[0001] Die Erfindung betrifft einen gesinterten Silber-Eisen-Werkstoff mit 0,5 bis 20 Gew.%
Eisen und 0 bis 5 Gew.% sonstiger metallischer, oxidischer, nitridischer und/oder
carbidischer Zusätze, Rest Silber, für elektrische Kontakte und ein Verfahren zur
Herstellung dieses Werkstoffs.
[0002] Kontaktwerkstoffe für den Einsatz in der elektrischen Energietechnik müssen eine
hohe Abbrandfestigkeit, geringe Verschweißkraft und niedrigen Kontaktwiderstand aufweisen.
Für luftoffene Schaltgeräte in der Niederspannungstechnik hat sich für Schaltströme
von kleiner als 100A der Verbundwerkstoff Silber-Nickel bewährt. Er besitzt eine hohe
Abbrandfestigkeit bei sehr gutem Übertemperaturverhalten. Ein Nachteil des Werkstoffes
liegt jedoch darin, daß Nickel, insbesondere in Form von Stäuben, schädliche Auswirkungen
auf den menschlichen Organismus haben kann. Als Alternative zu Nickel ist daher verschiedentlich
Eisen vorgeschlagen worden.
[0003] Aus der japanischen Patentanmeldung 79/148109 sind elektrische Kontaktwerkstoffe
bekannt, die neben Silber noch Eisen, Nickel, Chrom und/oder Kobalt enthalten. Besonders
Werkstoffe der Zusammensetzung AgFe10 zeigen einen hohen Verschleißwiderstand bei
noch guter elektrischer Leitfähigkeit.
[0004] Auch in der Zeitschrift

Material & Methods Bd 44, No. 3, Sept. 56, Seite 121-126" werden Silber-Eisen-Werkstoffe
für spezielle Kontaktanwendungen beschrieben. Aus der DE-AS 11-53-178 sind Silber-Kontaktwerkstoffe
bekannt, die neben Silber und dem zu oxidierenden Bestandteil 0,001 bis 1 % Nickel,
Eisen, Molybdän, Kobalt, Chrom, Titan und/oder Vanadium enthalten. Die DE-AS 11 06
965 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung dichtgesinterter Formkörper aus Silber
mit 5 bis 50 % mindestens eines der Metalle Vanadium, Tantal, Chrom, Molybdän, Wolfram,
Eisen, Kobalt oder Nickel, die auch als Kontaktmaterial dienen können.
[0005] Silber-Eisen-Werkstoffe fanden bisher jedoch keine breitere Anwendung, da sie beim
Schalten zur Bildung von Deckschichten neigen und damit zu hohen Kontakterwärmungen
führen. Keiner dieser Werkstoffe erreicht die günstigen Eigenschaften der Silber-Nickel-Sinterwerkstoffe.
[0006] Bei allen bekannten Silber-Eisen-Werkstoff für elektrische Kontakte werden handelsübliche
Eisenpulver eingesetzt, die Kohlenstoffgehalte von weniger als 0,05 Gew.% aufweisen
und daher relativ weich sind. Gesintert wird üblicherweise in wasserstoffhaltigen
Atmosphären, insbesondere in Stickstoff-Wasserstoffgemischen.
[0007] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen gesinterten Silber-Eisen-Werkstoff
mit 0,5 bis 20 Gew.% Eisen und 0 bis 5 Gew.% sonstiger metallischer, oxidischer, nitridischer
und/oder carbidischer Zusätze, Rest Silber, für elektrische Kontakte zu entwickeln,
der eine geringe Verschweißneigung, einen geringen Kontaktwiderstand und eine hohe
Abbrandfestigkeit und damit hohe Lebensdauer aufweist, und mit diesen Eigenschaften
den bekannten Silber-Nickel-Kontaktwerkstoffen möglichst nahe kommt. Außerdem sollte
ein Verfahren zur Herstellung solcher Werkstoffe entwickelt werden.
[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Eisenteilchen im gesinterten
Werkstoff einen Kohlenstoffgehalt von mehr als 0,25 Gew.% und eine Mikrohärte von
mehr als 200 HV 0,025 aufweisen.
[0009] Vorzugsweise sollen die Eisenteilchen einen Kohlenstoffgehalt von mehr als 0,4 Gew.%
und eine Mikrohärte von mehr als 400 HV 0,025 besitzen.
[0010] Am besten bewährt haben sich Silber-Eisen-Werkstoffe, bei denen die Eisenteilchen
im gesinterten Zustand einen Kohlenstoffgehalt von 0,6 bis 1,2 Gew.% und eine Mikrohärte
von mehr als 600 HV 0,025 aufweisen.
[0011] Die Herstellung dieser Werkstoffe erfolgt durch Mischen von Silberpulver mit 0,5
bis 20 Gew.% Eisenpulver und 0 bis 5 Gew.% sonstiger metallischer, oxidischer, nitridischer
und/oder carbidischer Zusätze, kaltisostatischem Pressen, Sintern bei 650 bis 940°C
unter Schutzgas und Strangpressen, wobei ein Eisenpulver eingesetzt wird, das mehr
als 0,25 Gew.% Kohlenstoff enthält, und das Sintern in einer wasserstofffreien Schutzgasatmosphäre
erfolgen muß.
[0012] Überraschenderweise hat es sich gezeigt, daß man beim Einsatz eines Eisenpulvers,
das im Ausgangszustand und auch nach dem Sintern mehr als 0,25 Gew.% Kohlenstoff,
vorzugsweise zwischen 0,6 bis 1,2 Gew.% Kohlenstoff enthält, und dadurch eine Mikrohärte
von mehr als 200 HV 0,025, vorzugsweise mehr als 600 HV 0,025 aufweist, ein Werkstoff
erhalten wird, der im praktischen Einsatz eine deutliche Verbesserung im Übertemperaturverhalten
bringt. Um den Kohlenstoffgehalt von mehr als 0,25 Gew.% und damit die gewünschte
Mikrohärte im gesinterten Zustand beizubehalten, muß das Sintern des Werkstoffs in
einer wasserstofffreien Schutzgasatmosphäre erfolgen. Dadurch wird gewährleistet,
daß der Kohlenstoffgehalt des Eisenpulvers während des Sinterns nicht verringert wird.
[0013] Der erfindungsgemäße Silber-Eisen-Werkstoff zeigt hinsichtlich der Lebensdauer und
der sonstigen Eigenschaften praktisch das gleiche Verhalten wie Silber-Nickel-Werkstoffe.
[0014] Den Silber-Eisenwerkstoffen können 0 bis 5 Gew.% metallische Zusätze, wie Zink, Kupfer,
Mangan, Rhenium, Iridium und Ruthenium, oder nichtmetallische Zusätze, wie Wolframoxid,
Molybdänoxid, Eisenoxide, Magnesiumoxid, Calziumoxid, Yttriumoxid, Tantaloxid, Chromoxid,
Manganoxid, Zinkoxid, Aluminiumoxid, Indiumoxid, Siliziumoxid und Zirkonoxid zugesetzt
werden.
[0015] Überraschenderweise lassen sich die erfindungsgemäßen Werkstoffe auch besser verarbeiten.
Die Ursache liegt darin, daß das Eisen während des Strangpressens innerhalb der Silbermatrix
deutlich feiner verteilt wird und daß sich das Eisen aufgrund der Sprödigkeit nicht
zu langgestreckten Eisenzeilen verformt, wie in den bekannten Silber-Eisen-Werkstoffen.
Die Werkstoffe lassen sich wirtschaftlich herstellen und sind in allen Schalteigenschaften
mit dem Silber-Nickel-Werkstoff vergleichbar, insbesondere die Übertemperatur und
Lebensdauer zeigen Werte, die auch Silber-Nickel-Werkstoffe erzielen.
[0016] Dies wurde durch elektrische Schaltversuche in serienmäßigen Schützen nachgewiesen.
Die Versuche wurden mit 5,5 KW unter den Schaltbedingungen AC4 nach DIN VDE 0660 durchgeführt.
Die Übertemperaturmessung erfolgte an den Kontaktbrücken bei einer Strombelastung
von 20 A nach jeweils 20.000 Schaltungen. Die Werkstoffe und die Ergebnisse der mit
diesen Werkstoffen durchgeführten Schaltversuche nach einer Gesamtschaltbelastung
von 60.000 Schaltspielen sind in folgender Tabelle enthalten und zeigen die Verbesserung
der erfindungsgemäßen Werkstoffe 6 bis 16 hinsichtlich der Kontakterwärmung gegenüber
den bekannten Werkstoffen AgNi20 und AgFe9,5Zn1,5(Werkstoff 1 und 2) und Werkstoffen
mit konventionellen Eisenpulvern (3 bis 5), die weniger als 0,1 Gew.% Kohlenstoff
enthalten.
Nr. |
Werkstoff |
Mittlere Übertemperatur in K |
Lebensdauer |
1 |
AgNi20 |
90 |
110.000 |
2 |
AgFe8,5Zn1,5 |
116 |
95.000 |
3 |
AgFe8 |
130 |
95.000 |
4 |
AgFe8Re5 |
95 |
90.000 |
5 |
AgFe6MgO0,5 |
95 |
90.000 |
6 |
AgFe8,5Zn1,5 |
110 |
110.000 |
7 |
AgFe6 |
110 |
110.000 |
8 |
AgFe6Re0,5 |
80 |
100.000 |
9 |
AgFe4MgO0,5 |
80 |
105.000 |
10 |
AgFe4 |
80 |
100.000 |
11 |
AgFe10 |
120 |
125.000 |
12 |
AgFe8Al2O30,5 |
95 |
110.000 |
13 |
AgFe8SnO20,5 |
90 |
110.000 |
14 |
AgFe8SiO20,5 |
90 |
115.000 |
15 |
AgFe8Ir0,5 |
95 |
125.000 |
16 |
AgFe8Ru0,5 |
90 |
115.000 |
[0017] Die Herstellung der erfindungsgemäßen Werkstoffe ist in den nachstehenden Beispielen
dargestellt. Dabei wird stets ein Eisenpulver eingesetzt, das etwa 0,9 Gew.% Kohlenstoff
enthält und eine Härte von etwa 800 HV 0,025 aufweist.
1. 80 g Eisenpulver wird mit 920 g Silberpulver gemischt. Die Mischung wird kaltisostatisch
gepreßt zu einem Strangpreßbolzen. Dieser wird unter wasserstofffreiem Stickstoff
bei 850°C gesintert und zu Draht mit einem Durchmesser von 8 mm stranggepreßt. Der
Draht wird durch Ziehen auf die gewünschten Enddurchmesser weiter verformt.
2. 80 g Eisenpulver und 5 g Rheniumpulver werden mit 915 g Silberpulver gemischt.
Die Mischung wird kaltisostatisch gepreßt zu einem Strangpreßbolzen. Dieser wird unter
wasserstofffreiem Stickstoff bei 850°C gesintert und zu Draht mit einem Durchmesser
von 8 mm stranggepreßt. Der Draht wird durch Ziehen auf die gewünschten Enddurchmesser
weiter verformt.
[0018] Die Drähte lassen sich stets gut zu Kontaktstücken weiterverarbeiten.
1. Gesinterter Silber-Eisenwerkstoff mit 0,5 bis 20 Gew.% Eisen und 0 bis 5 Gew.% sonstiger
metallischer, oxidischer, nitridischer und/oder carbidischer Zusätze, Rest Silber,
für elektrische Kontakte,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Eisenteilchen im gesinterten Werkstoff einen Kohlenstoffgehalt von mehr als
0,25 Gew.% und eine Mikrohärte von mehr als 200 HV 0,025 aufweisen.
2. Silber-Eisenwerkstoff nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Eisenteilchen im Werkstoff einen Kohlenstoffgehalt von mehr als 0,4 Gew.%
und eine Mikrohärte von mehr als 400 HV 0,025 besitzen.
3. Silber-Eisenwerkstoff nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Eisenteilchen im Werkstoff einen Kohlenstoffgehalt von 0,6 bis 1,2 Gew.% und
eine Mikrohärte von mehr als 600 HV 0,025 aufweisen.
4. Verfahren zur Herstellung von Silber-Eisenwerkstoffen nach Anspruch 1 bis 3, durch
Mischen von Silberpulver mit 0,5 bis 20 Gew.% Eisenpulver und 0 bis 5 Gew.% sonstiger
metallischer, oxidischer, nitridischer und/oder carbidischer Zusätze, kaltisostatischem
Pressen, Sintern bei 650 bis 940°C und Strangpressen,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Eisenpulver mehr als 0,25 Gew.% Kohlenstoff enthält und das Sintern in einer
wasserstofffreien Schutzgasatmosphäre vorgenommen wird.