[0001] Die Erfindung betrifft einen warmfesten Platinwerkstoff, der mehr als 99,5 Gew.%
Platin und Seltene Erden enthält.
[0002] Warmfeste Platinwerkstoffe sind für viele Verwendungszwecke in der Industrie und
im Labor einsetzbar, wo besondere Anforderungen an die mechanische, thermische und
chemische Beständigkeit bestehen. Ein spezieller Einsatzbereich ist die Glasschmelztechnik,
wo sich Platinschmelztiegel und -Konstruktionsteile in steigendem Maße für die Herstellung
hochreiner und homogener optischer Gläser für Flachbildschirme, Fernsehröhren, PC-Monitoren
und Glasfasern bewähren.
[0003] Es sind verschiedene technische Lösungen bekannt geworden, um die Hochtemperaturfestigkeit
von Platin im Langzeiteinsatz zu steigern. Die effizienteste Methode beruht auf der
Dispersionshärtung, der gleichmäßigen Verteilung einer geringen Menge von thermisch
stabilen, harten und im Matrixmetall nicht löslichen Partikeln mit Teilchengrößen
< 50 nm. Dispersionen dieser Art behindern die Versetzungsbewegung im Gitter und damit
eine makroskopische Verformung bei langen Belastungsdauern und hohen Temperaturen.
Sie verhindern so den vorzeitigen Materialausfall durch Grobkornbildung und viskose
Kornabgleitung.
[0004] Zur Herstellung dieser Werkstoffe werden verschiedene Varianten der Pulvermetallurgie
genutzt, die jedoch grundsätzlich aufwendig sind und im Hinblick auf verschiedene
Einsatzanforderungen nicht immer angewendet werden können.
[0005] Es sind auch Herstellwege beschritten worden, die auf der konventionellen Schmelzmetallurgie
beruhen und mit legierungstechnischen Maßnahmen versuchen, eine Korngrößenstabilisierung
und Gefügeverfestigung zu erreichen. Grundsätzlich nutzt man dabei eine Kombination
der Mechanismen Ausscheidungshärtung (Dispersionsverfestigung durch arteigene, jedoch
thermisch nicht stabile Partikel), Mischkristallhärtung und Korngrenzen-Segregationen.
[0006] So ist z.B. bekannt, daß Zusätze geringer Mengen Bor zu Platin/Zirkoniumlegierungen
zu derartigen kornstabilisierten Werkstoffen mit erhöhter Zeitstandfestigkeit führen
(DE-OS 195 31 342). Eine Legierung von Platin mit 0,21 Gew.% Zirkonium und 0,009 Gew.%
Bor erreicht danach bei 1300°C eine 100 h - Zeitstandfestigkeit von 4,3 MPa, während
sie ohne den Bor-Zusatz nur eine Zeitstandfestigkeit von 2,2 MPa erreicht (reines
Platin unter gleichen Bedingungen nur 1,8 MPa).
[0007] Aus Untersuchungen an Legierungen aus Platin mit Selten-Erd-Metallen ist bekannt
geworden, daß Festigkeitssteigerungen erreicht werden können, die jedoch durch die
sehr begrenzte Löslichkeit dieser Elemente in Platin nicht voll nutzbar sind. Bereits
bei der Erstarrung entstehen gröbere intermetallische Ausscheidungen, die festigkeitsmäßig
kaum wirksam sind.
[0008] An anderer Stelle (Platinum Metals Review, 1995 (39), 167-171) wird über warmfeste
Platin-Werkstoffe auf der Grundlage einer synergetischen Wirkung von Zirkonium und
Yttrium-Zusätzen berichtet. Als härtende Phase wird eine Yttrium-Zirkonium-Verbindung
vermutet. Diese Werkstoffe zeigen jedoch noch keine optimalen Eigenschaften in bezug
auf Hochtemperaturbeständigkeit.
[0009] Es war daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen warmfesten Platinwerkstoff
zu entwickeln, der mehr als 99,5 Gew.% Platin und Seltene Erden enthält, der eine
möglichst hohe Zeitstandfestigkeit und ein geringes Kornwachstum bei hohen Temperaturen
aufweist und leicht schmelzmetallurgisch hergestellt werden kann.
[0010] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß der Werkstoff 0,1 bis 0,4
Gew.% Hafnium und insgesamt 0,1 bis 0,4 Gew.% Yttrium und/oder Lanthan und/oder Gadolinium,
Rest mindestens 99,5 Gew.% Platin enthält.
[0011] Vorzugsweise enthält der Werkstoff neben mindestens 99,5 Gew.% Platin 0,2 bis 0,4
Gew.% Hafnium und insgesamt 0,15 bis 0,3 Gew.% Yttrium und/oder Lanthan und/oder Gadolinium.
[0012] Die Wirkungsweise des Zusatzes Hafnium beruht auf einer Mischkristallverfestigung
des Platin und einer Erhöhung der Löslichkeitsgrenze für die Elemente Yttrium, Gadolinium
und Lanthan. Konzentrationen unter 0,1 Gew.% zeigen in dieser Hinsicht keine merkliche
Auswirkung, Zusätze von mehr als 0,4 Gew.% Hafnium (in Verbindung mit den weiteren
ternären Zusätzen) verschlechtern die gewünschten Eigenschaften.
[0013] Die Ausscheidungshärtung beruht auf der Bildung stabiler intermetallischer Phasen,
wie YPt
3, YPt
5, GdPt
5, GdPt
2, LaPt
5, LaPt
2, HfPt
3 und HfPt
5. Dabei hat sich gezeigt, daß bei Konzentrationen >0,4 Gew.% Hafnium die Löslichkeit
im festen Zustand deutlich überschritten ist und diese Phasen bereits bei der Erstarrung
als relativ grobe Partikel (>10 µm) auftreten. Diese beeinflussen die Zeitstandfestigkeit
deutlich negativ. Zusatzmengen <0,1 Gew.% bewirken einen deutlich niedrigeren Volumenanteil
an Ausscheidungsphase und somit ebenfalls einen unerwünschten Festigkeitsabfall.
[0014] Es hat sich gezeigt, daß eine deutliche Kombinationswirkung der Legierungselemente
besteht, d.h. nur in Verbindung mit Hafnium als zweitem Matrixmetall führen die Legierungszusätze
an Yttrium Gadolinium und Lanthan zu den beschriebenen Effekten. Entsprechende Konzentrationen
der Einzelelemente (Yttrium, Hafnium, Gadolinium und Lanthan) führen nicht zu den
Ergebnissen, die mit den ternären Legierungen erreicht werden.
[0015] Überraschenderweise erzielt man mit dem Zusatz von Hafnium bessere Werte in bezug
auf die Zeitstandfestigkeit bei 1200°C als mit den gleichen Mengen des bekannten Zusatzelements
Zirkonium bei sonst gleichen Gehalten an Seltenen Erden. Es hat sich herausgestellt,
daß die intermetallischen Phasen des Hafnium mit Platin und Seltenen Erden stabiler
sind als die des Zirkoniums und daß Hafnium dem Platin eine höhere Grundfestigkeit
verleiht.
[0016] Zur Herstellung des Werkstoffes geht man vorzugsweise von Vorlegierungen mit dem
Grundmaterial Platin aus, um die geringen Wirkmetallzusätze möglichst genau einstellen
zu können. In diesem Sinne werden für die Ausführungsbeispiele Vorlegierungen gemäß
Tabelle 1 hergestellt.
[0017] Folgende Beispiele sollen die Erfindung enäher erläutern:
1. 1000 g reines Platin, 150 g der Vorlegierung PtHf3 (Nr.F) und 45 g der Vorlegierung
PtY2,6 (Nr.G) wurden in einem Vakuuminduktionschmelzofen in einem Zirkoniumoxid-Tiegel
unter Argon bei ca. 200 mbar Druck erschmolzen und zu einem kleinen Barren in eine
Kupferkokille vergossen (ca. 50 x 30 x 15 mm Abmessung). Der Gußbarren wurde zur Homogenisierung
8 Stunden bei 1200°C an Luft geglüht und mit Wasser abgeschreckt. Anschließend wurde
die Gußoberfläche durch Abfräsen von je ca. 1,0 mm Dicke entfernt und aus dem Barren
durch Kaltwalzen ein Blech von 0,5 mm Dicke hergestellt. Nach einer Schlußglühung
(0,5 h, 1000°C) wurden die in der Tabelle 2 angegebenen Eigenschaftswerte ermittelt.
Die Sollzusammensetzung der Legierung beträgt PtHf/Y 0,38/0,10%.
2. 1000 g reines Platin/95 g der Vorlegierung PtHf3 (Nr. F) und 90 g der Vorlegierung
PtY 2,6 (Nr. G) wurden in gleicher Weise wie in Beispiel 1 hergestellt und zu Blech
verarbeitet. Die Materialkennwerte sind ebenfalls in der Tabelle 2 angegeben. Die
Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/Y 0,25/0,22 %.
3.bis 5.
Mit jeweils variierten Hf- und Y-Gehalten wurden in analoger Weise wie in den Beispielen
1 und 2 drei weitere Legierungen im System Pt-Hf-Y hergestellt und getestet. Die Ergebnisse
sind ebenfalls in der Tabelle vermerkt. Die Legierung nach Beispiel 5 liegt im Hf-Gehalt
außerhalb des erfindungsgemäßen Bereichs und zeigt daher geringere Warmfestigkeit.
6. 500 g reines Platin, 60 g der Vorlegierung PtHf3 und 6 g der Vorlegierung PtGd
19,2(A) wurden in einem Vakuuminduktionsschmelzofen in einem mit einer Gd203-Pulveraufschlämmung beschichteten Zr02-Tiegel unter Argon bei 1000 mbar geschmolzen und zu einem kleinen Barren in eine
Kupferkokille vergossen (ca. 60x40x10mm). Der Gußkörper wurde weiterbehandelt wie
in 1 und 2 beschrieben, Materialproben dann den gleichen Festigkeitsuntersuchungen
unterworfen, Ergebnisse siehe Tabelle 2. Die Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/Gd
0,32/0,20 %.
7. 500 g reines Platin, 60 g Vorlegierung PtHf3 und 6 g der Vorlegierung PtLa 19,6
(B) wurden in gleicher Weise wie in Beispiel 6 hergestellt und gemäß den Angaben in
den Beispielen 1 und 2 zu Testmaterial von 0,5 mm Dicke weiterverarbeitet, die Ergebnisse
zeigt die Tabelle 2. Die Soll-Zusammensetzung beträgt PtHf/La 0,32/0,17 %.
[0018] Zum Vergleich werden in der Tabelle 2 die Eigenschaftswerte einiger bekannter warmfester
Platinwerkstoffe gemäß Stand der Technik angeführt (8 bis 14). Besonders interessant
ist ein Vergleich der Beispiele 2 und 13. Diese unterscheiden sich nur dadurch, daß
die Legierung nach 2) 0,25 Gew.% Hafnium und die Legierung nach 13) anstatt Hafnium
0,25 Gew.% Zirkonium enthält. Die zirkoniumhaltige Platinlegierung hat eine wesentlich
geringere Zeitstandfestigkeit als die hafniumhaltigen.
Tabelle 1
| Vorlegierungen |
| Leg.-Nr. |
Zusammensetzung (Gew.% |
Schmelzverfahren |
| |
nominell |
Analyse 1) |
|
| A |
PtGd 20 |
PtGd 19,2 |
Lichtbogenofen; Atmosphäre Argon 1200 mbar; Knopfkokille, 3 x umgeschmolzen; gekühlte
Cu-Kokille |
| B |
PtLa 20 |
PtLa 19,6 |
| F |
PtHf3 |
PtHf 3,0 |
Elektronenstrahlschmelzofen, Atmosphäre 10-3 mbar; 3 x ungeschmolzen, gekühlte Cu-Rinne |
| G |
PtY3 |
PtY2,6 |
|
[0019]
Tabelle 2
| Werkstoffkenndaten |
| Beispiele |
Zusammensetzung (Gew.% |
Zerreißfestigkeit bei Raumtemperatur Rm (RT) (MPa) |
Bruchdehnung A (RT)% |
Zeitstandfestigkeit bei 1200° Rm (Rm/100 h) (MPa) |
| 1 |
PtHf 0,38 Y 0,10 |
400 |
21 |
13,5 |
| 2 |
PtHf 0,25 Y 0,22 |
405 |
20 |
12,0 |
| 3 |
PtHf 0,12 Y 0,50 |
420 |
17 |
10,0 |
| 4 |
PtHf 0,41 Y 0,18 |
412 |
17 |
14,0 |
| 5 |
PtHf 0,53 Y 0,06 |
400 |
22 |
8,0 |
| 6 |
PtHf 0,32 Gd 0,20 |
440 |
15 |
13,0 |
| 7 |
PtHf 0,32 La 0,17 |
400 |
21 |
12,5 |
| 8 |
PtY 0,58 |
515 |
17 |
9,5 |
| 9 |
PtHf 0,50 |
270 |
25 |
5,5 |
| 10 |
PtLa 0,51 |
405 |
17 |
6,0 |
| 11 |
PtGd 0,5 |
485 |
15 |
7,5 |
| 12 |
PtZr 0,23 B 0,009 |
315 |
26 |
6,0 |
| 13 |
PtZr 0,25 Y 0,22 |
330 |
26 |
8,0 |
| 14 |
Pt 99,9 |
140 |
40-50 |
2,0 |
| *)gemessen nach Glühung 0,5 h, 1000°C, an Blechstreifen von 5 x 0,5 mm |
1. Warmfester Platinwerkstoff in Form einer ternären Legierung aus Platin und Übergangselementen,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung aus 0,1 bis 0,4 Gew.% Hafnium, 0,1 bis 0,4 Gew.% eines der Elemente
Yttrium, Lanthan oder Gadolinium und im Rest aus mindestens 99,5 Gew.% Platin besteht.
2. Warmfester Platinwerkstoff nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Legierung 0,2 bis 0,4 Gew.% Hafnium und 0,15 bis 0,30 Gew.% der Elemente Yttrium,
Lanthan oder Gadolinium enthält.