(19)
(11) EP 0 825 266 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.02.1998  Patentblatt  1998/09

(21) Anmeldenummer: 97114022.3

(22) Anmeldetag:  14.08.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C21D 9/04, C21D 1/30
// E01B5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE

(30) Priorität: 22.08.1996 DE 19633758

(71) Anmelder: Thyssen Stahl AG
47167 Duisburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Dannenberg, Robert, Dipl.-Ing.
    47661 Issum (DE)
  • Schmedders, Herbert, Dipl.-Ing.
    45326 Essen (DE)
  • Scharlack, Jürgen
    47167 Duisburg (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patentanwälte Kanzlerstrasse 8a
40472 Düsseldorf
40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verfahren zur Verringerung der Aufklaffwerte im Stegeinsäge-versuch von Eisenbahnschienen aus Stahl


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verringerung der Aufklaffwerte von Eisenbahnschienen aus Stahl auf einen wert unter 3,6 mm. Kennzeichen der Erfindung ist, daß die gewalzten und gerichteten Schienen bis zur Erreichung einer Temperatur von max. 100 °C im Schienenkopf und max. 260 °C im Steg kurzzeitig, d. h. ca. 10 bis 25 s, erwärmt und anschließend sofort wieder abkühlen gelassen werden.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verringerung der Aufklaffwerte im Stegeinsägeversuch von Eisenbahnschienen aus Stahl auf Werte unter 3,6 mm.

[0002] Zur Abschätzung des Eigenspannungszustandes von Eisenbahnschienen aus Stahl ist international der "Web Saw Cut Test" (Stegeinsägeversuch) vorgeschrieben. Zur Durchführung dieses Versuchs wird ein 1,20 m langer Schienenabschnitt längs der neutralen Achse im Schienensteg auf einer Länge von 450 mm eingesägt. Der vertikale Aufklaffwert soll danach einen wert von 3,63 mm nicht überschreiten. Der Aufklaffwert erlaubt eine quantitative Aussage über die Anfälligkeit der Schienen gegen Stegbrüche.

[0003] Es wurde festgestellt, daß bei produktionsmäßiger Herstellung von Schienen der vorgenannte Grenzwert nicht sicher eingehalten werden konnte, sondern daß er hin und wieder überschritten wurde. Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, bei der herkömmlichen Produktion von Schienen die Unterschreitung des vorgeschriebenen Grenzwertes des Aufklaffwertes in jedem Fall zu gewährleisten, um damit eine Kundenforderung zu erfüllen.

[0004] Zur Lösung dieser Aufgabe wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, die gewalzten und gerichteten Schienen bis zur Erreichung einer Temperatur von max. 100 °C im Schienenkopf und max. 260 °C im Steg kurzzeitig zu erwärmen und anschließend direkt wieder abkühlen zu lassen. Das Erwärmen sollte kurzzeitig erfolgen und nicht länger als 25 s dauern, damit es im Zuge des Richtvorgangs "on-line" durchgeführt werden kann. Bei einer Richtgeschwindigkeit von 1 m/s würde dann eine Erwärmungszeit von 10 s eine Länge der Erwärmungseinrichtung von immerhin noch 10 m erfordern. Grundsätzlich ist es natürlich auch möglich, das Erwärmen zur Erniedrigung des Aufklaffwertes nicht "on-line", sondern als separaten Vorgang außerhalb der Richtmaschine durchzuführen.

[0005] Durch das erfindungsgemäße Erwärmen soll der Schienenkopf auf eine Temperatur von 40 bis 70 °C und der Schienensteg (Schwerpunktachse) auf 100 bis 250 °C gebracht werden. Sofort nach dem Erreichen dieses Temperaturprofils in der Schiene erfolgt unmittelbar anschließend die Abkühlung an ruhender Luft.

[0006] Es konnte festgestellt werden, daß bei betrieblicher Erzeugung von Schienen durch kurzzeitige Erwärmung der Schiene in der Größenordnung von 10 s auf ca. 40 °C im Schienenkopf und 150 °C im Schienensteg ein Aufklaffwert unterhalb des geforderten Grenzwertes von 3,63 mm zu gewährleisten war.

[0007] Gemäß einer Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens können die Schienen mittels Brennergasen erwärmt werden, die etwa in Höhe der Schwerpunktachse des Schienenprofils auf die beiden Seiten der Schiene gerichtet sind. Die Brenner können z. B. mit einem Sauerstoff-Acetylen-Gasgemisch betrieben werden.

[0008] Alternativ zur Brennererwärmung kann die Aufheizung auch auf elektroinduktivem Weg erfolgen. Wichtig ist dabei eine gleichmäßige Erwärmung des Schienensteges am besten eine gleichzeitige Aufheizung des Schienensteges von beiden Seiten.

[0009] Durch das erfindungsgemäß vorgesehene nachträgliche Erwärmen der gewalzten und gerichteten Schienen kommt es im Schienensteg zu einer erhöhten Druckspannung. Wenn diese die plastische Grenze des Schienenmaterials übersteigt, kommt es nach dem Abkühlen zu geringeren Druckeigenspannungen bzw. sogar zu Zugeigenspannungen im Schienensteg. Dadurch wird der Aufklaffwert verringert.

Beispiele



[0010] Die Untersuchungen fanden an 1 m langen rollengerichteten Proben aus dem Schienenprofil UIC 60 in der Schienenstahlgüte UIC 900 A statt. Die Erwärmung nach dem Richten der Schienen erfolgte jeweils mit einem Sauerstoff-Propangasgemisch betriebenen Reihenbrennern, die von gegenüberliegenden Seiten in Höhe der Schwerpunktachse des Schienenprofils auf die an den Brennern vorbeibewegten Schienenproben gerichtet waren. Der Abstand der Brenner zum Schienensteg betrug 20 bis 25 mm.

1) Eine Referenzprobe ohne nachträgliche Erwärmung hatte einen Aufklaffwert von 4,0 mm, also einen über dem als zulässig angesehenen Grenzwert von 3,6 mm liegenden Wert.

2) Nach einer 6 s langen beidseitigen Erwärmung wurde ein ebenfalls noch nicht zufriedenstellender Aufklaffwert von 3,8 mm gemessen. Die Temperatur am Schienenkopf betrug dabei 32 °C.

3) Eine Schienenprobe wurde erfindungsgemäß 10 s lang beidseitig erwärmt. Danach betrug die Temperatur am Kopf 40 °C. Der Aufklaffwert wurde zu 3,4 mm ermittelt.

4) Eine Probe wurde 15 s lang erwärmt. Die Temperatur in Schienenkopf stieg bis 47 °C. Der Aufklaffwert verringerte sich dadurch auf 2,8 mm.

5) Bei einer weiteren erfindungsgemäß erwärmten Schienenprobe wurde nach einer Erwärmungszeit von 25 s, die zu einer Erwärmung im Schienensteg auf 200 °C führte, ein Aufklaffwert von 1,85 mm gemessen.

6) Eine weitere Probe zeigte nach einer 35 s dauernden Erwärmung (mit einem Brennerabstand von 50 mm), die eine Temperatur im Schienenkopf von 70 °C und im Steg von 250 °C hervorrief, einen Aufklaffwert von 1,4 mm.



[0011] Bei jedem Versuch sind am Kopf und Fuß der Schienenprobe Dehnungsmeßstreifen (DMS) in Längsrichtung der Schiene angebracht worden. Diese DMS zeigen die Dehnungen bzw. Stauchungen während und nach der Erwärmung. Anhand der Meßsignale dieser DMS konnte eine bleibende Krümmung nach der Abkühlung nicht festgestellt werden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Verringerung der Aufklaffwerte von Eisenbahnschienen aus Stahl auf einen Wert unter 3,6 mm,
dadurch gekennzeichnet, daß die gewalzten und gerichteten Schienen bis zur Erreichung einer Temperatur von max. 100 °C im Schienenkopf und max. 260 °C im Steg kurzzeitig erwärmt und anschließend direkt wieder abkühlen gelassen werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die Erwärmung bis zu einer Temperatur im Schienenkopf von 40 bis 70 °C und im Schienensteg von 100 bis 250 °C erfolgt.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß die Schienen max. 25 s lang aufgeheizt werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß die Schienen mittels Brennergasen erwärmt werden, die etwa in Höhe der Schwerpunktachse des Schienenprofils auf die beiden Seiten der Schiene gerichtet sind.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß die Schienen elektroinduktiv aufgeheizt werden.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß die Erwärmung und Abkühlung der Schienen unmittelbar anschließend an das Richten derselben "on-line" erfolgt.
 





Recherchenbericht