(19)
(11) EP 0 846 866 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.06.1998  Patentblatt  1998/24

(21) Anmeldenummer: 97120808.7

(22) Anmeldetag:  27.11.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F04D 17/12, F04D 23/00, F04D 29/58
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 07.12.1996 DE 19650910

(71) Anmelder: GHH BORSIG Turbomaschinen GmbH
46145 Oberhausen (DE)

(72) Erfinder:
  • Janson, Gerd, Dr.-Ing.
    46149 Oberhausen (DE)

   


(54) Verdichter für Gase mit Schwefelwasserstoffanteilen


(57) Die Erfindung betrifft einen Prozeßgasverdichter zum stufenweisen Verdichten von Prozeßgasen mit erhöhten Schwefelwasserstoff-(H2S)-Anteilen mit einem H2S-unkritischen und mit einem H2S-kritischen Bereich, in dessen Gehäuse (5) auf einer Welle (1) Laufräder (3) und (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) und nach der Kühlung (6) Laufräder (2) mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind, wobei die Laufräder (3) und (2) jeweils mit einer Deckscheibe (4) versehen sind.
Der Übergang vom nichtkritischen H2S-Gebiet auf das kritische H2S-Gebiet erfolgt nach dem Ausgang des ersten oder zweiten links auf der Welle angeordneten größeren Laufrades (3). Danach ist ein weiteres Laufrad (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) angeordnet, das bereits im kritischen H2S-Gebiet liegt.
Das vorverdichtete Prozeßgas wird anschließend einer Kühlung (6) zugeführt, bevor es an der zweiten Gaseintrittsstufe (8) wieder in die Laufräder (2) im kritischen H2S-Gebiet des Prozeßgasverdichters eintritt und dieses am Gasaustritt (9) verläßt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen Verdichter, insbesondere Turboverdichter, zum stufenweisen Verdichten von Prozeßgasen mit erhöhten Schwefelwasserstoff-(H2S)-Anteilen mit mindestens einem im H2S-unkritischen Bereich nach links in Strömungsrichtung des Prozeßgases angeordnetem Laufrad und mit mindestens einem im H2S-kritischen Bereich mit nach links sowie nach einer externen Zwischenkühlung mit nach rechts angeordnetem Laufrad sowie in einer alternativen Ausführung einen Verdichter mit gleicher Strömungsrichtung und ohne externe Zwischenkühlung.

[0002] Bei diesen Prozeßgasen handelt es sich um kohlenwasserstoffhaltige C- oder CH-Gase. Man bezeichnet diese Gase auch als Wetgase (engl.), Sauergase oder Schwefel-Wasserstoffgase.

[0003] Diese Turboverdichter werden beispielsweise in Chemie-Werken oder Raffinerien, u. a. in FCC-Prozessen, verwendet.

[0004] Für Turboverdichter, die Gase mit Schwefelwasserstoffanteilen verdichten, findet die Richtlinie NACE Standard MR0175 Anwendung. Diese Richtlinie besagt, daß die Materialstreckgrenze und damit auch die Umfangsgeschwindigkeit eines Verdichterrades einen festgelegten Grenzwert nicht überschreiten dürfen, wenn eine von dieser Richtlinie festgelegte Kombination aus Druck des Gases und Schwefelwasserstoffkonzentration im Gas überschritten werden.

[0005] Die Gaszusammensetzung ist in allen Rädern des Verdichters etwa gleich. Der Druck des Gases erhöht sich in jedem Verdichterrad, wobei nach dem letzten Rad der Enddruck erreicht wird.

[0006] Findet die genannte Richtlinie für ein beliebiges Rad eines Turboverdichters Anwendung, so werden in bekannter Weise alle Räder des Verdichters nach dieser Richtlinie ausgelegt.

[0007] Wird die Richtlinie auf alle Räder eines Turboverdichters angewendet, obwohl sie z. B. für das erste Rad nicht gilt, so haben alle Räder des Turboverdichters eine festgelegte maximale Umfangsgeschwindigkeit von z. B. 260 m/s.

[0008] Bekannt sind Verdichter für "Wetgase" und ähnliche Gase der Anmelderin mit z. B. drei in Strömungsrichtung nach links und drei in Strömungsrichtung nach rechts angeordneten Laufrädern. Das zu verdichtende Prozeßgas tritt am Gehäuse links ein, wird in den Laufrädern links, zunächst im nichtkritischen H2S-Bereich, danach im kritischen H2S-Bereich verdichtet und dann außerhalb des Verdichters zwischengekühlt. Das Prozeßgas tritt dann rechts des Gehäuses in den Verdichter ein, wird rechts im kritischen H2S-Bereich verdichtet und tritt mittig aus dem Verdichter aus.

[0009] Die Laufradanzahl auf der Verdichterwelle links und rechts wird von den äußeren Prozeßbedingungen bestimmt. Alle Laufräder unterschreiten die höchstzulässige Umfangsgeschwindigkeit, die aus der für H2S-Bedingungen abgesenkten Streckgrenze des Laufradwerkstoffs resultiert.

[0010] Wenn nach der genannten Richtlinie bei einem definierten Anteil von Schwefelwasserstoff im Prozeßgas ein definierter Wert des Drucks nicht überschritten wird, so findet der Inhalt dieser Richtlinie keine Anwendung.

[0011] Aufgabe der Erfindung ist es daher, diese Richtlinie nicht wie bisher auf alle Räder eines Verdichtes anzuwenden, wenn die Bedingungen der Richtlinie für mindestens ein Rad erfüllt sind, sondern die Richtlinie nur auf die Verdichterräder anzuwenden, für die diese Bedingungen gelten und nicht auf die Räder anzuwenden, für die diese Bedingungen nicht gelten.

[0012] Die Lösung der Aufgabe erfolgt entsprechend den kennzeichnenden Merkmalen von Anspruches 1 und alternativ von Anspruch 8. Die Unteransprüche stellen eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung dar.

[0013] Wird diese Richtlinie nun z. B. für das erste Rad des Turboverdichters, für das sie nicht gilt, auch nicht angewendet, so kann die Umfangsgeschwindigkeit dieses Verdichterrades größer sein als die der übrigen auf der Verdichterwelle angeordneten Laufräder (d. h. z. B. größer als 260 m/s). Dies kann je nach weiteren Randbedingungen des Verdichtungsprozesses erfindungsgemäß zu einer Verkleinerung der Verdichterbaugröße und zu einer Reduktion der Anzahl der Verdichterräder führen.

[0014] Erfindungsgemäß weist die Gas-Eingangsseite der ersten Druckstufe des Verdichters ein Verdichterlaufrad weniger auf als die zweite Druckstufe nach Kühlung und Umkehr der Strömungsrichtung.

[0015] Da das erste Laufrad im nicht kritischen H2S-Gebiet liegt, kann die Umfangsgeschwindigkeit erhöht werden, denn die Streckgrenze des Laufradwerkstoffs des ersten Rades der ersten Druckstufe muß nicht auf dem H2S-Grenzwert abgesenkt werden.

[0016] Die Erhöhung der Umfangsgeschwindigkeit erfolgt durch Erhöhung des Raddurchmessers bei gleicher Drehzahl. Die beiden Räder der ersten Druckstufe führen so zu derselben Druckerhöhung wie die drei Räder der zweiten Druckstufe. Die Räder der zweiten Druckstufe im kritischen H2S-Gebiet bleiben unverändert.

[0017] In einer alternativen Ausführung wird ein Verdichter mit gleicher Strömungsrichtung der zu verdichtenden Prozeßgase und ohne externe Zwischenkühlung geschaffen.

[0018] Durch Einsparung eines Laufrades stellt sich gegenüber der bekannten Ausführung ein kommerzieller Vorteil dar. Hinzu kommt, daß das erste Laufrad der ersten Druckstufe, d. h. das Laufrad im H2S-nichtkritischen Bereich, mit oder ohne Deckscheibe ausgeführt werden kann, während alle anderen Laufräder mit einer Deckscheibe ausgerüstet werden müssen.

[0019] Der Stand der Technik und die Erfindung wird anhand von schematischen Ausführungsbeispielen näher erläutert.

[0020] Es zeigen:
Fig. 1
einen Schnitt durch einen Prozeßgasverdichter nach dem Stand der Technik,
Fig. 2
einen Schnitt durch einen erfindungsgemäßen Prozeßgasverdichter,
Fig. 3
einen Schnitt durch einen erfindungsgemäßen Prozeßgasverdichter mit den gleichen Prozeßdaten wie der Verdichter nach Fig. 2.


[0021] Fig. 1 zeigt einen Schnitt durch einen Prozeßgasverdichter mit Gehäuse (5) nach dem Stand der Technik.

[0022] Der Verdichter ist mit drei nach links und drei nach rechts auf der Welle (1) angeordneten Laufrädern (2) mit Deckscheibe (4) ausgerüstet. Der Übergang vom nichtkritischen H2S-Gebiet auf das kritische H2S-Gebiet erfolgt nach dem Ausgang des ersten links auf der Welle (1) angeordnetem Laufrades (2). Das zu verdichtende H2S-haltige Prozeßgas tritt am Gaseintritt (7) der ersten Stufe ein, wird in den Rädern (2) auf der linken Seite des Prozeßgasverdichters verdichtet, dann in einer Kühlvorrichtung (6) bzw. Wärmetauscher außerhalb des Verdichters zwischengekühlt. Das Prozeßgas tritt am Gehäuse (5) rechts an der zweiten Gaseintrittsstufe (8) in den Verdichter ein, wird in einer links laufenden Strömungsrichtung verdichtet und tritt am Gasaustritt (9) aus dem Verdichter aus. Die Laufradanzahl (2) links und rechts wird von den äußeren Prozeßbedingungen bestimmt.

[0023] Alle Laufräder (2) unterschreiten die höchstzulässige Umfangsgeschwindigkeit, die aus der für H2S-Bedingungen abgesenkten Streckgrenze des Laufradwerkstoffs resultiert.

[0024] Fig. 2 zeigt einen Schnitt durch einen erfindungsgemäßen Prozeßgasverdichter, in dessen Gehäuse (5) auf einer Welle (1) zwei Laufräder (3) und (2) mit Deckscheiben (4) mit rechter Strömungsrichtung (7) und nach der Kühlung (6) drei Laufräder (2) mit Deckscheiben (4) mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind.

[0025] Der Übergang vom nichtkritischen H2S-Gebiet auf das kritische H2S-Gebiet erfolgt nach dem Ausgang des ersten links auf der Welle angeordneten größeren Laufrades (3). Danach ist ein weiteres Laufrad (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) angeordnet, das bereits im kritischen H2S-Gebiet liegt.

[0026] Das vorverdichtete Prozeßgas wird anschließend einer Kühlung (6) zugeführt, bevor es an der zweiten Gaseintrittsstufe (8) wieder in die Laufräder (2) des Prozeßgasverdichters eintritt und dieses am Gasaustritt (9) verläßt.

[0027] Da das erste Laufrad (3) links nicht im H2S-Gebiet liegt, kann die Umfangsgeschwindigkeit dieses Rades (3) durch Vergrößerung des Durchmessers erhöht werden, denn die Streckgrenze des Laufradwerkstoffs dieses Laufrades (3) muß nicht auf dem H2S-Grenzwert abgesenkt werden.

[0028] Die beiden Laufräder (3) und (2) führen so zu derselben Druckerhöhung wie die drei Laufräder (2) mit linker Strömungsrichtung. Die Laufräder (2) rechts auf der Welle (1) bleiben unverändert und entsprechen der Ausführung von Fig. 1.

[0029] Fig. 3 zeigt einen Schnitt durch einen erfindungsgemäßen Prozeßgasverdichter im gleichen Maßstab wie Fig. 2 und mit der gleichen Verdichterleistung.

[0030] Die Ausführung erfolgt analog wie Fig. 2, aber die Laufräder (3) und (2) haben einen um eine Baugröße verkleinerten Raddurchmesser und das Gehäuse (5) ist analog eine Baugröße kleiner. Laufrad (3) wird bei diesem Beispiel ohne Deckscheibe (4), die Laufräder (2) sind in jeder Strömungsrichtung mit Deckscheibe (4) ausgeführt.

[0031] Um die vorgegebene Druckerhöhung zu erzielen, muß die Umfangsgeschwindigkeit der Laufräder (3) und (2) auf der Verdichterwelle (1) unverändert bleiben. Sie bleibt damit für alle Laufräder (2) außer dem linken Laufrad (3), das im nichtkritischen H2S-Gebiet liegt, unter der H2S-Grenze.

[0032] Die konstante Umfangsgeschwindigkeit wird mit Laufrädern (3) und (2) kleinerem Durchmessers durch Erhöhung der Drehzahl erzielt.

Bezugsziffernliste:



[0033] 
1
Welle
2
Laufrad kleineren Durchmessers
3
Laufrad größeren Durchmessers
4
Deckscheibe
5
Gehäuse
6
Kühlung
7
Gaseintritt, rechte Strömungsrichtung
8
Gaseintritt, linke Strömungsrichtung
9
Gasaustritt



Ansprüche

1. Verdichter, insbesondere Turboverdichter, zum stufenweisen Verdichten von Prozeßgasen mit erhöhten Schwefelwasserstoff-(H2S)-Anteilen mit mindestens einem im H2S-unkritischen Bereich nach links in Strömungsrichtung des Prozeßgases angeordnetem Laufrad mit Deckscheibe und mit mindestens einem im H2S-kritischen Bereich nach links sowie nach einer externen Zwischenkühlung mit nach rechts angeordnetem Laufrad mit Deckscheibe,
dadurch gekennzeichnet,

- daß im H2S-unkritischen Bereich der Raddurchmesser (die Umfangsgeschwindigkeit) mindestens eines Laufrades (3) bei gleicher Drehzahl erhöht,

- daß die Streckgrenze des Laufradwerkstoffes vom Laufrad (3) nicht auf den H2S-kritischen Grenzwert abgesenkt wird und

- daß im H2S-kritischen Bereich mindestens ein Laufrad (2) mit einem gegenüber dem ersten Laufrad (3) kleineren Raddurchmesser (Umfangsgeschwindigkeit) und einem Werkstoff mit abgesenkter Streckgrenze angeordnet ist.


 
2. Verdichter nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Laufrad (3) im H2S-unkritischen Bereich auf einer Welle (1) ohne Deckscheibe (4) angeordnet ist.
 
3. Verdichter nach Anspruch 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine externe Kühlung (6) des Prozeßgases nach den Laufrädern (3, 2) mit rechter Strömungsrichtung (7) erfolgt.
 
4. Verdichter nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß auf der Verdichterwelle (1) ein Laufrad (3) und ein Laufrad (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) und drei oder zwei Laufräder (2) mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind.
 
5. Verdichter nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß auf der Verdichterwelle (1) zwei Laufräder (3) mit rechter Strömungsrichtung (7) und zwei oder drei Laufräder (2) mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind.
 
6. Verdichter nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß auf der Verdichterwelle (1) ein Laufrad (3) und zwei Laufräder (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) und drei oder vier Laufräder (2) mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind.
 
7. Verdichter nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß auf der Verdichterwelle (1) zwei Laufräder (3) und ein Laufrad (2) mit rechter Strömungsrichtung (7) und drei oder vier Laufräder mit linker Strömungsrichtung (8) angeordnet sind.
 
8. Verdichter, insbesondere Turboverdichter, zum stufenweisen Verdichten von Prozeßgasen mit erhöhten Schwefelwasserstoff-(H2S)-Anteilen mit mindestens einem im H2S-unkritischen Bereich angeordnetem Laufrad mit Deckscheibe, mit mindestens einem im H2S-kritischen Bereich angeordnetem Laufrad mit Deckscheibe und gleicher Strömungsrichtung,
dadurch gekennzeichnet,

- daß im H2S-unkritischen Bereich der Raddurchmesser (die Umfangsgeschwindigkeit) mindestens eines Laufrades (3) bei gleicher Drehzahl erhöht,

- daß die Streckgrenze des Laufradwerkstoffes vom Laufrad (3) nicht auf den H2S-kritischen Grenzwert abgesenkt wird und

- daß im H2S-kritischen Bereich mindestens ein Laufrad (2) mit einem gegenüber dem ersten Laufrad (3) kleineren Raddurchmesser (Umfangsgeschwindigkeit) und einem Werkstoff mit abgesenkter Streckgrenze angeordnet ist.


 
9. Verdichter nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Laufrad (3) im H2S-unkritischen Bereich auf einer Welle (1) ohne Deckscheibe (4) angeordnet ist.
 




Zeichnung