(19)
(11) EP 0 857 552 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
12.08.1998  Patentblatt  1998/33

(21) Anmeldenummer: 98200161.2

(22) Anmeldetag:  22.01.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B28D 1/12, B28D 1/04, B24D 3/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 27.01.1997 AT 109/97

(71) Anmelder: Tyrolit Schleifmittelwerke Swarovski KG
6130 Schwaz (AT)

(72) Erfinder:
  • Prantl, Herbert
    6130 Schwaz (AT)

   


(54) Steinbearbeitungswerkzeug mit verbessertem Anschnittverhalten


(57) Sintermetallgebundenes, abrasiv wirkendes Steinbearbeitungswerkzeug mit mehrschichtigem Aufbau und mit Diamant als Schneidstoff mit verbessertem Anschnittverhalten. Das Steinbearbeitungswerkzeug, beispielsweise ein Hohlbohrer, weist eine Anschnittzone (3) mit unterschiedlicher Zusammensetzung und erhöhtem Verschleiß gegenüber dem regulären Teil der Schneidelemente (1) im Bereich des Erstkontaktes mit dem Werkstück auf. Die Dicke der Anschnittzone ist auf den mittleren Korndurchmesser des verwendeten Schneidstoffes abgestimmt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Steinbearbeilungswerkzeug mit sintermetallgebundenen, vorzugsweise Diamant als Schneidstoff enthaltenden, mehrschichtig aufgebauten Abrasivelementen beispielsweise zum Kernbohren.

[0002] Bei allen metallisch gebundenen Steinbearbeitungswerkzeugen, wie auch bei Hohlbohrern gibt es die bekannte Anschnitt- bzw. Anbohrproblematik. Die Metallbindungen sind so hart, daß sie die teuren Diamantkörner - sinngemäß - wirksam festhalten und während des Ersteinsatzes des Werkzeuges vor dem Angriff durch das schleifschlammhaltige Kühlmedium schützen.

[0003] Die Patentschrift EP 0 156 762 B1 befaßt sich mit dieser Anbohrproblematik. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die Anschnittschwierigkeiten zu überwinden, wie zum Beispiel

1. Ausbildung der Abrasivelemente als Dachsegmente, wobei nur eine schmale "First"-Region des Schneidelements zum Erstkontakt mit dem Werkstoff gelangt,

2. Aufschärfen beim Hersteller des Werkzeuges durch eigene Finishvorgänge vor der Auslieferung, wie Abschleifen der überflüssigen Bindung mit gezielt aufgebauten Schleifkörpern wie keramisch weich gebundene Schleifscheiben, aber auch gewisse geeignete Natursteinmaterialien und elastisch polymergebundene Schleifkörper.



[0004] Zusätzliche Arbeitsgänge vor Auslieferung sind teuer und teilweise auch für die Kundschaft unakzeptabel, da solche Werkzeuge nicht mehr als neuwertig engestuft werden könnten.

[0005] Die Dachform der Abrasivelemente von Hohlbohrern bewirkt sogar eine technische Irrtumsmöglichkeit, da man zwar die linienförmige Firstzone sieht mit ihrer geringen Kontaktfläche zum Werkstück im Erstkontakt, aber nicht beim Fortschreiten des Anarbeitens die gegenüber einem geraden Abrasivelement entsprechend dem Neigungswinkel vergrößerte Gesamtkontaktfläche zwischen Werkzeug und Werkstück. Ein Dachsegment allein, das nicht durch zusätzliche Aufschärfvorgänge vorbereitet ist, erzeugt daher den gegenteiligen Effekt, der eigentlich erwünscht ist, nämlich eine längerdauernde Anarbeitsphase.

[0006] Die EP 0 15 6762 B1 beschreibt zu diesem Sachverhalt nur ein allmähliches Erreichen der vollen Schnittigkeit über die gesamte Kontaktfläche zwischen Dachsegment und Werkstück und begnügt sich mit der raschen Ausbildung der linienförmigen Berührung zur Sicherstellung der Werkzeugführung bzw. Zentrierung des Hohlbohrers am Steinwerkstoff.

[0007] Aufgabe der Erfindung ist, einen Hohlbohrer der eingangs beschriebenen Art so zu verbessern, daß

sofortiges Zentrieren beim ersten Kontakt mit dem Werkstück sofortige optimale Schnittigkeit und

keinerlei Änderung dieser Schnittigkeitseigenschaften vom Anfang bis zum Ende der Werkzeugstandzeit

erreichbar ist.

[0008] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine in Vorschubrichtung des Steinbearbeitungswerkzeugs gesehen an der Außenseite der Abrasivelemente ausgebildete Anschnittzone, die eine unterschiedliche Zusammensetzung mit erhöhtem Verschleiß gegenüber dem regulären Hauptteil der Abrasivelemente aufweist. Dieser unterschiedliche Aufbau kann durch Füllmaßnahmen bei der Sintermetallbindung der Anschnittzone mit an sich aus der Schleiftechnik mit Hochleistungsschleifmitteln bekannten Füllstoffen wie Wolframdisulfid, Wolframkarbid, Molybdändisulfid, Kohlegrieß, Korund, Siliziumkarbid, Kalk, Glas, durch schnittgeres bzw. brüchigeres Diamantkorn, durch Schneidkornkonzentrationsverminderung und/oder durch unterschiedliche, weicher abgestimmte Bindungszusammensetzung erreicht werden. Die Schneidkornkonzentrationsverminderung kann auch gegen Konzentration = Null gehen, sodaß die verbleibende Schnittigkeit im Erstkontakt mit dem Werkstück hauptsächlich durch die gering e Abrasivität des Füllstoffes bzw. der Füllstoffe herbeigeführt wird.

[0009] In Versuchen hat sich für die Anschnittzone insbesonders eine Sintermetallbindung mit feinkörnigem, fein verteiltem Molybdändisulfid-Füllstoff als im Sinne der Erfindung als zielführend erwiesen.

[0010] Im Sinne der Erfindung günstig ist die Kombination von 2 oder mehr Maßnahmen, um den erfindungsgemäßen Unterschied im Aufbau und damit im Verschleiß des regulären Hauptteils und der Anschnittzone der Abrasivelemente herbeizuführen.

[0011] Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Zeichnung, des zugehörigen Schliffbildes eines Ausführungsbeispiels und von Versuchsergebnissen beschrieben. Es zeigen:

Fig. 1 die Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Steinbearbeitungswerkzeuges,

Fig. 2 das metallkundliche Schliffbild eines erfindungsgemäßen Abrasivelementes,

Fig. 3 ein Vergleichsschaubild Vorschubgeschwindigkeit - Bohrweg auf quarzhaltigem Beton und

Fig. 4 ein Vergleichsschaubild Vorschubgeschwindigkeit - Bohrweg auf quarzhaltigem Stahlbeton mit 0,8 Volumsprozent Stahlanteil.



[0012] Fig. 1 zeigt eine Ausführung der Erfindung in Form eines Hohlbohrers mit sintermetallgebundenen Abrasivelementen. Die Abrasivelemente (1) sind als Dachsegmente ausgeführt. Die Anschnittzone (3) folgt der dachförmigen Kontur des Abrasivelementes (1). Die Dicke der Anschnittzone (3) hat sich in Versuchen als günstigste erwiesen, wenn sie etwa dem mittleren Korndurchmesser des in der Anschnittzone (3) zur Verwendung gelangenden Diamantkorns (5) entspricht. Die Abrasivelemente (1) sind durch Löten, Schweißen oder Sintern am Trägerkörper (6) des Werkzeugs befestigt.

[0013] Fig. 2 zeigt einen metallkundlichen Schliff, angefertigt in der Ebene gemäß Schnittführung (7) eines Abrasivelements (1). Die Anschnittzone (3) ist im Sinne der Erfindung verschleißender eingestellt durch Zugabe von Kupfer-Zinn-Bronze mit 92 Gewichtsprozent Kupfer und 8 Gewichtsprozent Zinn im Prozentsatz von 11,5 Volumsprozent zur reinen Kobaltbindung gemäß regulärem Teil (4). Zusätzlich ist die Anschnittzone (3) mit Molybdändisulfid im Prozentsatz von 3,8 Volumsprozent, mit einer Korngröße von durchschnittlich 3,5 my zur Erreichung der erfindungsgemäßen Anbohreigenschaften versehen.

[0014] Fig. 3 und Fig. 4 stellen einen graphischen Versuchsbericht dar jeweils mit einer Gegenüberstellung von einem erfindungsgemäß verbesserten und einem nach dem Stand der Technik hergestellten Steinbearbeitungswerkzeug bei folgenden Bedingungen:

Naßbohren



[0015] 
Werkzeug:
152 x 400 x 1 1/4" Kobaltbindung
24 - 4 - 8,5
Maschine:
Bohrständer HS CY-S / Bohrmotor Weka DK 22
P = 2,3 kW
n = 320 min-1
vs = 2,5 m/s
Material:
Fig 3: Beton mit Quarzzuschlägen
Fig. 4: Beton mit Quarzzuschlägen
Armierungsanteil 0,8 Volumsprozent
Einsatzbedingungen:
vertikale Bohrungen zu je 35 cm Tiefe


[0016] Bei Versuchseinsätzen von erfindungsgemäßen Hohlbohrern entsprechend Fig. 3 und Fig. 4 hat sich neben dem beabsichtigten selbsttätigen, raschen Öffnen der Kontaktfläche der Abrasivelemente in der Anschnittzone (3) ein überraschender Effekt gezeigt. Durch Bemessung der Schichtdicke der Anschnittzone (3) unter Berücksichtigung der verwendeten mittleren Diamantkorngröße, kann der weitere Verschleißfortschritt bis zum Aufbrauch des Werkzeugs in einer bisher noch nicht bekannten Weise positiv beeinflußt werden. In der Anwendungspraxis derartiger Werkzeuge muß stets ein Kompromiß zwischen Wirkhärte des Abrasivelements und Dauerhaftigkeit und Bohrfortschrittsgeschwindigkeit (8, 9, 10, 11) des Werkzeugs gefunden werden. Dabei unterliegt das Werkzeug natürlich anwendungsbedingten Schwankungen. Insbesondere stellt Art und Anteil des Armierungsstahls in Beton eine kaum beeinflußbare Planungsgröße bei der Festlegung der Werkzeugspezifikation dar. Das Auftreffen auf nennenswerte Stahlanteile ist in der Praxis mit Verminderung des Bohrfortschritts verbunden. Eine Ursache für diese Schwierigkeiten ist die zumeist nicht von Anfang an optimal vorbereitete, geöffnete Kontaktfläche des Abrasivelements (1) mit dem Werkstück.

[0017] Die erfindungsgemäße Verwendung einer Anschnittzone (3) stellt nunmehr eine Möglichkeit zur Verfügung, von Anfang an optimale Schnittigkeitseigenschaften bisher nicht gekannten Ausmaßes herbeizuführen. Durch die Abstimmung der Schichtdicke der Anschnittzone entsprechend 0,3 bis 2 mal der mittleren Diamantkorngröße wird das Diamantkorn rasch freigelegt, aber in der hochfesten Einbindung durch die Bindung des regulären Teils (4) statistisch betrachtet noch in ausreichender Anzahl gehalten. So ist bei Auftreffen auf schwierigste Zerspanungsbedingungen das Steinbearbeitungswerkzeug von Anfang an vorbereitet und es stehen die Schneidkantender Diamantkörner mit ihrer natürlichen Schärfe fortwährend zur Verfügung, sodaß die genannten Schnittigkeitsverluste von Anfang an vermeidbar sind.

[0018] Fig. 4 zeigt die unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten mit einem erfindungsgemäßen Hohlbohrer (11) und mit einem Standardhohlbohrer (10) auf Stahlbeton im Bereich der Stahlarmierung. Das Anbohren mit dem erfindungsgemäß mit einer ungeschärft verbliebenen Abohrzone (3) ausgestatteten Hohlbohrer erfolgte anfänglich noch mit verminderter Vorschubgeschwindigkeit (11) gegenüber der Vorschubgeschwindigkeit (10) mit geschärftem Standardhohlbohrer. Nach etwa 0,5 m Bohrstrecke erfolgte im Versuchsbeispiel nach Fig. 4 eine Umkehr der Vorschubgeschwindigkeitswerte, die bis zum Ende des Bohrversuchs nach 2,8 m Bohrstrecke anhielt.

[0019] Fig. 3 zeigt prinzipiell ähnlichen Versuchsverlauf wie in Fig. 4 dargestellt, nur mit etwas geringerem Unterschied zwischen erfindungsgemäß erreichbarer Vorschubgeschwindigkeit (9) und Standard-Vorschubgeschwindigkeit (8), da der Beton keine Stahlarmierung enthielt.

[0020] In weiterer Folge des Werkzeugeinsatzes kann mit erfindungsgegenständlichen Steinbearbeitungswerkzeugen die Gleichmäßigkeit des für Abrasivprozesse notwendigen Verschleißfortschritts gewährleistet werden, was sich im sicheren, störungsfreien Betrieb der Anlage und erhöhter Standzeit des Werkzeuges ausdrückt.

[0021] Mit anders als nach der vorliegenden Erfindung hergestellten Steinbearbeitungswerkzeugen kann man dagegen mit einer ungünstigeren Beeinflussung der Schneideigenschaften des Werkzeuges durch den Erstkontakt mit dem Werkstück rechnen, welche aus dem weiteren Lebenszyklus des Werkzeuges nach dem Stand der Technik ohne Sondermaßnahmen nicht mehr verhindert werden kann.

[0022] Der Erfindungsgedanke beschränkt sich nicht auf das vorstehend beschriebene Ausführungsbeispiel, sondern erstreckt sich auch auf nicht dargestellte Ausführungsbeispiele von Steinbearbeitungswerkzeugen. Der Nutzen der Erfindung kann immer bei solchen Steinbearbeitungswerkzeugen in besonderem Maße erhalten werden, wenn der Anteil der Kontaktfläche zwischen Steinbearbeitungswerkzeug und Werkstück an der Gesamtarbeitsfläche des abrasiven Steinbearbeitungswerkzeuges hoch ist wie beispielsweise beim Tiefschnitt mit Kreissägen, beim Fräsen, Hohlbohren, Gattersägen und dergleichen.

Liste der verwendeten Bezugszeichen:



[0023] 
1
Abrasivelement
2
Bohrrichtung
3
Anschnittzone
4
regulärer Teil
5
Diamantschneidkorn
6
Trägerkörper
7
Schnittführung
8
Vorschubgeschwindigkeit Standard
9
Vorschubgeschwindigkeit erfindungsgemäß
10
Vorschubgeschwindigkeit Standard
11
Vorschubgeschwindigkeit erfindungsgemäß



Ansprüche

1. Steinbearbeitungswerkzeug mit sintermetallgebundenen, vorzugsweise Diamant als Schneidstoff enthaltenden, mehrschichtig aufgebauten Abrasivelementen (1), beispielsweise zum Kernbohren, gekennzeichnet dadurch. daß die Abrasivelemente (1) des Steinbearbeitungswerkzeugs in Vorschubrichtung (2) gesehen eine Anschnittzone (3) mit unterschiedlicher Zusammensetzung und erhöhtem Verschleiß gegenüber dem regulären Teil (4) der Abrasivelemente (1) aufweisen.
 
2. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, daß die Anschnittzone (3) mindestens einen verschleißfördernden Füllstoff aus der an sich bekannten Gruppe von Wolframdisulfid, Wolframkarbid, Molybdändisulfid, Kalk, Korund, Siliziumkarbid, Kohlegrieß, Glas, Keramik, Porenbildner enthält.
 
3. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, daß die Anschnittzone (3) brüchigeres, leichter verschleißendes Diamantschneidkorn als der reguläre Teil (4) des Abrasivelementes (1) enthält.
 
4. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, daß die Anschnittzone (3) eine geringere Konzentration an Diamantschneidkorn enthält als der reguläre Teil (4) des Abrasivelementes (1).
 
5. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, daß die Bindung der Anschnittzone (3) eine geringere Bindungshärte und/oder einen geringeren Verschleißwiderstand aufweist als die Bindung des regulären Teils (4) des Abrasivelementes (1).
 
6. Steinbearbeitungswerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet dadurch, daß die Schichtdicke der Anschnittzone (3) in Abhängigkeit der mittleren Diamantkorngröße ausgeführt ist.
 
7. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 6, gekennzeichnet dadurch, daß die Schichtdicke der Anschnittzone (3) 0,3-1,5 mal D ist, wobei D der mittlere Korndurchmesser des verwendeten Diamantschneidkorns ist.
 
8. Steinbearbeitungswerkzeug nach Anspruch 4, gekennzeichnet dadurch, daß die Diamantschneidkornkonzentration in der Anschnittzone (3) Null ist.
 




Zeichnung