(19)
(11) EP 0 833 059 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.04.1998  Patentblatt  1998/14

(21) Anmeldenummer: 97115766.4

(22) Anmeldetag:  10.09.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F04D 27/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV RO SI

(30) Priorität: 27.09.1996 DE 19639733

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Ziegler, Bruno, Dr.-Ing.
    8422 Pfungen (CH)
  • Kündig, Andres
    8706 Meilen (CH)
  • Decker, Lutz, Dipl.-Ing.
    8406 Winterthur (CH)

(74) Vertreter: Kasseckert, Rainer 
Linde Aktiengesellschaft, Zentrale Patentabteilung
82049 Höllriegelskreuth
82049 Höllriegelskreuth (DE)

   


(54) Verfahren zum Verdichten eines Gases


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verdichten eines Gases mit konstantem Druck, konstanter Temperatur und zeitlich veränderlichem Massenstrom auf einen konstanten Enddruck durch dynamische Kompression mit Hilfe einer Turboverdichteranlage, die eine Anlage zur Hauptverdichtung und eine Anlage zur Nachverdichtung enthält. Erfindungsgemäß erreicht das Gas bei maximalem Massenstrom bei der Hauptverdichtung den Enddruck und wird unter Umgehung der Nachverdichtung einer Weiterverwendung zugeführt. Bei gegenüber dem maximalen Massenstrom reduziertem Massenstrom wird das Gas von der Hauptverdichtung in die Nachverdichtung geleitet, dort auf den Enddruck verdichtet und dann der Weiterverwendung zugeführt. Das zu verdichtende Gas kann bei kryogenen Temperaturen und bei Drücken unterhalb des Umgebungsdruckes vorliegen. Vorzugsweise ist die Hauptverdichtung mehrstufig ausgeführt und die Nachverdichtung enthält nur eine Turboverdichterstufe. Die Turboverdichteranlage kann zwischen aufeinanderfolgenden Stufen Zwischenkühler oder Zwischenerhitzer enthalten. Vorteilhafterweise besitzt die Hauptverdichtung, bei mehrstufer Ausführung bevorzugt die erste Turboverdichterstufe, eine Drehzahlregelung. Das zu verdichtende Gas kann Helium sein. Das Verfahren wird bevorzugt in einer Heliumkälteanlage oder Heliumverflüssigungsanlage eingesetzt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verdichten eines Gases mit konstantem Druck, konstanter Temperatur und zeitlich veränderlichem Massenstrom auf einen konstanten Enddruck durch dynamische Kompression mit Hilfe einer Turboverdichteranlage, die eine Anlage zur Hauptverdichtung und eine Anlage zur Nachverdichtung enthält.

[0002] Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sind aus den Druckschriften von Guy Gisteau-Baguer, "High Power Refrigeration at Temperatures Around 2 K", ICEC (International Cryogenic Engineering Conference) 16, 1996, Kitakyushu, Japan, und von M.Kauschke, C.Haberstroh, H.Quack "Safe and Efficient Operation of Multistage Cold Compressor Systems", CEC (Cryogenic Engineering Conference) 1995 Columbus, USA, bekannt.

[0003] An Teilchenbeschleunigern kerntechnischer Forschungseinrichtungen werden kryogene Kälteanlagen großer Leistung eingesetzt, die zur Kühlung von supraleitenden Magneten und Hohlraumresonatoren benötigt werden. Die Kühlung erfolgt bei Temperaturen unter dem Lambdapunkt (Tλ = 2,17 K) von Helium, also beispielsweise bei 2 K. Der Dampfdruck von Helium bei 2 K beträgt 3129 Pa (31 mbar). In solchen Heliumkälteanlagen muß Helium von 31 mbar auf Atmosphärendruck verdichtet werden. Dies entspricht einem Kompressionsverhältnis von 32:1. Für die Verdichtung der bei großer Kälteleistung auftretenden großen Massenströme werden nach dem Stand der Technik Turboverdichter eingesetzt. Benötigt werden in der Regel bis fünf Verdichterstufen. Es werden kalte Verdichter eingesetzt, um bei entsprechend geringem Volumenstrom kleinere Turboverdichter einsetzen zu können, auch läßt die höhere Dichte bei tiefer Temperatur hohe Druckverhältnisse pro Stufe zu. Zudem kann bei kalter Verdichtung der Wärmeaustauscher, der das Gas auf Umgebungstemperaturen aufwärmt, wesentlich einfacher gestaltet werden.

[0004] Die Hauptschwierigkeit dabei ist, daß Turboverdichter nur in beschränktem Ausmaß eine Variation der Gaseintrittstemperatur und des Massenstromes bei stabilem Betrieb aller Verdichterstufen ermöglichen. Dies steht im Gegensatz zu den meist geforderten Betriebsarten bei verminderter Kälteleistung, bei schnellen Laständerungen und beim Kaltfahren der Kälteanlage. Häufig werden Änderungen des Enddruckes, auch auf weit unter Atmosphärendruck, in Kauf genommen. Dies kann im warmen Teil der Kälteanlage zu unerwünschtem Einströmen von Luft in den Kältekreislauf führen. Häufig werden auch volumetrisch wirkende Kompressoren eingesetzt, die bei Teillast ein erhöhtes Druckverhältnis übernehmen, aber nur für einen begrenzten Massenstrom geeignet sind. Oder der bei verminderter Kälteleistung kleinere Massenstrom wird um einen zusätzlichen Massenstrom ergänzt, was einen schlechten Gesamtwirkungsgrad der Kälteanlage zur Folge hat.

[0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, diese Nachteile weitgehend zu vermeiden.

[0006] Kennzeichnend an der Erfindung ist, daß die dynamische Verdichtung in einer Turboverdichteranlage so vorgenommen wird, daß das Gas bei maximalem Massenstrom bei der Hauptverdichtung den Enddruck erreicht und unter Umgehung der Nachverdichtung einer Weiterverwendung zugeführt wird. Der Vorteil besteht darin, den erforderlichen Enddruck bei einem Hauptbetriebsfall thermodynamisch günstig zu erreichen, bei dem die Nachverdichtung nicht in Betrieb zu sein braucht. Bei einem gegenüber dem maximalen Massenstrom reduzierten Massenstrom wird das Gas in die Nachverdichtung geleitet, dort auf den Enddruck verdichtet und dann der Weiterverwendung zugeführt. Der Vorteil besteht darin, daß das Verfahren für einen wichtigen Teillastfall ebenfalls thermodynamisch günstig ausgelegt und betrieben werden kann. Die Nachverdichtung verdichtet hierbei über ein bestimmtes Druckverhältnis auf den Enddruck. Die bezüglich der Drücke unten anschließenden Maschinen saugen bei tieferen Drücken.

[0007] Das erfindungsgmeäße Verfahren kann vorteilhaft eingesetzt werden, wenn das zu verdichtende Gas bei kryogenen Temperaturen vorliegt. Ein Anwärmen vor der Verdichtung erfordert zusätzliche Wärmeaustauscher kombiniert mit einem warmen Verdichter, der wegen des größeren Volumenstromes dann wesentlich größer sein muß.

[0008] Das erfindungsgemäße Verfahren kann vorteilhaft eingesetzt werden, wenn der Druck des zu verdichtenden Gases im Unterdruckbereich zwischen dem Siededruck des Gases und dem Atmosphärendruck liegt. In diesem Druckbereich mit prinzipiell hohen Volumenströmen ist beim Einsatz von Turboverdichtern der Einsatzbereich durch die verfügbare Baugröße der Verdichter am wenigsten eingeschränkt.

[0009] Die mehrstufige Ausführung der Hauptverdichtung des erfindungsgemäßen Verfahrens ermöglicht, insbesondere beim Einsatz von Zwischenkühlern, eine Verbesserung des Wirkungsgrades der Verdichtung.

[0010] Die Nachverdichtung kann in vielen Ausgestaltungen der Erfindung mit nur einer Verdichterstufe durchgeführt werden. Die Zusatzinvestition für den Betrieb bei Teillast ist dann besonders gering.

[0011] Die Turboverdichteranlage kann vorteilhafterweise beim erfindungsgemäßen Verfahren zwischen aufeinanderfolgenden Turboverdichterstufen Zwischenkühler oder Zwischenerhitzer enthalten. Dadurch kann der Betrieb der Anlage durch Anpassung und Regelung der Temperatur stabil gehalten werden. Mit Zwischenkühlung kann zudem die Anzahl der für einen wirtschaftlichen Betrieb benötigten Turboverdichterstufen und deren Baugröße verringert werden. Außerdem verbessert sich der thermodynamische Wirkungsgrad der Verdichtungsanlage.

[0012] Die Hauptverdichtung, bei mehrstufiger Ausführung vorzugsweise die erste Stufe der Hauptverdichtung, kann beim erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft mit einer Drehzahlregelung ausgestattet werden. Diese ermöglicht, insbesondere beim Betrieb mit mehr als zwei Betriebsarten, während der Laständerungen und beim dynamischen Betrieb die Einstellung und Regelung auf einen konstanten Enddruck.

[0013] Das zu verdichtende Gas kann beim erfindungsgemäßen Verfahren auch Helium sein. Bei diesem Gas können insbesondere bei der Anwendung des Verfahrens in einer Heliumkälteanlage oder in einer Heliumverflüssigungsanlage bei der Verdichtung sowohl sehr niedrige Anfangstemperaturen als auch sehr niedrige Anfangsdrücke auftreten, für die sich, wie weiter oben dargestellt, das erfindungsgemäße Verfahren besonders gut eignet. Insbesondere werden die Nachteile, wie sie bei Verfahren nach dem Stand der Technik bei der gleichen Anwendung aufgetreten sind, vermieden.

[0014] Die Erfindung wird anhand einer Ausführungsform mit einer Figur näher erläutert. Die Figur zeigt schematisch die Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens am Beispiel einer Anwendung in einer Heliumkälteanlage.

[0015] Das Verfahren ist Teil einer in der Figur nicht dargestellten Heliumkälteanlage und ist als Turboverdichteranlage ausgeführt. Sie besteht aus einer Hauptverdichtung C1 bis C4 mit Zwischenkühlung 3 nach der Turboverdichterstufe C2, einer Nachverdichtung mit der Turboverdichterstufe C5 und einer Umgehung 6 dieser Stufe C5. Der tiefkalte Heliumstrom 1 gelangt mit einem Massenstrom von 100 g/s bei einem Druck von 31 mbar und einer Temperatur von 2 K in die erste Turboverdichterstufe C1, dann in die zweite Turboverdichterstufe C2 und über die Leitung 2 bei einem Zwischendruck von etwa 6 mbar in den Zwischenkühler 3, mit dessen Hilfe auch eine stabile Zwischentemperatur eingestellt werden kann. Von dort wird der Heliumstrom 4 in die dritte und vierte Turboverdichterstufe C3 und C4 geleitet, auf einen Enddruck von 1 bar verdichtet, über die Umgehung 5 an der Nachverdichtung mit der Turboverdichterstufe C5 vorbeigeleitet und, was in der Figur nicht dargestellt ist, als Heliumstrom 6 dem Kältekreis der Heliumkälteanlage zugeführt. Bei einem Teillastbetrieb mit einem Massenstrom von 80 g/s stellt sich entsprechend den Betriebskennlinien der Turboverdichterstufen C1 und C2 im Heliumstrom 4 ein reduzierter Zwischendruck von < 6 mbar ein. In den Turboverdichterstufen C3 und C4 wird ein Druck < 1 bar erreicht und in der Turboverdichterstufe C5 wird der Heliumstrom auf den Enddruck von 1 bar verdichtet.

[0016] Die erste Turboverdichterstufe C1 der Hauptverdichtung wird mit einer Drehzahlregelung ausgerüstet. Hierdurch wird beim Übergang auf den Teillastbetrieb und beim dynamischen Betrieb der Heliumkälteanlage der konstante Enddruck des Heliumstromes 6 auf 1 bar geregelt.


Ansprüche

1. Verfahren zum Verdichten eines Gases mit konstantem Druck, konstanter Temperatur und zeitlich veränderlichem Massenstrom auf einen konstanten Enddruck durch dynamische Kompression mit Hilfe einer Turboverdichteranlage, die eine Anlage zur Hauptverdichtung und eine Anlage zur Nachverdichtung enthält, dadurch gekennzeichnet, daß das Gas bei maximalem Massenstrom bei der Hauptverdichtung den Enddruck erreicht und unter Umgehung der Nachverdichtung einer Weiterverwendung zugeführt wird und daß das Gas bei einem gegenüber dem maximalen Massenstrom reduzierten Massenstrom von der Hauptverdichtung in die Nachverdichtung geleitet, dort auf den Enddruck verdichtet und dann der Weiterverwendung zugeführt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das zu verdichtende Gas bei kryogenen Temperaturen vorliegt und kalt verdichtet wird.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Druck des zu verdichtenden Gases im Unterdruckbereich zwischen dem Siededruck des Gases und dem Atmosphärendruck liegt.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Hauptverdichtung mehrstufig ausgeführt ist.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Nachverdichtung eine Turboverdichterstufe enthält.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Turboverdichteranlage zwischen aufeinanderfolgenden Stufen Zwischenkühler oder Zwischenerhitzer enthält.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Hauptverdichtung, bei mehrstufiger Ausführung vorzugsweise die erste Turboverdichterstufe, eine Drehzahlregelung besitzt.
 
8. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das zu verdichtende Gas Helium ist.
 
9. Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 2 bis 7 in einer Heliumkälteanlage oder Heliumverflüssigungsanlage.
 




Zeichnung