbeitswalzen (10) weniger als 800 mm, bevorzugt weniger als
400 mm beträgt.
7. Produktionsanlage nach Anspruch 2, 5 und 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß bei Einsatz von Arbeitswalzendurchmessern weniger als 400 mm die Arbeitswalzen
(10) über die Stützwalzen (11) bzw. über die Zwischenwalzen antreibbar sind.
8. Verfahren zur Erzeugung warmgewalzter Flachprodukte mit einer Produktionsanlage bestehend
aus einer mehrgerüstigen Walzstraße (3), einem Auslaufrollgang (4), mit Einrichtungen
(9) zur Kühlung des Warmbandes und mit nachgeordneten Wickelmaschinen (5) zum Aufwickeln
des Bandes (2) nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zwei Walzgerüstgruppen (3, 6) miteinander kontinuierlich in der Weise arbeiten,
daß sich Teile eines Warmbandes (2) gleichzeitig in beiden Gerüstgruppen (3, 6) befinden.