[0001] Die Erfindung betrifft eine Grabhülle, aus beidseitig mit Kunststoff beschichtetem
Textilgewebe, in welche ein Sarg bzw. Leichnam aufnehmbar ist.
[0002] In Erdgräbern kommt es aufgrund ungünstiger hydrogeologischer Verhältnisse zu einem
verminderten und teilweise stagnierenden biologischen Abbau der organischen Substanz.
Die Aktivitäten aerober Mikroorganismen, die den Zersetzungsprozeß wesentlich unterstützen,
sind durch in den Grabraum eindringendes Schicht-, Hang-, Stau- oder Grundwasser,
nahezu unterbunden. Es kommt dadurch zur Bildung sogenannter Wachsleichen, die sich
über viele Jahrzehnte erhalten können.
[0003] Nach dem Wiederöffnen des Grabes, nach einer gesetzlichen Ruhezeit von 15 bis 30
Jahren, stellt sich den Verwaltungen das Problem hinsichtlich der Weiterbehandlung
bzw. dem weiteren Verbleib des Leichnams. Auch die psychische Belastung des Friedhofspersonals
muß in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Zunehmend befassen sich die Aufsichtsbehörden
mit der Grundwasserqualität, die vielerorts bereits stark belastet ist. Durch den
langen Verbleib unzersetzter Körper, in einem nicht abgeschlossenen, wasserführenden
Terrain, sind aus umweitrelevanter Sicht starke Bedenken anzumelden.
[0004] Verschiedene Versuche wurden zur Lösung der Problematik unternommen, ohne jedoch
einen für die Praxis geeigneten Konsens zu finden. Die bisher bekannten Verfahren
vertreten zwei Grundrichtungen wobei sich ein Weg ausschließlich mit dem Eintrag von
Luft in den Grabbereich befaßt, ohne dem eigentlichen Problem der Wasserthematik Beachtung
zu schenken.
[0005] Bekannt ist in diesem Zusammenhang das Einbringen von Kugelstyropor-Platten, die
vor der Verfüllung vertikal an die Grabwand gestellt werden. Durch die lose Struktur
der Styroporkugeln findet ein erhöhter Lufteintrag statt. Ein weiterer Lösungsversuch
wird über sogenannte Diffusionsstäbe erbracht, indem eine Verbindung zwischen Sarginnenraum
und oberer Erdschicht hergestellt wird. Die mit Glasschaum und im oberen Endbereich
mit einem Aktivkohlefilter ausgestatten Rohre, dienen ebenfalls nur der Be- bzw. Entlüftung
des Sarges. Diese Verfahren können nur bei wasserfreien Böden zu einem beschleunigten
Fäulnis- bzw. Verwesungsvorgang beitragen. Das aus der DE-OS 3537 367 bekannte Verfahren,
hebt sich durch eine geschlossene Konstruktion von den eingangs beschriebenen Verfahren
ab, ohne jedoch den Kern des Problems zu treffen. Auf eine Grundplatte gestellte Betonteile
ergeben eine geschlossene Grabkammer, die über eine Entlüftungseinrichtung nach außen
verfügt. Auch dieses Verfahren ist in wasserführenden Böden ungeeignet, da keine Dichtheit
gegen anstehendes Wasser vorliegt. In der DE-OS 4118408 ist ebenfalls eine Betongrabkammer
beschrieben die weitaus effizienter ist, da hier eine Abdichtung gegen eindringendes
Wasser berücksichtig wurde. Damit kann der Umsetzungsvorgang ungehindert in Gang gebracht
werden. Die Nachteile sind jedoch bei beiden Grabkammern offensichtlich. So muß in
erster Linie das hohe Gewicht angesprochen werden. Schweres Hebe-u. Verbauungsgerät
ist erforderlich, um die Einzelteile zu installieren. Außerdem ist bei nicht ausreichend
stabilisiertem Untergrund ein Fundament herzustellen. Der Arbeitsraum, speziell in
alten Friedhöfen, und gerade diese sind es, die aus hydrogeologischer Sicht problematisch
sind, da oft keine ausreichende Drainage vorhanden ist, ist äußerst beengt und für
schwere Verlegefahrzeuge nicht immer zugänglich. Der anfallende Aushub, der nicht
mehr ins Grab eingebracht werden kann, muß zusätzlich entsorgt werden. Die Aufbewahrung
dieser schweren Betonteile im Friedhofsbereich, stellt erhöhte Anforderungen an die
Lagerkapazität. Bei Nachbelegungen kann es erforderlich werden, den unteren Bereich
der Grabkammern auszutauschen, da austretende Körperflüssigkeiten die Betonstruktur
angreifen und zersetzen können. Dies ist dann mit umfangreichen Arbeitsmaßnahmen und
nicht unerheblichen Kosten verbunden. Die Entsorgung der auszutauschenden Teile ist
ebenfalls in die Überlegungen mit einzubeziehen. Eine weitere Variante dieses Systems
ist in der DE 9301006 U1 beschrieben, jedoch in Abwandlung des verwendeten Materials.
[0006] Statt Beton wird hierbei Edelstahlblech eingesetzt, was sicherlich das Gewicht erheblich
reduziert und auch die Lagerung günstiger gestaltet. Allerdings erfordert die Verarbeitung
fast schon Schlosserkenntnisse, die vom Friedhofspersonal nicht unbedingt erwartet
werden können. Ein Bodenteil ist bei dieser Konstruktion nicht vorhanden, so daß Wasser
ungehindert eindringen kann und somit wiederum keine Lösung des Dilemmas erbringt.
Allen, den drei letztlich beschriebenen, Systemen wird schon aufgrund der enormen
Material-, Installations- und Folgekosten eine hohe Hürde gesetzt sein. Aus religiöser
Anschauung werden diese Verfahren dem Wunsche des Verstorbenen auf Erdbestattung nicht
gerecht, da der Körper nicht von Erde umgeben wird.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist es also eine Möglichkeit anzubieten, die alle erwähnten
Schwierigkeiten löst. Diese Aufgabe wird durch die in Anspruch 1 genannten Merkmale
gelöst. Die nachstehend beschriebene Erfindung zeichnet sich durch ein technisch einfaches,
wartungsfreies, umweltentlastendes und kostenökonomisches Behältnis aus, das den vollständigen
Abbau des Leichnams, in einem wasserführenden Erdgrab, innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen
Mindestruhezeit von 15 Jahren, ermöglicht.
[0008] Die Erfindung wird nachstehend anhand beigefügter Zeichnungen erläutert.
[0009] Es zeigen:
- Fig.1
- eingebrachte Grabülle
- Fig.2
- installiertes Grabhüllensystem
- Fig.3
- Grabhülle im unteren Bereich eines doppeltiefen Grabes
- Fig.4
- Be- und Entlüftungssystem
[0010] Nach dem Ausheben des Grabes auf eine Tiefe von ca. 1800mm (üblich sind ca. 1600mm)
und einer Breite von ca. 900mm, bei einer Länge von ca. 2200mm, wird eine bereits
auf diese Maße konfektionierte Formhülle, siehe Fig.1, ins Grab eingebracht. Das ca.
0,3 bis 0,5mm starke Hüllenmaterial besteht aus Texilgittergewebe, das beidseitig
mit Kunststoff beschichtet ist. Die Hülle ist an den Nähten wasserdicht verschweißt.
Hohe Reißfestigkeit und ein hohes Dehnungspotential bewirken ausreichenden Schutz
gegen mechanische Einwirkungen. Außerdem liegt eine zeitlich unbegrenzte Alterungsbeständigkeit
im Erdreich vor. Materialien diesen Typs werden seit Jahrzehnten im Teichbau eingesetzt,
im allgemeinen jedoch ohne Gewebeeinlage.
[0011] Die nach oben offene Hülle wird, an außen angeschweißten Halteschlaufen, mittels
Erdnägeln an den vier Grabwänden befestigt. Auf die Sohle des Grabes erfolgt eine
Erdschüttung von ca. 200mm, damit ist das ursprüngliche Tiefenniveau hergestellt.
Durch das während der Bestattungszeremonie übliche Abdecken der Grabwände mit Tüchern,
ist praktisch keine Einsichtnahme auf die Hülle möglich. Sollte ein Aussteifen des
Grabes, aufgrund statischen Verlangens, notwendig sein, so kann dies in herkömmlicher
Form erfolgen. Nach dem der Sarg auf die Bodenschicht abgelassen wurde, kann das Verfüllen
des Grabraumes beginnen. Nach Ausfüllen der Seitenräume wird weiteres Erdmaterial,
bis zu einer ca. 300mm hohen Überdeckung des Sarges, eingebracht. Geht man von einem
ca. 600mm hohen Sarg aus, so liegt das erreichte Erdniveau dann bei ca. 1100mm. Durch
zwei im oberen Hüllenbereich angeschweißte Manschetten werden von der Hülleninnenseite
zwei großvolumige Luftverteiler(1), die bereits mit den Einsteckhülsen(2) verbunden
sind, eingeschoben und äußerlich mit einem Spannband abgedichtet. Nach dem Entfernen
der Erdnägel werden dann noch die ca. 500mm hochragenden Seitenwände über der Grabmitte
zusammengebracht und mit einem wasserdichten Reißverschluß oder einem elektrischen
Handschweißgerät für Thermoplaste, hermetisch verschlossen. In den oberen Teil der
Einsteckhülse(2) werden zwei Kunststoffrohre(3) kaminartig aufgesteckt. Bei den Verbindungen
werden durch passgenaue Gummidichtungen, haltgebende und wasserundurchlässige Merkmale
erzielt. Die Rohre haben eine Länge von 450mm und einen Durchmesser von 100mm. Im
oberen Bereich befinden sich auf einer Länge von 200mm ausreichend Durchbrüche(5),
um für den nötigen Lufteintrag bzw. Gasaustausch zu sorgen. Nach oben sind die Rohre
mit einer Abdeckung(4) verschlossen, um das Eindringen von Regen- bzw. Gießwasser
zu verhindern.
[0012] Beide Rohre sind mit Styroporchips(6) gefüllt um einen ungehinderten Austausch der
gasförmigen Stoffe zu gewährleisten. Um bei feinsandigen und schluffigen Böden das
Eindringen von Erdpartikeln in das Lüftungssystem zu verhindern, kann optionell, ein,
auf Distanz gehaltenes, Schutzrohr, das als Eintragsbarriere dient, jedoch einen ungehinderten
Gasaustausch zuläßt, installiert werden. Mit den auf der Hülleninnenseite angebrachten
Luftverteilern(1) ist somit ein wirksames Be- und Entlüftungssystem, siehe Fig.4,
installiert, das den aeroben Mikroorganismen die Grundlage für einen schnell einsetzenden
Auflösungsprozeß ermöglicht.
[0013] Die anfängliche Erdüberdeckung, von Rohrende bis Graboberkante, beträgt ca. 250mm.
Dies ist ausreichend um eine Geruchsbelästigung wirkungsvoll zu verhindern, zumal
die, in der Hülle den Sarg überdeckende, Erdschicht (ca. 300mm) bereits für erste
Filterwirkung sorgt. Eine normale Grabbepflanzung kann somit vorgenommen werden. Nach
fortgeschrittenem Zersetzungsprozeß von Sarg und Leichnam, wird sich aufgrund des
Erddrucks die Hülle zusammendrücken, ohne jedoch ihre Funktion zu verlieren. Die aufgesteckten
Rohre werden durch ihre stabile Verbindung mit der Einsteckhülse nach unten gezogen,
so daß auch in diesem Stadium kein Wasser in den Innenbereich gelangen kann. Nach
erfolgtem Zersetzungsvorgang, der bereits nach wenigen Jahren abgeschlossen sein wird,
hat sich die Hülle soweit zusammengedrückt, daß das anfänglich eingefüllte Erdvolumen
von ca. 1,5 m
3, zuzüglich den verbleibenden Bestandteilen von Sarg und Leichnam, erreicht wird.
Bis zum Ende der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeit besteht somit eine weitere wirksame
Phase, um selbst schwer sich zersetzende, organische Bestandteile, wie sie Knochen
darstellen, zu dezimieren. Nach dem Öffnen des Grabes, das in der Regel als Einzelgrab
bzw. nebeneinander angeordnetes Doppelgrab ausgelegt ist, für doppeltiefe Gräber kann
das Be- u. Entlüftungssystem verlängert werden, siehe Fig.3, wird mit dem üblichen
Aushubgerät die Hülle herausgenommen und entleert. Etwa noch verbliebene Knochenreste
werden erfahrungsgemäß in einer kleinen Erdmulde (Knochengrube) unterhalb der Grabsohle
beigesetzt. Die leere Hülle wird zu einem Bündel zusammengeschnürt und dem Kunststoffrecycling,
bzw. zur Energiegewinnung einer Großfeuerungsanlage, z. B. Kraftwerk, zugeführt.
[0014] Das komplette Be- u. Entlüftungssystem, kann nach einer Reinigung und einer evtl.
Neubefüllung mit Styroporchips, wieder verwendet werden. Das Grab ist innerhalb kurzer
Zeit, trotz problematischer Voraussetzungen, wieder zur Aufnahme einer neuen Grabhülle
und somit zur Neubelegung hergerichtet. Da mit diesem Behältnis die gesetzlichen Mindestruhezeiten
nicht mehr überschritten werden müssen, können Friedhofserweiterungen bzw Neuanlagen
zeitlich hinausgeschoben werden oder evtl. sogar ganz vermieden werden. Ebenfalls
können aufwendige Maßnahmen zur Drainung von Altanlagen entfallen. Aus umweltökologischer
Sicht ergeben sich vielleicht die größten Vorteile, da toxische Einträge ins Umgebungswasser
vollständig unterbunden werden. Die in der Hülle freiwerdenden toxischen Substanzen,
sind in der Regel pharmakologischen Ursprungs und werden durch den rasch einsetzenden
Auflösungsvorgang, in einem zeitlich ausgedehnten Eleminierungsprozeß, neutralisiert.
Die Erfindung weist außerdem einen Weg, der in vollem Umfang, dem Wunsche des Verstorbenen
und seinen Hinterbliebenen, nach einer pietätvollen Erdbestattung, Rechnung trägt,
im Einklang mit der aphoristischen Maxime "Erde zur Erde, Staub zu Staub".
[0015] Es stellen dar:
- 1
- = Luftverteiler
- 2
- = Einsteckhülse
- 3
- = Rohr
- 4
- = Rohrabdeckung
- 5
- = Luft- Ein- und Austrittsöffnungen
- 6
- = Füllmaterial (Styroporchips)
1. Grabhülle aus einem widerstandsfähigen, flexiblen Kunststoffmaterial zum Auskleiden
eines Erdgrabes, wobei durch Verschließen des Zugangsbereiches der Grabhülle ein wasserundurchlässiges
Behältnis entsteht, in dem ein Sarg bzw. Leichnam aufnehmbar ist, wobei der Hülleninnenraum
mit Erde befüllbar ist, so daß ausgeglichene Erddruckverhältnisse entstehen, mit kaminartig
auf die Grabhülle aufsteckbaren Rohren, so daß ein wirksames Be- und Entlüftungssystem
gebildet ist und kein Regen- oder Gießwasser, sowie kein permanent bzw. temporär anstehendes
Wasser im Grabraum, unterhalb der Lüftungsöffnungen, in den Hülleninnenraum gelangen
kann und wobei eine ausreichend große Erdmenge, die ein Mehrfaches der zu zersetzenden
organischen Materie betragen kann, in den Hülleninnenraum einfüllbar ist.
2. Grabhülle nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Dimensionen der Grabhülle
variabel sind und somit dem Grabraum anpaßbar sind.
3. Grabhülle nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Dimensionen des Be-
und Entlüftungssystems variabel sind und somit dem Grabraum in der Tiefe anpaßbar
sind.
4. Be- und Entlüftungssystem nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die atmosphärisch,
kommunikativen Rohre auch ohne Grabhülle, durch ein direktes Aufsetzen auf den Sarg,
zu einem gesteigerten Gasaustausch bzw. Lufteintrag in den Grabraum beitragen.