(19)
(11) EP 0 811 552 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.12.1997  Patentblatt  1997/50

(21) Anmeldenummer: 96115518.1

(22) Anmeldetag:  27.09.1996
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B63H 25/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE ES GB IT NL

(30) Priorität: 04.06.1996 DE 29609745 U

(71) Anmelder: Willi Becker Ingenieurbüro GmbH
D-2000 Hamburg 1 (DE)

(72) Erfinder:
  • Plappert, Dieter
    22559 Hamburg (DE)

(74) Vertreter: Richter, Werdermann & Gerbaulet 
Neuer Wall 10
20354 Hamburg
20354 Hamburg (DE)

   


(54) Ruder für Seeschiffe


(57) Um bei einem Ruder für Seeschiffe, bestehend aus einem Hauptruder und einer an diesem angelenkten, durch das Hauptruder zwangsgeführten Flosse (10), die mit einer Gleitkolbenanlenkung aus einem an der Flosse ausgebildeten Gleitlager für einen Schwenkkolben (11) versehen ist, den Verschleiß aller das Gesamtsystem bildenden Teile und einen auftretenden Kantendruck im Lagerinneren zu minimieren und alle Teile so miteinander zu verbinden, daß Bewegungen der Teile mit ausreichenden Freiheitsgraden möglich sind, ist auch der Anlenkungsbolzen als ein in einem Gleitlager (16,17) ausgebildeter Kolben (15)s ausgebildet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Ruder für Seeschiffe, bestehend aus einem Hauptruder und einer an diesem angelenkten, durch das Hauptruder zwangsgeführten Flosse, die mit einer Gleitkolbenanlenkung aus einem an der Flosse ausgebildeten Gleitlager für einen Schwenkkolben versehen ist.

[0002] Für die Anlenkung der Flosse an das Hauptruder von Flossenrudern für Seeschiffe sind bereits die verschiedensten Lösungen vorgeschlagen worden.

[0003] So ist nach der DE-U-7 829 008 ein mittels eines Antriebes verstellbarer, mehrteiliger Strömungskörper zum Steuern von Wasserfahrzeugen bekannt. Dieser Strömungskörper besteht aus einem Hauptruder und einer Flosse, die an dem Hauptruder angelenkt ist. Um die Flosse verstellen zu können, ist diese mit einer Steuereinrichtung versehen, die aus einem benachbart zur Gelenkverbindung von Hauptruder und Flosse obenseitig in Längsrichtung des Strömungskörpers verlaufenden, auskragenden Tragarm mit einer Längsführung für einen Gleitschieber besteht, dessen dem Hauptruder zugekehrtes Ende einen senkrechten Zapfen trägt, der mit seinem Ende exzentrisch in einer um ihre senkrechte Mittelachse verdrehbare Antriebsscheibe gelagert ist. Aufgrund dieser Ausgestaltung wird ein mehrteiliger Strömungskörper mit einer Steuereinrichtung zum Verschwenken des flossenartigen Teils des Strömungskörpers geschaffen, der in seiner Herstellung einfach und mühelos bedienbar sein soll. Aufgrund der geringen Anzahl an verwendeten mechanischen Bauteilen ist zwar eine sichere Funktionsweise der Steuereinrichtung gewährleistet, jedoch sind bei einem Verschleiß der Steuer- und Gleiteinrichtung aufwendige Arbeiten erforderlich, da ganze Konstruktionsteile dann ausgetauscht werden müssen.

[0004] Eine weitere Schiffsruderkonstruktion der eingangs erwähnten Gattung für ein Schiff mit einer wenigstens teilweise mit einem Mantel versehenen Schraube mit einem an dem hinteren Rand des Hauptruders angelenkten Hilfsruder, das mit einem Bedienungsmechanismus verbunden ist, der eine in einer Führungsbuchse verschiebbare Treibstange enthält und in einer zu der Ruderachse ungefähr senkrechten Ebene um einen hinter dieser liegenden Drehpunkt mit dem Schiffsrumpf drehbar verbunden ist, ist durch die DE-A-2 353 934 bekannt. Bei dieser Schiffsruderkonstruktion ist die Führungsgbuchse ungefähr horizontal und nahezu parallel zu der Ruderfläche auf dem Hilfsruder angeordnet, während die Treibstange drehbar auf einer hinter der Ruderachse angeordneten Achse gelagert ist und eine solche Länge hat, daß die Zusammenarbeit zwischen der Treibstange und der Führungsbuchse bei einem Ruderausschlag von 90° oder mehr nach wie vor gut funktioniert. Dieses Schiffsruder ist im wesentlichen so konstruiert, daß ein Querstellen des Ruders insbesondere dann möglich ist, wenn ein mit dieser Schiffsruderkonstruktion ausgebildetes Schiff in einer Schleuse liegt, um während des Durchschleusens nicht von dem Drempel der Schleusentore beschädigt zu werden.

[0005] Die Führung und Lagerung der einendseitig am Schiffsrumpf gelagerten Treibstange zur Steuerung der Flosse erfolgt mittels der Führungsbuchse, die waagerecht liegend im oberen Bereich der Flosse an dieser befestigt ist und durch die die Treibstange hindurchgeführt ist.

[0006] Als Gleitlager weist die Führungsbuchse in ihrem Innenraum eine Gleitpackung auf. Ist diese verschlissen und muß sie ausgetauscht werden, so sind umfassende Arbeiten erforderlich, denn um die Gleitpackung aus der Führungsgbuchse herausnehmen zu können, muß entweder die Flosse vom Hauptruder abgenommen werden, um die Führungsbuchse von der Treibstange abziehen zu können, oder die Treibstange muß in ihrem Anlenkungsbereich am Schiffsrumpf von diesem gelöst und aus der Führungsbuchse herausgezogen werden. Da die Führungsbuchse die Gleitpackung wandungsumschliessend aufnimmt, ist ein Herausnehmen der Gleitpackung aus der Führungsbuchse nach oben oder unten nicht möglich, sondern erst durch ein Auseinandernehmen der Gelenkverbindung kann die Gleitpackung freigelegt werden.

[0007] Alle bekannten Lösungen haben jedoch gemeinsam, daß die besonders leicht verschleißbaren Teile der Anlenkung zur Zwangsführung der Flosse nur mit einem hohen Kostenaufwand und überwiegend in Unterwasserarbeiten ausgetauscht werden können.

[0008] Um bei einem aus einem Hauptruder mit einer angelenkten und zwangsgeführten Flosse bestehenden Ruder das Gleitlager der Flosse für den einendig am Schiffsrumpf angelenkten Schwenkbolzen so auszubilden, daß ein müheloses Austauschen der Verschleißteile auch durch ungeschultes Personal ohne Zuhilfenahme von Hebewerkzeugen und ohne Durchführung von Unterwasserarbeiten möglich ist, und darüber hinaus eine Zwangsführung der Flosse in Abhängigkeit von der Winkelstellung des Hauptruders bei ausschließlicher Kraftübertragung in der Horizontalen zu ermöglichen, wird in der EP-A- 0 051 822 B1 vorgeschlagen, das Gleitlager gabelförmig auszubilden und an den einander zugekehrten Wandflächen seiner beiden Gabelarme austauschbare Gleitklötze aus Kunststoffen, insbesondere Polyamid, zu verwenden. Jeder Gleitklotz soll in einer nach unten begrenzten und nach oben offenen Ausnehmung in der Wandfläche eines jeden Gabelarmes des Gleitlagers gehalten und gegen ein unbeabsichtigtes Abziehen durch eine die obere Öffnung der Ausnehmung verschließende und lösbare Abdeckplatte gesichert sein.

[0009] In Einzelfällen ist bei einer solchen Ausführungsform im Inneren der Lager ein unerwünschter hoher Kantendruck festzustellen, der zu übermäßigem Verschleiß und Abrieb und bisweilen zur Lockerung der Bronzeausfütterung am Scharnier führt. Auch können Schwingungen bei zu großem Spiel in dem Rudersystem die Scharnierhaltebolzen lockern, insbesondere dann, wenn sie nicht korrekt befestigt sind.

[0010] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, das eingangs genannte System dahingehend zu verbessern, daß der genannte Kantendruck minimiert und alle Teile so miteinander verbunden sind, daß Bewegungen mit ausreichenden Freiheitsgraden möglich sind. Hierdurch sollen die Lageroberflächen geschont und der Verschleiß entsprechend minimiert werden.

[0011] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß bei dem eingangs genannten Ruder dadurch gelöst, daß auch der Anlenkungsbolzen als ein in einem Gleitlager ausgebildeter Kolben ausgebildet ist. Durch diese Maßnahme erhält das Ruder bzw. dessen bewegliche Teile eine weitgehende Schaffung von Freiheitsgraden, die gewährleistet, daß keine Lageroberfläche durch die Wirkung hochbelasteter Kanten stärker als nötig belastet wird.

[0012] Diese Ausgestaltung ermöglicht Bewegungen mit ausreichenden Freiheitsgraden, die durch den Einsatz eines Scharnierbolzens zwischen den beiden in Gehäusen geführten Kolben erhalten werden, so daß Bewegungen in einem Winkelbereich von ± 90° möglich sind, wohingegen die bekannten Systeme durch den vorgegebenen Winkel von 90° starr ausgelegt sind. Bei einem Wanddruck auf das Ruder hervorgerufene und auf das System einwirkende Biegemomente werden durch die zylindrische Kolbenausgestaltung und durch die Anlenkung ausgeglichen, so daß Verkantungen des Systems nicht mehr auftreten können. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß nach dem Lösen der Scharnierverbindung zwischen den beiden Kolben diese in Kolbenlängsrichtung, d.h. in vertikaler und horizontaler Richtung, aus den am Schiffskörper und an der Flosse befestigten Gehäusen herausgezogen werden können. Auf diese Weise sind Reparaturen mühelos und ohne Ausbau der Flosse durchführbar.

[0013] Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.

[0014] So sind vorzugsweise beide Kolben, nämlich der Schwenkkolben und der als Anlenkungsbolzen ausgebildete Kolben über einen Scharnierbolzen miteinander verbunden, der eine sichere und konstruktiv einfache Kupplung schafft.

[0015] Vorzugsweise bestehen beide Kolben aus Edelstahl und sind in Buchsen aus einer Bronzelegierung gleitfähig angeordnet.

[0016] Nach einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung besteht die Bronze-Ausfüllung für den zylindrisch ausgebildeten Kolben aus je einer in einem Gehäusemantel angeordneten Buchse. Die äußeren Grenzflächen der Bronzeausfüllung können abgedichtet sein, wobei die Abdichtung vorzugsweise aus einem pastösen Zwei-Komponenten-Metall besteht, das auch als "Belzona-R-Metall" bekannt ist. Dieses Metall besitzt nach dem Aushärten die Qualität bekannter Metalle und ist grundsätzlich zum Fugenabdichten und als Isolator zwischen Schwarz- und Bundmetallen geeignet.

[0017] Zum Schutz gegen Seewasser bzw. verschmutztes und sandhaltiges Wasser werden vorzugsweise alle beweglichen Teile durch O-Ringe geschützt, so daß ein geschlossenes Schmiersystem entsteht.

[0018] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt. Es zeigen

Fig. 1 eine schaubildliche Ansicht eines Hochleistungsruders mit Flosse und mit einer Gleitschwenkkolbenanlenkung,

Fig. 2 eine schematische Ansicht der miteinander verbundenen Gleitkolben,

Fig. 3 einen Schnitt entlang der Linie B-B in Fig.2,

Fig. 4 einen Schnitt A-A durch einen, nämlich den horizontal angeordneten Gleitkolben,

Fig. 5 einen Schnitt C-C gemäß Fig.2 und

Fig. 6 einen Schnitt D-D gemäß Fig.2.



[0019] Das in Fig. 1 dargestellte Ruder besteht aus einem Hauptruder 20 mit einer an diesem verschwenkbar angeordneten und zwangsgeführten Flosse 10, die mit einer Gleitschwenkkolbenanlenkung 100 versehen ist, die in Fig.2 bis 6 näher dargestellt ist. Diese wird gebildet aus einem horizontal angeordneten Edelstahlkolben 11, der in einem Lagergehäuse 12 verschiebbar angeordnet ist, dessen Innenmantel mit einer Bronzeausfüllung 13 ausgekleidet ist. Der aus dem Gehäuse ragende Kolbenteil ist über einen Scharnierbolzen 14 mit einem vertikal beweglichen Edelstahlkolben 15 verbunden, der seinerseits in einem Lagergehäuse 16 verschiebbar angeordnet ist, das ebenfalls mit einer Bronzeausfüllung 17 ausgekleidet ist. Der Scharnierbolzen 14 gewährleistet, daß auch eine Abweichung aus der 90°-Position ausgeglichen werden kann. Der Horizontalbolzen ist an der Flosse 10 angebunden, während der Vertikalkolben 15 die Verbindung zum Schiffsrumpf darstellt. Wie anhand von Fig.5 erkennbar, besteht die Bronzeausfüllung für den Horizontalkolben 11 aus einer Buchse. Der jeweils entlang der Längsachse der Gleitkolben 11 und 15 gebildete obere und untere Rand der Bronzeausfüllung 13 und 17 kann kegelförmig ausgebildet sein, wobei an den jeweils kegelig ausgebildeten äußeren Grenzflächen der sich ergebende Freiraum mit einer Abdichtung versehen ist, insbesondere aus einem pastösen Zwei-Komponenten-Metall.

[0020] Der Bolzen 14 ist samt sonstiger Verbindungselemente, wie Sicherungsschrauben etc. nach außen durch Sicherungsplatten abgedeckt.

[0021] Zur Dämpfung von Kolbenstößen, d.h. zur Vibrations- und Schwingungsdämpfung ist in dem Lagergehäuse 16 für den Kolben 15 das an seinem dem Schiffsrumpf zugekehrte Ende verschlossen ausgebildet, oberhalb des Kolbens 15 ein Polster 30 aus einem gasförmigen Medium, wie Luft, oder aus einem flüssigen Medium, wie Wasser, ausgebildet (Fig.3).

[0022] Die Kolben und/oder Gleitflächen sind wasser- oder fettgeschmiert, wodurch die Gleitfähigkeit sich bewegender Teile erhöht wird.


Ansprüche

1. Ruder für Seeschiffe, bestehend aus einem Hauptruder (20) und einer an diesem angelenkten, durch das Hauptruder (20) zwangsgeführten Flosse (10), die mit einer Gleitkolbenanlenkung aus einem an der Flosse (10) ausgebildeten Gleitlager für einen Schwenkkolben (11) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß auch der Anlenkungsbolzen als ein in einem Gleitlager (16,17) ausgebildeter Kolben (15) ausgebildet ist.
 
2. Ruder nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß beide Kolben (11,15), nämlich der Schwenkkolben (11) und der als Anlenkungsbolzen ausgebildete Kolben (15) über einen Scharnierbolzen (14) miteinander verbunden sind.
 
3. Ruder nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß beide Kolben (11,15) aus Edelstahl bestehen und in einer mit einer Bronze-Legierung ausgekleideten Ausfüllung (13,17) gleitfähig angeordnet sind.
 
4. Ruder nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die das Gleitlager bildende Bronzeausfüllung (13,17) für jeden zylindrisch ausgebildeten Kolben (11,15) als zylindrische Buchse ausgebildet ist.
 
5. Ruder nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß an den äußeren Grenzflächen der Bronzeausfüllung (13,17) eine Abdichtung, vorzugsweise aus einem pastösen Zwei-Komponenten-Metall, vorgesehen ist.
 
6. Ruder nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß alle beweglichen Teile durch O-Ringe geschützt sind.
 
7. Ruder nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das am Schiffskörper befestigte Lagergehäuse (16) für den Kolben (15) an seinem dem Schiffskörper zugekehrten Ende verschlossen ausgebildet ist und daß im Innenraum des Lagergehäuses (16) oberhalb des Kolbens (15) ein Polster (30) aus einem gasförmigen Medium oder einem flüssigen Medium ausgebildet ist.
 
8. Ruder nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Kolben und/oder die Gleitflächen wasser- oder fettgeschmiert sind.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht