(19)
(11) EP 0 795 505 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.09.1997  Patentblatt  1997/38

(21) Anmeldenummer: 97101314.9

(22) Anmeldetag:  29.01.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B65H 19/18
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FI IT SE

(30) Priorität: 15.03.1996 DE 29604882 U

(71) Anmelder: Voith Sulzer Papiermaschinen GmbH
89509 Heidenheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Madrzak, Zygmunt
    89522 Heidenheim (DE)

   


(54) Vorrichtung zum fliegenden Rollenwechsel in einer Abrollstation bei konstantem Bahnzug


(57) Eine Abrollstation für Bahnen, insbesondere Papierbahnen, mit je einer Lagerung für einen Primärwickel (3) und für einen Sekundärwickel sowie mit einer Einrichtung zum fliegenden Ankleben des Bahnanfanges des Primärwickels an das Bahnende des Sekundärwickels umfaßt einen antreibbaren oder bremsbaren Primärwickel (3) sowie eine mit einer Regeleinrichtung (11) verbundene Steuereinheit des Antriebsaggregates (10). Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß die Regeleinrichtung (11) eine Drehzahlregeleinrichtung umfaßt, die das Antriebsaggregat auf eine Drehzahl nb regelt, derart, daß die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels größer als die Geschwindigkeit der vom Sekundärwickel ablaufenden Bahn ist, und die Drehzahlregeleinrichtung durch Umsteuerung auf generatorischen Betrieb die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels von der Drehzahl nb auf eine Drehzahl nsynch herunterregelt, die der Ablaufgeschwindigkeit der Bahn vom Sekundärwickel entspricht. Desweiteren steuert die Regeleinrichtung (11) das Herabfahren auf die Drehzahl nsynch derart, daß die Bremskraft im Zeitpunkt der Übernahme der Bahn vom Primärwickel der Kraft entspricht, die zur Aufrechterhaltung des Bahnzuges benötigt wird. Außerdem ist erfindungsgemäß eine Bahnzugregeleinrichtung (13) vorgesehen, die den Bahnzug nach dem Ankleben aufrecht erhält.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum fliegenden Rollenwechsel in einer Abrollstation. Die Vorrichtung dient zum fliegenden Ankleben des Bahnanfanges einer neuen Bahnrolle ("Primärwickel") an das Bahnende einer vorangehenden Bahnrolle ("Sekundärwickel") von der eine zu behandelnde Bahn abläuft. Eine solche Vorrichtung findet vorzugsweise Anwendung in der Abrollstation einer Papierstreichmaschine oder in anderen ähnlichen Maschinen, in denen Papierbahnen behandelt oder verarbeitet werden. Das genannte Ankleben der beiden Bahnen aneinander muß bei voller Arbeitsgeschwindigkeit erfolgen und deshalb sehr präzise gesteuert werden. Die Arbeitsgeschwindigkeit liegt bei 1500 m/min oder mehr. Der fliegende Klebevorgang wird in der Papierindustrie auch als "Flying splice" bezeichnet.

[0002] Zur Vorbereitung des fliegenden Rollenwechsels wurde gemäß dem Stande der Technik der Primärwickel mittels eines Antriebsaggregates in Rotation versetzt und seine Umfangsgeschwindigkeit möglichst genau an die momentane Arbeitsgeschwindigkeit der Maschine angepaßt, d. h. an die Geschwindigkeit, mit der die Bahn vom Sekundärwickel abläuft. Desweiteren ist vorgesehen, daß die Abrollstation eine Bremseinrichtung aufweist, mittels der in der ablaufenden Bahn eine gewisse Bahn-Längsspannung bzw. Bahnzug aufrechterhalten werden kann. Üblicherweise ist ein Antriebsaggregat vorgesehen, welches wahlweise motorisch oder generatorisch betrieben werden kann. Da jedoch das Antriebsaggregat des Primärwickels in der vom Primärwickel ablaufenden Bahn erst dann den gewünschten Bahnzug erzeugen kann, nachdem das fliegende Ankleben des Bahnanfangs des Primärwickels an das Bahnende des Sekundärwickels stattgefunden hat, stellt sich bei den bekannten Vorrichtungen das Problem, daß der gewünschte Bahnzug in der vom Primärwickel ablaufenden Bahn nicht rasch genug eingestellt werden kann und ein vorübergehender Einbruch des Bahnzuges unmittelbar nach dem fliegenden Klebevorgang beobachtet wird.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die eingangs beschriebene Vorrichtung dahingehend zu verbessern, daß der soeben beschriebene vorübergehende Einbruch des Bahnzuges vermieden wird und im Zeitpunkt des Klebevorganges der Bahnzug vollständig aufrechterhalten wird.

[0004] Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruches 1 gelöst.

[0005] Als Antriebsaggregate kommen Elektromotoren oder aber auch hydraulische Motoren in Betracht. Es können Antriebsaggregate gewählt werden, die den Primärwickel sowohl antreiben als auch abbremsen. Bei einem Elektromotor ist dies dadurch gegeben, daß dieser sowohl motorisch als auch generatorisch betrieben werden kann.

[0006] Erfindungsgemäß versetzt das Antriebsaggregat des Primärwikkels denselben in Rotation. Nachdem der Primärwickel eine Umfangsgeschwindigkeit angenommen hat, die möglichst genau der Maschinengeschwindigkeit entspricht, wird eine zusätzliche Antriebsleistung in den Primärwickel eingeleitet. Hierdurch wird die Umfangsgeschwindigkeit des Primärwickels über den für den fliegenden Bahnwechsel notwendigen Wert hinaus angehoben. Anschließend wird der Primärwickel mittels einer Bremse abgebremst und die Umfangsgeschwindigkeit des Primärwickels wird wie gefordert - möglichst genau an die Maschinengeschwindigkeit angenähert. Als Bremsen kommen neben dem generatorisch arbeitenden Elektromotor auch herkömmliche Bremsen wie bspw. Trommel- oder Scheibenbremsen in Betracht.

[0007] Gemäß der Erfindung findet das Umsteuern des Antriebsaggregates des Primärwickels vom Motor- auf Generatorbetrieb zu einem früheren Zeitpunkt als beim Stand der Technik statt, nämlich nicht erst gleichzeitig mit oder kurz nach dem fliegenden Klebevorgang, sondern schon eine gewisse Zeitspanne davor. Desweiteren wird vor dem fliegenden Klebevorgang durch die Regeleinrichtung das Antriebsaggregat so abgebremst, daß die Bremskraft der gewünschten Bahnzugkraft zum Zeitpunkt des Klebens entspricht. Der bisher störende vorübergehende Einbruch des Bahnzuges wird somit vollkommen vermieden.

[0008] Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist als Abrollstation für Bahnen, insbesondere Papierbahnen ausgebildet, die sich dadurch auszeichnet, daß gemäß der Erfindung die Abrollstation wie in den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruches 1 dargestellt, eine Regeleinrichtung, die sowohl eine Drehzahlregelung, wie auch eine Bahnzugregelung ermöglicht, umfaßt.

[0009] Die Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung sind Gegenstand der sich an den unabhängigen Anspruch anschließenden Unteransprüche.

[0010] In einer besonderen Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, daß das Abbremsen des Primärwickels derart erfolgt, daß im Zeitpunkt des Verbindens von ablaufender Bahn und Primärwickel die Bremskraft des Antriebsaggregates genau der zur Aufrechterhaltung des Bahnzuges notwendigen Kraft entspricht. Hierdurch wird in optimaler Weise dafür gesorgt, daß im Zeitpunkt des Bahnabschlages ein Einbrechen des Bahnzuges vollständig vermieden wird.

[0011] Besonders vorteilhaft ist es, wenn als Antriebsaggregat für die Abrollstation ein elektrischer Antrieb Verwendung findet, da die durch die Regeleinrichtung zu steuernde Größe (siehe hierzu beispielsweise Dübbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, Seiten V38 bis V46, Berlin, Heidelberg, 1995) besonders leicht beeinflußt werden können.

[0012] Die Erfindung soll nachfolgend beispielhaft anhand der Figuren beschrieben werden.

[0013] Es zeigen:
Fig. 1
eine erfindungsgemäße Rollstation mit einem elektromotorischen Antrieb;
Fig. 2
den Drehzahlverlauf des elektrischen Antriebsaggregates gemäß dem Stand der Technik und nach der Erfindung;
Fig. 3
den zeitlichen Verlauf verschiedener Größen nach dem Stand der Technik;
Fig. 4
den zeitlichen Verlauf gemäß der Erfindung.


[0014] Fig. 1 zeigt eine erfindungsgemäße Abrollstation mit einem Sekundärwickel 1, von dem die zu verklebende Bahn 2 abläuft und einen Primärwickel 3, an den die ablaufende Bahn nach Verschwenken in die angezeichnete Position angeklebt wird. Das Ankleben der Bahn erfolgt dadurch, daß der Primärwickel mit einer Anklebewalze 4 zur Anlage kommt, wodurch ein Klebespalt 5 gebildet wird.

[0015] Durch Abschlagen der Bahn mit Hilfe eines Abschlagmessers, wie es beispielsweise aus der DE 38 15 277 bekannt ist, entsteht ein ablaufendes Bahnende des Sekundärwickels, das mit dem Primärwickel an der Klebestelle 5 verbunden wird. Der Primärwikkel wird mit Hilfe eines Antriebes 10 auf eine Drehzahl gebracht, bei der die Umlaufgeschwindigkeit der Primärrolle mindestens der Ablaufgeschwindigkeit der Bahn entspricht, bevor die Primär-Rolle zur Anlage mit der Klebewalze kommt und der Klebevorgang stattfindet.

[0016] Der elektromotorische Antrieb 10 ist mit einer Regeleinrichtung 11 verbunden, die eine Drehzahlregeleinrichtung 12 und eine Bahnzugregeleinrichtung 13 umfaßt. Die Arbeitsweise von Drehzahleinrichtung und Bahnzugregeleinrichtung wird aus der Beschreibung der nachfolgenden Figuren 2 bis 4 offensichtlich.

[0017] Fig. 2 zeigt den Drehzahlverlauf des Antriebsaggregates 10 über der Zeit, und zwar gemäß der Erfindung (Kurve 20) und gemäß dem Stand der Technik (Kurve 30).

[0018] Wie aus Fig. 2 zu ersehen, wurde beim Stande der Technik der Primärwickel vor dem Anklebezeitpunkt tAB genau auf die Drehzahl nsynch gebracht, bei der die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels der Ablaufgeschwindigkeit der Bahn entspricht. Desweiteren wurde im Zeitpunkt tA vom motorischen Betrieb auf den generatorischen Betrieb umgestellt.

[0019] Dadurch kam es kurzzeitig zu einem Bahneinbruch, was aus dem Anstieg der Drehzahl des Primärtambours bzw. Primärwickels kurz nach dem Umschalten auf generatorischen Betrieb zu ersehen ist.

[0020] Im Gegensatz hierzu zeigt die Kurve 20, nach dem Ankleben der Bahn einen konstanten Drehzahlverlauf, was auf einen konstanten Bahnzug hinweist. Hierzu ist es notwendig, daß gemäß der Erfindung der Primärwickel vom Primärantrieb über die notwendige Drehzahl nsynch hinaus auf eine Drehzahl nB vor dem Abschlagen bzw. Ankleben der Bahn beschleunigt wird. Mittels der Drehzahlregeleinrichtung 12 wird die Umlaufgeschwindigkeit des Primärtambours wieder auf den Synchronisationswert herabgeregelt. Dies bedingt eine Umsteuerung des elektrischen Antriebes 10 auf generatorischen Betrieb zum Zeitpunkt tN vor dem Abschlagzeitpunkt tAB der Bahn.

[0021] In Fig. 3 sind weitere Größen in ihrem zeitlichen Verlauf dargestellt, die für das Verständnis der vorliegenden Erfindung von Bedeutung sind.

[0022] Das für eine Vorrichtung gemäß dem Stand der Technik repräsentative Diagramm in Form von Fig. 3 zeigt den zuvor dargestellten Verlauf der Drehzahl n, sowie die Umschaltung von motorischen auf generatorischen Betrieb, die Übernahme der Zugregelung und den Verlauf der Bahnzugkraft in Abhängigkeit von der Zeit t.

[0023] Wie Fig. 3 zu entnehmen ist, wurde gemäß dem Stand der Technik wie zuvor beschrieben von motorischem auf generatorischen Antrieb im Zeitpunkt tAB des Bahnabschlages bzw. des Verklebens umgeschaltet und die Bahnzugregelung übernommen. Dadurch ist die volle Bahnzugkraft erst nach einer Zeit t zur Verfügung gestellt worden, was zu einem vorübergehenden Einbruch des Bahnzuges geführt hat.

[0024] Nach der Erfindung wird, wie im zeitlichen Verlauf der Größen in Fig. 4 erkennen ist, der Primärwickel auf eine Drehzahl nB gebracht, wobei die zugeordnete Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels 3 größer ist als die Bahnablaufgeschwindigkeit vom Sekundärwickel 1. Zu einem Zeitpunkt tN, der vor dem Abschlagzeitpunkt tAB der Bahn liegt, wird mittels Drehzahlregelung der Primärwickel auf die Drehzahl nsynch herabgeregelt, bei der die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels genau der Bahnablaufgeschwindigkeit entspricht.

[0025] Hierzu ist es notwendig, den elektrischen Antrieb wie dargestellt zum Zeitpunkt tN von motorischem auf generatorischen d.h. Bremsbetrieb, umzuschalten, wobei die Herabregelung auf nsynch vorzugsweise derart geschieht, daß das Antriebsaggregat im Zeitpunkt des Bahnabschlages tAB genau das Bremsmoment entwickelt, das notwendig ist, um die volle Bahnzugkraft zur Aufrechterhaltung des Bahnzuges zur Verfügung zu stellen. D.h., daß in dem dargestellten Idealfall beim Splicen genau mit dem Betrag gebremst wird, der für die Aufrechterhaltung des Bahnzuges benötigt wird. Durch das Umschalten vom Antriebs- auf den Bremszustand des elektrischen Antriebsaggregates schon vor dem Splicen bzw. Verkleben entfallt die Totzeit des Umschaltens und das mechanische Unterspiel hat ebenfalls keinen Einfluß mehr auf den Klebevorgang. Der elektrische Antrieb kann beispielsweise mit Hilfe eines Bremsstromes auf die Drehzahl nsync gebracht werden.

[0026] Die Erfindung stellt somit erstmals eine Abrollstation mit einer Antriebssteuerung für die Zugumschaltung beim fliegenden Rollenwechsel zur Verfügung und eine Abrollstation, bei der Primärantrieb rechtzeitig, d.h. im Augenblick des Bahnabschlages nicht nur bereits generatorisch läuft, sondern bereits einen nennenswerten Anteil seines Bremsmomentes (Bremsstromes) - im Idealfall genau das zur Aufrechterhaltung des Bahnzuges benötigte - aufweist.


Ansprüche

1. Abrollstation für Bahnen, insbesondere Papierbahnen, mit je einer Lagerung für einen Primärwickel (3) und für einen Sekundärwickel sowie mit einer Einrichtung zum fliegenden Ankleben des Bahnanfanges des Primärwickels an das Bahnende des Sekundärwickels, mit folgenden Merkmalen:

1.1 der Primärwickel (3) ist antreibbar oder bremsbar:

1.2 eine Steuereinheit des Antriebsaggregates (10) ist mit einer Regeleinrichtung (11) verbunden;
dadurch gekennzeichnet, daß

1.3 die Regeleinrichtung (11) eine Drehzahlregeleinrichtung umfaßt, die das Antriebsaggregat auf eine Drehzahl nB regelt, derart, daß die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels größer als die Geschwindigkeit der vom Sekundärwickel ablaufenden Bahn ist, und die Drehzahlregeleinrichtung durch Umsteuerung auf generatorischen Betrieb die Umlaufgeschwindigkeit des Primärwickels von der Drehzahl nB auf eine Drehzahl nsynch herunterregelt, die der Ablaufgeschwindigkeit der Bahn vom Sekundärwickel entspricht;

1.4 die Regeleinrichtung (11) das Herabfahren auf die Drehzahl nsynch derart steuert, daß die Bremskraft im Zeitpunkt der Übernahme der Bahn vom Primärwickel der Kraft entspricht, die zur Aufrechterhaltung des Bahnzuges benötigt wird und

1.5 eine Bahnzugsregeleinrichtung (13) vorgesehen ist, die den Bahnzug nach dem Ankleben aufrechterhält.


 
2. Abrollstation gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Antriebsaggregat (10) eine elektrische Maschine ist, die sowohl als Motor als auch das Generator betrieben werden kann.
 
3. Abrollstation gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Primärwickl (3) über gekühlte Trommel- oder Scheibenbremsen bremsbar ist.
 
4. Abrollstation gemäß Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Primärwickel (3) von einem E-Motor oder hydraulischem Motor angetrieben wird.
 




Zeichnung