(19)
(11) EP 0 773 079 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
04.07.2001  Patentblatt  2001/27

(21) Anmeldenummer: 96115425.9

(22) Anmeldetag:  26.09.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22C 7/02, B22C 9/04, B22C 3/00

(54)

Modell und Vollform für das Vollformgiessen von Gussstücken

Pattern and mould for lost pattern casting

Modèle et moule pour le moulage en modèle perdu


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU NL PT SE

(30) Priorität: 17.10.1995 DE 19540231

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
14.05.1997  Patentblatt  1997/20

(73) Patentinhaber: Albertuswerke GmbH
30916 Isernhagen (DE)

(72) Erfinder:
  • Foltin, Horst
    30177 Hannover (DE)
  • Kuhlgatz, Carsten, Dr.
    38678 Clausthal-Zellerfeld (DE)
  • Foltin, Thorsten
    31515 Wunstorf (DE)

(74) Vertreter: Eikenberg, Kurt-Rudolf, Dr. Dipl.-Chem. 
Patentanwalt Schackstrasse 1
30175 Hannover
30175 Hannover (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
DE-A- 1 927 538
GB-A- 2 047 141
US-A- 4 758 613
GB-A- 1 338 808
US-A- 3 351 123
US-A- 5 518 537
   
  • DATABASE WPI Section Ch, Week 7721 Derwent Publications Ltd., London, GB; Class A81, AN 77-37222Y XP002024703 & JP 52 047 517 A (JANOME SEWING MACH LTD) , 15.April 1977
  • DATABASE WPI Section Ch, Week 7930 Derwent Publications Ltd., London, GB; Class A88, AN 79-55403B XP002024704 & JP 54 075 424 A (KAWASAKI HEAVY IND KK) , 16.Juni 1979
   
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] In der Gießereitechnik hat das Vollformgießverfahren (DE-C 11 08 861) inzwischen eine beträchtliche Bedeutung erlangt. Beim Vollformgießverfahren werden verlorene, in der Form verbleibende Modelle in einen für gewöhnlich binderfreien Formstoff eingebettet, der eine einteilige Form bildet. Die Modelle zur Durchführung des Vollformgießverfahrens bestehen dabei bisher aus aufgeschäumtem, nicht verrottbarem Kunststoff, in der Regel Polystyrol, und sie werden durch das Eingießen flüssigen Metalls in die Form kontinuierlich (und unter Luftabschluß) zersetzt. Das flüssige Metall verdrängt dabei das Kunststoff-Schaummodell und bildet schließlich ein Vollform-Guß-stück, das in seiner Gestalt dem nun zerstörten verlorenen Modell entspricht.

[0002] Die DE-A 19 27 538 beschreibt die Herstellung von Modellen in Hohlbauweise aus Kunststoffplatten und -stäben für das Vollform-Gießen, wobei die Stäbe oder Platten aus Schaumkunststoff bestehen und als Basismaterial neben Polystyrol-Schaum auch Polyurethan-Schaum, Phenolharz-Schaum, Acetyl-Cellulose-Schaum, Polyvinylchlorid-Schaum, Polyethylen-Schaum und Phenylacetyl-Schaum genannt sind.

[0003] Das Vollformgießverfahren weist zwar erhebliche Vorteile gegenüber dem konventionellen Hohlform-Gießverfahren auf, doch bildet sich bei der unter Luftabschluß stattfindenden Zersetzung der eingesetzten Kunststoff-Schaummodelle neben Zersetzungsgasen auch Graphit, und dieser findet sich später als Verunreinigungs-Einschluß im Gußstück wieder, wie sich regelmäßig bei Gefügeuntersuchungen zeigt. Der durch Zersetzung entstandene Graphit beeinflußt in jedem Fall die Materialeigenschaften des Gußstücks, und eine solche Beeinflussung ist in der Regel unerwünscht. Dies gilt insbesondere - aber nicht nur - für Gußstücke, die aus Gußeisen mit Kugelgraphit (GGG), Gußeisen mit Lamellengraphit (GG) oder anderen Eisen-Legierungen mit spezifischen Materialeigenschaften hergestellt sind.

[0004] Es war die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, das geschilderte Problem, nämlich den Einschluß von Zersetzungs-Graphit in Vollform-Gußstücken, zu überwinden oder zumindest zu entschärfen. Diese Aufgabe wird durch die aus den Patentansprüchen 1, 3, 6 und 7 zu entnehmende technische Lehre gelöst.

[0005] Die Erfindung beruht auf der überraschenden Erkenntnis, daß ein Modell, das als einen wesentlichen Bestandteil Stärke, Stärkederivate und/oder Cellulose umfaßt und vorzugsweise eine im wesentlichen schaumartige Struktur besitzt, zu verbesserten und oftmals sogar zu hervorragenden Vollform-Gießergebnissen führt. Insbesondere weist das Gefüge von Gußstücken, die unter Verwendung solcher Modelle hergestellt werden, überraschend wenig bzw. gar keine sichtbaren Verunreinigungen oder Unregelmäßigkeiten auf. Vorzugsweise liegen die Stärke, die Stärkederivate und/oder die Cellulose in einen Massenanteil von über 80% vor.

[0006] Der Einsatz von Stärke, Stärkederivaten und/oder Cellulose ermöglicht einen weitgehenden Verzicht auf petrochemische Modell-Werkstoffe. Stärke, Stärkederivate und/oder Cellulose (verrottbare Substanzbildner auf Basis nachwachsender Rohstoffe) können einzeln, in Kombination miteinander und in Kombination mit anderen Stoffen zum Einsatz kommen. Sie können zuvor durch an sich bekannte Bearbeitungsverfahren konditioniert oder modifiziert worden sein. Cellulose kann insbesondere in Form von Altpapier oder Pappe und vorzugsweise in Mischung mit Stärke eingesetzt werden.

[0007] Je nach Bedarf wird der verrottbaren Substanz zur Herstellung des Modells ein zusätzliches Schäumungsmittel als Hilfsstoff zugesetzt oder - wie im Fall von durch Wasserdampf expandierbarer Stärke und ihren Derivaten besonders günstig - die eigene Schäumungsfähigkeit der verrottbaren Substanzbildner ausgenutzt. In manchen Fällen hat es sich als günstig erwiesen, wenn das Modell als Hilfsstoff zusätzlich ein Bindemittel, ein Gleitmittel, einen Weichmacher oder einen Elastizitätsverbesserer umfaßt. Sämtliche genannten Hilfsstoffe sind dabei vorzugsweise verrottbar.

[0008] Besonders günstig ist es, ein erfindungsgemäßes Modell durch eine keramische Schlichte, vorzugsweise eine Alkoholschlichte, vom umgebenden Formmaterial zu trennen. Die verrottbaren Substanzen, insbesondere die auf der Basis nachwachsender Rohstoffe, reagieren nämlich empfindlich auf das in Wasserschlichten enthaltene Wasser, sind jedoch überraschend unempfindlich gegen den in einer Alkoholschlichte enthaltenen Alkohol.

[0009] Ein besonders wichtiger Aspekt der Erfindung betrifft die Umweltverträglichkeit. Beim konventionellen Vollformgießen unter Verwendung von Schaumstoff-Modellen auf Basis nicht-verrottbarer Kunststoffe entstehen als gesundheitsgefährdend eingestufte gasförmige Zersetzungsprodukte, die nachbehandelt werden müssen. So entstehen beispielsweise bei der thermischen Zersetzung reinen Polystyrols krebserregendes Benzol und Styrol. Bei der thermischen Zersetzung der erfindungsgemäßen Modelle hingegen entstehen, wenn diese vollständig aus Stärke, Stärkederivaten und/oder Cellulose bestehen, keine nennenswerten Mengen gesundheitsgefährdender Gase. Werden die genannten Stoffe im Rahmen der Erfindung gemeinsam mit den bisher als Modellwerkstoff üblichen Kunststoff-Schäumen eingesetzt, so reduzieren sie ihrem Massenanteil entsprechend die Menge gesundheitsgefährdender Stoffe im Zersetzungsprodukt.

[0010] Es ist ferner wichtig zu bemerken, daß bei jedem Schäumprozeß zur Herstellung von Modellen auszusortierende Schaumreste übrigbleiben. Die Reste der bisher eingesetzten nicht-verrottbaren Kunststoff-Schäume können nur zu minderwertigen Formteilen verarbeitet werden oder müssen im Hochtemperaturofen als Energiequelle genutzt werden. Modelle aus vollständig verrottbaren Substanzen können hingegen leicht entsorgt werden. Beispielsweise werden reine Altpapier-Stärke-Schäume unter Einfluß von Wasser und natürlichen Bakterien in drei bis vier Monaten vollständig abgebaut und dienen dabei als Nährstoff für Humusbakterien.

[0011] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Beispielen näher erläutert:

Beispiel 1:



[0012] Ein Modellteil aus dünnwandigem Stärkeschaum wurde mit einer handelsüblichen Alkoholschlichte überzogen und mit einem konventionellen, nicht-verrottbaren Schaumstoffrohr als Gießlauf versehen. Es wurde eine Vollform hergestellt, die mit Gußeisen mit Lamellengraphit (GG) abgegossen wurde.

[0013] Es ergab sich ein Gußstück, das eine nur sehr kleine Menge an im Schliffbild mikroskopisch sichtbaren Verunreinigungen enthielt.

Beispiel 2:



[0014] Ein Modellteil aus grobzelligem Papier-Stärke-Schaum, im wesentlichen bestehend aus zerfasertem Altpapier und Weizenstärke (Dichte: 10g/l; Mischungsverhältnis ca. 50:50; Aufschäumung im Extruder durch Wasserdampf), wurde mit einer handelsüblichen Alkohlschlichte überzogen und mit einem konventionellen, nicht-verrottbaren Schaumstoffrohr als Gießlauf versehen. Es wurde eine Vollform hergestellt, die mit Gußeisen mit Lamellengraphit (GG) abgegossen wurde.

[0015] Es ergab sich ein Gußstück ohne im Schliffbild mikroskopisch sichtbare Verunreinigungen.

Beispiel 3:



[0016] Ein Modellteil aus demselben Papier-Stärke-Schaum wie in Beispiel 2 wurde mit einer handelsüblichen Alkohlschlichte überzogen und mit einem konventionellen, nicht-verrottbaren Schaumstoffrohr als Gießlauf versehen. Es wurde eine Vollform hergestellt, die mit Gußeisen mit Kugelgraphit (GGG) abgegossen wurde.

[0017] Es konnten oberflächlich weder auf der Schlichte noch auf dem Gußstück Kohlenstoffablagerungen festgestellt werden; im Schliffbild des Gußstücks zeigte sich unter dem Mikroskop eine gute Graphit-Kugelverteilung. Die Kugelgröße nahm vom Rand bis zur Mitte des Gußstücks zu, die Kugelanzahl verhielt sich gegenläufig. Verunreinigungen oder Unregelmäßigkeiten wurden nicht gefunden. Die Oberflächenstruktur des Modellteils wurde sehr gut abgebildet.


Ansprüche

1. Modell aus Schaumstoff für das Vollformgießen von metallischen Gußstücken, wobei das Modell in der Form verbleibt und durch das eingegossene Metall vergast wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Schaumstoff als wesentlichen Bestandteil Stärke, Stärkederivate und/oder Cellulose umfaßt.
 
2. Modell nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Schaumstoff zusätzlich ein Bindemittel, ein Gleitmittel, einen Weichmacher und/oder einen Elastizitätsverbesserer enthält.
 
3. Vollform zur Herstellung von Gußstücken, umfassend ein Modell aus Schaumstoff und einen dieses Modell umgebenden Formstoff, dadurch gekennzeichnet, daß das Modell als wesentlichen Bestandteil aufgeschäumte Stärke, Stärkederivate und/oder Cellulose umfaßt.
 
4. Vollform nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß das Modell zusätzlich ein Bindemittel, ein Gleitmittel, einen Weichmacher und/oder einen Elastizitätsverbesserer enthält.
 
5. Vollform nach einem der Ansprüche 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Modell mit einer keramischen Schlichte, vorzugsweise einer Alkoholschlichte versehen ist.
 
6. Verwendung eines Modells nach einem der vorhergehenden Ansprüche für das Vollformgiessen, wobei das Modell als wesentlichen Bestandteil aufgeschäumte Stärke, Stärkederivate und/oder Cellulose umfaßt.
 
7. Verwendung von aufgeschäumter Stärke, Stärkederivaten und/oder Cellulose als wesentlicher Bestandteil eines Modells nach einem der vorhergehenden Ansprüche für das Vollformgießen.
 


Claims

1. Pattern made of foam for full-mould casting of metallic cast pieces, the pattern remaining in the mould and being vaporized by the metal poured in, characterized in that the foam comprises starch, starch derivatives and/or cellulose as essential constituents.
 
2. Pattern according to Claim 1, characterized in that the foam additionally contains a binder, a lubricating agent, a plasticizer and/or an elasticity improver.
 
3. Full mould for producing cast pieces, comprising a pattern made of foam and a moulding material surrounding this pattern, characterized in that the model comprises foamed starch, starch derivatives and/or cellulose as essential constituents.
 
4. Full mould according to Claim 3, characterized in that the pattern additionally contains a binder, a lubricating agent, a plasticizer and/or an elasticity improver.
 
5. Full mould according to either of Claims 3 and 4, characterized in that the pattern is provided with a ceramic coating, preferably an alcohol-based coating.
 
6. Use of a pattern according to one of the preceding claims for full-mould casting, the pattern comprising starch, starch derivatives and/or cellulose as essential constituents.
 
7. Use of foamed starch, starch derivatives and/or cellulose as essential constituents of a pattern according to one of the preceding claims for full-mould casting.
 


Revendications

1. Modèle en mousse pour le moulage en moule perdu de pièces coulées métalliques, le modèle restant dans le moule et étant gazé par le métal coulé, caractérisé en ce que la mousse comprend comme constituant essentiel de l'amidon, des dérivés d'amidon et/ou de la cellulose.
 
2. Modèle selon la revendication 1, caractérisé en ce que la mousse contient en plus un liant, un lubrifiant, un émollient et/ou un améliorateur d'élasticité.
 
3. Moule perdu pour fabriquer des pièces coulées comprenant un modèle en mousse et une matière moulée entourant ce modèle, caractérisé en ce que le modèle comprend comme constituant essentiel de l'amidon moussé, des dérivés d'amidon et/ou de la cellulose.
 
4. Moule perdu selon la revendication 3, caractérisé en ce que le modèle contient en plus un liant, un lubrifiant, un émollient et/ou un améliorateur d'élasticité.
 
5. Moule perdu selon l'une des revendications 3 ou 4, caractérisé en ce que le modèle est pourvu d'un coulis céramique, de préférence d'un coulis d'alcool.
 
6. Utilisation d'un modèle selon l'une des revendications précédentes pour le coulage en moule perdu, le modèle comprenant comme constituant essentiel de l'amidon moussé, des dérivés d'amidon et/ou de la cellulose.
 
7. Utilisation d'amidon moussé, de dérivés d'amidon et/ou de cellulose comme constituant essentiel d'un modèle selon l'une des revendications précédentes pour le coulage en moule perdu.