[0001] Die Erfindung betrifft ein Halbzeug zur paßgenauen Herstellung einer zu implantierenden
Prothese, die vor dem Einsetzen in den menschlichen oder tierischen Körper durch abtragende
Bearbeitung den Abmessungen der für den Einsatz bestimmten Knochenhöhle maßgenau angepaßt
wird, und das einen Metallkern aufweist. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren
zur Herstellung sowie die Verwendung des Halbzeuges.
[0002] Derartige Halbzeuge sind zur Herstellung von Hülftgelenksendoprothesen seit einigen
Jahren bekannt. Herkömmliche Hüftgelenksendoprothesen werden in eine Aushöhlung des
Oberschenkelknochens einzementiert. Dazu werden fertige Prothesenteile verwendet,
der Knochen muß bearbeitet, in der Regel ausgehöhlt und damit geschwächt werden. Die
Prothese wird mit Hilfe von Knochenzement, der in dem Knochen aushärtet, befestigt.
Bei dieser Methode wird der Knochen der Prothese angepaßt. Mit Hilfe des eingangs
charakterisierten Halbzeuges ist es möglich, die Prothese dem Knochen anzupassen und
so eine Schwächung des Knochens zu vermeiden. Bekannt sind gegossene oder geschmiedete
metallische Halbzeuge, beispielsweise aus Titan oder Titanlegierungen oder aus Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierungen.
Diese Halbzeuge werden in Abmessungen gefertigt, die größer sind, als die Knochenhöhle,
in die sie eingesetzt werden sollen. Die Knochenhöhle wird beispielsweise mit Hilfe
von Computertomographen auf Bruchteile von Millimetern genau vermessen, die gemessenen
Daten werden einer rechnergesteuerten Bearbeitungsmaschine zugeleitet, auf der die
Prothese paßgenau, d.h. den Abmessungen der Knochenhöhle entsprechend gefräst wird.
Diese metallischen Halbzeuge sind sehr hart und dadurch zum einen schwer zu bearbeiten
und zum anderen nicht in der Lage, Stöße oder ähnliche Belastungen abzufangen. Sie
sitzen paßgenau in dem Knochen und besitzen kein dämpfendes Element, welches Stöße
zwischen den unterschiedlichen Materialien Knochen und Metall abfängt. Dies führt
dazu, daß die Gefahr der Lockerung des Prothesenschaftes im Knochen besteht, in Folge
dessen der weichere Knochen an dem härteren Metall abreibt und dadurch langsam zerstört
wird.
[0003] Ausgehend von dem beschriebenen Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe
zugrunde, ein Halbzeug zu schaffen, das die paßgenaue Herstellung einer Prothese ermöglicht,
die sowohl fest in der Knochenhöhle sitzt als auch Stoßbelastungen zwischen der Prothese
und dem Knochen dämpft. Aufgabe der Erfindung ist es weiterhin, ein Verfahren zur
Herstellung des Halbzeuges sowie seine Verwendung anzugeben.
[0004] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe für das Halbzeug dadurch gelöst, daß der Metallkern
in einen Mantel aus Knochenzement mindestens teilweise derart eingebettet ist, daß
die äußeren Abmessungen des Mantels größer sind als die entsprechenden Wandabstände
in der Knochenhöhle. Dabei werden die dem Fachmann geläufigen Abmessungen von Knochenhöhlen
zugrunde gelegt, da den Maßen des Mantels nach oben hin im wesentlichen nur wirtschaftliche
Grenzen gesetzt sind. Insbesondere ist es vorteilhaft, daß die Abmessungen des Metallkerns
im wesentlichen kleiner sind, als die entsprechenden Wandabstände in der Knochenhöhle,
um zu sichern, daß bei der Implantation keine wesentlichen kraftschlüssigen Verbindungen
direkt zwischen Knochenhöhle und Metall entstehen, sondern daß dazwischen Stöße dämpfendes
Mantelmaterial (Knochenzement) angeordnet ist. Ein derartiges Halbzeug kann serienmäßig,
gegebenenfalls in verschiedenen Konfektionsgrößen bereitgestellt werden. Der Fachmann
kann so die richtige Größe entsprechend dem konkreten Fall auswählen. Das Halbzeug
(der Mantel) wird in der Regel spanabhebend bearbeitet, beispielsweise gefräst. Die
Endmaße werden durch Ausmessen der Knochenhöhle mit den dem Fachmann geläufigen Meßmethoden,
beispielsweise der Computertomographie, ermittelt und durch entsprechende Bearbeitung
auf das Halbzeug übertragen, so daß das Halbzeug nach seiner Bearbeitung paßgerecht
in die Knochenhöhle eingesetzt werden kann. Der Knochenverschleiß wird minimiert und
eventuelle Nachteile, die bei der herkömmlichen Zementierung von Metallprothesen auftreten,
werden vermieden. Der Knochenzement wirkt dämpfend zwischen dem Material des Knochens
und dem Metallkern der Prothese, so daß Stöße und andere Druckbelastungen vermindert
werden. Dadurch werden sowohl Abrieb an Knochen und Prothese als auch Schmerzen beim
Patienten verhindert. Außerdem kann der Knochen in den Zementmantel einwachsen, so
daß der sichere Halt gewährleistet ist.
[0005] Vorteilhaft ist es, daß der Knochenzement ein Antibiotikum zur Bekämpfung von Infektionen
innerhalb der Knochenhöhle enthält.
[0006] Zweckmäßig ist es, daß die Abmessungen des Mantels mindestens 4 mm größer sind, als
die entsprechenden Wandabstände der Knochenhöhle. Als Knochenzement sind herkömmliche
Materialien, wie Polymethylmethacrylat (PMMA), zum Beispiel die als Palacos oder Septopal
bekannten Materialien, oder auch andere Kunststoffe, wie Polysulfone, Polyester oder
Polyethylene, möglich.
[0007] Zweckmäßig kann es sein, daß zwischen dem Metallkern und dem Mantel aus Knochenzement
eine Haftvermittlerschicht angeordnet ist, die beispielsweise auf der Basis von Silikat
gebildet ist.
[0008] In einer vorteilhaften Ausführungsform weist der Metallkern einen Schaft und einen
Kopf auf, wobei der Schaft die Form des Schaftes einer Hüftgelenksendoprothese aufweist,
der in dem Mantel aus Knochenzement eingebettet ist.
[0009] Vorteilhaft ist es auch, wenn zwischen Schaft und Kopf ein Kragen angeordnet ist,
der dann als Anschlag- bzw. Auflagefläche am Eingang der Knochenhöhle dienen kann.
Es kann auch zweckmäßig sein, daß der Schaft um seinen Umfang herum Stufen aufweist,
die beispielsweise umlaufend oder teilweise umlaufend ausgebildet sind. Diese Stufen
dienen zum einen einem besseren Haften des Mantels an dem Schaft, zum anderen unterstützen
die Stufen einen festen Sitz der Prothese im Knochen.
[0010] Die Aufgabe wird für ein Verfahren zur Herstellung eines Halbzeuges dadurch gelöst,
daß auf den Metallkern der Mantel aus Knochenzement im Spritzgußverfahren oder in
einer Preßform aufgebracht und anschließend ausgehärtet wird. Neben dem Spritzgußverfahren
kann beispielsweise ein Zweikomponentenmaterial, bestehend aus Flüssigkeit und Pulver
nach dem Mischen in eine Preßform um den Metallkern herum eingepreßt werden. Vorteilhaft
ist es, vor dem Aufbringen des Mantels eine Haftvermittlerschicht auf den Metallkern
aufzubringen, beispielsweise durch Flammenpyrolyse oder durch Aufstreichen mit einem
Pinsel. Dabei können mehrere Schichten der Haftvermittlerschicht aufgetragen werden.
[0011] Das Halbzeug kann zur Herstellung einer in eine Knochenhöhle zu implantierende Prothese
verwendet werden, wobei die Abmessungen der Knochenhöhle gemessen werden und nach
diesen Abmessungen der Mantel aus Knochenzement gefräst wird. Insbesondere kann das
Halbzeug zur Herstellung einer Hüftgelenksendoprothese verwendet werden. Der Knochenzement
kann keilförmig gefräst oder auf andere geeignete Weise bearbeitet werden, wobei ein
Kragen zwischen dem Schaft und dem Kopf des Prothesenteils angeordnet ist, der als
Auflagefläche auf dem Eingang der Knochenhöhle dient.
[0012] In dem Knochenzement können auch z. B. umlaufende Stufen gefräst werden, die die
Prothesenteile in der Knochenhöhle abstützen. Auch dadurch entsteht eine Druckkomponente,
die in Längsrichtung der Knochenhöhle gerichtet ist, so daß höchstens ein geringer
Teil der zwischen Knochen und Prothesenteil wirkenden Kraft etwa senkrecht zur Längsachse
des Knochens gerichtet ist. Dadurch wird eine Spaltung des Knochens verhindert.
[0013] Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert.
[0014] In die Zeichnung zeigt
- Figur 1
- die schematische Darstellung eines Halbzeugs zur Herstellung einer Hüftgelenksendoprothese,
- Figur 2
- die schematische Darstellung eines Halbzeugs mit gestuftem Kern und
- Figur 3
- eine aus dem Halbzeug gefertigte Hüftgelenksendprothese, wobei der Knochen, in den
sie einzusetzen ist, andeutungsweise ebenfalls dargestellt ist.
[0015] Das Halbzeug besteht aus einem Kern 1 aus Titan oder einer Titanlegierung. Das Halbzeug
weist einen Schaft 2 und einen Kopf 3 auf. Der Schaft 2 ist kleiner als übliche Knochenhöhlen,
in denen Hüftgelenksendoprothesen eingesetzt werden; er weist jedoch die Form eines
Schaftes einer Hüftgelenksendoprothese auf.
[0016] Die Oberfläche des Schaftes 2 ist mit einer Schicht 4 eines Haftvermittlers beschichtet,
der die Haftung des Knochenzementes des Mantels 5 auf dem Schaft 2 verbessert.
[0017] Zwischen Schaft 2 und Kopf 3 ist ein Kragen 6 angeordnet, der als Auflagefläche am
Knochen dient. In Figur 2 ist eine Ausführung des Schaftes 2 mit Stufen 7 dargestellt.
[0018] Der Haftvermittler kann auf verschiedene Arten aufgebracht werden. Möglich ist das
Aufbringen einer glasartigen Silikatschicht mittels bekannter Flammenspritzverfahren.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, ein flüssiges Präparat, das Wasser, Aceton,
ein Methacrylat und ein reaktives Polymer enthält, beispielsweise mittels eines Pinsels
aufzutragen und diesen Überzug durch Erwärmen zu verfestigen. Dabei können zwei Präparate
nacheinander auf den Schaft 2 aufgetragen werden, wobei das erste Präparat 5 - 25
Gewichts-% mit einer wäßrigen Copolymersuspension, in der das Copolymer aus einer
Mischung von 40 - 80 Gewichts-% Acrylnitril und 60 - 20 Gewichts-% Butylacrylat besteht,
5 - 20 Gewichts-% Wasser, 35 - 75 Gewichts-% polares Lösungsmittel (z.B. Aceton) und
3 - 15 Gewichts-% eines Methacrylates enthält und das zweite Präparat 5 - 20 Gewichts-%
einer 40 - 90 gewichts-%igen Lösung eines isocyanatgruppenfreien Polyurethan-Einbrennharzes
Insolvent Naphtha 100, 65 - 85 Gewichts-% Lösungsmittel und 3 - 20 Gewichts-% eines
Methacrylats enthält. Vor dem Aufbringen der zweiten Schicht wird die erste Schicht
zumindest leicht angetrocknet. Nach dem Trocknen der zweiten Schicht wird der Schaft
2 mit dem Mantel 5 aus Knochenzement (beispielsweise Palacos oder Septopal) im Spritzgußverfahren
umgeben. Der Mantel 5 kann auch in einer Preßform, in der der Schaft 2 angeordnet
wird, aufgebracht werden, indem eine Masse, die beispielsweise aus einer Flüssigkeit
und einem Pulver angemischt wurde, hineingepreßt wird.
[0019] Der Mantel 5 kann als massiver Block um den Schaft 2 herum angeordnet sein. Bei einer
dünneren Ummantelung wird die Dicke des Mantels 5 in der Regel an der Spitze des Schaftes
geringer sein als am entgegengesetzten Ende. An der dünnsten Stelle sollte der Mantel
eine Stärke von mindestens 2 mm aufweisen. Anonsten ist die Stärke des Mantels 5 nahezu
beliebig festsetzbar. Sie muß lediglich groß genug sein, um nach der Bearbeitung den
Abmessungen der Knochenhöhle entsprechen zu können.
[0020] Die Bearbeitung geschieht dadurch, daß mittels Computertomographie die exakten Abmessungen
der Knochenhöhle ermittelt werden. Diese Daten werden auf eine computergesteuerte
Fräsmaschine übertragen; dort wird die Prothese exakt den Abmessungen der Knochenhöhle
entsprechend fertiggestellt. Der Mantel 5 aus Knochenzement ist dabei sehr leicht
zu bearbeiten. Figur 3 zeigt eine gestufte Knochenzementoberfläche, bei der die Stufen
an der Wand der Knochenhöhle anliegen, wenn die Prothese in den Knochen 8 implantiert
ist.
[0021] Dem Knochenzement wird ein Antibiotikum zugesetzt, das über einen längeren Zeitraum
freigesetzt wird und verhindert, daß Infektionen in der Knochenhöhle entstehen.
1. Halbzeug zur paßgenauen Herstellung einer zu implantierenden Prothese, die vor dem
Einsetzen in den menschlichen oder tierischen Körper durch abtragende Bearbeitung
den Abmessungen der für den Einsatz bestimmten Knochenhöhle maßgenau angepaßt wird,
und das einen Metallkern aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß der Metallkern (1)
in einen Mantel (5) aus Knochenzement mindestens teilweise derart eingebettet ist,
daß die äußeren Abmessungen des Mantels (5) größer sind, als die entsprechenden Wandabstände
in der Knochenhöhle.
2. Halbzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Abmessungen des Metallkerns
(1) kleiner sind als die entsprechenden Wandabstände in der Knochenhöhle.
3. Halbzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Knochenzement ein
Antibiotikum enthält.
4. Halbzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Abmessungen
des Mantels (5) mindestens 4 mm größer sind als die entsprechenden Abmessungen der
Knochenhöhle.
5. Halbzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Knochenzement
ein Polymethylmethacrylat, Polysulfon, Polyester oder Polyethylen ist.
6. Halbzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen Metallkern
(1) und Mantel (5) eine Haftvermittlerschicht (4) angeordnet ist.
7. Halbzeug nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Haftvermittlerschicht (4)
im wesentlichen ein Silikat aufweist.
8. Halbzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Metallkern
(1) einen Schaft (2) und einen Kopf (3) aufweist, wobei der Schaft (2) die Form des
Schaftes einer Hüftgelenksendoprothese aufweist und in den Mantel (5) aus Knochenzement
eingebettet ist.
9. Halbzeug nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen Schaft (2) und Kopf
(3) ein Kragen (6) angeordnet ist.
10. Halbzeug nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, daß der Schaft (2) Stufen
(7) aufweist, die in Umfangsrichtung des Schaftes (2) verlaufen.
11. Verfahren zur Herstellung eines Halbzeugs nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß der Mantel (5) im Spritzgußverfahren oder in einer Preßform auf den Metallkern
(1) aufgebracht und anschließend ausgehärtet wird.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß vor dem Aufbringen des Mantels
(5) eine Haftvermittlerschicht (4) auf den Metallkern (1) aufgebracht wird.
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Haftvermittlerschicht
(4) durch Flammenpyrolyse aufgebracht wird.
14. Verwendung eines Halbzeuges nach Anspruch 1 zur Herstellung einer in eine Knochenhöhle
zu implantierenden Prothese, wobei die Abmessungen der Knochenhöhle gemessen werden
und nach diesen Abmessungen der Mantel (5) aus Knochenzement gefräst wird.
15. Verwendung eines Halbzeuges nach Anspruch 1 zur Herstellung einer Hüftgelenksendoprothese.