[0001] Die Erfindung betrifft eine bidirektionale dynamische Mikropumpe für kleine Flüssigkeitsmengen,
bei der mit einfachen Mitteln der Fluidstrom in Menge und Richtung variierbar ist,
die in einen Silizium-Wafer geätzt ist.
[0002] Allgemein bekannt sind bidirektionale Pumpen mit rotatorischen Antrieben, die mit
Hilfe von Zahnrad- oder Propelleranordnungen eine gerichtete Beschleunigung des Fluides
bewirken. Hierbei erfolgt die Richtungsumkehr durch Umkehrung der Rotationsrichtung.
Diese Anordnungen bestehen aus einer Anzahl mechanisch bewegter Elemente, die dem
Verschleiß unterliegen und deren Miniaturisierung große Probleme bereitet bzw. begrenzt
ist. Außerdem ergeben sich an den Lagerstellen Dichtungsprobleme.
[0003] Weiterhin bekannt sind bidirektionale Pumpen, bei denen ein ungerichteter Volumenstrom
erzeugt wird, dem durch geeignete Maßnahmen eine variable Richtung gegeben werden
kann. Bei diesen Anordnungen wird der Volumenstrom durch Volumenänderung einer Kammer,
in der Regel durch Verwendung von Pumpmembranen; erreicht und die Richtungsbestimmung
erfolgt durch aktiv gesteuerte mechanische Ein- und Auslaßventile. Nachteilig ist
hierbei, daß außer des Pumpantriebes weitere Antriebe für die Ventile erforderlich
sind und sich ein hoher Steuerungsaufwand ergibt.
[0004] Bekannt sind auch Mikropumpen mit gerichteten passiven Ventilen, die eine Vorzugspumprichtung
besitzen und bei denen eine Richtungsumkehr durch Ausnutzung von Resonanzerscheinungen
möglich ist. Diese bestehen aus einer Anzahl sehr exakt zueinander ausgerichteter
Elemente /1/. Die Mengensteuerung in der Umkehrrichtung ist sehr stark eingegrenzt
und die mögliche Fördermenge unterscheidet sich von der Vorzugsrichtung. In den Patentschriften
DE 42 23 019 und DE 44 22 743 sind dynamische Mikropumpen ohne mechanische Ventile
enthalten, die auf Basis gerichteter Strömungswiderstände arbeiten und eine festgelegte
Strömungsrichtung aufweisen.
/1/ Prof. Dr. I Ruge, Dr. P. Woias, S. Kluge: Mikro-Membranpumpe (Informations-u.
Datenblatt); Fraunhofer Institut Festkörpertechnologie
[0005] Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, mit einer geringen Anzahl von Funktionselementen
eine leicht reproduzierbare miniaturisierte Pumpeinrichtung zu schaffen, die mit einfachem
Steueraufwand einen in beide Richtungen in weiten Grenzen variablen Fluidstrom erzeugt
und sich durch sehr geringe Abmessungen auszeichnet.
[0006] Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einer miniaturisierten Anordnung von einer Membranpumpe
und zwei angeschlossenen Strömungskanälen derart, daß sich infolge der Anregung mit
speziellen Impulsen in den Strömungskanälen zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche
Widerstandsverhältnisse ausbilden.
[0007] Die Erfindung wird nachstehend an einem konkreten Ausführungsbeispiel näher erläutert.
[0008] Es zeigen:
- Figur 1 -
- Schnittdarstellung der Pumpanordnung
- Figur 2 -
- Darstellung der Kanalgeometrie
- Figur 3 -
- Widerstandsverlauf eines Strömungswiderstandes in Abhängigkeit von der Flußgeschwindigkeit
- Figur 4 -
- Volumenströme und Kammervolumen beim Pumpvorgang
- Figur 5 -
- Volumenströme und Kammervolumen beim Pumpvorgang in Gegenrichtung
[0009] Im beschriebenen Ausführungsbeispiel wird in einen (100) orientierten Si-Wafer 1
durch anisotropes Ätzen eine Struktur eingebracht, die zusammen mit einer durch anodisches
Bonden aufgebrachten Glasdeckschicht 2 eine Anordnung von Pumpkammer 4 und Kanälen
7,8 ergibt (Fig. 1).
Die Pumpkammer verwendet als Antriebsmembran ein Piezo-Bimorph-System, das durch Aufbringen
einer Piezoplatte oder Piezoschicht 3 auf Glasdeckschicht oder Kammerboden gebildet
wird. Zwischen Piezoaktor 3 und Glasdeckschicht 2 befindet sich eine Metallisierung
6 und auf dem Piezoaktor 3 eine weitere Metallisierung 5 zur elektrischen Kontaktierung
des Aktors 3 (Fig. 2).
Die Pumpkammer 4 ist rechteckig mit trapezförmigem Querschnitt. Unmittelbar vor und
hinter der Pumpkammer befinden sich Kanäle 7,8 mit dreieckigem oder oder trapezförmigem
Querschnitt unterschiedlicher Querschnittsfläche, die bezüglich der Strömungsgeschwindigkeit
einen nichtlinearen Strömungswiderstand darstellen.
[0010] Die Funktionsweise der bidirektionalen dynamischen Mikropumpe beruht darauf, daß
in den Kanälen der Pumpstruktur bis zu einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit laminare
Strömungen mit definierten Strömungswiderständen vorherrschen und daß beim Überschreiten
dieser Strömungsgeschwindigkeit der Umschlag von laminarer zu turbulenter Strömung
erfolgt (Fig. 3). Daraus resultiert eine Erhöhung des Strömungswiderstandes von R
l auf R
t im betroffenen Kanal.
[0011] Erfindungsgemäß wird dieser Effekt genutzt, indem für die Kanäle 7 und 8 unterschiedliche
Geometrien gewählt werden (d.h. Kanal 7 besitzt im Verhältnis zum Kanal 8 einen deutlich
geringeren Querschnitt und damit eine höhere Strömungsgeschwindigkeit, jedoch einen
vergleichbaren laminaren Strömungswiderstand R
l) und der Piezoaktor 3 der Pumpkammer 4 mit einer für die Pumprichtung charakteristischen
Im-pulsform beaufschlagt wird. Vereinfacht wird davon ausgegangen, daß die Volumenänderung
der Pumpkammer 4 linear zur am Piezoaktor 3 angelegten Spannung ist.
Pumpvorgang in Richtung Kanal 8 (Fig. 4):
[0012] Der Piezoaktor 3 wird mit einer Impulsflanke angeregt, die für das Zeitintervall
T
senk einen steilen negativen Anstieg besitzt (Fig. 4). Dadurch wird eine schnelle Volumenverringerung

in der Pumpkammer 3 verursacht, aus der eine hohe Fluidströmungsgeschwindigkeit

resultiert. Im Kanal 7 mit dem geringeren Querschnitt führt dieser Fluidstrom hoher
Geschwindigkeit zum Übergang zu turbulenter Strömung und demzufolge zu einem erhöhten
Strömungswiderstand R
t (Fig. 3). Die Erhöhung dieses Widerstandes betrage x mit x>1, dh.

.
Im Kanal 8 tritt wegen des größeren Querschnittes eine geringere Strömungsgeschwindigkeit
auf und der Übergang zu turbulenter Strömung und damit zu einem erhöhten Strömungswiderstand
wird nicht erreicht. Das aus der Pumpkammer verdrängte Volumen teilt sich im umgekehrten
Verhältnis der Strömungswiderstände auf die Kanäle 7 und 8 auf, d.h. der Anteil im
Kanal 7 beträgt

und der Anteil im Kanal b beträgt

.
[0013] Die Rückstellung des Piezoaktors 3 von V
min auf V
0 erfolgt mit einer Impulsflanke, die für das Zeitintervall T
hub einen flachen positiven Anstieg besitzt. Dadurch wird eine langsame Volumenerhöhung

in der Pumpkammer 3 verursacht, aus der eine niedrige Fluidströmungsgeschwindigkeit

resultiert. Sowohl in Kanal 7 als auch in Kanal 8 tritt demzufolge eine geringere
Strömungsgeschwindigkeit auf und der Übergang zu turbulenter Strömung und damit zu
einem erhöhten Strömungswiderstand wird in beiden Kanälen nicht erreicht. Das in die
Pumpkammer 3 einströmende Volumen teilt sich gleichmäßig auf die Kanäle 7 und 8 auf,
d.h. der Anteil im Kanal 7 beträgt

und der Anteil im Kanal 8 beträgt dementsprechend

.
[0014] Somit ist der Betrag der Fluidströme während der Senk- und Hubbewegung unterschiedlich,
d.h. über den gesamten Betrachtungszeitrum hinweg resultiert ein Fluidstrom in Richtung
Kanal 8.
Pumpvorgang in Richtung Kanal 7 (Fig. 5):
[0015] Der Pumpvorgang in Richtung Kanal 7 stellt sich dar als Umkehrung des Pumpvorgangs
in Richtung Kanal 8.
[0016] Der Piezoaktor 3 wird mit einer Impulsflanke angeregt, die für das Zeitintervall
T
senk einen flachen negativen Anstieg besitzt (Fig. 5). Dadurch wird eine langsame Volumenverringerung

in der Pumpkammer 3 verursacht, aus der eine niedrige Fluidströmungsgeschwindigkeit

resultiert. Sowohl in Kanal 7 als auch in Kanal 8 tritt demzufolge eine geringe Strömungsgeschwindigkeit
auf und der Übergang zu turbulenter Strömung und damit zu einem erhöhten Strömungswiderstand
wird in beiden Kanälen nicht erreicht. Das aus der Pumpkammer verdrängte Volumen teilt
sich gleichmäßig auf die Kanäle 7 und 8 auf, d.h. der Anteil im Kanal 7 beträgt

und der Anteil im Kanal 8 beträgt dementsprechend

.
[0017] Die Rückstellung des Piezoaktors 3 von V
min auf V
0 erfolgt mit einer Impulsflanke, die für das Zeitintervall T
hub einen steilen positiven Anstieg besitzt (Fig. 5). Dadurch wird eine schnelle Volumenerhöhung

in der Pumpkammer 3 verursacht, aus der eine hohe Fluidströmungsgeschwindigkeit

resultiert. Im Kanal 7 mit dem geringeren Querschnitt führt dieser Fluidstrom hoher
Geschwindigkeit zum Übergang zu turbulenter Strömung und demzufolge zu einem erhöhten
Strömungswiderstand R
t (Fig. 3). Die Erhöhung dieses Widerstandes beträgt x mit x>1, dh.

(s.o.). Im Kanal 8 tritt wegen des größeren Querschnittes eine geringere Strömungsgeschwindigkeit
auf und der Übergang zu turbulenter Strömung und damit zu einem erhöhten Strömungswiderstand
wird nicht erreicht Das in die Pumpkammer einströmende Volumen teilt sich im umgekehrten
Verhältnis der Strömungswiderstände auf die Kanäle 7 und 8 auf, d.h. der Anteil im
Kanal 7 beträgt

und der Anteil im Kanal 8 beträgt

.
[0018] Somit ist der Betrag der Fluidströme wärend der Senk- und Hubbewegung unterschiedlich,
d.h. über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg resultiert ein Fluidstrom in Richtung
Kanal 7.
[0019] Die Fördermenge ergibt sich aus der Differenz von Hub- und Senkstrom und kann durch
Variation der Ansteueramplitude und der Impulsfolgefrequenz sehr flexibel in beide
Pumprichtungen gesteuert werden.
Der Wirkungsgrad der beschriebenen Anordnung (d.b. das Verhältnis von Fördermenge
zu Volumenverdrängung) steigt mit dem erreichten Verhältnis von R
t zu R
l, also mit dem Betrag des Wertes x.
[0020] Ein Optimum der Fördermenge bei bekanntem Widerstandsverhältnis x (turbulent/laminar)
kann erreicht werden, wenn der laminare Strömungswiderstand der Kanäle 7 und 8 nicht
wie oben beschrieben gleich ist, sondern wenn das laminare Widerstandsverhältnis des
Kanals 8 (bei dem kein Strömungsumschlag und somit keineWiderstandserhöhung verursacht
wird) zum Kanal 7 den Betrag der Wurzel aus der Widerstandsänderung im Kanal 7 annimmt,
d.h.

mit

und

.
- (Hierbei sind:
- * R8l - der laminare Widerstand des Kanals 8,
* R7l - der laminare Widerstand des Kanals 7,
* R7t - der turbulente Widerstand des Kanals 7.)
1. Bidirektionale dynamische Mikropumpe für kleine und kleinste Flüssigkeitsmengen mit
Pumpkammer und zwei unterschiedlichen Kanälen dadurch gekennzeichnet, daß die Kanäle (7 und 8) unterschiedliche Querschnittsform oder -fläche oder unterschiedliche
Länge oder eine Kombination daraus aufweisen, nichtlineare ungerichtete Stömungswiderstände
unterschiedlicher Charakteristik darstellen und deren variable Fluidströme zwischen
laminarer und turbulenter Strömung mit geeigneten an den Aktor (3) angelegten Impulsen
mit unsymmetrischer Flankensteilheit richtungsabhängig gesteuert werden.
2. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß die Struktur durch anisotropes Ätzen in einen Si-Wafer (1) eingebracht, mit
einer Abdeckung verschlossen und mit einem Piezoaktor (3) versehen ist.
3. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, daß dieser Impuls während mindestens eines Zeitraumes einer Periode eine Flankensteilheit
aufweist, die in diesem Zeitraum in einem der Kanäle eine turbulente Strömung hervorruft.
4. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 bis 3 dadurch gekennzeichnet, daß als einfachste Form des Impulses ein Sägezahn mit einer steilen und einer flachen
Flanke geeignet ist.
5. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 bis 4 dadurch gekennzeichnet, daß durch Vertauschen der Steilheit der Anstiegs- und Abfallflanke des Impulses
eine Richtungsumkehr hervorgerufen wird.
6. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 bis 5 dadurch gekennzeichnet, daß der Arbeitsbereich bezüglich Frequenz und Amplitude des Ansteuersignals für
beide Pumprichtungen gleich ist.
7. Bidirektionale dynamische Mikropumpe nach Anspruch 1 bis 7 dadurch gekennzeichnet, daß die Steilheit der Anstiegsflanke des Ansteuersignals das den Wirkungsgrad festlegende
Verhältnis zwischen turbulentem und laminarem Strömungswiderstand bestimmt.