(19)
(11) EP 0 836 032 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.04.1998  Patentblatt  1998/16

(21) Anmeldenummer: 97114446.4

(22) Anmeldetag:  21.08.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F16F 7/12, B60R 19/22, F16F 1/37, B29C 44/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV RO SI

(30) Priorität: 11.10.1996 DE 19641944

(71) Anmelder: HÜLS AKTIENGESELLSCHAFT
45764 Marl (DE)

(72) Erfinder:
  • Wirobski, Reinhard
    45768 Marl (DE)
  • Günzel, Bernd, Dr.
    45721 Haltern (DE)

   


(54) Bauteil zur Energieabsorption


(57) Ein energieabsorbierendes Element (1) mit deutlich gesteigertem Gütefaktor, bei dem bereits bei beginnender Verformung die Energieabsorption hoch ist, enthält Unterstützungselemente (3,4) aus Kompaktmaterial, die mit einem Partikelschaum umschäumt sind, wobei die Unterstützungselemente an einem Träger fixiert sind.
Das Element findet Verwendung im Automobilbereich oder als wiederverwendbares Palettensystem.




Beschreibung


[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein Bauteil zur Energieabsorption, das einen polyolefinischen Partikelschaumstoffkern enthält, wobei zusätzlich Unterstützungselemente umschäumt werden, die in Belastungsrichtung orientiert sind, sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung.

[0002] Energieabsorbierende Elemente werden insbesondere im Kraftfahrzeugbau eingesetzt, um einen großen Teil der kinetischen Aufprallenergie aufzunehmen und damit die Sicherheit der Insassen zu erhöhen. Bekannte Anwendungen sind Stoßfänger, Seitentüren und Pralltopfelemente, die zur Abstützung der Stoßstange gegenüber der tragenden Karosseriestruktur eingesetzt werden. Die energieabsorbierenden Elemente können dabei aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt werden.

[0003] Die DE-OS 43 27 022 beschreibt einen mehrschichtigen Aufbau mit Abstandsgeweben und Verstärkungsfasern aus Glas, Kohlefaser oder Kunststoff.

[0004] Die EP-A-0 097 504 und die EP-A-0 155 558 beschreiben eine Bumperanwendung, die expandiertes Polypropylen als energieabsorbierendes Teil im Kernelement verwendet.

[0005] In der EP-A-0 401 838 wird ein energieabsorbierendes Kompositmaterial beschrieben, das aus zerbrechlichen Hohlkugeln und Partikelschaum hergestellt wird.

[0006] Weitere energieabsorbierende Bauteile sind in der EP-A-0 055 364, der DE-OS 37 23 681 und der DE-OS 21 58 086 beschrieben.

[0007] Allen diesen Ausführungen ist gemeinsam, daß sie sich nur aufwendig herstellen lassen oder daß bei beginnender Verformung zunächst nur wenig Energie absorbiert wird.

[0008] Zur Charakterisierung eines energieabsorbierenden Elementes kann der Gütefaktor herangezogen werden. Dieser gibt das Verhältnis der Gesamtfläche unter der Belastungskurve zu derjenigen unter der Rechteckkurve des idealen Energieabsorbers in einem Kraft-Weg-Diagramm an. Die maximale Energie kann von einem Element erst dann absorbiert werden, wenn ein möglichst vertikaler verformungsloser Kraftanstieg bis zu einem bestimmten Kraftmaximum und eine nachfolgende konstante Kraftaufnahme bis zu einem Verformungsmaximum realisierbar wäre. Dies würde einem rechteckigen Spannungs-Stauchungs-Verlauf und damit einem idealen Energieabsorber entsprechen. Energieabsorbierende Elemente aus Polyolefinschaum erfüllen nicht den Anspruch eines idealen Absorbers; im Falle von Polypropylenschaum (EPP) liegt der Gütefaktor bei quasistatischen Messungen nur im Bereich von 0,60 bis 0,65.

[0009] Somit stellte sich die Aufgabe, ein energieabsorbierendes Element auf Basis von Polyolefinschaum zu erhalten, bei dem der Gütefaktor deutlich gesteigert werden kann und bei dem bereits bei beginnender Verformung die Energieabsorption hoch ist.

[0010] Diese Aufgabe kann überraschenderweise durch ein energieabsorbierendes Element gelöst werden, das in Belastungsrichtung orientierte Unterstützungselemente aus Kompaktmaterial enthält, die mit einem Polyolefin umschäumt sind wobei die Unterstützungselemente an einem Träger fixiert sind, die gesamte Anordnung in ein Formwerkzeug eingelegt und mit Partikelschaum hinterschäumt wird.

[0011] Aus der EP-A-0 254 530 ist ein Kernmaterial für Automobilstoßfänger bekannt, das Einbuchtungen enthält, in die Verstärkungselemente aus Kompaktmaterial eingepaßt werden. Die Tiefe der Einbuchtungen beträgt vorzugsweise 15 - 95 % der Dicke des Kernmaterials. Es hat sich jedoch erwiesen, daß das Einschieben der Verstärkungselemente in den Schaumkern sehr vorsichtig geschehen muß, um den Kern oder die Verstärkungselemente nicht zu beschädigen. Aus diesem Grunde müssen die Verstärkungselemente kompakter gebaut werden als unbedingt nötig, was zu unnötig hohem Gesamtgewicht führt. Zudem ist dann, wenn die Verstärkungselemente nicht über die gesamte Dicke des Kernes gehen, bei beginnender Verformung die Energieabsorption nicht hoch genug.

[0012] Bei der vorliegenden Erfindung kann als Kompaktmaterial jeder Kunststoff mit einer hinreichenden Steifigkeit eingesetzt werden; beispielsweise seien Polyolefine wie Polypropylen, Polyamide wie Polyamid-6, Polyamid-66, Polyamid-612, Polyamid-12, Polyester wie Polybutylenterephthalat (auch als Blend mit Polycarbonat), flüssigkristalline aromatische Copolyester, Polystyrol, Polyphenylenoxid oder PVC genannt. Zum Erzielen einer höheren Steifigkeit kann das Kompaktmaterial auch Füllstoffe und/oder Fasern enthalten. Unter Recyclinggesichtspunkten wird vorzugsweise ein Polypropylen eingesetzt.

[0013] Die Umschäumung von Elementen ist im Prinzip Stand der Technik. Im vorliegenden Fall wird hierzu Partikelschaum verwendet. Die Herstellung von polyolefinischem Partikelschaum ist beispielsweise aus der EP-A-0 053 333 und der EP-A-0 095 109 bekannt. Im Rahmen der Erfindung kann jeder bekannte Polyolefinschaum verwendet werden, beispielsweise aus einem Polyethylen hoher, mittlerer oder niedriger Dichte, einem Polypropylen wie Polypropylen-Homopolymerisat, Ethylen-Propylen-Blockcopolymeren, Blends aus Polypropylen mit Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren und bevorzugt aus Ethylen-Propylen-Buten-(1)-Terpolymeren oder Ethylen-Propylen-Randomcopolymeren.

[0014] Vorzugsweise werden hierbei Ethylen-Propylen-Buten-(1)-Randomterpolymere mit 1 bis 15 Gew.-% Ethylen und 1 bis 10 Gew.-% Buten-(1) oder Ethylen-Propylen-Randomcopolymere mit 1 bis 15 Gew.-% Ethen und insbesondere mit 2 bis 5 Gew.-% Ethen verwendet.

[0015] Bevorzugt wird Partikelschaum mit Schüttdichten von 12 bis 80 g/l eingesetzt. Daraus resultieren Formteile mit Raumgewichten von 15 bis 170 g/l und insbesondere von 25 bis 100 g/l.

[0016] Die Fig. 1 zeigt den schematischen Aufbau eines Elementes zur Energieabsorption an einem würfelförmigen Ausschnitt. Nimmt man als Beispiel einen Stoßfänger oder eine Seitentür, so wird im Belastungsfall die Energie großflächig über die Stoßfängerhülle bzw. das Seitentürblech auf das Element übertragen. Die eingeleitete Energie wird dabei zunächst von den Unterstützungselementen (3) aufgenommen, die je nach Dimensionierung bei einer Stauchung von 2 - 20 % einknicken. Das Einknicken der Unterstützungselemente wird durch die Umschäumung erschwert. Ein Teil der Energie wird gleichmäßig quer zur Stauchungsrichtung vom Polyolefinschaum aufgenommen. Bei Deformation oberhalb von ca. 20 % übernimmt der Polyolefinschaum die Energieabsorption. Im Bedarfsfall können weitere Ebenen mit Unterstützungselementen (4) angeordnet werden, die nach dem Einknicken der ersten Ebene in gleicher Weise wirksam werden.

[0017] Die Unterstützungselemente werden längs der Deformationsrichtung (5) angeordnet. Abweichend davon können die Unterstützungselemente auch ganz oder teilweise in einem beliebigen Winkel zur Deformationsrichtung angeordnet werden, um seitlich auftretende Kräfte aufzunehmen. Die Länge der Unterstützungselemente für die erste Ebene (3) entspricht der Dicke des Bauteiles in Stauchungsrichtung.

[0018] Die Form der Unterstützungselemente kann unterschiedlichster Gestalt und Stärke sein (massive Stäbe, dünne Rohre, Lamellen, Kreuze, Y-, X-, T-, L-, U-, Z-Profile etc.). Für die praktische Handhabung werden die unterstützenden Elemente an einem Träger wie z. B. einer Trägerfolie (1) mit Durchbrüchen (2) auf einem Trägerraster oder auf einer Außenhülle fixiert. Diese Teile werden vorzugsweise nach dem Spritzgußverfahren hergestellt. Die gesamte Anordnung wird in ein Formwerkzeug eingelegt und in bekannter Weise mit Partikelschaum hinterschäumt. Durch geeignete Stärke, Form, Anzahl und Länge der Unterstützungselemente pro Flächeneinheit kann die Charakteristik der Kraft-Weg-Kurve derart günstig beeinflußt werden, daß ein Gütefaktor von 0,8 - 0,95 erreicht werden kann.

[0019] Die Fig. 2 gibt den Verlauf der Belastungskurven eines Polypropylenschaum(EPP)-Kerns und eines unter Verwendung von EPP hergestellten Elementes zur Energieabsorption mit zwei Unterstützungsebenen (entsprechend Fig. 1) im Kraft-Weg-Diagramm wieder. Die Maxima (3') und (4') ergeben sich aus der Belastung der jeweiligen Unterstützungsebene.

[0020] Ausgehend von diesem Beispiel erzeugt das Einbringen einer dritten Unterstützungsebene bei ca. 70 % der Bauteillänge in Stauchungsrichtung bei ca. 30 % Deformation ein weiteres Maximum der Energieabsorption. Dadurch wird der Gütefaktor des Systems weiter verbessert.

[0021] Die Messungen zur Aufnahme der Kraft-Weg-Kennlinien werden nach DIN 53 421 ermittelt. Dabei werden Prüfkörper mit Unterstützungselementen und einer Kantenlänge von 50 mm zwischen zwei ebenen Platten mit einer konstanten Geschwindigkeit von 5 mm/min bis 60 % Deformation gestaucht.

[0022] Das erfindungsgemäße energieabsorbierende Element kann im Automobilbereich beispielsweise als Stoßfänger, als Seitenaufprallschutz, etwa im Türbereich, oder als Pralltopfelement eingesetzt werden. Eine weitere Anwendung findet sich bei wiederverwendbaren Transportpalettensystemen, die mehrfach übereinandergestapelt werden. Durch die Einfügung einer Ebene von Unterstützungselementen wird eine hohe statische Flächenbelastbarkeit bei Dauerlast erreicht, so daß die Paletten hierbei nicht gestaucht werden. Erst im Sturzfall erfolgt die beschriebene Energieabsorption durch Einknicken der Unterstützungselemente.


Ansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines energieabsorbierenden Elements, das in Belastungsrichtung orientierte Unterstützungselemente aus Kompaktmaterial enthält, die mit einem Partikelschaum umschäumt sind, wobei die Unterstützungselemente an einem Träger fixiert sind, die gesamte Anordnung in ein Formwerkzeug eingelegt und mit Partikelschaum hinterschäumt wird.
 
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei der Träger aus einer Trägerfolie mit Durchbrüchen, aus einem Trägerraster oder aus einer Außenhülle besteht.
 
3. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 und 2, wobei auf dem Träger mehr als eine Ebene mit Unterstützungselementen fixiert ist.
 
4. Energieabsorbierendes Element, hergestellt gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3.
 
5. Energieabsorbierendes Element gemäß Anspruch 4, bei dem der Gütefaktor bei quasistatischen Messungen im Bereich von 0,65 bis 0,95 liegt.
 
6. Energieabsorbierendes Element gemäß Anspruch 4, bei dem der Gütefaktor bei quasistatischen Messungen im Bereich von 0,8 bis 0,95 liegt.
 
7. Verwendung des energieabsorbierenden Elements gemäß einem der Ansprüche 4 bis 6 für Stoßfänger, als Seitenaufprallschutz oder als Pralltopfelement.
 
8. Verwendung des energieabsorbierenden Elements gemäß einem der Ansprüche 4 bis 6 als wiederverwendbares Palettensystem.
 




Zeichnung