[0001] Die Erfindung betrifft einen Bewegungsstuhl, dessen Sitzteil an einem Standgestell
schwenkbar angeordnet ist.
[0002] Es sind Bewegungsstühle bekannt, die ein Kippen des Sitzteils ermöglichen, damit
der Sitzende unterschiedliche Haltungen einnehmen kann und die Wirbelsäule durch unterschiedliche
Sitzstellungen entlastet wird. In der Regel ermöglichen solche Bewegungsstühle eine
gerade Sitzhaltung und eine nach hinten abgekippte Rückenlage. Bekannt sind auch solche
Bewegungsstühle, bei denen die Rückenlehne gegenüber der Sitzplatte schwenkbar ist.
Die bekannten Bewegungsstühle haben aufwendige Feder- und Versteilmechanismen und
sind dennoch hinsichtlich ihrer Bewegungsfähigkeit im Sinne einer Entlastung der Wirbelsäule
eingeschränkt.
[0003] Aus DE-AS 1 554 179 ist ein als Kippschaukel wirkender Sessel bekannt, der ein aus
zwei T-Schienen bestehendes flaches Fußgestell aufweist. An dem Fußgestell ist eine
aufragende Pendelstütze gelenkig angebracht, die über ein weiteres Gelenk an ihrem
oberen Ende mit einer Sitzplatte verbunden ist. Dieses weitere Gelenk kann durch Festziehen
einer Schraube arretiert werden. Vor und hinter der Pendelstütze befinden sich Zugfedern,
die das Fußgestell mit der Sitzplatte verbinden und die Sitzplatte in eine mittlere
Stellung ziehen, in der die Pendelstütze senkrecht steht. Die sitzende Person kann
eine Schaukelbewegung um den unteren Anlenkpunkt der Pendelstütze durchführen. Diese
Kippschaukel ist als Sessel bestimmt und hat eine Sitzhöhe, die derjenigen eines Sessels
entspricht.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Bewegungsstuhl mit Pendelstütze zu
schaffen, bei dem die Federvorrichtung geringe Ausmaße hat und das Erscheinungsbild
des Stuhles nicht wesentlich beeinträchtigt.
[0005] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
[0006] Bei dem erfindungsgemäßen Bewegungsstuhl ist der Sitzteil auf einer Pendelstütze
montiert, die um ein an dem Standgestell vorgesehenes horizontales Gelenk herum schwenkbar
ist und in der Ruhelage eine im wesentlichen vertikale Position einnimmt. Die Pendelstütze
ist durch eine Federvorrichtung auf die Ruhelage elastisch vorgespannt, so daß sie
bei Belastung nach vorne und hinten schwingen kann. Bei gerader (senkrechter) Sitzhaltung
wird das Gewicht des Sitzenden durch die Pendelstütze longitudinal auf das Gelenk
und das Standgestell übertragen, ohne daß eine die Pendelstütze aus ihrer Ruhelage
auslenkende Kraft entsteht. Der Sitzende kann durch Änderung seiner Sitzhaltung bzw.
Gewichtsverlagerung die Pendelstütze sowohl nach vorne als auch nach hinten kippen.
Beim Kippen nach vorne wird die Sitzplatte schräg nach vorne und unten eingestellt,
so daß die Wirbelsäule des Sitzenden eine Beckenkipplage erhält. Die Wirbelsäule wird
hierbei zum Strecken angeregt, was insbesondere für die Schreibhaltung vorteilhaft
ist. In Rückenlage ergibt sich eine entspannte Sitzhaltung. Der Sitzteil schwingt
durch die Wirkung der Federvorrichtung um die Ruhelage herum und stellt sich automatisch
auf die Ruhelage ein.
[0007] Von Vorteil ist ferner, daß die Sitzplatte bei der Pendelbewegung der Pendelstütze
nicht nur in unterschiedliche Schrägstellungen geneigt wird, sondern sich beim Neigen
nach vorne auch insgesamt nach vorne bewegt, d.h. einem Schreibtisch o.dgl. annähert.
Dagegen bewegt sich in der Rückenlage die gesamte Sitzplatte nach hinten, d.h. sie
entfernt sich von dem Schreibtisch, um dem Sitzenden für die Ruhestellung einen Freiraum
zu verschaffen.
[0008] Der Bewegungsstuhl hat sich als angenehm und sehr komfortabel sowohl zum Arbeiten
als auch zum Entspannen erwiesen. Er eignet sich besonders als Arbeitsstuhl mit der
Möglichkeit der gelegentlichen Entspannung, und insbesondere auch als Schulstuhl.
Von besonderem Vorteil ist die einfache konstruktive Gestaltung, wobei der Sitzteil
lediglich über eine vertikale Pendelstütze an dem Standgestell angebracht ist.
[0009] Erfindungsgemäß ist die Federvorrichtung im oberen Bereich des vom Boden aufragenden
Standgestells verankert und sie besteht aus sich kreuzenden oder von dem Standgestell
nach entgegengesetzten Richtungen abgehenden Zugfedern. Die Federvorrichtung befindet
sich somit ausschließlich im sitzplattennahen Bereich und wird von der Sitzplatte
weitgehend verdeckt. Die Federn der Federvorrichtung verlaufen weitgehend horizontal,
d.h. sie haben eine horizontale Komponente, die größer ist als die vertikale Komponente.
Die Richtung in der die Zugfedern verlaufen, ist daher weitgehend konform mit der
jeweiligen Bewegungsrichtung des Sitzteiles. Die vertikale Erstreckung der Federvorrichtung
ist wesentlich kleiner als die Länge der Pendelstütze, so daß die Federvorrichtung
wenig Platz beansprucht und relativ flach unter der Sitzplatte angeordnet ist.
[0010] Anstelle einer Federvorrichtung mit zwei einander entgegengesetzt wirkenden Zugfedern
kann auch eine Blattfeder oder eine Torsionsfeder verwendet werden.
[0011] Eine weitere Ausführung der Erfindung bietet zudem die Möglichkeit einer Höhenverstellung,
wobei entweder die Pendelstütze an einem höhenverstellbaren Tragteil des Standgestells
befestigt ist oder die Pendelstütze in ihrer Länge verstellbar ist. Auf diese Weise
kann der Bewegungsstuhl, der insbesondere als Arbeitsstuhl verwendet wird, der Größe
des Sitzenden bzw. den speziellen Erfordernissen sehr gut angepaßt werden, ohne daß
durch die Höhenverstellung die Wirkung der Pendelstütze in irgendeiner Weise verändert
würde.
[0012] Im folgenden werden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der
Erfindung näher erläutert.
[0013] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Seitenansicht eines als Vierbeiner ausgebildeten Bewegungsstuhles
nach der Erfindung,
- Fig. 2
- eine Ausführungsform des Bewegungsstuhles als Drehstuhl, und
- Fig. 3
- eine Ausführungsform des Bewegungsstuhls mit höhenverstellbarem Sitzteil.
[0014] Der in Fig. 1 dargestellte Bewegungsstuhl weist ein auf dem Boden feststehendes Standgestell
10 auf, das insgesamt vier Beine hat, von denen in der Zeichnung nur die Beine 11,12
sichtbar sind, die einen bogenförmigen Bügel 13 bilden, dessen Schenkel durch Längsbalken
14 starr miteinander verbunden sind. Zwischen den beiden Längsbalken 14 erstreckt
sich eine Traverse 15 mit einem horizontalen Gelenk 16, an dem eine vertikale Pendelstütze
17 gelenkig angebracht ist. Auf dem oberen Ende der Gelenkstütze 17, das den Bügel
13 überragt, ist der Sitzteil 18 befestigt, der aus einer Sitzplatte 19 und einer
Rückenlehne 20 besteht. Der Sitzteil 18 ist hier als einstückige Schale ausgebildet,
wobei die Sitzplatte 19 in einem nach hinten ausgebauchten Bogen 21 in die Rückenlehne
20 übergeht, so daß die Rückenlehne 20 in bezug auf die Sitzplatte 19 federn kann.
[0015] Die Pendelstütze 17 ist T-förmig ausgebildet, d.h. sie weist einen vertikalen Längsstab
und einen davon nach vorne und hinten abstehenden Querbalken 17a auf.
[0016] Eine Federvorrichtung 22 aus sich kreuzenden Zugfedern 23,24 spannt die Pendelstütze
17 auf ihre senkrechte Ruheposition vor. Die Zugfedern 23,24 sind jeweils mit einem
Ende an dem oberen Bereich des Standgestells 10 und mit dem anderen Ende an dem Querbalken
17a oder an der Unterseite der Sitzplatte 19 befestigt. Die Federvorrichtung 22 erstreckt
sich in vertikaler Richtung über weniger als die Hälfte der Länge der Pendelstütze
17. Die Sitzplatte 19 ist an dem Querbalken 17a verschraubt.
[0017] In Fig. 1 sind die vordere Schwenkposition des Sitzteils 18 mit 18a und die rückwärtige
Schwenkposition mit 18b bezeichnet und jeweils gestrichelt dargestellt. Die Schwenkbewegung
der Pendelstütze 17 um das Gelenk 16 herum wird durch Anschläge an dem Standgestell
10 begrenzt.
[0018] Fig. 2 zeigt ein Ausführungsbeispiel, bei dem das Standgestell 10a ein auf Rollen
25 laufendes Drehgestell ist. An dem um seine vertikale Achse drehbaren Mittelständer
26 des Drehgestells ist die Pendelstütze 17 um die Achse 16 schwenkbar gelagert. Die
Achse 16 verläuft auch hier in Querrichtung zur Sitzplatte 19. Der Querbalken 17a
hat eine geringfügige Schrägstellung zu dem senkrechten Teil der Pendelstütze 17,
wodurch auch die Sitzplatte 19 in der Ruhestellung leicht schräggestellt ist.
[0019] An dem Drehständer 26 ist ferner ein Halter 27 befestigt, an dem die Enden der die
Federvorrichtung 22 bildenden Federn angebracht sind.
[0020] In Figur 3 ist ein Bewegungsstuhl dargestellt, bei dem das Standgestell 10b ein Fußteil
30 aufweist, das mit Rollen 25 auf dem Boden aufsteht. Auf einer Säule des Fußteiles
30 ist ein höhenverstellbares Tragteil 31 in Form eines Rohres angebracht. An dem
unteren Ende des Tragteils 31 ist die Pendelstütze 17 mit einem horizontalen Gelenk
16 befestigt. Die Pendelstütze 17 besteht hier aus zwei starr miteinander verbundenen
Armen 17a,17b, die eine V-förmige Struktur bilden, deren Scheitelpunkt in dem Gelenk
16 angeordnet ist. Die oberen Enden der Arme 17a,17b sind starr unter der Sitzplatte
19 angebracht.
[0021] Die Federvorrichtung 22 besteht gemäß Figur 3 aus zwei nach entgegengesetzten Richtungen
von dem oberen Ende des Tragteils 31 abgehenden Zugfedern 23,24, deren Enden an dem
Sitzteil 18 befestigt sind. Daß die Zugfedern 23,24 nach entgegengesetzten Richtungen
von dem Tragteil 31 abgehen, bedeutet nicht, daß diese Federn notwendigerweise auf
einer Linie liegen, sondern daß die eine Feder nach links und die andere Feder nach
rechts abgeht.
[0022] Bei dem Ausführungsbeispiel der Figur 3 ist die Federvorrichtung 22 mit nahezu horizontal
ausgerichteten Federn 23,24 unmittelbar unter der Sitzplatte 19 angeordnet. Sie befindet
sich am oberen Ende des Traggestells 10, das aus dem Fußteil 30 und dem Tragteil 31
besteht.
[0023] Alternativ zu dem in Figur 3 dargestellten Beispiel können die Arme 17a,17b der Pendelstütze
17 auch über Gelenke mit der Sitzplatte verbunden sein. Ferner ist es möglich, anstelle
einer einzigen V-förmigen Pendelstütze zwei Pendelstützen vorzusehen, die unterschiedliche
untere Gelenke haben.
1. Bewegungsstuhl mit einem Standgestell (10,10a, 10b), auf dem ein Sitzteil (18), der
eine Sitzplatte (19) aufweist, schwenkbar angeordnet ist, wobei der Sitzteil (18)
auf mindestens einer gelenkig am Standgestell (10,10a,10b) gelagerten Pendelstütze
(17) montiert ist, die durch eine Federvorrichtung (22) in eine mittlere Position
vorgespannt ist und zwischen einer rückwärtigen Schräglage (18b) und einer vorderen
Schräglage (18a) schwenkbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Federvorrichtung (22) im oberen Bereich des vom Boden aufragenden Standgestells
(10,10a, 10b) verankert ist und aus sich kreuzenden oder von dem Standgestell nach
entgegengesetzten Richtungen abgehenden Zugfedern (22,23) besteht.
2. Bewegungsstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Pendelstütze (17)
an einem höhenverstellbaren Tragteil (31) des Standgestells (10b) befestigt ist.
3. Bewegungsstuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Pendelstütze (17)
in ihrer Länge verstellbar ist.
4. Bewegungsstuhl nach einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die Pendelstütze
(17) V-förmig ausgebildet ist, wobei zwischen den beiden Armen (17a,17b) ein Tragteil
(31) des Standgestells (10b) aufragt, an welchem die Federvorrichtung (22) verankert
ist.
5. Bewegungsstuhl nach einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß die Federvorrichtung
(22) eine vertikale Erstreckung hat, die kleiner ist als die Hälfte, vorzugsweise
kleiner als ein Viertel, der Länge der Pendelstütze (17).
6. Bewegungsstuhl nach einem der Ansprüche 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwenkwinkel
der Pendelstütze (17) in der vorderen Schräglage mindestens 10° beträgt.