(19)
(11) EP 0 788 961 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.08.1997  Patentblatt  1997/33

(21) Anmeldenummer: 97250019.3

(22) Anmeldetag:  31.01.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B61L 1/16, B61L 21/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 09.02.1996 DE 19606320

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Dirk, Peter, Dr.
    38104 Braunschweig (DE)
  • Adomeit, Sven
    38106 Braunschweig (DE)

   


(54) Verfahren zur Behandlung von Hardwareausfällen bei der Gleisfreimeldung mittels Achszählung und Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens


(57) Zählpunkte, deren Achszählabschnitte gleichzeitig durch unterschiedliche Fahrstraßen beansprucht sein können, werden verdoppelt. Die zusätzlichen Zählpunkte (ZP3*) bilden mit den erstgenannten Zählpunkten (ZP3) Achszählabschnitte (AH) für fiktive Gleisabschnitte. Sie bilden zusammen mit den Achszählabschnitten, in die der defekte Zählpunkt (ZP3) eingebunden ist, einen Korrekturabschnitt (KA1). Der Korrekturabschnitt ist räumlich sehr viel enger gefaßt als der nach dem Stand der Technik bislang erforderliche Korrekturabschnitt. Als Folge davon bleiben etwaige Besetztmeldungen auf den tatsächlich befahrenen Gleisabschnitt begrenzt, während über die durch die Störung nicht direkt betroffenen Gleisabschnitte weitere Zugfahrten stattfinden können.




Beschreibung


[0001] In der deutsche Patentanmeldung P 195 22 584 ist ein Verfahren zur Behandlung von Zählstörungen bei der Gleisfreimeldung mittels Achszählung offenbart, bei dem bereits mit dem Erkennen nicht belegungsfähiger Radimpulse an einem Zählpunkt eine Zählstörung festgestellt wird, die bis zu einer späteren Korrektur des Zählergebnisses die reguläre Freimeldung der von der Zählstörung betroffenen Gleisabschnitte verhindert. Die Korrektur der Zählstörung geschieht durch Vergleich von Achszählergebnissen, die durch Zählpunkte vor und hinter dem von der Zählstörung betroffenen Zählpunkt angeordneten sind. Diese Zählpunkte bilden gemeinsam einen in einem Rechner vorübergehend installierten Korrekturabschnitt, der bei Übereinstimmung der Zählergebnisse an seinen Ein- und Ausfahrenden das Zählergebnis des vorübergehend gestörten Zählpunktes korrigiert und die störungsbedingt besetzt gemeldeten Gleisabschnitte innerhalb des Korrekturgleisabschnittes freimeldet.

[0002] Das vorgenannte Verfahren zur Behandlung von Zählstörungen ist nicht nur anwendbar bei Durchgangsgleisen, sondern auch bei sich verzweigenden Gleisen. Dort umfassen die den einzelnen Zählpunkten zuzuordnenden Korrekturabschnitte soviele benachbarte Zählpunkte wie Gleise vorhanden sind, aus denen auf den betreffenden Zählpunktzuge fahren werden kann bzw. die von dem betreffenden Zählpunkt aus erreicht werden können. Welche Zählpunkte das im einzelnen sind, hängt von der Strekkenkonstellation und der Anordnung der Zählpunkte ab. Für jeden Typ von Fahrwegelement gibt es Freimeldegleichungen, die besagen, welche benachbarten Zählpunkte in die Freimeldung des betreffenden Fahrwegelementes einzubeziehen sind (DE 42 33 546 A).

[0003] An den einzelnen Zählpunkten kann es neben sporadisch auftretenden Fehlzählungen auch zu dauerhaften Hardwareausfällen kommen, beispielsweise durch das Abscheren einer Sensoreinheit von der Schiene oder durch Leitungsunterbrechungen. Derartige Defekte machen sich im Stellwerk wie Fehlzählungen durch Belegungsmeldungen der an den gestörten Zählpunkt angrenzenden Gleisabschnitte bemerkbar.

[0004] Bei Zählpunkten, die in Achzählkreise eingebunden sind, die gleichzeitig durch mehrere mögliche Fahrstraßen beansprucht sein können wie beispielsweise bei Überleitstellen, besteht das Problem, daß bei einem Hardwareausfall eines solchen Zählpunktes zu seiner Überdeckung durch die Zählergebnisse benachbarter Zählpunkte vorübergehend alle Gleisabschnitte belegt werden müssen, in deren Freimeldung der gestörte Zählpunkt eingebunden ist. Dies hat seinen Grund darin, daß ein Fahrzeug beim Vorrücken über den defekten Zählpunkt keine Besetztmeldung für den Abschnitt auslösen kann, in den es gerade einfährt. Die Besetztmeldung muß mithin also mindestens mittelbar beim Einfahren in einen zurückliegenden Abschnitt ausgelöst werden. Das hat zur Folge, daß, obgleich an sich z. B. über die parallel geführten Durchgangsgleise einer Überleitstelle gleichzeitig Fahrstraßen gestellt werden könnten, tatsächlich nur eine solche Fahrstraße gestellt werden kann, weil für die angestrebte Überdeckung des defekten Zählpunktes mindestens vorübergehend beide Durchgangsgleise besetzt zu melden sind. Das die Zählergebnisse bewertende Zählwerk hat keine Information über den tatsächlich eingestellten Fahrweg, so daß für die Überdeckung stets von einer Fahrt über den gestörten Zählpunkt ausgegangen werden muß.

[0005] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, das Verfahren nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 so weiterzubilden, daß auch bei sich verzweigenden Gleisen keine Betriebsbehinderungen dadurch entstehen, daß bei einem defekten Zählpunkt zum Zwecke der Überdeckung des Zählpunktes vorübergehend Gleisabschnitte belegt werden, die durch unterschiedliche Fahrstraßen beansprucht werden können. Es ist ferner Aufgabe der Erfindung, eine Einrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens anzugeben.

[0006] Die Erfindung löst diese Aufgabe durch die Anwendung der kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruches 1 bzw. des Patentanspruches 3. Vorteilhafte Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. der Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0007] Die Erfindung ist nachstehend anhand der Zeichnung näher erläutert.
Figur 1
bezieht sich dabei auf die Installation eines Korrekturabschnittes wie er sich nach dem Stand der Technik ergeben würde und
Figur 2
auf die Installation von Korrekturabschnitten bei Anwendung der vorliegenden Erfindung. Für einander entsprechende Elemente sind in den Figuren der Zeichnung einander entsprechende Bezugszeichen verwendet worden.


[0008] Die Zeichnung zeigt eine Überleitstelle mit zwei Durchgangsgleisen 1 und 2, die über die abzweigenden Schenkel von Weichen W1 und W2 verbunden sind. Zählpunkte ZP11, ZP12, ZP21 und ZP22 begrenzen die Überleitstelle zu den Nachbargleisen. Jeder Zählpunkt besteht in bekannter Weise aus zwei in Gleislängsrichtung versetzt angeordneten Sensoren, die auf vorüberlaufende Eisenbahnräder oder sonstige an den Fahrzeug vorhandene detektierbare Einrichtungen ansprechen und aus jeweils zwei sich zeitlich überlappenden Radimpulsen fahrrichtungsabhängige Zählimpulse herleiten. Die von den einzelnen Zählpunkten festgestellten Achszahlen werden einem nicht dargestellten Zählwerk zugeführt, das die Zählergebnisse einer bestimmten Anzahl von Zählpunkten bewertet. Das Zählwerk hat keine Kenntnis über die jeweils eingestellte Fahrstraße; es ist lediglich über die Anordnung der Zählpunkte entlang der verwalteten Gleise unterrichtet. Das Zählwerk kann z. B. Teil eines Rechners sein, der eine Vielzahl von benachbarten Zählpunkten verwaltet.

[0009] Im folgenden ist angenommen, daß einem die Zählergebnisse der in Figur 1 dargestellten Zählpunkte bewertenden Zählwerk bekannt sein soll, daß der Zählpunkt ZP3 defekt ist. Dieser Zählpunkt bildet zusammen mit den Zählpunkten ZP11 und ZP12 einen oberen Achszählabschnitt AO und zusammen mit den Zählpunkten ZP21 und ZP22 einen unteren Achszählabschnitt AU; diese Achszählabschnitte sind in der Zeichnung durch Ellipsen verdeutlicht. Die Zählpunkte beider Achszählabschnitte bilden einen ebenfalls durch eine Ellipse angedeuteten Korrekturabschnitt KA, der dazu dient, nach jeder vollständigen Durchfahrt durch den Korrekturabschnitt diesen freizumelden und damit die Wirkung des defekten Zählpunktes ZP3 zu überdecken. Wenn also beispielsweise vom Stellwerk her eine von links nach rechts über das Gleis 2 führende Fahrstraße eingestellt ist, veranlaßt der Zählpunkt ZP21 (Einfahrende) bei seinem Befahren eine entsprechende Meldung an das Zählwerk, das daraufhin den dem unteren Achszählabschnitt AU zugeordneten Gleisabschnitt besetztmeldet. Da dem Zählwerk nicht bekannt ist, ob der die Besetztmeldung veranlassende Zug den Überleitstellenbereich auf dem durchgehenden Gleis in Richtung auf den Zählpunkt ZP22 befährt oder ob der Zug über den Zählpunkt ZP3 in Richtung auf den Zählpunkt ZP12 vorrückt, muß das Zählwerk zusätzlich zu dem tatsächlich beanspruchten Gleisabschnitt auch den dem oberen Achszählabschnitt AO zugeordneten Gleisabschnitt belegen. Dies kann gleichzeitig mit dem Besetzen des unteren Gleisabschnittes, aber auch zeitlich verzögert dazu geschehen. Durch die Belegung des oberen Gleisabschnittes als Folge der Belegung des unteren Gleisabschnittes sind über das Durchgangsgleis 1 für die Dauer der Belegung keine Fahrstraßen stellbar, obgleich dies stellwerksseitig ansonsten durchaus möglich wäre. Das bedeutet, daß sich ein auf dem Gleis 1 dem Zählpunkt ZP11 oder ZP12 nähernder Zug vor dem Erreichen dieses Zählpunktes angehalten werden muß und zwar solange, bis der über das Durchgangsgleis 2 vorrückende Zug den Korrekturabschnitt KA vollständig passiert hat und die eingetragenen Besetztmeldungen gelöscht worden sind.

[0010] Die Erfindung vermeidet die vorstehend näher erläuterte Betriebsbehinderung dadurch, daß sie den Zählpunkten, die in die Achszählkreise von gleichzeitig durch unterschiedliche Fahrstraßen beanspruchbaren Gleisabschnitten einbezogen sind, Korrekturabschnitte zuordnet, deren Zählpunkte gleichzeitig nur durch eine einzige Fahrstraße beansprucht sein können. Dies wird dadurch erreicht, daß gemäß Figur 2 in der Nähe des bislang durch mehrere gleichzeitig mögliche Fahrstraßen beanspruchbaren Zählpunktes ZP3 ein zusätzlicher Zählpunkt ZP3* installiert wird, der zusammen mit dem originären Zählpunkt einen zusätzlichen Achszählabschnitt AH bildet. Dieser zusätzliche Zählpunkt bildet nun zusammen mit den Zählpunkten ZP21 und ZP22 des ursprünglichen Achszählabschnittes AU1 einen Korrekturabschnitt KA1, der nun nicht mehr die Zählpunkte ZP11 und ZP12 des Durchgangsgleises 1 umfaßt. Wenn nun ein Fahrzeug den Zählpunkt ZP21 passiert und der Zählpunkt ZP21 eine entsprechende Meldung an das zugehörige Zählwerk abgesetzt hat, dann veranlaßt das Zählwerk die Besetztmeldung des dem Achszählabschnitt AU1 zugeordneten Gleisabschnittes, der durch die Zählpunkte ZP21, ZP22 und den als defekt erkannten Zählpunkt ZP3 begrenzt wird. Die Besetztmeldung des das Durchgangsgleis 1 umfassenden Gleisabschnittes unterbleibt, weil für den Fall, daß das die Besetztmeldung auslösende Fahrzeug tatsächlich über den defekten Zählpunkt ZP3 in Richtung auf das Durchgangsgleis 1 vorrücken sollte, dieses Fahrzeug nunmehr von den Sensoren des Zählpunktes ZP3* erfaßt würde und dieser Zählpunkt damit die Besetztmeldung des dem oberen Achszählabschnittes AO1 zugeordneten Gleisabschnittes herbeiführen kann. Die beim Befahren des Zählpunktes ZP21 ausgelöste Besetztmeldung des unteren Gleisabschnittes wird über den Korrekturabschnitt KA1 zurückgenommen, sobald der Zug den Zählpunkt ZP22 bzw. ZP3* vollständig passiert hat. Der Korrekturabschnitt umfaßt in bekannter Weise die beiden an den gestörten Zählpunkt ZP3 angrenzenden Achszählabschnitte, nämlich zum einen den Achszählabschnitt AH und zum anderen den Achszählabschnitt AU1. Wenn der Zählpunkt ZP3 und der zusätzliche Zählpunkt ZP3* mit geringstmöglichem Versatz in Längsrichtung der Schienen an der gleichen oder an unterschiedlichen Schienen des gleichen Gleises angeordnet sind, ergibt sich für den durch diese beiden Zählpunkte gebildeten Achszählkreis AH ein nur für das Zählwerk vorhandener fiktiver Gleisabschnitt, für den es im Stellwerk keine Entsprechung gibt.

[0011] Ähnlich wie der untere Achszählabschnitt AU1 nurmehr die Zählpunkte ZP21 und ZP22 des Durchgangsgleises 2 sowie den als defekt angenommenen Zählpunkt ZP3 umfaßt, umfaßt der obere Achszählabschnitt A01 die beiden Zählpunkte ZP11 und ZP12 des Durchgangsgleises 1 sowie den zusätzlichen Zählpunkt ZP3*. Auch hier umfaßt der dem Korrekturabschnitt KA1 entsprechende Korrekturabschnitt KA2 neben dem Zählpunkt ZP3 die Zählpunkte links und rechts des Zählpunktes ZP3*, nämlich die Zählpunkte der Achszählabschnitte A01 und AH. Bei durchgehenden Fahrten über das Gleis 1 gibt es keine Einflußnahme auf das untere Gleis 2; bei Fahrten aus dem Gleis 1 über den als gestört angenommenen Zählpunkt ZP3* erfolgt die Besetztmeldung des dem unteren Achszählabschnitt AU1 zugeordneten Gleisabschnittes beim Passieren des Zählpunktes ZP3.


Ansprüche

1. Verfahren zur Behandlung von Hardwareausfällen bei der Gleisfreimeldung mittels Achszählung durch Überdecken des Zählergebnisses eines als defekt erkannten Zählpunktes durch die Zählergebnisse von Zählpunkten zu beiden Seiten des defekten Zählpunktes, wobei diese Zählpunkte einen dem defekten Zählpunkt zugeordneten Korrekturabschnitt mit mehreren Ein- und Auszählpunkten bilden,
dadurch gekennzeichnet,
daß für jeden durch mehrere gleichzeitig mögliche Fahrstraßen beanspruchbaren Zählpunkt (ZP3) neben einem ersten Achszählergebnis ein davon unabhängiges zweiten Achszählergebnis ermittelt wird, und daß zum Frei- und Besetztmelden des jeweils befahrenen Gleisabschnittes dieses zweite Achszählergebnis mit den Achszählergebnissen der übrigen Zählpunkte (ZP21, ZP22) dieses Gleisabschnittes verglichen wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Überdeckung eines defekten Zählpunktes (ZP3) durch die Zählergebnisse benachbarter Zählpunkte (ZP3*, ZP21, ZP22) nur für eine vorgebbare Zeitspanne zugelassen wird.
 
3. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß in der Nähe eines jeden durch mehrere gleichzeitig mögliche Fahrstraßen beanspruchbaren Zählpunktes (ZP3) ein zusätzlicher Zählpunkt (ZP3*) vorgesehen ist, der zusammen mit dem anderen Zählpunkt (ZP3) einen Achszählkreis (AH) bildet und daß der dem Zählpunkt (ZP3) zugeordnete Korrekturabschnitt (KA1) den zusätzlichen Zählpunkt (ZP3*) und die übrigen Zählpunkte (ZP21, ZP22) des jeweils befahrenen Gleisabschnittes umfaßt.
 
4. Einrichtung nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Zählpunkt (ZP3) und der zusätzliche Zählpunkt (ZP3*) mit geringstmöglichem Versatz in Längsrichtung der Schienen an der gleichen oder an unterschiedlichen Schienen des gleichen Gleises angeordnet sind.
 
5. Einrichtung nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Zählpunkt (ZP3) und der zusätzliche Zählpunkt (ZP4) einen fiktiven Gleisabschnitt bilden.
 




Zeichnung