[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft falschdrall-texturierte Garne sowie ein Verfahren
zur Herstellung derselben durch Schmelzspinnen von Polymeren und anschließende Falschdrall-Texturierung.
[0002] Üblicherweise werden falschdrall-texturierte Garne unter Verwendung von Vorlagematerialien
aus schmelzspinnbaren Polymeren hergestellt. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften
derartiger Polymerer spiegeln sich hierbei unter anderem in der sogenannten Glasübergangstemperatur
wider. Unter letzterer versteht man (vgl. Römpp, Chemielexikon, Georg Thieme Verlag
(1995), 9. Aufl., Bd. 2, S. 1587) die Temperatur, bei der amorphe oder teilkristalline
Polymere vom flüssigen oder gummielastischen Zustand in den hartelastischen oder glasigen
Zustand übergehen oder umgekehrt. Ursächlich für das Phänomen der Glasübergangstemperatur,
die auch als Glastemperatur oder Glasumwandlungstemperatur bezeichnet wird, ist das
Einfrieren oder Auftauen der Brownschen Molekularbewegungen längerer Kettensegmente
der Polymeren. Die Glasübergangstemperatur wird daher oft auch als Einfriertemperatur,
Erweichungstemperatur oder -punkt bzw., da die Übergänge meistens in einem Temperaturbereich
stattfinden, als Glasumwandlungsintervall oder Erweichungsbereich bezeichnet. Beim
Erreichen der Glasübergangstemperatur tritt eine drastische Änderung der Viskosität
und anderer physikalischer Kerngrößen, wie der Härte, des Moduls und der thermodynamischen
Zustandsgrößen Volumen, Enthalpie und Entropie, der Polymeren ein. Die Glasübergangstemperatur
vermittelt wichtige Anhaltspunkte über die Formbeständigkeit der Polymeren beim Erwärmen
und damit Aussagen, in welchem Temperaturbereich die Polymeren einsetzbar sind. Bestimmt
werden kann die Glasübergangstemperatur unter anderem über dilatometrische, dielektrische,
dynamisch-mechanische oder refraktrometrische Messungen bzw. mit Hilfe der NMR-Spektroskopie.
Die Glasübergangstemperatur ist abhängig unter anderem von der chemischen Struktur
der Polymeren, deren Molmasse, der Flexibilität der Polymerketten und vom Druck, dem
das Polymersystem ausgesetzt wird.
[0003] Bei der Herstellung falschdrall-texturierter Garne unter Verwendung von Vorlagematerialien,
wie POY (= Partially Oriented Yarn), MOY (= Medium Oriented Yarn) oder LOY (= Low
Oriented Yarn), aus schmelzspinnbaren Polymeren sind stabile Betriebsbedingungen insbesondere
bei der Falschdrallerzeugung im Falschdrallaggregat der Texturiermaschinen wesentlich.
Als Falschdrallaggregate werden zum Beispiel vertikal dreiachsige Friktionsscheibenaggregate
oder horizontalachsige Doppelscheibenaggregate, wie BARMAG Ringtex-Aggregate, aber
auch Riemchenaggregate, beispielsweise von MURATA, eingesetzt. In älteren Texturiermaschinen
werden des öfteren auch noch Magnetspindelaggregate verwendet.
[0004] Durch das Falschdrallaggregat erhält das Garn zuführungsseitig einen sogenannten
Falschdrall, der sich nach Passieren des Falschdrallaggregats auflöst, so daß das
resultierende Garn keine echten Drehungen aufweist. Der zuführungsseitige Falschdrall
wird in einer Heizeinheit fixiert, so daß das resultierende texturierte Garn infolge
der thermisch fixierten Drehungsbögen gekräuselt ist. Eine Reduzierung der sogenannten
Krangelneigung kann hierbei durch Nachfixieren des Garns in einer zweiten Heizzone
nach dem Falschdrallaggregat erfolgen. Ein solches Garn wird im Unterschied zum thermisch
nicht nachfixierten HE-Garn (hochelastisches Garn) als SET-Garn bezeichnet, wobei
es jedoch auch möglich ist, die Krangelneigung durch spezielle Anti-Krangel-Luftdüsen
ohne thermische Nachfixierung zu verringern.
[0005] Abhängig von der Art der Vorlagematerialien wird das Garn mit einem geeigneten Verstreckverhältnis
entweder in einer eigenen Prozeßstufe vor dem Texturierbereich, meist jedoch simultan
innerhalb des Texturierbereichs verstreckt.
[0006] In der Regel wird das texturierte Garn vor dem Aufspulen mit einem Spulöl beaufschlagt,
das eine problemlose Weiterverarbeitung beispielsweise in der Strickerei, in der Weberei
oder in der Wirkerei ermöglicht. Hinzu kommt, daß bei konventionellen Herstellungsverfahren
die ausgesponnenen Vorlagematerialien mit einer speziell für die Texturierung entwickelten
Spinnpräparation versehen werden müssen, um eine sichere und stabile Weiterverarbeitung
an den Texturiermaschinen zu ermöglichen. Die Spinnpräparation hat hierbei unter anderem
die Funktion, eine Einbindung der einzelnen Filamente in den Fadenverbund zu gewährleisten,
was in erster Linie durch die adhäsive Wirkung der Spinnpräparation erreicht wird.
Zusätzlich hat die Spinnpräparation eine antistatische Wirkung, so daß die Gefahr
einer Aufspreizung der Filamente durch elektrostatische Aufladung herabgesetzt wird.
Schließlich kann durch die Spinnpräparation das Reibverhalten sowohl der Filamente
untereinander als auch des Fadens an den unterschiedlichen Fadenleitelementen optimiert
werden.
[0007] Spinnpräparationen werden hierbei im allgemeinen zu ein Promille bis ein Prozent
und Spulöle zu fünf Promille bis vier Prozent, jeweils bezogen auf das Garngewicht,
appliziert. Sowohl die Spinnpräparationen wie auch die Spulöle enthalten organische
Substanzen, beispielsweise Mineralöle, Weißöle, Esteröle, hochmolekulare Kohlenwasserstoffe,
Antistatika oder ionische bzw. nichtionische Tenside. Derartige organische Substanzen
sind oftmals ökologisch bedenklich und können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen
wie Augen- oder Hautreizungen sowie Kontaktallergien führen. Sowohl die Spinnpräparationen
wie auch die Spulöle müssen deshalb aus Vorprodukten, zum Beispiel beim Färben von
Texturierspulen, oder aus Endprodukten, zum Beispiel beim Ausrüsten von Textilien
aller Art, entfernt werden. Die Auswaschung der Spinnpräparationen und der Spulöle
ist sowohl im wäßrigen Medium als auch durch chemische Reinigung mit einem Lösungsmittel
umweltbelastend und umso aufwendiger und teurer, je höher der geforderte Reinigungsgrad
ist.
[0008] Daher wird bei Anwendungen, bei denen es auf eine möglichst geringe zusätzliche Belastung
mit ökologisch bzw. toxikologisch bedenklichen Substanzen ankommt, nach Möglichkeit
auf Spulöle verzichtet und die Spinnpräparationsauflage auf etwa ein bis drei Promille
reduziert. Durch Abdampfung in der Texturier-Heizeinheit kann die Präparationsauflage
im texturierten Garn zwar weiter auf etwa ein halbes bis zwei Promille vermindert
werden, jedoch ist es nicht möglich, die Präparationsmittel vollständig zu verdampfen,
denn vor allem höhersiedende Präparationsauflagen erweisen sich bei den bei der Falschdrall-Texturierung
herrschenden Temperaturen als ausgesprochen stabil und verbleiben somit als unerwünschter
Rückstand.
[0009] Während Spulöle zumeist relativ problemlos auswaschbar sind, können Bestandteile
der Spinnpräparationen fest an der Fadenoberfläche haften, insbesondere wenn sie sich
aufgrund der Wärmebehandlung innerhalb der Texturier-Heizeinheit verfestigen und dadurch
unlöslich werden. In diesem Fall bleiben Restbestandteile im Endprodukt, was bei medizinischen
bzw. nahrungsmitteltechnischen Artikeln oder bei Geotextilien unerwünscht und schädlich
ist. Nur durch einen sehr hohen Reinigungsaufwand bei der nachträglichen Entfernung
der Spinnpräparationen können ökologisch bzw. toxikologisch definierte Grenzwerte
unterschritten werden.
[0010] Nach dem Stand der Technik werden gemäß vorstehend beschriebener Vorgehensweise beispielsweise
texturierte Garne für Wursthautnetze oder für Rundstrickschläuche hergestellt, wobei
letztere als Filter um Drainagerohre für die Bodenentwässerung dienen.
[0011] Die europäische Patentschrift EP 0 305 808 B1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung
präparationsfreier Chemiefasern durch Schmelzspinnen von Hochpolymeren mit einer Glasübergangstemperatur
von über 100 °C und anschließendes Verstrecken der Filamente mittels Vorwärmgaletten
und bei einem vorgegebenen Verstreckverhältnis, wobei die Filamente vor dem Verstrecken
mit einer Flüssigkeit beaufschlagt werden, die während des Streckvorgangs rückstandsfrei
verdampfen kann, und wobei die Temperatur der Vorwärmgalette mindestens 40 °C höher
als bei der üblichen Fahrweise der Präparation gewählt wird.
[0012] Zwar zeigt dieses Dokument einen ersten Weg zur Lösung der vorstehend beschriebenen
Problematik der Verwendung von Präparationen auf, jedoch hat es sich bei diesem bekannten
Verfahren als ausgesprochen nachteilig erwiesen, daß lediglich verstreckte Glattgarne
aus Spezialpolymeren mit Glasübergangstemperaturen von über 100 °C verarbeitet werden
können. Das Spektrum denkbarer Einsatzgebiete derartiger Spezialpolymerer ist jedoch
stark limitiert, wobei unvorteilhafterweise hinzukommt, daß derartige Spezialpolymere
meist teurer als Standardpolymere sind.
[0013] Ausgehend hiervon liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren
zur Herstellung falschdrall-texturierter Garne durch Schmelzspinnen von Polymeren
bereitzustellen, bei dem nicht nur aufwendig herzustellende Spezialpolymere, sondern
Standardpolymere verwendet werden können, so daß ein breites Spektrum möglicher Einsatzgebiete
gewährleistet ist. Des weiteren zielt die vorliegende Erfindung auf ein Verfahren
ab, bei dem die falschdrall-texturierten Garne in präparationsfreier Weise ohne Beeinträchtigung
der Eigenschaften der Fertigerzeugnisse hergestellt werden.
[0014] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die aus Polymeren geschmolzenen und nach anschließendem
Abkühlen erstarrten Filamente beim Schmelzspinnvorgang mit einer Flüssigkeit beaufschlagt
werden, die bei der Falschdrall-Texturierung rückstandslos verdampft.
[0015] Auf für den mit dem Stand der Technik vertrauten Fachmann nicht vorhersehbare Weise
hat sich hierbei gezeigt, daß das Falschdrall-Texturieren von Garnen aus Standardpolymeren
nach Aufbringen einer beim Falschdrall-Texturieren rückstandslos verdampfenden Flüssigkeit
überraschenderweise prozeßtechnisch einwandfrei beherrschbar ist, sofern die Temperatur
des Falschdrall-Texturiervorgangs unterhalb des Schmelzbereichs des verwendeten Polymers
liegt. Das Aufbringen der Flüssigkeit auf die Filamente während des Schmelzspinnvorgangs
ist hierbei erforderlich, um das Auftreten von Problemen beim Aufspulen der erstarrten
Filamente zu verhindern. Hierbei wirkt die herangezogene Flüssigkeit als Mittel zur
Herabsetzung der Reibungskräfte im sogenannten Changier-Fadenführer.
[0016] Somit kann erfindungsgemäß auf die Verwendung sowohl von Spinnpräparationen als auch
von Spulölen verzichtet werden, so daß die entstehenden falschdrall-texturierten Garne
völlig präparationsfrei sind.
[0017] Vorteilhafterweise werden Polymere mit einer Glasübergangstemperatur unterhalb etwa
100 °C verwendet, wobei vorzugsweise Polyester, insbesondere Polyethylenterephthalat
(PET) oder Polybutylenterephthalat (PBT), oder alternativ hierzu Polyamide, insbesondere
PA6 oder PA6.6, verwendet werden.
[0018] Zweckmäßigerweise werden bezogen auf das Garngewicht etwa 0,5 bis 10 Gew.-% Flüssigkeit,
insbesondere etwa 1 bis 5 Gew.-% Flüssigkeit, appliziert, wobei nach besonders vorteilhaften
Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens als Flüssigkeit entmineralisiertes
Wasser bzw. alternativ hierzu Alkohole, insbesondere Methanol, Ethanol, Glykol und/oder
Glycerin, oder deren Mischungen mit Wasser verwendet werden. Hierbei ist es entscheidend,
daß die gewählte Flüssigkeit bzw. das gewählte Flüssigkeitsgemisch bei der Temperatur
des Falschdrall-Texturiervorgangs verdampft. Eine weitere Abstimmung ist dahingehend
vorzunehmen, daß die gewählte Flüssigkeit bzw. das gewählte Flüssigkeitsgemisch im
Verfahrensablauf die durch das Schmelzspinnen erhaltenen Filamente nicht anlöst.
[0019] Die Flüssigkeit kann über Pumpen dosiert durch Präparationsfadenführer aufgetragen
werden. Alternativ oder in Ergänzung hierzu ist auch eine Auftragung der Flüssigkeit
denkbar, indem Rollen zumindest teilweise in die Flüssigkeit eintauchen, so daß die
über die benetzte Oberfläche der Rollen laufenden Filamente eine vorgegebene Menge
an Flüssigkeit aufnehmen.
[0020] In einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die
Polymeren als Multifilamente mit einer Einzelfilamentfeinheit von etwa 1 bis 10 dtex,
insbesondere von etwa 3 bis 7 dtex, bezogen auf das texturierte Garn versponnen. Bei
Unterschreiten des unteren Werts von etwa 1 dtex kann es bei der Texturierung vermehrt
zu ausgesprochen nachteiligen Filamentbrüchen kommen, wohingegen ein Überschreiten
des oberen Werts von etwa 10 dtex in der Spinnerei infolge von unerwünschten Kern-Mantel-Strukturen
beim Abkühlen Probleme bereiten kann, da sich ein unterschiedliches Verhalten von
Kern und Mantel einstellen kann. Vorstehend angeführter bevorzugter Feinheitsbereich
von etwa 1 bis 10 dtex gewährleistet des weiteren, daß die Eigenschaften der Fertigerzeugnisse
keinen unerwünschten, weil zu harten Griff aufweisen.
[0021] Zweckmäßigerweise werden die Filamente vor oder während der Falschdrall-Texturierung
in einem Verhältnis verstreckt, das etwa 80 bis 100 % des Verstreckverhältnisses analog
hergestellter präparierter Filamente entspricht und vorzugsweise etwa 1,3 bis 3,0
beträgt. Das optimale Streckverhältnis, bei dem die erwünschten Eigenschaften der
Fertigerzeugnisse erzielt werden, bestimmt sich hierbei nach den jeweiligen Ausgangsmaterialien.
[0022] In einer vorteilhaften Ausgestaltungsform der vorliegenden Erfindung werden Falschdrall-Aggregate
mit weichen Drallgebern verwendet, wobei beispielsweise vertikal dreiachsige Friktionsscheibenaggregate
verwendet werden können. Es ist auch der Einsatz von horizontalachsigen Doppelscheibenaggregaten,
wie BARMAG Ringtex-Aggregaten, oder von Riemchenaggregaten, etwa von MURATA, denkbar.
Auch Magnetspindelaggregate können im erfindungsgemäßen Verfahren herangezogen werden.
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang die große Bedeutung der weichen Drallgeber.
So ergibt sich beispielsweise bei vertikalen dreiachsigen Aggregaten mit PU-Scheiben
der Scheibenkombination 1-4-1 eine erheblich geringere Fadenschädigung, das heißt
eine deutlich höhere Festigkeit und eine deutlich höhere Dehnung als bei Aggregaten
mit Keramikscheiben der Scheibenkombination 1-9-0.
[0023] Letztere bewirken auch einen unerwünschten höheren Fadenabrieb.
[0024] Um den Ablauf und die Weiterverarbeitbarkeit des präparationsfreien, falschdrall-texturierten
Garns sicherzustellen, wird gemäß einer besonders bevorzugten Weiterbildung des erfindungsgemäßen
Verfahrens beim Schmelzspinnen und/oder bei der Falschdrall-Texturierung der Garnschluß
durch Verwirbeln mittels Luftverwirbelungsmitteln erhöht, zweckmäßigerweise mit Airfix-Düsen
bei einem Druck von etwa 0,5 bis 5,0 bar, insbesondere von etwa 1,0 bis 3,0 bar. Bei
einem Druck unterhalb etwa 0,5 bar wird kein ausreichender Verwirbelungseffekt erzielt,
wohingegen bei Überschreiten von etwa 5,0 bar der Verwirbelungseffekt so stark ist,
daß die Qualität der Garne im allgemeinen beeinträchtigt wird.
[0025] Alternativ oder ergänzend ist es auch möglich, die Garne zur Verbesserung der Weiterverarbeitbarkeit
beispielsweise in der Stickerei, der Weberei oder der Wirkerei vor dem Aufspulen mit
einem Spulöl zu beaufschlagen, das mit geringem Aufwand völlig rückstandslos entfernt
werden kann, so daß sich die Fertigerzeugnisse ohne weiteres von chemischen Zusatzstoffen
befreien lassen.
[0026] Zweckmäßigerweise werden die Polymeren bei Temperaturen von etwa 230 °C bis 330 °C,
insbesondere von etwa 250 °C bis 310 °C, als Filamente versponnen. Wird der untere
Wert von etwa 230 °C unterschritten, so kann die Viskosität zu hoch sein, so daß kein
optimales Verspinnen mehr möglich ist. Ein Überschreiten des oberen Werts von etwa
330 °C kann hingegen unerwünschte Zersetzungserscheinungen hervorrufen. Die optimale
Spinntemperatur richtet sich generell nach Art und Molmasse des verwendeten Polymers.
[0027] Die Filamente werden vorteilhafterweise bei Temperaturen von etwa 170 °C bis 230
°C, insbesondere von etwa 180 °C bis 210 °C, falschdrall-texturiert. Wird der untere
Wert von etwa 170 °C unterschritten, so ist im allgemeinen der thermische Einprägeeffekt
bzw. die gewünschte Kräuselung zu schwach. Ein Überschreiten des oberen Werts von
etwa 230 °C kann hingegen beim Falschdrall-Texturieren zu einem unerwünschten Anschmelzen
führen.
[0028] Zweckmäßigerweise können die falschdrall-texturierten Garne in mindestens einer der
Falschdrall-Texturierung nachgeschalteten Heizstufe zusätzlich fixiert werden. Alternativ
oder in Ergänzung hierzu kann die Krangeltendenz mit speziellen Anti-Krangel-Luftdüsen
reduziert werden, falls sich dies als erforderlich erweisen sollte.
[0029] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auch auf falschdrall-texturierte Garne, die
gemäß dem vorstehend dargelegten Verfahren hergestellt sind, sowie auf die Verwendung
von aus Polymeren schmelzgesponnenen Garnen mit Flüssigkeitsbeaufschlagung zum Falschdrall-Texturieren,
wobei Garne gemäß vorstehend dargelegter Definition herangezogen werden, und wird
nachfolgend anhand von Beispielen beschrieben. Die Beispiele 1 und 2 beziehen sich
hierbei auf das erfindungsgemäße Verfahren; zum Vergleich sind Beispiele 3 und 4 nach
dem Stand der Technik angegeben. Die entsprechenden Ergebnisse für die wichtigsten
Kenngrößen dieses Vergleichs sind abschließend in Tabelle 1 dargestellt.
Beispiel 1 (Erfindung):
[0030] Ein dreißigfilamentiges Vorlagegarn aus Polyethylenterephthalat (PET) wurde bei einer
Temperatur von 285 °C auf einer klassischen Galetten-Spinnmaschine mit einem Spinntiter
von 405 dtex bei einer Geschwindigkeit von 2.000 m/min ausgesponnen. Nach Abkühlung
der Filamente im Blasschacht wurde anstelle einer Spinnpräparation etwa 2,5 Prozent
entmineralisiertes Wasser mittels Auftragung durch Präparationsfadenführer auf den
Faden aufgebracht. Vor Passieren der beiden S-förmig umschlungenen Galetten wurde
das Garn mit einem Luftdruck von 1,4 bar in einer Airfix-Einrichtung verwirbelt.
[0031] Das Vorlagegarn wurde an einer BARMAG-FK6-Texturiermaschine bei einem Streckverhältnis
von 2,2, einer Heiztemperatur von 190 °C und einem D/Y-Verhältnis von 2,15 mit einer
Geschwindigkeit von 400 m/min texturiert. Hierbei wurden dreiachsige Aggregate mit
der Scheibenkombination 1-4-1 mit PU-Arbeitsscheiben (Härte 85 shore A) eingesetzt.
Zur Verbesserung der Weiterverarbeitbarkeit wurde das Garn mit BARMAG Typ 76-Airfix-Düsen
bei einem Luftdruck von 2,0 bar zusätzlich verwirbelt, wobei auf die Aufbringung von
Spulöl verzichtet wurde.
[0032] Anzumerken ist in diesem Zusammenhang noch, daß eine Weiterverarbeitung des MOY-Vorlagematerials
auch nach mehr als einem Monat nach dem Ausspinnen bei klimatisierter Lagerung noch
problemlos möglich war.
Beispiel 2 (Erfindung):
[0033] Das Ausspinnen des Vorlagematerials erfolgte analog Beispiel 1, jedoch mit einem
Spinntiter von 260 dtex mit Rollenölung ohne Spinn-Airfixierung.
[0034] Bei der Texturierung wurde ebenfalls analog Beispiel 1 verfahren, jedoch mit einem
Streckverhältnis von 2,25 und mit einer Geschwindigkeit von 500 m/min texturiert.
Beispiel 3 (Stand der Technik):
[0035] Es wurde ein Vorlagematerial analog Beispiel 2 benutzt, wobei jedoch anstelle entmineralisierten
Wassers eine 11%ige wäßrige Emulsion der Spinnpräparation BÖHME Filapan 7537 aufgetragen
wurde. Die Präparationsauflage betrug hierbei drei Promille.
[0036] Das Vorlagematerial wurde nach einem HE-Standardverfahren ohne Airfixierung texturiert,
wobei Spulöl BÖHME Isafil PE/R aufgebracht wurde.
Beispiel 4 (Stand der Technik):
[0037] Es wurde ein Vorlagematerial analog Beispiel 3 benutzt, das jedoch nach einem SET-Standardverfahren
ohne Airfixierung texturiert wurde.
Tabelle 1
Beispiel (SdT) |
1 (Erf.) |
2 (Erf.) |
3 (SdT) |
4 |
Feinheit in dtex (1) |
185 |
114 |
114 |
115 |
Feinheitsbezogene Höchstzugkraft in cN/tex (2) |
24,9 |
26,7 |
35,2 |
40,0 |
Höchstzugkraftdehnung in % (2) |
19,5 |
15,9 |
20,9 |
28,8 |
Einkräuselung in % (3) |
30,9 |
35,5 |
45,6 |
19,7 |
Kennkräuselung in % (3) |
18,9 |
21,6 |
29,3 |
12,0 |
Mechanische Kräuselbeständigkeit in % (3) |
73,8 |
77,6 |
85,5 |
77,1 |
Fixpunkte pro m |
22 |
6 |
--- |
--- |
Präparation/Öl, Auflage in % |
--- |
--- |
2,3 |
2,6 |
Verarbeitbarkeit (Texturierung) |
gut |
gut |
gut |
gut |
Verarbeitbarkeit (Stricken) |
gut |
befriedigend |
gut |
gut |
gemessen nach
(1) DIN 53830 Teil 2, |
(2) DIN 53834 Teil 1, |
(3) DIN 53840 Teil 1 |
1. Verfahren zur Herstellung falschdrall-texturierter Garne durch Schmelzspinnen von
Polymeren und anschließende Falschdrall-Texturierung, dadurch gekennzeichnet, daß
die aus den Polymeren geschmolzenen und nach anschließendem Abkühlen erstarrten Filamente
beim Schmelzspinnvorgang mit einer Flüssigkeit beaufschlagt werden, die bei der Falschdrall-Texturierung
rückstandslos verdampft.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Polymere mit einer Glasübergangstemperatur
unterhalb etwa 100 °C verwendet werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Polymere Polyester,
insbesondere Polyethylenterephthalat (PET) oder Polybutylenterephthalat (PBT), verwendet
werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß als Polymere Polyamide,
insbesondere PA6 oder PA6.6, verwendet werden.
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
als Flüssigkeit entmineralisiertes Wasser verwendet wird.
6. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
als Flüssigkeit Alkohole, insbesondere Methanol, Ethanol, Glykol und/oder Glycerin,
oder deren Mischungen mit Wasser verwendet werden.
7. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß
bezogen auf das Garngewicht etwa 0,5 bis 10 Gew.-% Flüssigkeit, insbesondere etwa
1 bis 5 Gew.-% Flüssigkeit, appliziert werden.
8. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß
die Flüssigkeit über Pumpen dosiert durch Präparationsfadenführer beaufschlagt wird.
9. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß
die Flüssigkeit beaufschlagt wird, indem Rollen zumindest teilweise in die Flüssigkeit
eintauchen, so daß die über die benetzte Oberfläche der Rollen laufenden Filamente
eine vorgegebene Menge an Flüssigkeit aufnehmen.
10. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß
die Polymeren als Multifilamente mit einer Einzelfilamentfeinheit von etwa 1 bis 10
dtex, insbesondere von etwa 3 bis 7 dtex, bezogen auf das texturierte Garn versponnen
werden.
11. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß
die Filamente vor oder während der Falschdrall-Texturierung in einem Verhältnis verstreckt
werden, das etwa 80 bis 100 % des Verstreckverhältnisses analog hergestellter präparierter
Filamente entspricht.
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß das Streckverhältnis etwa
1,3 bis 3,0 beträgt.
13. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß
Falschdrall-Aggregate mit weichen Drallgebern verwendet werden.
14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß als Falschdrall-Aggregate
vertikal dreiachsige Friktionsscheibenaggregate verwendet werden.
15. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 14, dadurch gekennzeichnet, daß
beim Schmelzspinnen und/oder bei der Falschdrall-Texturierung der Garnschluß durch
Verwirbeln mittels Luftverwirbelungsmitteln erhöht wird.
16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, daß das Verwirbeln mit Airfix-Düsen
bei einem Druck von etwa 0,5 bis 5,0 bar, insbesondere von etwa 1,0 bis 3,0 bar, erfolgt.
17. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß
die Garne vor dem Aufspulen mit einem Spulöl beaufschlagt werden, das rückstandslos
entfernt werden kann.
18. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, daß
die Polymeren bei Temperaturen von etwa 230 °C bis 330 °C, insbesondere von etwa 250
°C bis 310 °C, als Filamente versponnen werden.
19. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, daß
die Filamente bei Temperaturen von etwa 170 °C bis 230 °C, insbesondere von etwa 180
°C bis 210 °C, falschdrall-texturiert werden.
20. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, daß
die falschdrall-texturierten Garne in mindestens einer der Falschdrall-Texturierung
nachgeschalteten Heizstufe zusätzlich fixiert werden und/oder die Krangeltendenz mit
speziellen Anti-Krangel-Luftdüsen reduziert wird.
21. Falschdrall-texturierte Garne, die gemäß einem Verfahren nach mindestens einem der
Ansprüche 1 bis 20 hergestellt sind.
22. Verwendung von aus Polymeren schmelzgesponnenen Garnen mit Flüssigkeitsbeaufschlagung
zum Falschdrall-Texturieren, wobei Garne gemaß Definition mindestens eines der Ansprüche
1 bis 20 herangezogen werden.