(19)
(11) EP 0 848 070 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(88) Veröffentlichungstag A3:
17.06.1998  Patentblatt  1998/25

(43) Veröffentlichungstag:
17.06.1998  Patentblatt  1998/25

(21) Anmeldenummer: 97116610.3

(22) Anmeldetag:  24.09.1997
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C22C 5/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV RO SI

(30) Priorität: 13.12.1996 DE 19651850

(71) Anmelder: Degussa Aktiengesellschaft
60311 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Poniatowski, Manfred, Dr.
    63486 Bruchköbel (DE)
  • Reber, Gerhard
    63571 Gelnhausen 2 (DE)
  • Zeuner, Stefan
    61381 Friedrichsdorf (DE)

   


(54) Warmfester Platinwerkstoff


(57) Warmfeste Platinwerkstoffe mit mehr als 99,5 Gew.% Platin, die eine sehr hohe Zeitstandfestigkeit bei hohen Temperaturen aufweisen, enthalten 0,1 bis 0,4 Gew.% Hafnium und 0,1 bis 0,4 Gew.% Yttrium und/oder Lanthan und/oder Gadolinium.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen warmfesten Platinwerkstoff, der mehr als 99,5 Gew.% Platin und Seltene Erden enthält.

[0002] Warmfeste Platinwerkstoffe sind für viele Verwendungszwecke in der Industrie und im Labor einsetzbar, wo besondere Anforderungen an die mechanische, thermische und chemische Beständigkeit bestehen. Ein spezieller Einsatzbereich ist die Glasschmelztechnik, wo sich Platinschmelztiegel und -Konstruktionsteile in steigendem Maße für die Herstellung hochreiner und homogener optischer Gläser für Flachbildschirme, Fernsehröhren, PC-Monitoren und Glasfasern bewähren.

[0003] Es sind verschiedene technische Lösungen bekannt geworden, um die Hochtemperaturfestigkeit von Platin im Langzeiteinsatz zu steigern. Die effizienteste Methode beruht auf der Dispersionshärtung, der gleichmäßigen Verteilung einer geringen Menge von thermisch stabilen, harten und im Matrixmetall nicht löslichen Partikeln mit Teilchengrößen < 50 nm. Dispersionen dieser Art behindern die Versetzungsbewegung im Gitter und damit eine makroskopische Verformung bei langen Belastungsdauern und hohen Temperaturen. Sie verhindern so den vorzeitigen Materialausfall durch Grobkornbildung und viskose Kornabgleitung.

[0004] Zur Herstellung dieser Werkstoffe werden verschiedene Varianten der Pulvermetallurgie genutzt, die jedoch grundsätzlich aufwendig sind und im Hinblick auf verschiedene Einsatzanforderungen nicht immer angewendet werden können.

[0005] Es sind auch Herstellwege beschritten worden, die auf der konventionellen Schmelzmetallurgie beruhen und mit legierungstechnischen Maßnahmen versuchen, eine Korngrößenstabilisierung und Gefügeverfestigung zu erreichen. Grundsätzlich nutzt man dabei eine Kombination der Mechanismen Ausscheidungshärtung (Dispersionsverfestigung durch arteigene, jedoch thermisch nicht stabile Partikel), Mischkristallhärtung und Korngrenzen-Segregationen.

[0006] So ist z.B. bekannt, daß Zusätze geringer Mengen Bor zu Platin/Zirkoniumlegierungen zu derartigen kornstabilisierten Werkstoffen mit erhöhter Zeitstandfestigkeit führen (DE-OS 195 31 342). Eine Legierung von Platin mit 0,21 Gew.% Zirkonium und 0,009 Gew.% Bor erreicht danach bei 1300°C eine 100 h - Zeitstandfestigkeit von 4,3 MPa, während sie ohne den Bor-Zusatz nur eine Zeitstandfestigkeit von 2,2 MPa erreicht (reines Platin unter gleichen Bedingungen nur 1,8 MPa).

[0007] Aus Untersuchungen an Legierungen aus Platin mit Selten-Erd-Metallen ist bekannt geworden, daß Festigkeitssteigerungen erreicht werden können, die jedoch durch die sehr begrenzte Löslichkeit dieser Elemente in Platin nicht voll nutzbar sind. Bereits bei der Erstarrung entstehen gröbere intermetallische Ausscheidungen, die festigkeitsmäßig kaum wirksam sind.

[0008] An anderer Stelle (Platinum Metals Review, 1995 (39), 167-171) wird über warmfeste Platin-Werkstoffe auf der Grundlage einer synergetischen Wirkung von Zirkonium und Yttrium-Zusätzen berichtet. Als härtende Phase wird eine Yttrium-Zirkonium-Verbindung vermutet. Diese Werkstoffe zeigen jedoch noch keine optimalen Eigenschaften in bezug auf Hochtemperaturbeständigkeit.

[0009] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen warmfesten Platinwerkstoff zu entwickeln, der mehr als 99,5 Gew.% Platin und Seltene Erden enthält, der eine möglichst hohe Zeitstandfestigkeit und ein geringes Kornwachstum bei hohen Temperaturen aufweist und leicht schmelzmetallurgisch hergestellt werden kann.

[0010] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Werkstoff 0,1 bis 0,4 Gew.% Hafnium und insgesamt 0,1 bis 0,4 Gew.% Yttrium und/oder Lanthan und/oder Gadolinium, Rest mindestens 99,5 Gew.% Platin enthält.

[0011] Vorzugsweise enthält der Werkstoff neben mindestens 99,5 Gew.% Platin 0,2 bis 0,4 Gew.% Hafnium und insgesamt 0,15 bis 0,3 Gew.% Yttrium und/oder Lanthan und/oder Gadolinium.

[0012] Die Wirkungsweise des Zusatzes Hafnium beruht auf einer Mischkristallverfestigung des Platin und einer Erhöhung der Löslichkeitsgrenze für die Elemente Yttrium, Gadolinium und Lanthan. Konzentrationen unter 0,1 Gew.% zeigen in dieser Hinsicht keine merkliche Auswirkung, Zusätze von mehr als 0,4 Gew.% Hafnium (in Verbindung mit den weiteren ternären Zusätzen) verschlechtern die gewünschten Eigenschaften.

[0013] Die Ausscheidungshärtung beruht auf der Bildung stabiler intermetallischer Phasen, wie YPt3, YPt5, GdPt5, GdPt2, LaPt5, LaPt2, HfPt3 und HfPt5. Dabei hat sich gezeigt, daß bei Konzentrationen >0,4 Gew.% Hafnium die Löslichkeit im festen Zustand deutlich überschritten ist und diese Phasen bereits bei der Erstarrung als relativ grobe Partikel (>10 µm) auftreten. Diese beeinflussen die Zeitstandfestigkeit deutlich negativ. Zusatzmengen <0,1 Gew.% bewirken einen deutlich niedrigeren Volumenanteil an Ausscheidungsphase und somit ebenfalls einen unerwünschten Festigkeitsabfall.

[0014] Es hat sich gezeigt, daß eine deutliche Kombinationswirkung der Legierungselemente besteht, d.h. nur in Verbindung mit Hafnium als zweitem Matrixmetall führen die Legierungszusätze an Yttrium Gadolinium und Lanthan zu den beschriebenen Effekten. Entsprechende Konzentrationen der Einzelelemente (Yttrium, Hafnium, Gadolinium und Lanthan) führen nicht zu den Ergebnissen, die mit den ternären Legierungen erreicht werden.

[0015] Überraschenderweise erzielt man mit dem Zusatz von Hafnium bessere Werte in bezug auf die Zeitstandfestigkeit bei 1200°C als mit den gleichen Mengen des bekannten Zusatzelements Zirkonium bei sonst gleichen Gehalten an Seltenen Erden. Es hat sich herausgestellt, daß die intermetallischen Phasen des Hafnium mit Platin und Seltenen Erden stabiler sind als die des Zirkoniums und daß Hafnium dem Platin eine höhere Grundfestigkeit verleiht.

[0016] Zur Herstellung des Werkstoffes geht man vorzugsweise von Vorlegierungen mit dem Grundmaterial Platin aus, um die geringen Wirkmetallzusätze möglichst genau einstellen zu können. In diesem Sinne werden für die Ausführungsbeispiele Vorlegierungen gemäß Tabelle 1 hergestellt.

[0017] Folgende Beispiele sollen die Erfindung enäher erläutern:

1. 1000 g reines Platin, 150 g der Vorlegierung PtHf3 (Nr.F) und 45 g der Vorlegierung PtY2,6 (Nr.G) wurden in einem Vakuuminduktionschmelzofen in einem Zirkoniumoxid-Tiegel unter Argon bei ca. 200 mbar Druck erschmolzen und zu einem kleinen Barren in eine Kupferkokille vergossen (ca. 50 x 30 x 15 mm Abmessung). Der Gußbarren wurde zur Homogenisierung 8 Stunden bei 1200°C an Luft geglüht und mit Wasser abgeschreckt. Anschließend wurde die Gußoberfläche durch Abfräsen von je ca. 1,0 mm Dicke entfernt und aus dem Barren durch Kaltwalzen ein Blech von 0,5 mm Dicke hergestellt. Nach einer Schlußglühung (0,5 h, 1000°C) wurden die in der Tabelle 2 angegebenen Eigenschaftswerte ermittelt. Die Sollzusammensetzung der Legierung beträgt PtHf/Y 0,38/0,10%.

2. 1000 g reines Platin/95 g der Vorlegierung PtHf3 (Nr. F) und 90 g der Vorlegierung PtY 2,6 (Nr. G) wurden in gleicher Weise wie in Beispiel 1 hergestellt und zu Blech verarbeitet. Die Materialkennwerte sind ebenfalls in der Tabelle 2 angegeben. Die Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/Y 0,25/0,22 %.

3.bis 5.
Mit jeweils variierten Hf- und Y-Gehalten wurden in analoger Weise wie in den Beispielen 1 und 2 drei weitere Legierungen im System Pt-Hf-Y hergestellt und getestet. Die Ergebnisse sind ebenfalls in der Tabelle vermerkt. Die Legierung nach Beispiel 5 liegt im Hf-Gehalt außerhalb des erfindungsgemäßen Bereichs und zeigt daher geringere Warmfestigkeit.

6. 500 g reines Platin, 60 g der Vorlegierung PtHf3 und 6 g der Vorlegierung PtGd 19,2(A) wurden in einem Vakuuminduktionsschmelzofen in einem mit einer Gd203-Pulveraufschlämmung beschichteten Zr02-Tiegel unter Argon bei 1000 mbar geschmolzen und zu einem kleinen Barren in eine Kupferkokille vergossen (ca. 60x40x10mm). Der Gußkörper wurde weiterbehandelt wie in 1 und 2 beschrieben, Materialproben dann den gleichen Festigkeitsuntersuchungen unterworfen, Ergebnisse siehe Tabelle 2. Die Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/Gd 0,32/0,20 %.

7. 500 g reines Platin, 60 g Vorlegierung PtHf3 und 6 g der Vorlegierung PtLa 19,6 (B) wurden in gleicher Weise wie in Beispiel 6 hergestellt und gemäß den Angaben in den Beispielen 1 und 2 zu Testmaterial von 0,5 mm Dicke weiterverarbeitet, die Ergebnisse zeigt die Tabelle 2. Die Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/La 0,32/0,17 %.



[0018] Zum Vergleich werden in der Tabelle 2 die Eigenschaftswerte einiger bekannter warmfester Platinwerkstoffe gemäß Stand der Technik angeführt (8 bis 14). Besonders interessant ist ein Vergleich der Beispiele 2 und 13. Diese unterscheiden sich nur dadurch, daß die Legierung nach 2) 0,25 Gew.% Hafnium und die Legierung nach 13) anstatt Hafnium 0,25 Gew.% Zirkonium enthält. Die zirkoniumhaltige Platinlegierung hat eine wesentlich geringere Zeitstandfestigkeit als die hafniumhaltigen.
Tabelle 1
Vorlegierungen
Leg.-Nr. Zusammensetzung (Gew.% Schmelzverfahren
  nominell Analyse 1)  
A PtGd 20 PtGd 19,2 Lichtbogenofen; Atmosphäre Argon 1200 mbar; Knopfkokille, 3 x umgeschmolzen; gekühlte Cu-Kokille
B PtLa 20 PtLa 19,6
F PtHf3 PtHf 3,0 Elektronenstrahlschmelzofen, Atmosphäre 10-3 mbar; 3 x ungeschmolzen, gekühlte Cu-Rinne
G PtY3 PtY2,6  
1) ESA


[0019] 
Tabelle 2
Werkstoffkenndaten
Beispiele Zusammensetzung (Gew.% Zerreißfestigkeit bei Raumtemperatur Rm (RT) (MPa) Bruchdehnung A (RT)% Zeitstandfestigkeit bei 1200° Rm (Rm/100 h) (MPa)
1 PtHf 0,38 Y 0,10 400 21 13,5
2 PtHf 0,25 Y 0,22 405 20 12,0
3 PtHf 0,12 Y 0,50 420 17 10,0
4 PtHf 0,41 Y 0,18 412 17 14,0
5 PtHf 0,53 Y 0,06 400 22 8,0
6 PtHf 0,32 Gd 0,20 440 15 13,0
7 PtHf 0,32 La 0,17 400 21 12,5
8 PtY 0,58 515 17 9,5
9 PtHf 0,50 270 25 5,5
10 PtLa 0,51 405 17 6,0
11 PtGd 0,5 485 15 7,5
12 PtZr 0,23 B 0,009 315 26 6,0
13 PtZr 0,25 Y 0,22 330 26 8,0
14 Pt 99,9 140 40-50 2,0
*)gemessen nach Glühung 0,5 h, 1000°C, an Blechstreifen von 5 x 0,5 mm



Ansprüche

1. Warmfester Platinwerkstoff in Form einer ternären Legierung aus Platin und Übergangselementen,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung aus 0,1 bis 0,4 Gew.% Hafnium, 0,1 bis 0,4 Gew.% eines der Elemente Yttrium, Lanthan oder Gadolinium und im Rest aus mindestens 99,5 Gew.% Platin besteht.
 
2. Warmfester Platinwerkstoff nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung 0,2 bis 0,4 Gew.% Hafnium und 0,15 bis 0,30 Gew.% der Elemente Yttrium, Lanthan oder Gadolinium enthält.
 





Recherchenbericht