[0001] Beim Rohrziehen werden vorgeformte Rohre jeweils durch einen einerseits aus einer
Matrize und andererseits aus einem Stopfen gebildeten Ringspalt gezogen. Beim Stopfen
kann es sich um einen fliegenden Stopfen oder um einen mit einer Stopfenstange verbundenen
Stopfen (Stangenstopfen) handeln.
[0002] Läuft der Ziehvorgang störungsfrei ab, so befindet sich aufgrund der Steifigkeit
des Stopfens, insbesondere bei einem Stangenstopfen, die Reibkraft zwischen dem Rohr
und dem Stopfen mit der Rückhaltekraft in einem Gleichgewicht. Wird dieses Gleichgewicht
durch verfahrens- und/oder werkstoff- und/oder schmierstoffbedingte Einflüsse gestört,
so daß sich die Relativgeschwindigkeit zwischen dem Rohr und dem Stopfen periodisch
ändert, tritt ab einer bestimmten Ziehgeschwindigkeit der Zustand auf, daß der Stopfen
in Resonanzschwingungen versetzt wird. Diese ab einer gewissen Größe für den Bedienungsmann
der Ziehmaschine in Form eines "Ratterns" hörbaren Resonanzschwingungen sind dann
für den Bedienungsmann ein Warnzeichen dafür, die Ziehgeschwindigkeit zurückzunehmen,
um das relative Gleichgewicht der Stopfenreibkraft zwischen dem Rohr und dem Stopfen
mit der Rückhaltekraft wieder herzustellen.
[0003] Durch die Verringerung der Ziehgeschwindigkeit kann zwar das Ziehen der nachfolgenden
Rohre wieder ratterfrei erfolgen, die mit einem Rattern gezogenen Rohre sind jedoch
infolge der dabei entstandenen Rattermarken in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
nicht mehr dem vorgesehenen Verwendungszweck zuführbar, so daß sie verschrottet werden
müssen.
[0004] Das Hören des Ratterns durch den Bedienungsmann ist außerdem von dessen persönlichen
Fähigkeiten, insbesondere seiner Reaktionsschnelligkeit, der Einstellung zum Arbeitsplatz
und den jeweiligen Umgebungsbedingungen abhängig. Dies bedeutet, daß es bei einer
verspäteten Reaktion des Bedienungsmanns nicht nur zum Entstehen von Rattermarken,
sondern daß es sogar zu einem Abriß, d.h. einer Zerstörung von Rohren kommen kann.
Die Einstellung der Ziehgeschwindigkeit beruht somit durchweg auf der Basis "Hören
des Ratterns" und Änderung der Ziehgeschwindigkeit.
[0005] Im Hinblick auf den Sachverhalt, daß meistens eine größere Anzahl gebündelter Rohre
nacheinander gezogen wird, wird der Bedienungsmann rein gefühlsmäßig nach dem Auftreten
von Rattergeräuschen die dann noch zu ziehenden Rohre des jeweiligen Rohrbündels mit
einer deutlich verringerten Ziehgeschwindigkeit ziehen, um das Rattern und die damit
verbundenen Folgen zu vermeiden. Diese in Fachkreisen als "Angstzuschlag" bezeichnete
Maßnahme führt naturgemäß zu einer deutlichen Minderung an gezogenen Rohren pro Zeiteinheit.
[0006] Das seit langem bekannte Problem des Stopfenratterns ist in zahlreichen Veröffentlichungen
beschrieben worden, ohne daß es aber bislang zu wirksamen Problemlösungen kam.
[0007] P. Kelly hat z.B. in der Zeitschrift "Tube International", March 1986, Seiten 39
bis 43 unter "Dampers on fixed plug vibration" versucht, das Schwingungssystem durch
Dämpfer am Ende einer Stopfenstange in einen stabileren Zustand zu versetzen. Das
Auftreten des Ratterns konnte hierdurch vermindert werden.
[0008] L. Lianshi und L. Xiaoping induzierten definierte Schwingungen in der Umformzone
("Tube International" Band 13 (1994) Heft 58, Seite 43 bis 46 "Tube drawing with ultrasonic
vibration by mean of the magnetostrictive transducer"). Diese eingeprägte Schwingung
verhinderte ein starkes und zur Schädigung führendes Aufklingen der Schwingungsamplitude
eines Stopfens. Die außerordentlich hohen Kosten einer solchen Methode verhinderten
indessen das Umsetzen in die Praxis.
[0009] Neuere Modellbildungsansätze stützen sich auf die Finite-Elemente-Methode und analysieren
Spannungszustände sowie die in der Fließzone auftretenden Drücke (u.a. Dissertation
von Xia-Ping-Liu Mai 1961 an der Technischen Universität Clausthal mit der Arbeit
"Untersuchung des Formänderungs- und Spannungszustandes beim Rohrziehen mit der Finite-Elemente-Methode").
[0010] Insgesamt ist jedoch festzustellen, daß alle bislang bekannten Methoden die Praxis
nicht befriedigt haben.
[0011] Der Erfindung liegt ausgehend vom Stand der Technik die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zum Rohrziehen zu schaffen, bei dem es mit wirtschaftlichem Aufwand möglich ist, das
zu Schäden an den Rohren bzw. sogar zu einer Zerstörung der Rohre führende Schwingungsverhalten
des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine frühzeitig detektieren zu können, um
dann rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.
[0012] Die Lösung dieser Aufgabe wird in den Merkmalen des Anspruchs 1 gesehen.
[0013] Die Erfindung macht sich hierbei die Erkenntnisse zunutze, die bislang bei der Untersuchung
des Problems "Stopfenrattern" gewonnen wurden. Im Prinzip handelt es sich bei dem
im Inneren eines gezogenen Rohrs schwingenden Stopfen um einen Reibschwinger, bei
dem die Coulombsche Reibungskraft in Abhängigkeit von der Gleitgeschwindigkeit typische
Unstetigkeiten aufweist. Der Stopfen haftet zunächst an der Innenwand des Rohrs und
wird bei der weiteren Bewegung des Rohrs so lange mitgeführt, bis die Rückhaltekraft
des Stopfens die Haftreibung überwiegt. Diese Rückhaltekraft ist beim Stangenstopfen
die Federkraft der mit diesem fest verbundenen Stopfenstange, während sie sich beim
fliegenden Stopfen aus der Geometrie des Stopfens ergibt. Bei der anschließenden Relativbewegung
des Stopfens gegenüber der Innenwand des Rohrs tritt eine Gleitreibung auf und zwar
so lange, bis die Rückhaltekraft wieder kleiner wird als die Haftkraft und der Stopfen
erneut in Ziehrichtung mitgeführt wird. Es handelt sich um einen nichtlinearen Schwingungsvorgang.
[0014] Betrachtet man in diesem Zusammenhang das Rohrziehen bei einer konstanten Ziehgeschwindigkeit
und einer konstanten Reibkraft, so würde der Stopfen in einem bestimmten Arbeitspunkt
in einer stationären Position verharren. Dabei wäre die Stopfenreibkraft zwischen
dem Rohr und dem Stopfen mit der Rückhaltekraft im Gleichgewicht. Die Stopfenreibkraft
zwischen dem Rohr und dem Stopfen ergibt sich durch eine Multiplikation des Reibungskoeffizienten
mit der Normalkraft, die senkrecht auf die Stopfenoberfläche wirkt. In diesem Zusammenhang
läßt sich die Normalkraft aus dem Produkt des jeweils vorherrschenden mittleren Drucks
sowie der Kontaktfläche zwischen dem Rohr und dem Stopfen ermitteln. Was den Reibungskoeffizienten
betrifft, so handelt es sich hierbei um vergleichsweise komplizierte Einflüsse, die
verfahrens-, werkstoff- und schmierstoffbedingt sind.
[0015] Verfahrensbedingte Einflüsse sind die Verteilung und die Größe der Normalspannung
auf dem am Stopfen anliegenden Rohrlängenabschnitt sowie die dort auftretenden Relativgeschwindigkeiten
und Temperaturen. Werkstoffbedingte Einflüsse sind z.B. die Oberflächenbeschaffenheit,
die Härte, die Adhäsionsneigung der Reibpartner sowie die chemische Zusammensetzung
und die Gefüge der Werkstoffe. Schmierstoffbedingte Einflüsse sind die Druck- und
Temperaturbeständigkeit, die Viskosität und die Scherfestigkeit eines Schmierstoffs
sowie das chemische und physikalische Reaktionsvermögen innerhalb der tribologischen
Systeme.
[0016] Mithin ergibt sich der Reibungskoeffizient als Funktion, die von der Relativgeschwindigkeit
zwischen dem Stopfen und dem Rohr, dem jeweiligen Ort in dem Rohr und der an den Grenzflächen
zwischen dem Rohr und dem Stopfen herrschenden Temperatur abhängt.
[0017] Der Normaldruck wiederum ist abhängig von der Formänderungsfestigkeit, deren Haupteinflußgrößen
die Struktur und Art des Werkstoffs, der Umformgrad, die Umformtemperatur, die Formänderungsgeschwindigkeit
sowie der Spannungszustand des Rohres als Umformparameter sind.
[0018] Aufbauend auf diesen Erkenntnissen schlägt die Erfindung vor, die durch den Ziehvorgang
bedingten Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine sensorisch zu
erfassen und dann die Ziehgeschwindigkeit und/oder die Schmierung der Rohre bzw. des
Stopfens im Rohr in Abhängigkeit von einem erfahrungsbedingten Sollwert der Schwingungsamplitude
zumindest eines Teils des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine automatisch zu
regeln. Der Sollwert basiert dabei auf den Rohrziehmaschinen - oder Stopfencharakteristiken
des gesamten Ziehsystems und kann folglich in Form eines ggf. regelbaren Schwellwerts
kalibriert werden.
[0019] Unter Schmierung ist hier insbesondere die Schmierung der Rohrinnenwand im Bereich
des Stopfens zu verstehen. Diese kann über eine hohle Stopfenstange oder eine in das
Rohr eingefädelte Sonde erfolgen.
[0020] Stellt nun die Sensorik fest, daß die momentanen Schwingungen beim Ziehvorgang unterhalb
des Sollwerts liegen, so kann automatisch die Ziehgeschwindigkeit erhöht werden. Gleichzeitig
kann auch noch die Schmierung verändert werden. Übersteigen hingegen die momentanen
Schwingungen den kalibrierten Sollwert, so wird auf jeden Fall die Ziehgeschwindigkeit
gesenkt. Ob es hierbei auch notwendig ist, die Schmierung zu ändern, hängt vom jeweiligen
Erkenntnisfall ab.
[0021] Der wesentliche Kern der Erfindung beruht folglich darauf, daß das optimale Ausbringen
an gezogenen Rohren bei maximaler Kapazitätsausnutzung der Ziehmaschine nicht mehr
von den persönlichen Fähigkeiten des jeweiligen Bedienungsmanns und den herrschenden
Umgebungsbedingungen abhängig ist. Durch das frühzeitige Detektieren des Schwingungsverhaltens
des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine kann bereits die Entstehungsphase des
gefürchteten Ratterns erkannt werden, so daß erst gar keine Rohre mit Rattermarken
gezogen werden. Die Qualität der gezogenen Rohre wird somit bei erhöhter Ziehleistung
wesentlich verbessert.
[0022] Wo letztlich die Schwingungen detektiert werden, d.h unmittelbar oder mittelbar am
Stopfen bzw. der diesem zugeordneten Stopfenstange oder an der Matrize bzw. in Form
einer parallelen Schwingungsdetektion sowohl am Stopfen als auch an der Matrize bzw.
an der Maschine ist von den jeweiligen örtlichen Einsatzbedingungen abhängig, d.h.
von dem Charakter der Rohre sowie insbesondere dem Typ der Ziehmaschine einschließlich
des eingesetzten Schmiermittels.
[0023] In Weiterbildung des erfindungsgemäßen Grundgedankens können entsprechend Anspruch
2 die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine mittels einer Körperschallsensorik
erfaßt werden. Hierbei kann es sich z.B. als zweckmäßig erweisen, die Sensorik am
Ende einer Stopfenstange bzw. an der Halterung der Stopfenstange vorzusehen. Die Messung
des Körperschalls an der Halterung einer Stopfenstange liefert ein Signal, das sich
zur Regelung der Ziehgeschwindigkeit besonders gut eignet. Hierbei können auch Störgeräusche,
beispielsweise durch den Antrieb, insbesondere Kettenantrieb, einer Ziehmaschine und
die Rohrauffangarme wirksam durch rein mechanische Maßnahmen, wie z.B. durch Gummidämpfer
und Justierungen unterdrückt werden. Bei Einsatz eines fliegenden Stopfens kann es
hingegen zweckmäßig sein, die Schwingungsmessungen direkt an der Matrize bzw. ihrer
Halterung durchzuführen.
[0024] Aus anderen Untersuchungen (Literaturstelle: Barschdorff, D.; Ester, S.; Most, E.;
Dorsel, T.: Neue Ansätze in der Herzauskulation durch ein "intelligentes" Stethoskop.
In: CorVas, Miranda Communications GmbH 1992, Vol. 6, No. 1 (1992), Jan., pp.23-39)
ist bekannt, daß der Signal-Störabstand gestörter Meßsignale bei getrennter Messung
des Störanteils durch eine geeignete Sensorik und ein Adaptivfilterverfahren wesentlich
verbessert werden kann. Diese Vorgehensweise führt zu einer wesentlich verbesserten
Qualität der Meßsignale, die Schwellwertberechnung kann effizienter durchgeführt werden.
[0025] Die Erfindung hat erkannt, daß sich mit der Körperschallsensorik Beschleunigungen
am Ort des Sensors, also z.B. am Ende einer Stopfenstange, einwandfrei messen lassen.
Allerdings ist ein Rückschluß auf die Amplitude der Stopfenschwingung selbst nur bedingt
möglich. Infolgedessen schlägt die Erfindung gemäß den Merkmalen des Anspruchs 3 vor,
daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch eine induktive
Sensorik erfaßt werden. In diesem Zusammenhang kann eine induktive Sensorik sowohl
hinter als auch vor einer Matrize angeordnet werden. Dazu wird bei einer Anordnung
der Sensorik hinter der Matrize auch dort eine Meßspule vorgesehen und dem Stopfen
wird eine hochpermeable Verlängerung zugeordnet. Bei der Anordnung der induktiven
Sensorik vor der Matrize wird auch die Meßspule dort vorgesehen und umfangsseitig
der Stopfenstange eine hochpermeable Marke angeordnet. Zusätzlich ist es erforderlich,
hinter der Matrize eine Spule zur Entmagnetisierung vorzusehen.
[0026] Die Sensorposition hinter der Matrize hat den Vorteil, daß der Meßeffekt größer ist,
weil der fertig gezogene Teil des Rohrs eine geringere Wandstärke hat als der Rohling.
Eine Entmagnetisierung der Rohre wäre in diesem Fall unpraktikabel. Sie würde nur
eine zusätzliche Spule erfordern und ihr Wechselfeld würde direkt in die Meßspule
eingekoppelt. Daher ist die Sensorposition vor der Matrize vorteilhaft, weil sie ggf.
eine Entmagnetisierung hinter der Matrize ermöglicht. Grund hierfür ist der Sachverhalt,
daß eine Entkopplung von Meßspule und Entmagnetisierungsspule durch den großen Stahlblock
der Matrize gegeben ist.
[0027] Da sich die magnetischen Eigenschaften des Stahls durch eine Verformung völlig ändern,
kann es in bestimmten Einsatzfällen durchaus möglich sein, daß der Stahl den durch
den Sensor erzeugten remanenten Magnetismus wieder verliert und sich die Entmagnetisierung
erübrigt.
[0028] Entsprechend den Merkmalen des Anspruchs 4 ist es ferner möglich, die Schwingungen
des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch wenigstens einen Dehnungsmeßstreifen
zu erfassen. Eine derartige Sensorik kann sowohl am Ende der Stopfenstange als auch
an deren Halterung vorgesehen werden.
[0029] Darüber hinaus liegt es im Rahmen der Erfindung, daß die Schwingungen des Ziehsystems
Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine gemäß Anspruch 5 durch eine piezo-elektrische oder entsprechend
den Merkmalen des Anspruchs 6 durch eine magnetostriktive Sensorik erfaßt werden können.
Mit einer piezo-elektrischen Sensorik können sowohl Zugkräfte als auch dynamische
Zugkraftänderungen (Schwingungen) erfaßt und bei der Sollwertberechnung berücksichtigt
werden. Magnetostriktive Sensoren sind sehr robust und für den praktischen Einsatz
bei der Messung von Zugkräften sowie Zugkraftänderungen gut geeignet.
[0030] Welche Sensorik jeweils zum Einsatz gelangt, hängt überwiegend von den örtlichen
Bedingungen im Umfeld des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine ab.
[0031] Vorstellbar ist es ferner, daß die sensorischen Erfassungen gemäß den Varianten der
Ansprüche 2 bis 6 gegebenenfalls kombinativ angewandt werden. Insbesondere können
jeweils zwei der erwähnten Verfahren gemeinsam benutzt und auf diese Weise die Stopfenauslenkung
und/oder die am Stopfen wirksamen Kräfte unabhängig von der Stopfenstangenhalterung
(fest, gefedert, gedämpft, frei) ermittelt werden.
[0032] Das Übertragungsverhalten einer Stopfenstange läßt nur bedingt einen Rückschluß auf
die Schwingungsamplitude des Stopfens bei Messungen am Stangenende zu. Durch eine
kombinierte Kraft- und Schwingweg- oder Schwinggeschwindigkeits- oder Schwingbeschleunigungsmessung
kann das Übertragungsverhalten entsprechend Anspruch 7 mit Hilfe digitaler Filter
kompensiert werden. Die Erfassung der Stopfenschwingung und/oder der am Stopfen wirksamen
Kräfte erfolgt hierbei unabhängig von der Stopfenstangenhalterung, sei sie nun fest,
gefedert, gedämpft oder frei und/oder dort zusätzlich eingekoppelter störender Schwingungen
der Maschinenperipherie. Die digitalen Filter bilden das Übertragungsverhalten der
Stopfenstange nach, das sich experimentell über Identifikationsverfahren oder über
ein mathematisches Modell bestimmen läßt.
[0033] Der Vorteil dieser Ausführungsform besteht darin, daß trotz Messungen am Ende der
Stopfenstange die Schwingungsamplitude des Stopfens genau berechnet und ein Vergleich
mit dem Sollwert eines Reglers exakter durchgeführt werden kann.
[0034] Störsignale aus mindestens einem der bei den diversen Messungen gewonnenen Meßsignale
können - sofern notwendig - erfindungsgemäß im Zuge mindestens einer zweiten Messung
entsprechend dem Vorschlag des Anspruchs 8 durch eine Adaptivfilterung eliminiert
werden. Der Vorteil der Störsignalunterdrückung durch eine Adaptivfilterung besteht
darin, daß das Nutzsignal frei von Schwingungsanteilen der Maschinenperipherie ist
und damit eine wesentlich genauere Berechnung des Sollwerts für die Reglereinstellung
möglich wird.
[0035] Interne Versuche haben gezeigt, daß die Schwingungscharakteristik eines Stopfens
von variablen Größen wie Innen- und Außendurchmesser eines Rohrs, Rohrmaterial, Reduzierung
des Durchmessers, fliegender Stopfen oder Stangenstopfen, Stopfenstange und Ziehmaschine
stark abhängig ist. Somit erscheint ein feststehendes Regelungskonzept mit fest vorgegebenem
Sollwert für die Schwingungsamplitude des Stopfens nicht wünschenswert. Die Erfindung
schlägt deshalb gemäß Anspruch 9 ein Expertensystem und die Eingabe der vorstehend
genannten variablen Größen in Form eines lernenden adaptiven Regelungskonzepts unter
Einsatz eines Fuzzy-Reglers vor. Hierbei ist die interne Regelung der Ziehgeschwindigkeit
gegeben. Eine übergeordnete Regelung der Schwingungsamplitude des Stopfens erfolgt
über den Fuzzy-Regler. Der Vorteil besteht in einer ständigen Kontrolle der Ziehgeschwindigkeit.
Ein plötzlicher und somit evtl. maschinenschädigender abrupter Reglereingriff wird
vermieden.
[0036] Mit Hilfe eines Fuzzy-Reglers können bekanntlich mathematisch unzureichend beschreibbare
Systeme geregelt werden. Im konkreten Fall wird die Schwingungsamplitude durch linguistische
Variable beschrieben (Fuzzyfizierung) und mit Hilfe einer Regelbasis eine verbale
Beschreibung der Ziehgeschwindigkeit erstellt. Durch eine Defuzzyfizierung erhält
man wieder einen konkreten Zahlenwert, der dann als Sollwert der internen Geschwindigkeitsregelung
zugeführt wird.
[0037] Das Expertensystem hat die Aufgabe, eine Sollgröße der Schwingungsamplitude des Stopfens
vorzugeben und ggfls. die Regelbasis des Fuzzy-Reglers zu adaptieren. Das Expertensystem
stützt sich hierbei auf Kenntnisse bzw. Erfahrungen vorangegangener Messungen sowie
auf die Eingabe aktueller Systemgrößen wie den Innen- und Außendurchmesser eines Rohrs,
das Rohrmaterial, die Durchmesserreduzierung, die Frage, ob es sich um einen fliegenden
oder einen Stangenstopfen handelt, den Typ der Stopfenstange und letztlich den Maschinentyp.
[0038] Damit erlaubt es die Erfindung, entsprechend den Merkmalen des Anspruchs 10 die den
Ziehvorgang beeinflussenden Systemparameter, wie insbesondere die Abmessungen der
Rohre, das Rohrmaterial, die Durchmesserreduzierung, die Schmiermittelart, die Maschinennutzungsdauer,
den Verschleißzustand von Stopfen und Matrize, den Stopfentyp und/oder die Ziehmethode
(über eine Kette oder ein Seil) durch ein Expertensystem sowie ein mathematisches
Modell zu verknüpfen und daraus den Reglersoliwert abzuleiten. Erst durch die Verknüpfung
der den Ziehvorgang beeinflussenden Systemparameter durch ein Expertensystem sowie
ein mathematisches Modell wird es möglich, diese Einflüsse beim Festlegen des Reglersollwerts
zu berücksichtigen.
1. Verfahren zum Ziehen von Rohren unter Verwendung mindestens einer Matrize sowie eines
Stopfens, bei welchem die durch den Ziehvorgang bedingten Schwingungen des Ziehsystems
Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine sensorisch erfaßt und die Ziehgeschwindigkeit und/oder
die Schmierung der Rohre in Abhängigkeit von einem rohr- und/oder ziehmaschinen- und/oder
stopfencharakteristisch kalibrierbaren Sollwert der Schwingungsamplitude zumindest
eines Teils des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine geregelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine mittels einer
Körperschallsensorik erfaßt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch eine induktive
Sensorik erfaßt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch wenigstens
einen Dehnungsmeßstreifen erfaßt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch eine piezoelektrische
Sensorik erfaßt werden.
6. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Zieh-Systems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine durch eine magnetostriktive
Sensorik erfaßt werden.
7. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine und/oder die
hier wirksamen Kräfte durch eine kombinierte Kraft- und Schwingweg- oder Schwinggeschwindigkeits-
oder Schwingbeschleunigungsmessung am Ende einer Stopfenstange unabhängig von der
Aufhängung der Stopfenstangenhalterung und dort eingekoppelter störender Schwingungen
unter Verwendung digitaler Filter erfaßt werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich eine zweite Messung der Schwingungen des Ziehsystems Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine
mit geeigneter Sensorik an der Maschine, an der Matrize, an dem Ziehschlitten oder
dem Antrieb durchgeführt wird und Störsignale aus wenigstens einem der bei der ersten
Messung gewonnenen Meßsignale durch eine Adaptivfilterung eliminiert werden.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß dem Sollwert der Schwingungsamplitude zumindest eines Teils des Ziehsystems
Rohr-Stopfen-Matrize-Maschine die Reglerparameter eines Fuzzy-Reglers adaptiert werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die den Ziehvorgang beeinflussenden Systemparameter, wie insbesondere die Abmessung
der Rohre, das Rohrmaterial, die Durchmesserreduzierung, die Schmiermittelart, die
Maschinennutzungsdauer, der Verschleißzustand von Stopfen und Matrize, der Stopfentyp
und/oder die Ziehmethode durch ein Expertensystem sowie ein mathematisches Modell
verknüpft werden und daraus der Reglersoliwert abgeleitet wird.