[0001] Gegenstand der Erfindung ist ein System zur kontaminationsfreien Bearbeitung von
thermischen Reaktionsprozessen sowie ein Verfahren zur Durchführung von Flüssigkeitstransportprozessen
in Gefäße hinein und aus Gefäßen heraus.
[0002] Das erfindungsgemäße Verfahren kann in analytischen Verfahren verwendet werden, bei
denen Verfälschungen durch Ein- oder Austrag von Störsubstanzen stattfinden können.
Besonders tur die Durchführung molekulardiagnostischer Analysen mit Probenvorbereitung
(Sample preparation) und Amplifikation (z. B. PCR gemäß EP-B-0 201 184) werden aufgrund
der Kontaminationsproblematik verschlossene Reaktionsgefäße benötigt. Bei einer automatischen
Durchführung einer solchen Analyse müssen diese Gefäße jedoch mehrmals geöffnet und
geschlossen werden. Weiterhin werden bei diesem Prozeß Temperaturen von 4 - 95 °C
angewendet, die erhöhte Anforderungen an die Verschlußsicherheit der Gefäße stellen.
[0003] In WO 95/11083 wird besonders für die PCR ein Reaktionsgefäß mit geschlossenem Septum
beschrieben, das sich jedoch nur für die automatische Entnahme aus einem Reaktionsgefäß,
nicht jedoch für die automatische Beschickung, eignet. Zur Beschickung des Gefäßes
mit der Probe muß der Schnappdeckel vollständig manuell geöffnet werden. Darüber hinaus
ist diese Ausführungsform nur bedingt für die Verwendung von Einmalpipettenspitzen
einsetzbar, da zum Durchstoßen des Septums eine erhebliche Kraft benötigt wird, die
übliche Kunststoffpipettenspitzen nicht aufbringen können. Darüber hinaus läßt sich
eine gewünschte Deckelgegenheizung wegen der thermischen Labilität des Septums nur
bedingt anwenden. Beide Effekte laufen parallel, d. h. je dünner das Septum, desto
leichter durchstoßbar, desto höher die Thermolabilität.
[0004] In EP-A-O 642 828 ist ein System mit gleichen Komponenten beschrieben, welches dieselben
Nachteile aufweist.
[0005] In WO 83/01912 ist ein Gefäß zur Bestimmung von Hämoglobin mit Hilfe von Kaliumcyanid
beschrieben, welches einen ersten Stopfen mit einem Kanal und einen Deckel zur Vermeidung
des Austritts von gelöstem Kaliumcyanid enthält. Dieses Gefäß ist zur Durchführung
von Temperaturbehandlungen nicht gedacht und geeignet.
[0006] In WO 94/05425 ist ein Deckel für einen Container beschrieben, der ein Ventil enthält,
das durch Druck auf den Deckel geöffnet werden kann, so daß Flüssigkeit, die sich
in dem Deckel befindet, in den Container einfließen kann.
[0007] In US-A-4,362,698 ist ein Verschluß für Probengefäße beschrieben, der aus zwei Teilelementen
besteht, die jedoch weder druckdicht schließen, noch ohne Vernichtung ihrer Funktion
vom Probengefäß und voneinander getrennt werden können.
[0008] In DE-A-44 12 286 ist ein System mit Deckel, Reaktionsgefäß und Deckelhandler beschrieben,
das ein vollständig automatisierbares Abarbeiten eines solchen Prozesses ermöglicht.
Es hat allerdings den Nachteil, daß eine zusätzliche Gerätekomponente als Deckelhandler
benötigt wird. Dies gilt auch für die in DE 29505707 beschriebene Ausführungsform.
Weiterhin sind diese Ausführungsformen durch den separaten Deckelöffnungsmechanismus
langsam.
[0009] US-5,282,543 beschreibt eine Verdeckelung von Reaktionsröhrchen, wobei die Versehlüsse
als ein einzelnes Dichtelement in einem Verbund angeordnet sind. Diese Anordnung ist
für ein direktes, automatisches Pipettieren in die Reaktionsgefäße ungeeignet.
[0010] Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es, ein System zu Verfügung zu stellen, in
dem der Flüssigkeitstransport mit Hilfe üblicher Kunststoffpipettenspitzen vorgenommen
werden kann, und welches dennoch einen so dichten Verschluß der Gefäße ermöglicht,
daß von der Flüssigkeit im Innern der Gefäße beim Erhitzen keine störende Menge nach
außen dringen kann.
[0011] Kernstück der vorliegenden Erfindung ist eine 2-Komponenten-Dichtung auf einem Reaktionsgefäß,
wobei ein erstes, inneres Dichtelement das Gefäß flüssigkeitsdicht, aber nicht druckdicht,
und ein abnehmbares zweites, äußeres Dichtelement das Gefäß druckdicht verschließt.
- Fig. 1
- Ablaufschema eines Pipettiervorgangs mit den erfindungsgemäßen Elementen
- Fig. 2
- Reaktionsgefäß mit den Dichtelementen
- Fig. 3
- Reaktionsgefäß mit Dichtelementen und eingeführter Pipettenspitze
- Fig. 4
- Anordnung in einem Heizblock mit Deckelgegenheizblock
- Fig. 5
- Device zum Arretieren mehrerer Reaktionsgefäße und beweglichem Dichtelement 2
- Fig. 6
- Anordnung des Device in Abb. 5 in einem Herzblock mit Deckelgegenheizblock
- Fig. 7
- Formen der Öffnungen im Dichtelement 1
- Fig. 8
- Ausführungsform für Verbindung von Dichtelement 1 mit Reaktionsgefäß
- Fig. 9
- Obenaufsicht einer Vorrichtung enthaltend 16 Reaktionsgefäße
- Fig. 10
- Querschnitt/Seitenansicht einer Vorrichtung gemäß Abb. 9 verbunden über Kunststoffstegen
- Fig. 11
- Oberaufsicht eines Mehrfachdichtelements für die Vorrichtung gemäß Abb. 9
- Fig. 12
- Querschnitt/Seitenansicht eines Mehrfachdichtelements
- Fig. 13
- Seitenansicht eines in einen Automaten eingelegten Mehrfachelements gemäß Fig. 5
[0012] Gegenstand der Erfindung ist ein System zur Bearbeitung von thermischen Reaktionsprozessen
in Flüssigkeiten, enthaltend eine Vielzahl von Gefäßen, eine Vielzahl von ersten Verschlüssen
für einzelne dieser Gefäße und einen oder mehrere zweite Verschlüsse, die eine Vielzahl
von Gefäßten gleichzeitig verschließen können. Ebenfalls Gegenstand der Erfindung
ist ein Verfahren zum Transport einer Flüssigkeit in ein Gefäß oder aus einem Gefäß,
welches mit einem ersten und zweiten Dichtelement verschlossen ist, hinein bzw. heraus
mit Hilfe einer Pipettiereinheit.
[0013] Unter einem Reaktionsgefäß im Sinne der Erfindung wird ein Gefäß (1) verstanden,
in welchem eine Flüssigkeit aufbewahrt werden kann. Es ist daher verschließbar oder
verschlossen. Das Gefäß hat jedoch mindestens eine Öffnung, welche mit dem ersten
und zweiten Verschluß verschlossen werden kann. Darüber hinaus weist das Gefäß bevorzugt
keine nicht flüssigkeits- und druckdicht verschlossene oder verschließbare Öffnung
auf. Das Gefäß ist darüber hinaus bevorzugt thermostabil, insbesondere im Hinblick
auf Form und Inertheit gegenüber der aufzubewahrenden Flüssigkeit, insbesondere bei
Temperaturen bis zu 110 °C. Bevorzugte Materialien für Reaktionsgefäße sind bevorzugt
thermisch-formbare Kunststoffe, wie Polystyrol, Polyethylen oder Polypropylen. Sie
können mit Hilfe der Spritzgußtechnologie aufeinfache Weise hergestellt werden. Sie
sind insbesondere zum einmaligen Gebrauch bestimmt. Ein besonders geeignetes Material
für Gefäße ist Polypropylen, da es Temperaturen bis 110 °C ohne Deformationen toleriert.
Das Reaktionsgefäß weist bevorzugt eine besonders dünne Wandstärke auf, bevorzugt
zwischen 0,15 und 0,45 mm, besonders bevorzugt ca. 0,3 mm, und hat bevorzugt eine
konische Form, die nach unten hin verjüngt ist. Die Gefäße fassen bevorzugt ein Volumen
von zwischen 0,05 und 50 ml, bevorzugt 0,2 bis 2 ml. Die äußere Form des Gefäßes wird
meist bestimmt durch die Tatsache, daß es einer Temperiereinheit, z. B. einem Kitzeblock
,in der Form möglichst gut angepaßt ist. Dies verbessert den Wärmedurchgang von der
Temperiereinheit durch die Wand des Gefäßes in das Innere des Gefäßes und die gegebenenfalls
darin befindliche Flüssigkeit. Solche Reaktionsgefäße sind kommerziell erhältlich.
[0014] Mehrere Reaktionsgefäße können auch miteinander verbunden sein. So hat es sich beispielsweise
als zweckmäßig erwiesen, 16 Reäktionsgefäße, die mit geschwungenen Stegen in zwei
Reihen zu je 8 Positionen miteinander verbunden sind, einzusetzen. Die Gefäße sind
bevorzugt so miteinander verbunden, daß sie in übliche Thermocycler, z. B. für die
Durchführung einer PCR, passen. Mehrere dieser zusammengefügten Gefäße können nebeneinander
behandelt werden, z. B. im 96-Well-Mikrotitrationsplattenformat. Wenn im folgenden
von einer Vielzahl von Gefäßen gesprochen wird, so handelt es sich bevorzugt um 4
bis 96, besonders bevorzugt 8 bis 16 Gefäße.
[0015] Ein innerer Verschluß (Dichtelement 2) für dieses Gefäß hat die Funktion, den ungewollten
Austritt von Flüssigkeiten aus der Öffnung des Gefäßes zu verhindern. Bevorzugt ist
der innere Verschluß aus einem elastischen Dichtmaterial hergestellt, z. B. Latex
oder Silikonkautschuk. Die Härte des Materials beträgt bevorzugt 20 bis 100 shore,
bevorzugt 30 bis 60 shore. Als besonders bevorzugtes Material wurde Elastosil LR 3003/40
(Wacker Chemie GmbH, BRD) eingesetzt, das eine Elastizität von 40 shore besitzt. Der
innere Verschluß hat eine Dicke von 0,1 bis 20 mm, besonders bevorzugt 0,5 bis 1,2
mm. Dies ist so zu verstehen, daß diese Dicke sich auf die nach außen hin dünnste
Stelle bezieht. So sind z. B. zur Gesamtversteifung des Verschlusses oder zur Anpassung
des Dichtelements an die Öffnung des Gefäßes (z. B. als Dichtring 15) am Band größere
Dicken möglich. Zur Erleichterung des Einführens einer Pipettiereinheit, z. B. einer
Kunststoffpipettenspitze, ist in dem inneren Verschluß eine weitere Verdünnung oder
eine Öffnung (4) vorgesehen. Diese Öffnung kann unterschiedliche geometrische Formen
aufweisen (siehe Fig. 7a - 7d). So kann z. B. ein Schlitz mit einer Länge von 1 bis
15 mm, bevorzugt 1 bis 10 mm, vorgesehen werden. Es ist auch möglich, die Öffnung
als Kreuzschlitz oder in Sternform vorzusehen. Wichtig ist, daß die Öffnung so verschlossen
ist, daß keine Flüssigkeit von selbst nach außen treten kann. Solche Schlitze können
beispielsweise mit Messern in den ersten Verschluß geschnitten oder gestanzt werden.
Sie können gewünschtenfalls auch schon während des Gießprozesses als Ausnehmungen
freigehalten werden.
[0016] Bei dem inneren Verschluß handelt es sich um einen Verschluß, der für jedes Gefäß
getrennt aufgesetzt werden kann (Einzelverschluß). Es ist jedoch ein Mehrfachverschluß
entsprechend der Anzahl der Reaktionsgefäße möglich. Die Fixierung des Mehrfachverschlusses
(2) erfolgt über Paßelement am Reaktionsgefäß oder/und dem Verschluß, bevorzugt aber
über Dichtringe (15) des Verschlusses, der in die Öffnung des Gefäßes (1) hineinragt.
Der innere Verschluß verbleibt bevorzugt auf dem Gefäß und verschließt das Gefäß während
des gesamten Behandlungsvorgangs und wird bevorzugt auch danach nicht entfernt. Der
innere Verschluß überdeckt bevorzugt die gesamte Öffnung und besonders bevorzugt auch
die oberen Kanten des Gefäßes, kann jedoch auch teilweise in das Gefäß eingeführt
sein. Bevorzugt ist der innere Verschluß nicht druckdicht.
[0017] Ein äußerer Verschluß (Dichtelement 3) soll dazu dienen, eventuell gewollt oder ungewollt
erzeugte Undichtigkeiten im inneren Verschluß nach außen hin druckdicht abzudichten.
Er überdeckt daher aufalle Fälle alle Öffnungen im inneren Verschluß, die beispielsweise
als Schlitz schon vorgeformt waren oder (mit Hilfe der Pipettierspitze) erzeugt wurden.
Dieser äußere Verschluß kann prinzipiell aus beliebigen Materialien bestehen, wenn
sie sich nur fest genug auf die Gefaßöffnung oder/und den inneren Verschluß aufpressen
lassen. Bevorzugt sind daher für den äußeren Verschluß wiederum elastische Materialien,
wie sie oben für den ersten Verschluß beschrieben waren. Da der äußere Verschluß nicht
für das Vorsehen oder die Erzeugung einer Öffnung geeignet sein muß, bevorzugt nicht
von der Pipettiereinheit durchstoßen werden muß, sind im Hinblick auf die Dicke größere
Grenzen möglich, insbesondere nach oben. Allerdings sind Dicken von mehr als 20 mm
dann unzweckmäßig, wenn eine separate Deckelheizung vorgesehen werden soll. Bevorzugte
Dicken liegen zwischen 0.1 und 10 mm. Die Deckelheizung, welche die Verdampfung eventuell
sich am inneren Verschluß niederschlagenden Kondenswassers bewirken soll, kann in
den äußeren Verschluß integriert sein. Die Deckelheizung kannjedoch auch in einem
unabhängigen Bauelement untergebracht sein. Besonders bevorzugt ist der Fall, daß
der äußere Verschluß als eine dünne, ablösbare Schicht aus elastischem Dichtmaterial,
z. B. eine Matte, auf einem beheizbaren Bauelement vorgesehen wird, welches in seiner
Gesamtheit auf das Reaktionsgefäß mit dem ersten Verschluß aufgedrückt wird. Der äußere
Verschluß ist bevorzugt für den Verschluß einer Vielzahl von Gefäßen gleichzeitig
geeignet, z. B. von 4 bis 96, bevorzugt 8 bis 16, solcher Gefäße (entsprechend der
Anzahl Gefäße oder inneren Verschlüsse). Ein Merkmal eines besonders bevorzugten äußeren
Verschlusses ist es, daß er vollständig vom inneren Verschluß getrennt werden kann.
Dies geschieht, wenn eine Flüssigkeit mit Hilfe einer Pipettiereinheit durch den inneren
Verschluß in das Gefäß hinein oder aus dem Gefäß heraus transportiert werden soll.
Für diesen Vorgang wird der äußere Verschluß vom Gefäß und dem inneren Verschluß entfernt,
so daß die Pipettiernadel beim Durchtritt durch die Öffnung des inneren Verschlusses
nicht durch den äußeren Verschluß durchtreten muß.
[0018] Flüssigkeitsdicht im Sinne der Erfindung bedeutet insbesondere, daß Flüssigkeiten
nicht ohne Einwirkung zusätzlicher Kräfte, wie Druck (z. B. durch Erhitzen) oder bewußte
Erzeugung oder Weitung einer Öffnung austreten können.
[0019] Druckdicht bedeutet, daß der Verschluß Drucke bis zu 2,5 bar, bevorzugt bis zu 1,2
bar, aushält, ohne Gas oder Flüssigkeit aus eingeschlossenem Raum z. B. dem Gefäß,
austreten zu lassen.
[0020] Ebenfalls Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zum Transport einer Flüssigkeit
mit Hilfe einer Pipettiereinheit in ein Gefäß oder aus einem Gefäß, welches mit einem
ersten und zweiten Verschluß verschlossen ist, enthaltend die Schritte Entfernung
eines äußeren Dichtelements (3) von dem Gefäß und einem inneren Dichtelement (2),
Einführung der Pipettiereinheit in das Gefaß durch das innere Dichtelement (2) und
Aufnahme der Flüssigkeit in die Pipetten aus dem Gefäß oder Abgabe der Flüssigkeit
aus der Pipettiereinheit in das Gefäß.
[0021] Flüssigkeiten, die transportiert werden können, sind beispielsweise Probenflüssigkeiten
oder davon abgeleitete Flüssigkeiten, in denen die Anwesenheit von Inhaltsstoffen
nachgewiesen werden soll, z. B. Serum, buffy coat, Plasma und davon abgeleitete Flüssigkeiten,
Flüssigkeiten, die Resultat eines Nukleinsäureamplifikationsverfahrens sind, aber
auch Flüssigkeiten, die Reagenzien zum Nachweis, zur Vorbereitung oder Amplifikation
von Inhaltsstoffen von Probenflüssigkeiten enthalten.
[0022] Unter einer Pipettiereinheit wird ein Gerät oder eine Vorrichtung verstanden, in
welche Flüssigkeit aufgenommen und wieder abgegeben werden kann. Dies geschieht bevorzugt
durch Einsaugen und Ausstoßen der Flüssigkeit in einen Aufnahmebereich der Pipettiereinheit.
Dies können prinzipiell auch wiederverwertbare Aufnahmeeinheiten, wie Metallnadeln,
sein. Besonders bevorzugt im Sinne der Erfindung ist jedoch die Verwendung von Kunststoffpipettenspitzen
(5), die nur einmal zum Flüssigkeitstransport verwendet werden. Diese sind üblicherweise
aus Materialien, z. B. Polypropylen, die eine mechanische Belastung nur sehr begrenzt
aushalten. Ferner sind sie nicht sehr spitz, so daß ein selbständiges Durchstoßen
von herkömmlichen Deckeln mit ihnen nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist es im
Sinne der Erfindung bevorzugt, wem der innere Verschluß eine vorgestanzte Öffnung,
z. B. in Form eines Schlitzes, aufweist.
[0023] Die Einführung der Pipettiereinheit in das Gefäß durch den inneren Verschluß wird
bevorzugt automatisch vorgenommen, z. B. mit Hilfe eines handelsüblichen Pipettierautomaten.
Prinzipiell ist jedoch auch die manuelle Bearbeitung der Einführung der Pipettiereinheit
möglich, z. B. mit einer Handpipette. Hierbei wird die Öffnung im inneren Verschluß,
z. B. die Schlitze, so weit erweitert, daß die Pipettiereinheit durch den Verschluß
ins Innere des Gefäßes eindringen kann.
[0024] Als weiteren Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird entweder eine bereits
in dem Gefäß befindliche Flüssigkeit in die Pipettiereinheit aufgenommen oder eine
in der Pipettiereinheit enthaltene Flüssigkeit in das Gefäß abgegeben. So ist beispielsweise
möglich, Reagenzien für die Durchführung einer Reaktion in dem Gefäß zu einer Probenflüssigkeit
zuzugeben. Es ist jedoch auch möglich, einer bereits bearbeiteten Probenflüssigkeit
eine bestimmte Menge zu entnehmen und in die Pipettiereinheit aufzunehmen.
[0025] Besondere Vorteile hat das erfindungsgemäße System in Verfahren, bei denen eine Flüssigkeit
in dem Gefäß erhitzt werden soll. Während Heizschritten ist das Gefäß bevorzugt sowohl
durch den inneren als auch den äußeren Verschluß verschlossen, so daß praktisch weder
Flüssigkeit noch Gas aus dem Gefäß entweichen können. Dazu wird der äußere Verschluß
mit einer bestimmten Kraft abhängig von der Anzahl der Reaktionsgefäße niedergehalten.
Diese Kraft beträgt 0,1 bis 10 N pro Reaktionsgefäß, bevorzugt 1 bis 5 N. Dieser Druck
wird bevorzugt durch vertikales Aufdrücken des Verschlusses, z. B. mit einer Halterung
(12), wie einer Metallplatte, die auch die Deckelheizung enthalten kann, erzeugt.
Hierzu ist es bevorzugt, die Halterung möglichst gleichmäßig und senkrecht in Richtung
des Gefäßverschlusses zu bewegen. Für den Fall des Einsatzes von Mehrfachvorrichtungen
ist der gleichzeitige Verschluß aller Gefäße unter gleichen Andruckverhältnissen bevorzugt.
Für diesen Fall verhindert der äußere Verschluß das Ausdringen von gasförmigen Flüssigkeitsbestandteilen
(z. B. Wasserdampf oder Aerosolen) in die Umgebung außerhalb des Gefäßes, entgegen
dem Gasdruck. Verfahren, bei denen die Flüssigkeit im Inneren des Gefäßes mehrfach
erhitzt und abgekühlt wird, sind beispielsweise die Verfahren zur Amplifikation von
Nukleinsäuren, z. B. der Polymerasekettenreaktion. Aber auch einfache Denaturierungen
und Hybridisierungsreaktionen können Erhitzungsschritte enthalten.
[0026] Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Systems sind mehrere bevorzugte Ausführungsformen
von Verfahren durchführbar. In einer ersten Ausführungsphase wird eine Probenflüssigkeit
durch den inneren Verschluß in das Gefäß, welches dann als Reaktionsgefäß dient, einpipettiert.
Ebenso werden die für die Durchführung der gewünschten Reaktion(en) erforderlichen
Reagenzien entweder vorgelegt oder zu der Probenflüssigkeit zupipettiert. Während
dieser Pipettierschritte ist der äußere Verschluß geöffnet, d. h. das Dichtelement
(3) entfernt. Vor Durchführung von Heiz- oder/und Abkühlschritten wird zunächst der
äußere Verschluß geschlossen. Nach Beendigung der Temperaturschritte und bevorzugt
nach erneuter Einstellung eines Gasdruckes im Gefäß, der dem Außendruck entspricht,
kann der äußere Verschluß wieder entfernt werden. Falls gewünscht oder erforderlich,
werden weitere Pipettier- oder/und Temperaturschritte ausgeführt, analog dem oben
beschriebenen Vorgehen. Soll z. B. nach einem Temperaturschritt Flüssigkeit aus dem
Gefäß entnommen werden, so wird nach Druckausgleich der äußere Verschluß geöffnet,
die Pipettiereinheit durch den inneren Verschluß eingeführt und die gewünschte Menge
an Flüssigkeit aus dem Gefäß in die Pipettiereinheit aufgenommen. Danach wird die
Pipettiereinheit durch den inneren Verschluß entfernt und die Flüssigkeit wie gewünscht
weitertransportiert, z. B. in eine Meßzelle (bei analytischen Verfahren) oder in ein
weiteres Reaktionsgefäß.
[0027] Bevorzugt enthält das erfindungsgemäße Verfahren in einem weiteren Schritt nach Abschluß
jedes Flüssigkeitstransportes durch den inneren Verschluß den Wiederverschluß des
Gefäßes mit dem äußeren Verschluß. Danach können weitere Temperaturbehandlungsreaktionen
durchgeführt werden.
[0028] In Fig. 1 ist das bevorzugte erfindungsgemäße Verfahren zum Transport von Flüssigkeiten
schematisch gezeigt. Ein Gefäß (1) ist mit Hilfe eines inneren Verschlusses (2) verschlossen,
der eine Öffnung (4), z. B. in Form eines Schlitzes, aufweist. Beim Einführen der
Pipettenspitze (5) ist der äußere Verschluß (3) vom inneren Verschluß getrennt. Nach
Einführen der Pipettiereinheit kann Flüssigkeit in sie hinein aufgenommen oder aus
ihr heraus abgegeben werden.
[0029] Auch hierzu ist der äußere Verschluß offen. Nach Entnahme der Pipettenspitze wird
das Gefäß mit Hilfe des äußeren Dichtelements (3) verschlossen und steht zur Temperaturbehandlung
zur Verfügung.
[0030] Fig. 2 zeigt ein Reaktionsgefäß, wie es in Fig. 1 eingesetzt werden kann, in Vergrößerung.
Neben den bei Fig. 1 beschriebenen Elementen ist auch ein Dichtring (15) zu erkennen,
der Bestandteil des inneren Verschlusses (2) ist.
[0031] Fig. 3 zeigt in Vergrößerung den Zustand, wenn eine Pipettenspitze (5) durch den
inneren Verschluß (2) in das Gefäß (1) eingeführt ist. Deckel (3) ist entfernt.
[0032] Das erfindungsgemäße System läßt sich bevorzugt in Anordnungen von mehreren miteinander
verbundenen Reaktionsgefäßen (1) (Fig. 4) einsetzen, wobei Dichtelement (3) dann als
"Matte" für eine Reihe von Reaktionsgefäßen dient. Die Dichtelemente (2) mit Einzelöffnungen
(4) können ebenfalls miteinander eine verbundene Einheit bilden. Anordnungen im 96-well
Mikrotitrationsplatten-Format sind bevorzugt.
[0033] Das Dichtelement (3) ist bevorzugt, wie in Fig. 4 dargestellt, als leicht austauschbares
Element des Deckelgegenheizungblocks (7) angeordnet. Hierzu sind Halterungen (8) für
die Matte vorgesehen. Heizelement (7) mit der Matte kann mit Hilfe eines Scharniers
(Drehpunkt 9) auf die Gefäße (1) geklappt werden.
[0034] Fig. 5 zeigt eine Variante der Ausführungsform. Hier ist eine Halterung (12) für
die Reaktionsgefäße so ausgeformt, daß das Dichtelement (3) gleichzeitig über ein
Scharnier (11) und einen Rahmen (10) integriert ist und entsprechend geöffnet werden
kann, so daß dann eine Pipettierung, wie in Fig. 1 gezeigt, erfolgen kann.
[0035] Fig. 6 zeigt die Anordnung der Variante von Fig. 5 in einem Heizblock (6) mit Deckelgegenheizblock
(7) und Drehpunkt (9).
[0036] Fig. 7 zeigt einige erfindungsgemäße geometrische Varianten der Öffnung (4) für das
Einführen einer Pipettenspitze. 7a und 7b sind Schlitze, in 7c und 7d sind außerdem
kleine Ausnehmungen im Material enthalten.
[0037] Die Dichtelemente bestehen bevorzugt aus Silikon, das Reaktionsgefäß aus Polypropylen.
[0038] Diese Materialien sind für ihre schlechten Verbindungseigenschaften bekannt. Fig.
8 zeigt eine Möglichkeit, durch Ausbildung von Verbreiterungen (14) des Bandes der
Reaktionsgefäße ("Ohren") mit entsprechenden Löchern (13) die Silikondichtung (2/nicht
gezeigt) zu vernieten. Zur Dichtigkeit wird darüber hinaus der Dichtring (15/nicht
gezeigt) benutzt, der in das Reaktionsgefäß hineinragt (siehe Fig. 2).
[0039] Fig. 9 und 10 zeigen Reaktionsgefäße für die Durchführung einer PCR. Es handelt sich
um 16 Reaktionsgefäße, die durch geschwungene Stege in 2 Reihen mit je 8 Positionen
verbunden sind. Die Stege sind so ausgeformt, daß eine höhere Temperaturbelastung
keine Verformung ergibt. Die Reaktionsgefäße besitzen Verbreiterungen (Ohren) (14,
siehe Fig. 8) zur Verschweißung mit dem Dichtelement (2) (siehe Fig. 11).
[0040] In Fig. 11 ist eine Matte als Dichtungselement (2) gezeigt. Sie enthält an den zu
den einzelnen Gefäßen gehörigen Positionen Schlitze (4). Über Verbreiterungen (13)
kann das Dichtelement aufdie Gefäßplatte (oben) aufgeschweißt werden.
[0041] In Fig. 12 ist ein Dichtelement (2) im Schnitt dargestellt. Man erkennt die in die
Gefäße hineinragenden Dichtringe (15) und die Schlitze (4) (im Längsschnitt).
[0042] In Fig. 13 ist ein Mehrfach-Device nach Fig. 5 im aufgeklappten Zustand gezeigt.
Es ist möglich, z. B. über einen Barcode, auf der Klappe eine Identifizierung des
Device anzubringen.
[0043] Die Vorteile der vorliegenden Erfindung sind, daß neben den üblicherweise vorhandenen
Modulen, z. B. einer Pipettiereinheit, keine besonderen Automatisierungsmodule notwendig
sind, so daß z. B. direkte Anwendbarkeit in Automaten wie Elecsys 1010 oder in TECAN-Pipettierstationen
zur Applikation von molekulardiagnostischen Bestimmungen gegeben ist. Bei Anwendung
als Dichtung für PCR-cups sind alle Reaktionsgefäße beim Pipettieren von Probe und
PCR-Mix verschlossen. Ein Aerosoleintrag ist daher nicht möglich. Dies gilt auch für
alle weiteren Verarbeitungsschritte. Dies ist eine erhebliche Vereinfachung der manuellen
PCR-Pipettierung, da kein Deckelöffnen mehr erforderlich ist. Ein Einsatz als Reaktionsgefäß
in Probenvorbereitungsverfahren ist mit Vorteil möglich. Eine Zugänglichkeit für Pipettierungen
mit Stahlnadeln oder Einmalpipettenspitzen ist gegeben. Mikrotitrationsplattenformate
sind möglich und kostengünstig herstellbar. Im Gegensatz zum Stand der Technik ist
mindestens einer der Verschlüsse selbstschließend. Ein riesiger Vorteil des erfindungsgemäßen
Systems ist, daß eine kontaminationsarme Mehrfachentnahme von Flüssigkeit aus dem
Gefäß selbst nach PCR möglich ist.
[0044] Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern:
Beispiel 1
[0045] In diesem Beispiel werden die Materialien für ein System enthaltend Elemente gemäß
den Fig. 6, 9, 10, 11 und 12 beschrieben.
[0046] Im vorliegenden Beispiel wird Polypropylen (Novolen 1100 UCX mit einem Zusatz 11
NU 10 in einer Konzentration von 3,5 %) als Material für die Reaktionsgefäße benutzt.
Das Additiv, das bis max. 10% zugesetzt werden kann, vermittelt eine verbesserte Wärmeleitung,
so daß die Beheizung des Reaktionsgutes besonders schnell in einem Thermoblock erfolgen
kann. Dies wird durch die besonders dünne Wandstärke des Reaktionsgefäßes von 0,3
mm, und die konische Form unterstützt.
[0047] Die Reaktionsgefäße fassen ein Volumen von 0,25 ml.
[0048] Das Dichtelement (2) besteht bevorzugt aus elastischem Silikonkautschuk mit einer
Dicke von 1 mm, Elastosil LR 3003/40 (Wacker Chemie GmbH), das eine Elastizität von
40 shore (DIN 53505) besitzt.
[0049] Zur Erleichterung des Entnehmens oder Zupipettierens ist in diesem Fall ein Schlitz
von 4 mm vorgesehen.
[0050] Das Dichtelement (3) besteht aus dem gleichen Material, ebenfalls mit einer Dicke
von 1 mm.
Beispiel 2
Probenvorbereitung
[0051] Ein analoges Reaktionsgefäß mit einem höheren Volumen z. B. 1,5 ml und dem erfindungsgemäßen
System kann auch zur Probenvorbereitung bei einer Nukleinsäureanalyse benutzt werden.
Nach einem Protokoll von B. Vogelstein und D. Gillespie (Proceedings of Natl. Acad.
Sci. USA, February 1979, Vol. 76, No. 2, pp 615 -619) sind zur Isolierung von Nukleinsäure
aus Agarosegele nach Methode II verschiedene Temperierschritte bei 25° C und 37 °C
notwendig. Zur Reduktion des Kontaminationsrisikos läßt sich das erfindungsgemäße
System bevorzugt für eine Automatisierung des Protokolls einsetzen. In R. Boom et
al. (J. of Clinical Microbiology, March 1990, pp. 495 - 503) und bei P.M. Lizardi
et al (Analytical Chemistry Vol. 98, pp 116-122 (1979)) werden vergleichbare Protokolle
mit Inkubationen bei 56 °C bzw. 50° C beschrieben, die mit erfindungsgemäßem System
mit vermindertem Kontaminationsrisiko durchgeführt werden können. Hierbei können die
Pipettierschritte mit Hilfe eines x,y,z-Pipettierroboters (Fa. TECAN, Fa. Canberra
Packard) automatisch durchgeführt werden. Nach Entfernen des zweiten Dichtelementes
(3) und einer festen Plazierung der Reaktionsgefäße aufder Arbeitsfläche des Pipettiergerätes,
kann ohne weitere geräteseitige Zusatzelemente eine kontaminationsfreie Pipettierung
erfolgen. Besonders vorteilhaft ist, daß alle Gefäße mittels Dichtelement (2) verschlossen
sind und somit keine Aerosole in die Reaktionsgefäße gelangen können.
Bezugszeichenliste
[0052]
- (1)
- Reaktionsgefäß
- (2)
- Dichtelement 1
- (3)
- Dichtelement 2
- (4)
- Öffnung im Dichtelement 1
- (5)
- Pipettenspitze
- (6)
- Heizblock
- (7)
- Deckelgegerheizblock
- (8)
- Halterung für Dichtelement 2
- (9)
- Drehpunkt für Deckelgegenheizblock zum Öffnen
- (10)
- Rahmen zur Halterung von Dichtelement 2
- (11)
- Scharnier zu Öffnen
- (12)
- Rahmen zum Arretieren von mehreren Reaktionsgefäßen
- (13)
- Verbreiterung zum Aufschweißen von Dichtelement 1
- (14)
- Nietstelle zum Verschweißen von Dichtelement 1 mit Reaktionsgefäß
- (15)
- Dichtring am Dichtelement 2
1. System zur thermischen Behandlung von Flüssigkeiten, enthaltend
- ein oder mehrere Gefäße,
- einen oder mehrere innere flüssigkeitsdichte Verschlüsse für diese Gefäße,
- einen oder mehrere äußere Verschlüsse, die ein oder mehrere Gefäße druckdicht verschließen
können.
2. Verfahren zum Transport einer Flüssigkeit mit Hilfe einer Pipettiereinheit in ein
Gefäß oder aus einem Gefäß, welches mit einem inneren flüssigkeitsdichten und äußeren
druckdichten Verschluß verschlossen werden kann, enthaltend die Schritte:
- gegebenenfalls Entfernen des äußeren Verschlusses von dem Gefäß und dem inneren
Verschluß,
- Einführen der Pipettiereinheit in das Gefäß durch den inneren Verschluß,
- Entnahme einer Flüssigkeit aus dem Gefäß in die Pipettiereinheit oder Abgabe einer
Flüssigkeit aus der Pipettiereinheit in das Gefäß.
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Pipettiereinheit eine
Pipettenspitze aus Kunststoff ist oder enthält.
4. Verfahren gemäß Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der zweite Verschluß
eine vorgeformte flüssigkeitsdichte Eindringstelle für die Pipettiereinheit aufweist.
5. Verfahren gemäß Anspruch 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Flüssigkeit im Gefäß
vor oder nach Entnahme oder Abgabe von Flüssigkeit im Gefäß erhitzt wird.
6. Verfahren gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verschluß während
des Erhitzens gegen das Gefäß gepreßt wird, so daß der Verschluß gasdicht ist.
7. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Pipertiereinheit nach
Abschluß des Flüssigkeitstransports durch den inneren Verschluß aus dem Gefäß entnommen
und das Gefäß mit dem inneren Verschluß gasdicht verschlossen wird.
8. Verfahren gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der äußere Verschluß während
des Erhitzens der Flüssigkeit mit Hilfe einer Deckelheizung erhitzt wird.
9. System zur thermischen Behandlung von Flüssigkeiten, enthaltend
- eine Vielzahl von miteinander zu einer einzigen Vorrichtung verbundenen Gefäßen,
- ein erstes Verschlußelement, mit welchem diese Vielzahl von Gefäßen gemeinsam verschlossen
werden kann,
- ein davon körperlich trennbares zweites Verschlußelement, mit dem das erste Verschlußelement
überdeckt wird und die Gefäße verschlossen werden.