(19)
(11) EP 0 808 956 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.11.1997  Patentblatt  1997/48

(21) Anmeldenummer: 97107621.1

(22) Anmeldetag:  09.05.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6E04B 1/94, E04B 1/76
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT NL SE

(30) Priorität: 23.05.1996 DE 19620893

(71) Anmelder: Dr. Wolman GmbH
D-76547 Sinzheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Breuer, Michael, Dr.
    72108 Rottenburg (DE)
  • Lahmann, Gunnar
    01099 Dresden (DE)
  • Seelmann-Eggebert, Hans-Peter
    67117 Limburgerhof (DE)

(74) Vertreter: Karg, Jochen et al
BASF Aktiengesellschaft, Patentabteilung ZDX - C 6
67056 Ludwigshafen
67056 Ludwigshafen (DE)

   


(54) Brandgeschützte hinterlüftete Fassaden


(57) Hinterlüftete Fassaden, welche im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen sind.


Beschreibung


[0001] Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind hinterlüftete Fassaden, welche im Bereich der Hinterlüftung mit einer intumeszierenden Masse versehen sind.

[0002] Weiterhin sind Gegenstand der vorliegenden Erfindung Bauelemente für hinterlüftete Fassaden, in welchen mindestens eine Lüftungsvorrichtung oder ein luftdurchlässiges Abstandsprofil mit einer intumeszierenden Masse versehen ist, die Verwendung von intumeszierenden Massen zur Beschichtung von Lüftungsvorrichtungen oder Profilen für hinterlüftete Fassaden, die Verwendung von Lüftungsvorrichtungen und Profilen, welche mindestens eine Schicht aus einer intumeszierenden Masse enthalten, zur Herstellung von hinterlüfteten Fassaden sowie ein Verfahren zur Brandschutzausrüstung von hinterlüfteten Fassaden, dadurch gekennzeichnet, daß Fassadenelemente im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen werden.

[0003] Der Einsatz von intumeszierenden Massen im baulichen Brandschutz ist beispielsweise aus EP-A-694 574 bekannt.

[0004] Als Intumeszenzmassen werden Materialien bezeichnet, die unter Hitzeeinwirkung aufschäumen und dabei einen isolierenden und hitzebeständigen Schaum ("Thermoschaum") bilden, der die darunter liegenden Flächen und Substrate vor der Feuer- und Hitzeeinwirkung schützt. Neben der klassischen Dreiermischung Kohlestoffspender, Dehydrationsmittel und Treibmittel, z. B. Zucker, Ammoniumphosphat und Melamin, sind auch Zweikomponentensysteme entwickelt worden wie z. B. Melaminphosphat in Mischung mit Borsäure und zunehmend kommen auch Einkomponentenmaterialien zum Einsatz. Zu den letzteren zählen neben den altbekannten Alkalisilikaten "Wasserglas" auch Blähglimmer, Blähgraphit, Perlit, Rohvermiculit u.a.

[0005] Die Verwendung der Intumeszenzmassen im baulichen Brandschutz erfolgt in Form von Anstrichen, Lacken, Beschichtungen, Pasten, Kitten, Mörteln, Dichtungen, Platten, Zuschnitten, Streifen, Schaumstoffen, Bahnen, Folien, Profilen u.a. Halbzeugen.

[0006] Mit dem Einsatz von Intumeszenzmassen (auch Dämmschichtbildner genannt) wird versucht, die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen oder Sonderbauteilen zu verbessern oder auch eine bessere Brandklassifikation von Baustoffen zu erreichen.

[0007] Hinterlüftete Fassaden bestehen im allgemeinen aus einer Dämmschicht, aus einer nach außen weisenden Schutz- und Dekorschicht und aus einem zwischen den Schichten, bzw. zwischen diesen Schichten und der Gebäudeoberfläche befindlichen Hohlraum. Dieser Hohlraum wird durch gelochte Profile aus Stahl, Aluminium, Holz oder Kunststoff, Gitter oder Netze, die zwischen den Haltern der Fassade angebracht sind vor Insekten, Schmutzpartikeln etc. so abgeschirmt, daß eine ausreichende Hinterlüftung gegeben ist. Diese Lüftungsvorrichtungen und Profile können der mechanischen Stabilisierung der Fassade dienen, müssen jedoch luftdurchlässig sein, um einen ausgeprägten Luftaustausch innerhalb des Hohlraums zu ermöglichen. In der Regel werden daher Lochprofile als Abstandshalter verwendet.

[0008] Hinterlüftete Fassaden finden besonders im Außenbereich von Gebäuden weite Verbreitung. Diese Fassadenbauart hat verschiedene vorteilhafte Eigenschaften, wie Wärmedammung und Schutz vor Witterungseinflüssen, und verhindert durch die Hinterlüftung die Bildung feuchter Kammern. Ausführungsformen solcher Fassadensysteme sind beispielsweise in DE-A-4 212 930 beschrieben. Die bisher bekannten hinterlüfteten Fassaden weisen jedoch den Nachteil auf, im Brandfall nur unzureichenden Feuerschutz zu gewähren. Im Brandfall bilden sich im Hinterlüftungssystem durch die starke Hitzeentwicklung kaminartige intensive Luftströme aus, die Feuerherde anfachen und zur Verbreitung des Brandes beitragen können. Besonders bei hinterlüfteten Fassaden mit brennbarem Wärmedämmmaterial ist die Ausbreitung eines Brandes daher oft begünstigt.

[0009] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, hinterlüftete Fassaden mit einem zuverlässigen Brandschutz bereitzustellen. Demgemäß wurden die eingangs beschriebenen hinterlüfteten Fassaden gefunden.

[0010] Im Gegensatz zu hinterlüfteten Fassaden mit flächiger Beschichtung mit Brandschutzmitteln bietet die erfindungsgemäße Lösung, brandgeschützte Lüftungsvorrichtungen und Profile einzusetzen, einen besonders wirkungsvollen und wirtschaftlichen Brandschutz und verhindert drastisch die Ausbreitung von Brandherden.

[0011] Die Brandschutzausrüstung der Lüftungsvorrichtungen und Profile kann auf verschiedene Weise erfolgen. Vorteilhaft sind beispielsweise hinterlüftete Fassaden, deren Lüftungsvorrichtungen und Profile mit einer intumeszierenden Masse beschichtet sind. Die Beschichtung kann z. B. durch Streichen, Rollen, Rakeln, Spritzen - mittels Druckgasen oder vorzugsweise mittels der Airless-Methode - oder durch Tauchen erfolgen. Um die Witterungsbeständigkeit zu erhöhen, kann auf die Intumeszenzschicht auch eine Deckschicht, z. B. ein Lack aufgetragen werden.

[0012] Eine besonders einfache und wirkungsvolle Möglichkeit des Brandschutzes von hinterlüfteten Fassaden besteht darin, die Lüftungsvorrichtungen und Profile mit intumeszierenden Klebestreifen zu versehen. Derartige Klebestreifen sind handelsüblich. Besonders geeignet ist der selbstklebend ausgerüstete Streifen Exterdens® F der Firma Dr. Wolman GmbH, da er neben den günstigen brandschutztechnischen Eigenschaften eine ausgeprägte Langzeitstabilität aufweist. Wichtig ist dabei, daß die Luftöffnungen der Lüftungsvorrichtungen und Profile nicht vollständig mit den Klebestreifen verschlossen werden, um den Hinterlüftungseffekt nicht zu beeinträchtigen. Die meisten handelsüblichen intumeszierenden Klebestreifen zeigen jedoch im Brandfall ein derart ausgeprägtes Aufschäumverhalten, daß die Beklebung eines kleinen Teils der Profilfläche ausreicht, um im Brandfall ein weitgehendes Verschließen des Profils zu bewirken und so die Ausbreitung des Feuers zu verhindern.

[0013] Eine besonders wirtschaftliche Form des Brandschutzes für hinterlüftete Fassaden besteht darin, zwischen den Haltern der Fassade mit Intumeszenzmasse beschichtete Netze aus Glasfaser, Kunststoff oder Draht anzubringen, die im Brandfall durch ihren Thermoschaum einen Abschluß der Hohlräume bewirken.

[0014] Eine weitere erfindungsgemäße Ausführungsform für hinterlüftete Fassaden besteht darin, Abstandsprofile in Form von ggf. gewinkelten oder U-förmigen Lochblenden oder Gittern zu verwenden, die aus einem Verbundmaterial mit mindestens einer intumeszierenden Schicht gefertigt sind.

[0015] Als Grundstoff für ein solches Verbundmaterial können alle synthetischen Kunststoffe dienen. So kommen beispielsweise Polykondensate, Polymerisate und Polyaddukte, wie Epoxidharze oder vernetzte Polyurethane, vorzugsweise thermoplastische Polymere, beispielsweise Polyester, Polyether, Polyetherketone, Polyamide und vorzugsweise Polystyrole, Vinylchloridpolymerisate und Polyolefine in Frage. Gut geeignete Polyolefine sind beispielsweise in Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5th Edition, Volume A21, Seite 488 bis 546, VCH 1992 beschrieben. Geeignete Vinylchloridpolymerisate und geeignete Styrolpolymerisate (Polystyrole) werden beispielsweise in Saechtling, Kunststofftaschenbuch, 23. Auflage, S. 241 ff und S. 253 ff (1986) beschrieben.

[0016] Bevorzugte Verbundmaterialien enthalten mindestens 50 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des erfindungsgemäßen Kunststoffschichtkörpers, eines Thermoplasten, vorzugsweise Polyolefin oder Vinylchloridpolymerisat, insbesondere PE-HD, oder Polyvinylchlorid (PVC).

[0017] Unter den Vinylchloridpolymerisaten sind diejenigen besonders gut geeignet, die sich bei Temperaturen unter 200°C thermoplastisch verarbeiten lassen.

[0018] Als bevorzugte Kunststoffkomponente verwendet man Vinylchloridpolymerisate mit einem K-Wert, gemessen nach DIN 7749, im Bereich von 10 bis 100, vorzugsweise im Bereich von 55 - 80. Besonders geeignet sind PVC-Dispersionen in hochsiedenden Lösungsmitteln mit Zusätzen von Weichmachern, sogenannte Plastisole.

[0019] Die Abstandsprofile aus Verbundmaterial können auf unterschiedliche Art hergestellt werden, wobei die Herstellungsmethodik dem Fachmann im allgemeinen bekannt ist.

[0020] Zunächst kann ein Kunststofformkörper aus den beschriebenen Kunststoffen nach bekannten Verarbeitungsverfahren, wie Extrusion, Blasformen oder Laminieren, hergestellt werden. Unter Umständen ist eine Vorbehandlung des Kunststofformkörpers durchzuführen. Eine Vorbehandlung kann z.B. durch Beflammen, durch ein Korona-Verfahren, durch mechanische Vorbehandlung, etwa durch Aufrauhen oder durch chemische Methoden erfolgen. Als chemische Vorbehandlungsmethoden sind beispielsweise zu nennen: Halogenierung, Grundieren mit Haftvermittlern, Behandlung mit Ethylen-Comonomer-Kautschuken, mit Polyaminoamiden, mit Acrylestercopolymeren, mit Polyethyleniminen oder Behandlung mit Oleum oder SO3.

[0021] Auf diesen Grundkörper kann die intumeszierende Schicht durch Streichen, Rollen, Rakeln, Spritzen - mittels Druckgasen oder vorzugsweise mittels der Airless-Methode - oder durch Tauchverfahren auf das Basispolymere aufgetragen werden. Auf die intumeszierende Schicht können dann gegebenenfalls weitere Schichten aufgetragen werden.

[0022] Insbesondere bei thermoplastisch verarbeitbaren Kunststoffen bietet sich als weiteres Verfahren zur Erzeugung der intumeszierenden Schicht(en) neben den üblichen thermoplastischen Verarbeitungsverfahren, wie Spritzguß oder Hohlkörperblasen vorzugsweise die Coextrusion der Kunststoffe mit der intumeszierenden Masse an. Als gut geeignete Kunststoffe für die Coextrusion seien beispielhaft die oben genannten Polyolefine, insbesondere die Ethylenpolymerisate oder die oben beschriebenen Vinylchloridpolymerisate genannt.

[0023] Die Dicke der intumeszierenden Schicht(en) in den Lüftungsvorrichtungen und Profilen liegt/liegen im Bereich von 0,05 bis 5,0 mm, vorzugsweise im Bereich von 0,2 bis 0,6 mm.

[0024] Weitere Details zu geeigneten Verbundmaterialien sowie zur Herstellung intumeszierender Massen sind in der älteren deutschen Patentanmeldung Nr. 196 17 592.5 beschrieben.

[0025] Als intumeszierenden Massen in den erfindungsgemäßen hinterlüfteten Fassaden können prinzipiell alle bekannten derartigen Massen eingesetzt werden. Besonders geeignet sind intumeszierende Massen mit starkem Aufschäumverhalten und guter Witterungsbeständigkeit. Geeignet sind beispielsweise intumeszierende Massen, die Blähgraphit enthalten. Blähgraphit zeigt ein so ausgeprägtes Aufschäumverhalten, daß diese Substanz allein oft schon einen wirkungsvollen Brandschutz für die hinterlüfteten Fassaden darstellt. Vorteilhaft werden weiterhin Massen eingesetzt, welche die folgenden Komponenten enthalten:

a) eine phosphorhaltige Stickstoffverbindung,

b) einen Polyalkohol,

c) ein Treibmittel und

d) gegebenenfalls weitere Zusatzstoffe.



[0026] Gut geeignete intumeszierende Mischungen im Sinne der Erfindung enthalten als phosphorhaltige Stickstoffverbindung(en) a) Ammonium-, Melamin-, Dimelamin-, Harnstoff-, Dicyandiamid-, Carbamid- und Guanidinphosphate oder deren Mischungen. Bevorzugte Verbindungen a) sind Ammoniumpolyphosphate und Melaminphosphate oder deren Gemische.

[0027] Der Gehalt der Komponente a) in der intumeszierenden Mischung beträgt im allgemeinen 2 bis 50 Gew.-%, vorzugsweise 11 bis 40 Gew.-%, bezogen auf die Mischung a) bis d).

[0028] Geeignete Polyalkohole b) sind Glycerin, Glycerinprodukte, Trimethylolethan, Trimethylolpropan, Tetraphenylethylenglycol, Di-Trimethylolpropan, 2,2-Dimethylolbutanol, Dipentaerythrit, Tripentaerythrit, EO/PO-Trimethylolpropan, EO/PO-Pentaerythrit, Zucker, Polysaccharide wie Stärke und Cellulose und deren Mischungen.

[0029] Bevorzugt sind schwerlösliche mehrwertige Alkohole wie Dipentaerythrit oder deren Gemische.

[0030] Der Gehalt der Komponente b) in der intumeszierenden Mischung beträgt im allgemeinen 2 bis 30 Gew.-%, vorzugsweise 5 bis 18 Gew.-%, bezogen auf die Mischung a) bis d).

[0031] Geeignete Treibmittel c) sind Melaminderivate wie beispielsweise Melamincyanurate, Melaminphosphate, Melaminborate und nieder- und hochmolekulare Polyethylenimine sowie in der Hitze CO2 oder Wasser abspaltende Verbindungen wie Carbonsäuren, Dicarbonsäuren, deren Derivate und anorganische Salze wie CaCO3 und Ammoniumcarbonat.

[0032] Bevorzugt sind im Wasser schwerlösliche Stickstoffverbindungen wie Melamin und Melamincyanurat oder deren Gemische.

[0033] Der Gehalt der Komponente c) in der intumeszierenden Mischung beträgt im allgemeinen 2 bis 15 Gew.-%, vorzugsweise 2 bis 10 Gew.-%, bezogen auf die Mischung a) bis d).

[0034] Es hat sich als vorteilhaft herausgestellt, wenn die intumeszierende Mischung als Komponente d) noch Zusatzstoffe enthält, z.B. blähdruckentwickelnde Stoffe wie Blähgraphit, anorganische Füllstoffe wie Calciumcarbonat, wasserfreisetzende Stoffe wie Aluminiumhydroxyd, Magnesiumhydroxyd, Calciumhydroxid und Bariumhydroxid, vorzugsweise Aluminiumhydroxid oder Magnesiumhydroxid, weiterhin Weichmacher, Verdicker, Verlaufsmittel, Entschäumer, Haftvermittler und insbesondere rheologische Zusätze.

[0035] Weitere geeignete Flammschutzadditive sind beispielsweise Borverbindungen wie Borsäure, Metallborate, Aminoborate und Borane, organische Halogenverbindungen, wie hochchlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe, aliphatische und aromatische Bromverbindungen (z.B. Hexabromcylododecan) und Chlorparaffine, Metallocene, wie Ferrocen, Azidodicarbonsäurediamide, roter Phosphor und organische Phosphorverbindungen, wie chlorhaltige Phosphorpolyole auf Basis oligomerer Phosphorsäureester.

[0036] Die Summe der Komponenten d) kann in der vorteilhaften Mischung zu 0 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise 0,5 bis 50 Gew.-% enthalten sein, bezogen auf die Mischung a) bis d).

[0037] Der Gewichtsanteil aus blähdruckentwickelnder Komponente und anorganischen Füllstoffen oder wasserfreisetzenden Stoffen in der Gesamtmasse der Komponente d) liegt üblicherweise im Bereich von 20 bis 60 Gew.-%, vorzugsweise im Bereich von 30 bis 50 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmasse der Komponente d).

[0038] Besonders gut geeignete intumeszierende Verbundmaterialien enthalten als Kunststoff-Komponente Plastisol, wie bereits definiert, als Komponente a) Ammoniumphosphat, als Komponente b) Dipentaerythrit, als Komponente c) Dicyandiamid und als Komponente d) Blähgraphit und Aluminiumhydroxid.

[0039] Prinzipiell eignen sich die erfindungsgemäßen hinterlüfteten Fassaden für Innen- und Außenverkleidungen von Gebäuden. Besondere Vorteile bieten diese Fassaden jedoch im Außenbereich, da dort Wärmedämmung und Witterungsbeständigkeit besonders zum Tragen kommen.

[0040] Hinterlüftete Fassaden werden üblicherweise aus Fertigelementen errichtet. Es ist erfindungsgemäß besonders vorteilhaft, diese Bauelemente bereits so auszurüsten, daß sie im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen sind.

[0041] Bevorzugt sind Bauelemente, in welchen mindestens eine Lüftungsvorrichtung oder ein luftdurchlässiges Profil mit einer intumeszierenden Masse versehen ist.

Beispiele:



[0042] Die Brandprüfungen wurden in folgender Versuchsanordnung durchgeführt: An zwei feuerfesten Wänden (200 x 300 x 30 cm), im parallelen Abstand von 10 cm wurden 4 Stahlwinkel mit einer Schenkellange von 5 mm als Halterungen angeschraubt. Auf diese Stahlwinkel wurde das Abstandsprofil (Lochblech 4/6) der Maße 200 x 100 x 2 mm gelegt.

Beispiel 1



[0043] Beschichtung eines Profils mit intumeszierenden selbstklebenden Bändern, wobei die Lochabdeckung ca. 50 % betrug. Als intumeszierende Steifen wurden die handelsüblichen selbstklebenden Bänder Exterdens® und Exterdens® F-M1 obenliegend eingesetzt.

[0044] Derartig ausgestaltete Lochprofile wurden von unten mit dem Bunsenbrenner beflammt. Der Abstand Oberkante Bunsenbrenner - Lochblech betrug jeweils 10 cm. Nach 60 Sekunden waren die Steifen intumesziert und die Löcher des Profils komplett zugeschäumt. Die Temperatur auf der feuerabgewandten Seite lag nach 30 minütiger Beflammung zwischen 145 und 165°C.

Beispiel 2



[0045] Analog zu Beispiel 1 wurde ein Profil der Maße 200 x 100 x 3 mit einem selbstklebenden Streifen (Breite: 10 mm, Dicke: 2 mm) ausgestattet, der folgende Zusammensetzung besaß:
PVC-E-Pulver Vinnolit® 44472 (Vinnolit Kunststoff GmbH) 22,00 %
Trikresylphosphat, Disflamol® TKP (Bayer AG) 15,60 %
Dibutylphthalat 6,40 %
Aluminiumhydroxid 3,00 %
Ammoniumpolyphosphat 23,32 %
Melamincyanurat 16,96 %
Pentaerythrit 12,72 %


[0046] Ein deratig ausgestattetes Lochprofil wurde in die oben beschriebene Haltevorrichtung gelegt und von unten mit einem Wärmestrahler Typ Infra-Boy® SLR (Ausgangsgasdruck 50 mbar, Oberflächentemperatur der Strahlerfläche 800°C) geprüft.

[0047] Der Abstand Strahleroberfläche - Lochblech betrug 17 cm. Nach wenigen Sekunden der Hitzebelastung wurde beginnende Intumeszenz beobachtet. Nach ca. 2 Minuten waren die Löcher vollständig zugeschäumt.

[0048] Die max. Temperatur nach 30 Minuten der Hitzeeinwirkung betrug auf der strahlerabgewandten Seite 140°C.

Beispiel 3



[0049] Lüftungsvorrichtung mit intumeszierendem Anstrich Ein Profil (Lochblech 4/6), Maße 200 x 100 x 3 mm (analog Beispiel 1) wurde beidseitig mit einem intumeszierenden Anstrich enthaltend:
Wasser 20.80 %
Tylose 3,00 %
Disperbyk®, Alkylolammoniumsalz (Byk-Chemie GmbH) 0,20 %
Titandioxid 4,00 %
Pentaerythrit 12,00 %
Ammoniumpolyphosphat, Hostaflam® AP 422 (Hoechst AG, Frankfurt) 24,00 %
Melamin 14,00 %
Mowilith® DW460, Polyvinylacetat-Dispersion (Hoechst AG) 20,00 %
Cereclor 60 L C10-C13 Chlorparaffin, 2,00 %
C-Gehalt 60% (Deutsche ICI GmbH, Frankfurt)  
versehen (Auftragsmenge 400 g/m2, naß) und nach Trocknen über Nacht mit einem Bunsenbrenner analog Beispiel 1 von unten beflammt.

[0050] Der Brandversuch wurde nach 32 Minuten abgebrochen. Auf der feuerabgewandten Seite wurde gegen Versuchsende eine Temperatur von 185°C gemessen.

Beispiel 4



[0051] Eine Lüftungsvorrichtung in Form eines handelsüblichen Glasfasernetzes (Maschenweite 0,5 mm, Stärke 0,2 mm) wurde mit einer intumeszierenden Masse folgender Zusammensetzung imprägniert bzw. getränkt (Auftragsmenge: ca. 350 g/m2, naß):
Epoxidharz, Epoxidwert 0,2-0,0225 Hydroxidwert ca. 0,23, Eurepox® 7001 (Schering AG) 31,00 %
Aluminiumhydroxid, 6,50 %
Blähgraphit, blähfähiger Naturgraphit 6,85 %
C-Gehalt > 95 % (LUH - Georg Luh GmbH, 65396 Walluf)  
Dipentaerythrit 1,05 %
Melamin 0,16 %
Ammoniumpolyphosphat 0,39 %
Xylol 14,05 %
Bitumen, Spezial Tar® Nr. 1 (Worlée-Chemie, Hamburg) 20,00 %
Polyaminhärter, Polyamidoamidaddukt Euredur® 423 (Schering AG) 20,00 %


[0052] Nach Fixierung dieses beschichteten Glasfasergewebes der Maße 200 x 100 x 2 mm in obiger Haltevorrichtung, wurde eine Hitzebeanspruchung analog Beispiel 2 durchgeführt. Strahlertemperatur an der Strahleroberfläche betrug 500°C. Der Abstand des Wärmestrahlers zum Fassadensegment betrug 17 cm.

[0053] Die Intumeszenz trat nach wenigen Sekunden ein. Die Netzstruktur war nach ca. 2 Minuten ganzflächig geschlossen. Die Temperatur auf der strahlerabgewandten Seite betrug nach 15 minütiger Versuchsdauer im Maximum 155°C.

Beispiel 5



[0054] Beschichtung eines Profils mit intumeszierenden Pasten Auf ein Abstandsprofil, wie in Beispiel 1 beschrieben, wurde die handelsübliche intumeszierende Paste Interdens® Typ 40 (Hersteller: Dr. Wolman GmbH, Sinzheim) sowie eine intumeszierende Paste nach folgender Rezeptur aufgetragen:
Polyvinylalkohol, teilverseift, Mowiol®3-83 (Hoechst AG) 25,00 %
Monoammoniumphosphat 22,88 %
Dicyandiamid 16,64 %
Pentaerythrit 12,48 %
Ammoniumpolyphosphat Colanylschwarz® PR 100 (Hoechst AG) 8,80 %
Blähgraphit, blähfähiger Naturgraphit, C-Gehalt Y 95 % (Tropag, O. Ritter Nachf. GmbH)  
Aminboratlösung 1,00 %
Kelzan®S, Polysaccharidverdicker, (Lanco, Ritterhude) 1,00 %
Wasser 3,30 %


[0055] Die Pasten wurden mit einer Kartusche (Düsendurchmesser 8,0 mm) als S-förmiger Wulst (Bogendurchmesser ca. 4 cm) auf das Lochblech aufgetragen. Nach dem Trocknen wurde ein Bunsenbrennertest analog Beispiel 1 durchgeführt.

[0056] Auch hier beobachtet man nach wenigen Sekunden die beginnende Ausbildung des Thermoschaums. Nach ca. 2 Minuten war das Lochgitter durch den voluminösen Thermoschaum vollständig abgedeckt.

[0057] Nach 30 Minuten betrug die Temperatur an der feuerabgewandten Seite 160°C.

Beispiel 6



[0058] Lüftungsvorrichtung aus PVC-Verbundmaterial der Abmessung 200 x 100 x 6 mm
Auf eine Hart-PVC-Platte Vinnoflex® S 6515 (BASF AG) wurde beidseitig eine intumeszierende Masse folgender Zusammensetzung aufgewalzt und gepreßt.
Phosphatester, Disflamol® TKP (Bayer AG) 15,00%
Aluminiumhyroxid 39,34 %
Zinkborat 1,06 %
Blähgraphit, blähfähiger Naturgraphit 14,60 %
C-Gehalt > 95% Erpan® MBS (Tropag, O. Ritter Nachf. GmbH)  
Monoammoniumphosphat 7,50 %
PVC-Harz, Vinnolit® P 4472 (Vinnolit Kunststoff GmbH) 22,50 %

Mischgewichtsverhältnis Hart-PVC-/intumeszierende Masse 60:40

Walzbedingungen: 8 Minuten bei 180°C

Preßbedingungen bei 170°C:
   3 Minuten Temperaturausgleich,
   3 Minuten bei 200 bar, ohne Filterpapier



[0059] Die intumeszierende Schicht des PVC-Verbundmaterials betrug unter diesem Bedingungen jeweisl 1,5 mm. In die Verbundmaterialplatten der Abmessungen 200 x 100 x 6 mm wurden regelmäßig Löcher mit einem Durchmesser von 4,0 mm in Abstand von 6,0 mm gebohrt. Die Reihen der Löcher waren zueinander versetzt, so daß die größtmögliche Anzahl an Löchern erreicht wurde.

[0060] Eine derart präparierte Verbundmaterialplatte wurde in die beschriebene Halterungsvorrichtung gelegt und von unten mit dem Bunsenbrenner beflammt (analog Beispiel 1). Durch die sofort eintretende Intuneszenz waren nach wenigen Minuten sämtliche Löcher zugeschäumt und der Raumabschluß gegeben. Nach Versuchsende wurde an der feuerabgewandten Seite eine Temperatur von 178°C gemessen.

Beispiel 7


Brandversuch einer hinterlüfteten Fassade



[0061] Bei diesem Praxisversuch wurde eine hinterlüftete Fassade geprüft. Die Unterkonstruktion bestand aus Aluminiumprofilen T, die mit Wandhaltern befestigt wurden. Die Wärmedämmung bestand aus Steinwolleplatten (Rockwool) mit aufgebrachtem Glasvlies (Dichte Steinwolle ca. 25-40 kg/m3). Auf der Unterkonstruktion wurden Putzfassadenelemente aus recyceltem Altglas, einseitig verputzt mit WDVS-Putz (Hersteller der Platte: StoVerotec, Deutschland), mit Schnellbauschrauben befestigt. Der Abstand zwischen Putzfassaden und Steinwolleplatten betrug ca. 2 cm. Im Bereich des Fenstersturzes befand sich ein Lochblech 4/6, das die Hinterlüftung der Fassade gewährleistete. Auf diesem Blech war ein Streifen Exterdens® F 10x2 mm selbstklebend befestigt worden, der die Aufgabe hatte, im Brandfall die Hinterlüftung zu unterbrechen und somit eine beiderseitige Beflammung der Fassadenplatten zu verhindern.

[0062] Bei einem zweiten Versuch wurden zusätzlich 0,5 m und 1,0 m über den Fenstersturz weitere Lochbleche mit Exterdens® F - Streifen als Brandbarrieren angebracht.

Versuchsdurchführung



[0063] Im Bereich der Fensterleibung wurde eine 25 kg Holzkrippe (genagelt) als Brandlast eingestellt (Holzart: Kiefer). Gezündet wurde die Brandlast mit 2 x 200 ml Isopropanol. Die Holzkrippe zerfällt nach ca. 20 Minuten. Der Versuch wird über 30 Minuten geführt.

[0064] Thermoelemente befanden sich
> 3
an der Unterseite des Fenstersturzes (links, rechts, Mitte)
> 2
im Bereich des Hinterlüftungsblechs oberhalb des Dämmschichtbildners
> 2
0,5 m über dem Fenstersturz (Brandsperre 2)


[0065] Der Brandraum wurde von hinten zusätzlich belüftet.

Ergebnis:


Versuch 1:



[0066] Die Fassade hatte die Schutzziele gemäß deutscher Hochhausbaurichtlinie für den Hochhausbereich erfüllt. Die Rauchentwicklung während des Versuchs war gering (ausdampfende Bindemittel)

Versuch 2:


Wie Versuch 1



[0067] Die Brandsperre 0,5 m oberhalb des Fenstersturzes war vollständig aufgeschäumt und konnte so einen Transport heißer Gase unterbinden.
Die Brandsperre 1,0 m über dem Fenstersturz zeigte nur geringe Reaktionen. Jedoch waren in diesem Bereich die Temperaturen so gering, daß mit einem Aufschäumen nicht zu rechnen war.

Ergebnis



[0068] Die beiden Versuche zeigten, daß Brandsperren in hinterlüfteten Fassaden wirkungsvoll den Flammeneintrag in die Hinterlüftung unterbinden bzw. den Transport von heißen Gasen verhindern.

Beispiel 8


Brandversuch an einem hinterlüfteten Fassadenelement



[0069] Für das hinterlüftete Fassadensystem wurde folgender Aufbau gewählt:

[0070] Eine Aluminiumunterkonstruktion der Maße 400 x 400 mm wurde in Form eines Doppelrahmens zusammengefügt, so daß ein Hinterlüftungsspalt von 40 mm resultierte. In die Rückwand der Rahmenkonstruktion wurde eine Steinwolledämmung (Rockwool, A2) der Dicke 80 mm eingelegt. Auf die Fassadenfront (Vorderseite der Rahmenkonstruktion) wurde eine handelsübliche Resopal®-Deckplatte (HPL-Platte, B1) der Fa. Resopal aufgeschraubt. Auf den Innenseiten der Rahmenkonstruktion wurden auf halber Höhe zwei parallel gegenüberliegende Aluminiumschienen für die Aufnahme der Brandschutzstreifen angenietet.

[0071] Die Aluminiumschienen waren so dimensioniert, daß in ihre Nut ein Exterdens® FB Streifen der Maße 400 x 16 x 2 mm (sk), eingeführt werden konnte. Unter Temperaturbelastung sollte der konstruktionsbedingte Hinterlüftungsspalt von 40 mm durch einen waagrechten Schäumungsvorgang geschlossen werden.

Versuchsdurchführung



[0072] Das Fassadenelement wurde so über zwei Bunsenbrennern positioniert, daß sich die Oberkanten der Brenner ca. 50 mm unterhalb der Brandsperren befanden. Die Bunsenbrenner wurden dabei mittig in den Hinterlüftungsraum im Abstand von 100 mm gestellt. Oberhalb der Alu-Schienen wurde im Abstand von 50 mm ein Thermoelement in den Hinterlüftungsspalt geführt. Zu Beginn der Beflammung wurde ein rasches Ansteigen der Temperaturen auf 480°C - 500°C gemessen.

[0073] Nach wenigen Sekunden (5 - 10 sec.) sprach das intumeszierende System an. Ein rasches aufeinander Zubewegen des Thermoschaums führte zum Verschluß des Hinterlüftungsspalts. Die gemessenen Temperaturen oberhalb der Brandsperren reduzierten sich in Folge rasch auf Werte zwischen 190°C - 198°C. Nach ca. 25 - 30 sec. war der Spalt über der gesamten Breite des Fassadenelements vollständig zugeschäumt.

[0074] Die gemessene Temperatur lag während der gesamten Versuchsdauer nahezu konstant bei 195°C. Nach 15 Min. wurde der Brandversuch abgebrochen. Der gebildete Thermoschaum erwies sich als kompakt und tragfähig.

[0075] Während des Versuchs wurde kein abschmelzendes Aluminium der Unterkonstruktion beobachtet. Die Rauchentwicklung während des Brandversuchs war mäßig. Des weiteren wurde kein Abfallen oder Ablösen der Fassadenplatten festgestellt.


Ansprüche

1. Hinterlüftete Fassaden, welche im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen sind.
 
2. Hinterlüftete Fassaden nach Anspruch 1, in welchen mindestens eine Lüftungsvorrichtung oder ein luftdurchlässiges Profil mit einer intumeszierenden Masse versehen ist.
 
3. Hinterlüftete Fassaden nach Anspruch 2, in welchen die Lüftungsvorrichtungen oder die Profile mit einer intumeszierenden Masse beschichtet sind.
 
4. Hinterlüftete Fassaden nach Anspruch 2, in welchen die Lüftungsvorrichtungen oder die Profile mit intumeszierenden Streifen versehen sind.
 
5. Hinterlüftete Fassaden nach Anspruch 2, in welchen die Lüftungsvorrichtungen oder die Profile aus einem Verbundmaterial mit mindestens einer intumeszierenden Schicht gefertigt sind.
 
6. Hinterlüftete Fassaden nach den Ansprüchen 1 bis 5, wobei die intumeszierende Masse Blähgraphit enthält.
 
7. Hinterlüftete Fassaden nach den Ansprüchen 1 bis 5, wobei die intumeszierende Masse die folgenden Komponenten enthält:

a) eine phosphorhaltige Stickstoffverbindung,

b) einen Polyalkohol,

c) ein Treibmittel und

d) gegebenenfalls weitere Zusatzstoffe.


 
8. Hinterlüftete Fassaden nach den Ansprüchen 1 bis 7 im Außenbereich.
 
9. Bauelemente für hinterlüftete Fassaden, welche im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen sind.
 
10. Bauelemente für hinterlüftete Fassaden nach Anspruch 9, in welchen mindestens eine Lüftungsvorrichtung oder ein luftdurchlässiges Profil mit einer intumeszierenden Masse versehen ist.
 
11. Verwendung von intumeszierenden Massen zur Beschichtung von Lüftungsvorrichtungen oder Profilen für hinterlüftete Fassaden gemäß den Ansprüchen 1 bis 8.
 
12. Verwendung von Lüftungsvorrichtungen oder Profilen, welche mindestens eine Schicht aus einer intumeszierenden Masse enthalten, zur Herstellung von hinterlüfteten Fassaden gemäß den Ansprüchen 1 bis 8.
 
13. Verfahren zur Brandschutzausrüstung von hinterlüfteten Fassaden gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Fassadenbauelemente im Bereich der Hinterlüftung mit intumeszierenden Massen versehen werden.
 
14. Verfahren zur Brandschutzausrüstung von hinterlüfteten Fassaden nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß Lüftungsvorrichtungen oder luftdurchlässige Profile mit intumeszierenden Massen versehen werden.