(57) Das Beizmittel für Edelstahl mit einem Gehalt an 1 - 12 Gew.-% Fluorwasserstoff (ber.
als HF) zeichnet sich durch einen Zusatz von 0,02 - 2 Gew.-% Cer- und/oder Kolbaltverbindung
(ber. als Kation) aus. Bersonders wirkungsvolle Verbindungen sind Kobaltnitrat und
Natriumhexanitrokolbaltat.
Das Beizmittel sollte praktisch frei von Chelatbildnern und organischen Säuren, zweckmäßigerweise
auch praktisch frei von Sulfit-, Chlorid- und Bromidionen sein. Bei seiner Anwendung
als Sprühbeize oder Beizpaste enthält es zusätzlich Verdickungsmittel, wie Polysaccharid,
Magnesiumverbindung und/oder Bariumsulfat.
Sofern das Beizmittel als Tauchbeize eingesetzt wird, sollte es zusätzlich 0,5 bis
4 Gew.-%, sofern es als Sprühbeize oder Beizpaste eingesetzt wird, 0,5 bis 6 Gew.-%
Salpetersäure (ber. als HNO
3) enthalten.
[0001] Die Erfindung betrifft ein Beizmittel für Edelstahl mit einem Gehalt an Fluorwasserstoff.
[0002] Es ist allgemein üblich, Edelstähle mit verschiedenen Säuren oder Säuregemischen
(Beizmitteln) zu beizen, um Korrosionsprodukte sowie z.B. beim Schweißen entstandene
Zunderschichten oder Anlauffarben zu entfernen. Die Beizmittel können dabei als Tauchbeize
-insbesondere bei großen Teilen oder örtlicher Oxidbildung- als Sprühbeize oder als
Beizpaste eingesetzt werden.
[0003] Die zum Beizen von Edelstählen wichtigsten Säuren oder Säuregemische sind Flußsäure,
Flußsäure/Salpetersäure, Flußsäure/Schwefelsäure mit zum Teil erheblichen Zusätzen
an EisenIII-Verbindungen bereits in der Startphase des Beizmittels. Zum Teil enthalten
die Beizmittel Wasserstoffperoxid, mit dessen Hilfe die durch den Beizangriff in Lösung
gehenden EisenII-Ionen zu EisenIII-Ionen oxidiert werden. Beispiele derartiger Beizmittel
sind in WO 87/01739, DE-A-3825857, DE-A-4417284 und EP-A-505606 beschrieben. Den bekannten
Beizmitteln haften die unterschiedlichsten Nachteile an. Ein Nachteil ist häufig die
geringe Beizgeschwindigkeit. Bei Flußsäure/Salpetersäure-Beizmitteln mit hohen Säurekonzentrationen
treten aus den Beizbädern gesundheitsgefährdende Dämpfe aus, die abgesaugt und in
einer Waschanlage behandelt werden müssen. Niedrigkonzentrierte Beizmittel auf Basis
Flußsäure/Salpetersäure führen häufig zu dunklen, fleckigen Metalloberflächen, d.h.
die an sich erwünschte metallisch helle, reine Metalloberfläche wird nicht erhalten.
Die Verfahren mit Beizmitteln auf Basis Schwefelsäure/Flußsäure/Wasserstoffperoxid,
die im Tauchen Anwendung finden und bei denen es in der Regel nötig ist, ein bestimmtes
Redox-Potential aufrechtzuerhalten, sind vergleichsweise aufwendig in der Verfahrensführung,
so daß sie insbesondere für kleinere Beizereien nicht in Betracht kommen.
[0004] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Beizmittel zur Verfügung zu stellen, das die bekannten,
insbesondere vorgenannten Nachteile nicht aufweist, wirtschaftlich und in einfacher
Weise einsetzbar ist sowie metallisch helle, reine Edelstahloberflächen erzielen läßt.
[0005] Die Aufgabe wird gelöst, in dem das Beizmittel der eingangs genannten Art entsprechend
der Erfindung derart formuliert wird, daß es
1 bis 12 Gew.-% Fluorwasserstoff (ber. als HF)
enthält und einen Zusatz von
0,02 bis 2 Gew.-% Cer- und/oder Kobaltverbindung (ber. als Kation)
aufweist.
[0006] Bei den umfangreichen Versuchen, die zur Konzeption der Erfindung vorgenommen worden
sind, wurde überraschenderweise festgestellt, daß Cer- und/oder Kobaltverbindungen
für eine erhebliche Verbesserung der Beizwirkung des Beizmittels verantwortlich sind.
Dabei kann es sich im Falle des Cers um CeIII- und CerIV-Verbindungen, im Falle des
Kobalts um CoII- und CoIII-Verbindungen handeln. Die Verbindungen können löslich oder
unlöslich sein.
[0007] Besonders geeignete Verbindungen sind beispielsweise Cerdioxid, CerIV-Sulfat, basisches
CerIV-Nitrat (Ce(OH)(NO
3)
3 · 3H
2O), CeIII-Nitrat (Ce(NO
3)
3 · 6H
2O), AmmoniumcerIV-Nitrat ((NH
2)
2 [Ce(NO
3)
6]), Decamin-µ-peroxodikobaltIII-Nitrat ([(NH
3)
5-Co-O-O-Co(NH
3)
5](NO
3)
4 · 2H
2O). Von besonders herausragender Wirkung sind -entsprechend einer bevorzugten Ausgestaltung
der Erfindung- KobaltII-Nitrat und Natriumhexanitrokobaltat (Na
3[Co(NO
2)
6]).
[0008] Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung sollte das Beizmittel
praktisch frei von Chelatbildnern und organischen Säuren sein. Weiterhin ist es vorteilhaft,
das erfindungsgemäße Beizmittel auch praktisch frei von Sulfit-, Chlorid- und Bromidionen
zu halten. Diese Maßnahmen wirken sich insbesondere auf die Aufbereitung bzw. Entsorgung
von Spülwasser und abgearbeitetem Beizmittel aus.
[0009] Die vorstehend gewählte Formulierung "praktisch frei" ist in dem Sinn verstanden,
daß ein gezielter Zusatz derartiger Substanzen unterbleiben soll und es sich hierbei
allenfalls um herstellungsbedingte Verunreinigungen (Produkte von technischer Reinheit),
gegebenenfalls von unbedeutenden Resten von anderen zuvor in der Beizanlage verwendeten
Beizmitteln oder -im Hinblick auf Chloridionen- um deren Gehalt im zum Ansatz verwendeten
Leitungswasser handelt.
[0010] Das erfindungsgemäße Beizmittel ist als Tauchbeize, als Sprühbeize und als Beizpaste
einsetzbar. Im Falle seines Einsatzes als Sprühbeize oder Beizpaste enthält es zusätzlich
an sich bekannte Verdickungsmittel, wobei Polysaccharide, Magnesiumverbindungen und/oder
Bariumsulfat bevorzugt sind. Die erforderlichen Mengen betragen für Polysaccharide
etwa 0,3 bis 3 Gew.-%, für Magnesiumverbindungen etwa 1 bis 8 Gew.-% (als Magnesium
berechnet) und für Bariumsulfat etwa 10 bis 60 Gew.-%, jeweils auf das fertige Beizmittel
bezogen. Von den Mengenangaben gelten die unteren Bereiche für Sprühbeize, die oberen
Bereiche für die Beizpaste. (Thixotropie-Effekt)
[0011] Gemäß weiterer vorteilhafter Ausgestaltungsformen enthält das erfindungsgemäße Beizmittel
zusätzlich Salpetersäure. In seiner Anwendung als Tauchbeize sollte der Salpetersäuregehalt
0,5 bis 4 Gew.-% (ber. als HNO
3), in seiner Anwendung als Sprühbeize oder Beizpaste 0,5 bis 6 Gew.-% (ber. als HNO
3)betragen.
[0012] Sofern das erfindungsgemäße Beizmittel als Tauchbeize zum Einsatz gelangt, sollte
wegen der mit sinkender Temperatur abnehmenden Aktivität die Badtemperatur nicht unter
5°C liegen. Andererseits sollte die Temperatur von 35°C nicht überschritten werden,
da es sonst zu starker Dampfentwicklung kommen kann. Die Beizdauer beträgt je nach
Beizbadtemperatur in der Regel 20 bis 120 Minuten.
[0013] Bei Anwendung des Beizmittels als Sprühbeize oder Beizpaste gelten im wesentlichen
die gleichen Temperaturbedingungen, die Einwirkungsdauer sollte jedoch mindestens
30 Minuten betragen. Auch hier ist die erforderliche Beizdauer von der Temperatur
abhängig. Bei der Anwendung als Sprühbeize -und soweit möglich auch bei Anwendung
als Beizpaste- sollte vermieden werden, daß die Werkstücke (Beizgut) austrocknenden
Bedingungen, wie starke Sonneneinstrahlung, Einwirkung von Heizflächen, ausgesetzt
sind.
[0014] Die Applikation der Sprühbeize erfolgt üblicherweise durch eine Niederdrucksprühanlage
bei einem Druck von 3,5 bis 6 bar, die der Beizpaste durch Pinselauftrag.
[0015] Nach Beendigung des Beizvorganges werden die Werkstücke in der Regel mit Kaltwasser
unter Hochdruck von etwa 120 bis 180 bar abgespritzt.
[0016] Das erfindungsgemäße Beizmittel eignet sich insbesondere zum Beizen von austenitischen,
martensitischen und ferritischen Stählen sowie für Sonderstähle mit Gehalten an Titan,
Vanadin, Molybdän, Niob, Tantal und dgl.
[0017] Die Vorzüge des erfindungsgemäßen Beizmittels liegen darin, daß mit hoher Beizgeschwindigkeit
metallisch helle, reine Edelstahloberflächen erzielt werden, obgleich es keine oder
nur geringe Mengen Salpetersäure enthält. Infolgedessen treten keine oder nur extrem
geringe Mengen an Stickoxiden (NO
x) auf, die die Anforderungen hinsichtlich MAK-Wert und TA-Luft erfüllen, so daß auf
die sonst erforderlichen aufwendigen Gaswäscher verzichtet werden kann. Wegen der
geringen Gesamtsäurekonzentration ist der Aufwand der Beizereien für Boden- und Wandbeschichtung
erheblich reduziert. Die geringe Gesamtsäurekonzentration wirkt sich zudem vorteilhaft
auf die Aufbereitung bzw. Entsorgung von Abwässern und abgearbeiteten Beizmitteln
aus. Insbesondere ist die Salzfracht im Abwasser, die allenfalls vom Nitrat herrührt,
erheblich verringert.
[0018] Die Standzeit des erfindungsgemäßen Beizmittels in seiner Anwendung als Tauchbeize
ist deutlich länger als bei konventionellen Beizmitteln, was ebenfalls mit Blick auf
Aufbereitung und Entsorgung von Bedeutung ist.
[0019] Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele beispielsweise und näher erläutert.
Beispiel 1
[0020] Es wurden Werkstücke aus Edelstahl der Qualität 1.4571, die mit Schweißnähten versehen
waren, gebeizt. Als Beizmittel diente eine Tauchbeize folgender Zusammensetzung:
4 Gew.-% HF
1,5 Gew.-% HNO3
2 Gew.-% Co(NO3)2 · 6H2O (=0,4 Gew.-% Co)
0,1 Gew.-% Tensid
Rest Wasser
[0021] Die Beizbadtemperatur betrug 22°C, die Beizdauer 45 Minuten. Im Anschluß an den Beizvorgang
wurden die Werkstücke mit Kaltwasser bei einem Druck von 160 bar abgesprizt.
[0022] Die erhaltenen Werkstücke wiesen eine metallisch helle, reine Oberfläche auf. Der
Bereich der Schweißnähte war frei von Anlauffarben und anhaftendem Schweißzunder.
Beispiel 2
[0023] Zum Einsatz gelangte ein mit Schweißnähten versehener kalt gewalzter Edelstahl der
Qualität 1.4301.
[0024] Als Beizmittel diente eine Sprühbeize die die nachfolgend angegebene Beschaffenheit
aufwies:
4,5 Gew.-% HF
3,5 Gew.-% HNO3
0,9 Gew.-% Polysaccharid (Xanthan-Gum)
1 Gew.-% Glyzerin
0,7 Gew.-% Natriumhexanitrokobaltat (Na3[Co(NO2)6])
(=0,1 Gew.-% Co)
Rest Wasser
[0025] Die Sprühbeize hatte eine Temperatur von 20°C und wurde mit Hilfe einer Membranpumpe
unter einem Druck von 4 bar auf die Werkstückoberfläche aufgespritzt. Es wurde ein
gleichmäßig dicker Auftrag von 0,5 mm erhalten.
[0026] Nach einer Einwirkungsdauer von 60 Minuten wurde mit Kaltwasser unter Hochdruck von
160 bar abgespritzt.
[0027] Die nach dem Beizvorgang erhaltenen Werkstücke zeigten eine matte, aufgehellte, metallisch
reine Oberfläche. Auch in diesem Falle waren die Schweißnahtbereiche frei von Anlauffarben
und anhaftendem Schweißzunder.
Beispiel 3
[0028] Auf Werkstücke von warmgewalztem Edelstahl der Qualität 1.4541, die Schweißnähte
aufwiesen, wurde eine Beizpaste durch gleichmäßigen Pinselauftrag aufgebracht. Die
Dicke des Auftrages betrug 1 mm, die Temperatur der Beizpaste 18°C.
[0029] Die Beizpaste wies folgende Zusammensetzung auf:
5 Gew.-% HF
3,5 Gew.-% HNO3
0,9 Gew.-% CeO2 (=0,75 Gew.-% Ce)
52 Gew.-% BaSO4
Rest Wasser
[0030] Nach einer Einwirkungsdauer von 50 Minuten wurden die Reste der Beizpaste durch Hochdruckspritzen
bei 160 bar mit Kaltwasser entfernt.
[0031] Es wurden Werkstücke erhalten, deren Schweißnahtbereich frei von Anlauffarben und
Schweißzunder war. Außerdem wiesen die Werkstücke eine metallisch reine Oberfläche
auf.
1. Beizmittel für Edelstahl mit einem Gehalt an Fluorwasserstoff, dadurch gekennzeichnet,
daß es
1 - 12 Gew.-% Fluorwasserstoff (ber. als HF)
enthält und einen Zusatz von
0,02 - 2 Gew.-% Cer- und/oder Kobaltverbindung (ber. als Kation)aufweist.
2. Beizmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß es die Kobalt-Verbindung in
Form von Kobaltnitrat und/oder Natriumhexanitrokobaltat enthält.
3. Beizmittel nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß es praktisch
frei von Chelatbildnern und organischen Säuren ist.
4. Beizmittel nach den Ansprüchen 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß es praktisch
frei von Sulfit-, Chlorid- und Bromidionen ist.
5. Beizmittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß es bei Anwendung als Sprühbeize oder Beizpaste zusätzlich Verdickungsmittel enthält.
6. Beizmittel nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß es als Verdickungsmittel Polysaccharid,
Magnesiumverbindung und/oder Bariumsulfat enthält.
7. Beizmittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß es in seiner Anwendung als Tauchbeize zusätzlich
0,5 bis 4 Gew.% Salpetersäure (ber. als HNO3 )
enthält.
8. Beizmittel nach den Ansprüchen 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß es in seiner
Anwendung als Sprühbeize oder Beizpaste zusätzlich
0,5 bis 6 Gew.% Salpetersäure (ber. als HNO3)
enthält.