(19)
(11) EP 0 863 248 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.09.1998  Patentblatt  1998/37

(21) Anmeldenummer: 98103117.2

(22) Anmeldetag:  23.02.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6D06M 13/224, D06M 16/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 06.03.1997 DE 19709123
09.12.1997 DE 19754572

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Krehan, Ingomar, Dr.
    51107 Köln (DE)
  • Koppe-Jans, Gabriele
    42929 Wermelskirchen (DE)
  • Haas, Johannes
    41515 Grevenbroich (DE)
  • Kölbl, Heinz, Dr.
    51103 Köln (DE)
  • Moeschler, Heinrich F., Dr.
    51467 Bergisch Gladbach (DE)
  • Naumann, Klaus, Dr.
    51375 Leverkusen (DE)

   


(54) Mittel gegen Keratinschädlinge


(57) Wäßrige Formulierungen, enthaltend Präparate der Früchte des Neem-Baumes mit einem Gehalt an Azadirachtinen, Tenside und gegebenenfalls weitere Formierhilfsmittel, eignen sich hervorragend als Mittel zur Bekämpfung von Textilschädlingen, wie Motten und Käfer und zur Ausrüstung gefährdeter Textilien und Substrate. Die Formulierungen können hierzu in allen aus der Textiltechnik bekannten Applikationsverfahren eingesetzt werden. Die Formulierungen können weitere gegen Keratinschädlinge wirksame Verbindungen enthalten.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein wäßriges Textilschutzmittel zur Bekämpfung von Textilschädlingen, besonders von keratinverdauenden Schädlingen und zur Ausrüstung gefährdeter Textilien und Substrate, das durch einen Gehalt an Extrakten der Früchte des Neem-Baumes gekennzeichnet ist, und ein Verfahren zur Ausrüstung von keratinhaltigen Substraten mit diesen Mitteln.

[0002] Keratinhaltige Substrate im Sinne der vorliegenden Erfindung sind beispielsweise Wolle, Seide, (Rauh)Leder, Pelze, Federn, Tierhaare (etwa als Polstermaterial), Horn (etwa zur Herstellung von Knöpfen, Spangen usw.) und bei Garnen und Textilien deren Kombinationen und Gemische mit anderen natürlichen oder synthetischen Fasern, wie beispielsweise Wolle/Polyacrylnitril, Wolle/Baumwolle, Wolle/Polyester u.a.

[0003] Keratinschädlinge sind keratinverdauende Insekten, insbesondere deren Larven. Beispiele hierfür sind Schädlinge aus der Ordnung der Tineidae (echte Motten), wie Tineola bisselliella (Kleidermotte), Tinea pellionella (Pelzmotte) und Hofmannophila pseudospretella (Samenmotte), und Schädlinge aus der Reihe der Käfer, etwa die Larven zweier Gattungen der Dermestidae (Speckkäfer), wie Anthrenus verbasci (Wollkraut-Blütenkäfer), Anthrenus pimpinellae (Bibernell-Blütenkäfer), Anthrenus scrophulariae (Geineiner Teppichkäfer), Anthrenus fasciatus (Gebänderter Teppichkäfer), Attagenus pellio (Gefleckter Pelzkäfer), Attagenus piceus (Dunkler Pelzkäfer) und Anthrenocerus australis. Weitere Keratinschädlinge sind Niptus hololeucus (Messingkäfer), Gibbium psylloides (Kugelkäfer) und Lepisnia saccharina (Silberfischchen), von denen einige nicht nur Keratin fressen.

[0004] Zur Bekämpfung von keratinverdauenden Schädlingen sind bereits chemische Hilfsmittel unterschiedlicher Art eingesetzt worden. Als erfolgreich auf diesem Gebiet einsetzbare Mittel können auf keratinhaltigen Substraten applizierte Cyclopropancarbonsäure-phenoxybenzylester (GB-A 1.413.491 und DE-A 27 09 264), 5-Phenylcarbamoyl-barbitursäure-Verbindungen (CH-A 653 840 und EP-A 0 169 168), Chloraminodiphenylether, wie 4,5,2',4',5'-Pentachlor-2-chlormethylsulfonamid-diphenylether (EP-A 0 311 851), Diphenylharnstoffe bestimmter Zusammensetzungen (EP-A 0 318 431) und Nitromethylen- oder Nitroiminoimidazoline und Geinische von ihnen mit weiter obengenannten Verbindungen (EP-A 0 387 663) betrachtet werden.

[0005] Die vorgenannten Wirkstoffe zur Bekämpfung von Keratinschädlingen haben jedoch neben ihrer zweifelsohne guten Wirkung im gewünschten Sinne auch ein gewisses toxisches Potential gegenüber Wirbeltieren, insbesondere Warmblütern. Es war daher nach wie vor wünschenswert, Mittel zu finden, die wirksam zur Bekämpfung von keratinverdauenden Schädlingen eingesetzt werden können, aber praktisch keine Toxizität, insbesondere gegenüber Warmblütern, aufweisen.

[0006] Der Neem-Baum (Azadirachta indica, indischer Flieder) und seine Präparate, wie Neem-Extrakt, Neem-Öl oder Neem-Rinde, sind Gegenstand zahlreicher Beschreibungen (Zusammenfassung in Schmutterer, "The Neem Tree", Verlag Chemie-Verlagsgesellschaft Weinheim, New York, Cambridge, Tokio, 1995). Die Präparate des Neem-Baumes sind durch einen Gehalt an Azadirachtin gekennzeichnet; es hat die Formel

Azadirachtin ist hierbei die analytisch gut bestimmbare Leitsubstanz; es ist jedoch stets vergesellschaftet mit abgewandelten Azadirachtinen, die mit den Großbuchstaben A bis K bezeichnet werden, und ferner mit weiteren Substanzen, wie Limonoiden. Neem-Präparate haben eine bioaktive Wirkung. So ist eine Zahncreme zur Paradontose-Vorbeugung bekannt geworden, die Wirkstoffe aus der Rinde des Neem-Baumes enthält. Es ist weiterhin beschrieben worden, Neem-Präparate als Insektizide auf dem Agrarsektor einzusetzen (Schmutterer, "The Neem Tree"), um beispielsweise Zierpflanzen im Freiland und im Gewächshaus gegen die weiße Fliege, Schmierläuse, Tripse, Raupen und Trauermücken zu schützen. Neem-Öl ist auch bereits als Mottenschutzmittel propagiert worden (Präparat TN-MP 100 der Fa. Terra Nostra). Jedoch ist eine Verarbeitungstemperatur von unterhalb 50-60°C nötig, so daß eine Ausrüstung von Textilien etwa vor einem nachfolgenden Färbevorgang bei Kochtemperatur ausgeschlossen ist. Die Schutzwirkung ist ferner nur von kurzer Dauer und muß z.B. nach jeder Naßreinigung durch erneute Behandlung aufgefrischt werden. Diese nur kurze Wirkung wurde durch eigene Versuche bestätigt. Ferner ist Öl als Naturstoff nicht gegen Pilzbefall und Freiheit von Pilzgiften (Aflatoxinen) gefeit. Es schien daher aussichtlos zu sein, keratinhaltige Substrate mit Neem-Präparaten dauerhaft gegen Fraßschädlinge auszurüsten.

[0007] Es wurde nun gefunden, daß Extrakte der Früchte des Neem-Baumes eine ausgezeichnete und langanhaltende fraßverhindernde Wirkung gegen Textilschädlinge, insbesondere gegen keratinverdauende Insekten zeigen, wenn man sie mit branchenüblichen Formulierhilfsmitteln in waßriger Formulierung zur Behandlung von keratinhaltigen Substraten der oben genannten Alt, insbesondere von keratinhaltigen Textilien, anwendet. Dies ist bei Kenntnis des Standes der Technik keineswegs selbstverständlich, da es eine große Zahl von chemischen Verbindungen mit agrarinsektizider Wirkung gibt, die auf dem Gebiet des Textilschutzes, insbesondere auf dem Gebiet des Schutzes keratinhaltiger Materialien, versagen. Dies wird besonders deutlich, wenn an die verschiedenen Möglichkeiten einer bioziden Wirkung gedacht wird, die keineswegs für alle insektiziden chemischen Verbindungen bekannt sind. Die mangelhafte Wirkung des Neem-Öls im Bereich des Mottenschutzes sprach ebenfalls gegen eine weitere Beschäftigung mit Neem-Präparaten auf diesem Gebiet. Im vorliegenden Fall ist zudem nicht mit Sicherheit bekannt, ob Azadirachtin und die anderen mit ihm vergesellschafteten obengenannten Verbindungen ursächlich allein für eine insektizide Wirkung verantwortlich sind und somit auch ursächlich für eine Anwendung gegen Textilschädlinge, insbesondere gegen keratinverdauende Schädlinge, verantwortlich gemacht werden können. Die Wirksamkeit gegen solche Schädlinge korreliert jedoch mit dem Gehalt an analytisch bestimmbarem Azadirachtin, wie im Zusammenhang mit der vorliegenden Erfindung beobachtet wurde; diese Korrelation reicht für die praktische Anwendung völlig aus. Eine Besonderheit von Neem-Extrakten ist bei mit anderen Schädlingsbekämpfungsmitteln vergleichbarer Wirkung ihre toxikologische Unbedenklichkeit. So erreicht der LD50-Wert bei Ratten und bei peroraler Verabreichung den erstaunlich hohen Wert von >5 000 mg/kg Körpergewicht; eine Reizung von Haut und Augen wurde nicht beobachtet. Selbst in einem 90-tägigen Langzeit-Fütterungsversuch lag die LD50-Rate noch bei >1 000 mg/kg Körpergewicht, wobei eine Teratogenität, Mutagenität und Genotoxizität nicht festgestellt werden konnte. Das ökotoxikologische Verhalten ist demnach gegenüber vergleichbaren Schutzmitteln deutlich günstiger. Des weiteren ist es im hohen Maße überraschend, daß trotz der bekannten hydrolytischen Labilität der Azadirachtine (Schmutteter, loc cit.) die Extrakte der Früchte des Neem-Baumes auch unter den erschwerten Bedingungen im Zusammenhang mit der wässrigen Behandlung, z.B. von Teppichen, ihre Wirkung entfalten und beibehalten.

[0008] Die Erfindung betrifft demnach Mittel zur Bekämpfung von Textilschädlingen, insbesondere von keratinverdauenden Schädlingen und zur Ausrüstung gefährdeter Textilien und Substrate, enthaltend Extrakte der Früchte des Neem-Baumes mit einem Gehalt an Azadirachtinen, Tenside sowie gegebenenfalls Formierhilfsmittel in Form einer wäßrigen Formulierung.

[0009] Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Ausrüstung von keratinhaltigen Substraten zum Schutz gegen Befall und Fraßschäden durch Textilschädlinge, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man ein Mittel, enthaltend Extrakte der Früchte des Neem-Baumes mit einem Gehalt an Azadirachtinen, Tenside sowie gegebenenfalls weiteren Formierhilfsmittel in Form einer wäßrigen Formulierung mit Hilfe an sich bekannter Applikationsverfahren in einer solchen Menge auf die Substrate bringt, daß die Substrate nach der Applikation 100 bis 30.000 ppm Neem-Extrakt, gerechnet als Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht der Substrate, enthalten.

[0010] Extrakte der Früchte des Neem-Baumes sind alle, die einen Gehalt an Azadirachtinen aufweisen, bevorzugt Extrakte des Fruchtkerns. Der Neem-Extrakt wird z.B. aus den Fruchtkernen der Neem-Frucht durch Extraktion mit Alkoholen, wie Methanol oder Ethanol, mit Glykolen, Glykolether oder Kohlenwasserstoffen, wie beispielsweise Petrolether, Ligroin, Kerosin, Hexan, Octan, Cyclohexan, Toluol, Xylol und anderen gewonnen.

[0011] Keratinhaltige Substrate sind die obengenannten, insbesondere Wolle, Seide und ihre obengenannten Gemische mit anderen natürlichen oder synthetischen Fasern, sowie Pelze.

[0012] Keratinschädlinge sind die obengenannten, unter denen exemplarisch insbesondere die Kleidermotte, der Teppichkäfer und der Pelzkäfer zu nennen sind.

[0013] Die Neem-Extrakte enthalten 0,1 bis 35 Gew.-%, bevorzugt 0,2 bis 33 Gew.-%, Azadirachtine. Neem-Extrakte sind beispielsweise unter folgenden Bezeichnungen handelsüblich: Margosan-O® mit 0,2 Gew.-% Azadirachtin (Fa. Grace Sierra), Azatin EC® mit 2,9 Gew.-% Azadirachtin (Fa. Agridyne), Azal® mit 30,7 Gew.-% Azadirachtin (Fa. Trifolio-M) und Azal F® mit 5,6 Gew.-% Azadirachtin (Fa. Trifolio-M). Daneben wurden selbsthergestellte Extrakte mit 2,0 Gew.-% bzw. 9,4 Gew.-% Azadirachtin und kaltgepreßtes Neem-Öl sowie durch Petrolether-Extraktion gewonnenes Neem-Öl untersucht. Die unterschiedlichen Gehalte an Azadirachtin sind auf die verschieden starke Konzentrierung der Extrakte zurückzuführen. Da ein Extrakt mit hohem Gehalt an Azadirachtin jedoch überproportional teurer ist als ein solcher mit niedrigem Gehalt, ist es für die erfindungsgemäße Anwendung durchaus sinnvoll, preisgünstige Präparate einzusetzen, selbst wenn sie einen niedrigeren Gehalt an Azadirachtin aufweisen. Zur Vergleichbarkeit werden alle Extrakte auf ihren Gehalt an Azadirachtin normiert. Der Rest zu 100 % an von Lösungs-/Extraktionsmittel verschiedenen Stoffen in den jeweiligen Neem-Präparaten besteht aus begleitenden pflanzlichen Inhaltsstoffen, die für die erfindungsgemäße Anwendung als inert anzusehen sind.

[0014] Als Tenside für die erfindungsgemäßen Mittel kommen anionische, kationische, nichtionische und ampholytische Tenside in Frage. Als anionische Tenside eignen sich solche, die einen langkettigen aliphatischen oder alkylaromatischen Rest von 10 bis 22 C-Atomen, bevorzugt 12 bis 18 C-Atomen und eine Carboxyl-Sulfonsäure- oder Phosphonsäure-Gruppe, bevorzugt eine Sulfonsäure-Gruppe, enthalten und die als Kation eines aus der Gruppe von H+, Li+, Na+, K+, NH4+, HOCH2CH2NH3+, (HOCH2CH2)2NH2+ oder (HOCH2CH2)3NH+ aufweisen. Als kationische Tenside kommen solche in Frage, die einen langkettigen organischen Rest der bei den anionischen Tensiden genannten Art und eine Aminogruppe, eine mit C1-C4-Alkyl substituierte Aminogruppe oder eine mit C1-C4-Alkyl quaternierte Alninogruppe aufweisen, deren Gegenkation OH-, Cl-, Br-, 1/2 SO4--, 1/3 PO4---, Acetat, Formiat oder Propionat ist. Nichtionische Tenside sind solche mit einem aliphatischen, aromatischen, araliphatischen oder alkylaromatischen Rest mit insgesamt 10 bis 20 C-Atomen, der eine Hydroxyl-, Carboxyl-, Carboxamid- oder Amino-Gruppe mit einem beweglichen H-Atom hat und mit Ethylenoxid oder Propylenoxid im Sinne einer Polyetherbildung kondensiert wurde; die Ethylenoxid- oder Propylenoxid-Gruppen sind in einer Anzahl von 4 bis 60, bevorzugt 6 bis 30, vorhanden. Ampholytische Tenside sind solche, die innerhalb des gleichen Molekuls eine positive und eine negative (Teil)ladung tragen. Solche Tenside sind beispielsweise die Betaine oder Sulfobetaine, die einen langkettigen Rest im Sinne der bei den anderen Tensiden beschriebenen Länge aufweisen. Alle diese Tenside sind dem Fachmann wohl bekannt und werden vielfältig als Emulgatoren, Dispergiermittel und Netzmittel eingesetzt.

[0015] Bevorzugte Tenside sind die anionischen, die nichtionischen und Gemische daraus.

[0016] Formierhilfsmittel, die weiterhin eingesetzt werden können, sind beispielsweise Lösungsmittel/Wasser-Gemische, Komplexbildner, Entschäumer, Säuren und Basen.

[0017] Zur Abrundung und Einstellung auf spezielle Substrate können die erfindungsgemäßen Mittel weitere bekannte gegen Textilschädlinge wirksame Verbindungen aus den eingangs genannten Gruppen enthalten.

[0018] Die Herstellung der erfindungsgemäßen Mittel erfolgt durch Zusammengeben des eingesetzten Extrakts der Früchte des Neem-Baumes, des Tensids und Wasser sowie gegebenenfalls der weiteren Formierhilfsmittel in beliebiger Reihenfolge. Die Homogenisierung erfolgt durch einfaches Rühren, Schütteln oder sonstige Vermischung. In den erfindungsgemäßen Mitteln in Form einer wäßrigen Formulierung liegt Neem-Extrakt in einer solchen Menge vor, daß sich daraus ein Gehalt an Azadirachtinen von 100 bis 30.000 ppm, bevorzugt 250 bis 10.000 ppm, besonders bevorzugt 500 bis 7.500 ppm, errechnet. Die Menge an Tensid beträgt 0,05-3 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Formulierung. Die Menge an sonstigen Formierhilfsmitteln beträgt für den Fall ihres Einsatzes 0,1-5 Gew.-%.

[0019] Der Rest zu 100 Gew.-% ist Wasser.

[0020] Die erfindungsgemäßen Mittel werden auf einen pH-Wert von 3-9, bevorzugt von 4-8, eingestellt. Säuren und Basen, die hierzu verwendbar sind, sind beispielsweise HCl, H2SO4, H3PO4, Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, NaOH, KOH und NH3.

[0021] Die Anwendung der erfindungsgemäßen Mittel in Verfahren zur Behandlung von keratinhaltigen Substraten zum Schutz gegen Befall und Fraßschäden durch keratinverdauende Schädlinge kann in praktisch allen Verarbeitungszuständen und allen in der Textilindustrie und in verwandten Bereichen üblichen Naßapplikations- und Sprühprozessen, gegebenenfalls simultan zu anderen Veredelungsprozessen an den genannten Substraten erfolgen. Das erfindungsgemäße Mittel kann beispielsweise dem Farbebad vor dem üblichen Färbeprozeß zugesetzt werden, es kann aber auch beim Waschen der genannten Substrate appliziert werden. Die Behandlung wird in wäßrigem Medium durchgeführt.

[0022] Im Verfahren zur Behandlung von keratinhaltigen Substraten wird das erfindungsgemäße Mittel in einer solchen Menge auf die Substrate gebracht, daß die Substrate nach der Applikation 100 bis 30 000 ppm, bevorzugt 250 bis 20 000 ppm, besonders bevorzugt 500 bis 15 000 ppm, Neem-Extrakt, gerechnet als Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht der Substrate, enthalten. Die hierzu erforderliche Menge an erfindungsgemäßem Mittel in Form einer wäßrigen Formulierung ergibt sich durch einfache Berechnung des Gehalts des erfindungsgemäßen Mittels an Azadirachtin einerseits und am prozentualen Aufziehen des Wirkstoffes aus der Flotte auf das behandelte Substrat andererseits. Das erfindungsgemäße Verfahren zur Behandlung von keratinhaltigen Substraten wird bei einem pH-Wert im Bereich von 3 bis 9, bevorzugt von 4 bis 8, durchgeführt. Hierzu kann beim Ausziehverfahren bis zu einer Temperatur knapp unterhalb des Kochpunktes, beispielsweise etwa 98°C, sowie im Kontinueverfahren bei einer Temperatur von 40 bis 85°C gearbeitet werden. Weitere Verfahren sind das Sprühverfahren und die Schaumapplikation.

Beispiele


Beispiel 1



[0023] 10 g Neem-Extrakt wurden bei Raumtemperatur in 70 ml Diethylenglykol-monobutylether eingetragen und gelöst. Anschließend wurden 20 g eines nichtionischen Emulgators (Styrol-Phenol-Addukt mit ca. 16 Äquivalenten Ethylenoxid je phenolische OH-Gruppe) zugesetzt. Dann wurde über ein 5 µm-Filter klarfiltriert, um geringe Mengen unlöslicher, aus dem Neem-Extrakt stammender Rückstände zu entfernen. Die erhaltene Lösung war lagerstabil und bildete beim Eintragen in Wasser stabile Emulsionen.

Beispiel 2



[0024] 20 g eines Emulgatorgemisches aus gleichen Teilen Alkylarylsulfonat-Ca-salz und Alkylphenolethoxylat in Petroleum wurden bei Raumtemperatur in 70 ml Erdöldestillat (Siedebeginn 181°C, Aromatengehalt 0,45 Gew.-%) eingetragen und unter Rühren gelöst. Hierzu wurden 10 g des Neem-Extrakts von Beispiel 1 gegeben. Nach Klarfiltration erhielt man eine lagerstabile Lösung, die beim Eintragen in Wasser stabile Emulsionen bildete.

Beispiel 3



[0025] Eine wäßrige Ausrüstungsflotte enthielt 2 g/l Na-Di-(3-ethyl-hexyl)-phosphat als Netzmittel und abgestufte Mengen der Emulsionen aus Beispiel 1 bzw. Beispiel 2, so daß an Neem-Extrakt 0,01 bzw. 0,025 bzw. 0,05 bzw. 0,1 bzw. 0,5 bzw. 1 Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht der Ausrüstungsflotte, vorlagen. Die Flotte wurde mit Essigsäure auf pH = 4,5 eingestellt. Weißes Wollgewebe wurde bis zur vollständigen Benetzung mit der Ausrüstungsflotte behandelt, auf einem Foulard auf 100 % Flottenaufnahme abgequetscht und luftgetrocknet.

Beispiel 4 (Fraßkontrollproben und Testproben bei Kleidermottenlarven)



[0026] Die Kontrolle der Larvenfraßtätigkeit in Kontrolluntersuchungen ohne erfindungsgemäße Behandlung ist der Standard zur Bewertung der Wirkung einer erfindungsgemäßen Behandlung. Hierzu werden drei Kontrollproben angesetzt. Die Kontrollproben bestehen aus weißem, unbehandeltem Wollgewebe und werden zu Läppchen von je 4 x 4 cm zugeschnitten. In drei Petrischalen mit ungelochtem Deckel wurde je ein Läppchen eingebracht und bei einer Labortemperatur von 23 bis 25°C und 50 bis 65 % rel. Luftfeuchtigkeit gelagert. Anschließend wurden pro Schale jeweils 25 Kleidermottenlarven (mittleres Stadium, d.h. hiervon 15 Larven mit einem Körpergewicht von 15 ± 2 mg) angesetzt. Nach einer Woche wurde anhand der weiter unten beschriebenen Methode eine Auswertung vorgenommen.

[0027] Testproben:
Das gleiche weiße Wollgewebe wie bei den Fraßkontrollen wurde in der beschriebenen Weise mit dem erfindungsgemäßen Mittel behandelt, zu Probeläppchen der genannten Größe zugeschnitten und in jeweils drei Petrischalen mit ungelochtem Deckel untergebracht und unter den gleichen Laborbedingungen mit der gleichen Anzahl Larven besetzt. Nach ebenfalls einer Woche wurde nach der gleichen Methode ausgewertet.

Beispiel 5 (Teppichkäfer)



[0028] Fräßkontrollprobe und Testproben:
Die Versuche wurden ähnlich wie in Beispiel 4 ausgeführt, jedoch mit dem Unterschied, daß man 20 Larven des Teppichkäfers (mittleres Stadium, d.h. hiervon 15 Larven mit einem Körpergewicht von 18 ± 1 mg) pro Schale und Läppchen ansetzte. Nach zwei Wochen wurde nach der gleichen Methode ausgewertet.

Beispiel 6 (Pelzkäfer)



[0029] Fraßkontrolle und Testprobe:
Es wurde in ähnlicher Weise wie in Beispiel 4 gearbeitet, jedoch mit je 20 Larven des Pelzkäfers (mittleres Stadium, d.h. hiervon 15 Larven mit einem Körpergewicht von 55 ± 3 mg). Nach zwei Wochen wurde wiederum die Auswertung vorgenommen.

Beispiel 7 (Auswertungsmethode)



[0030] Die Beurteilung der Versuchsergebnisse wurde nach folgenden fünf Kriterien vorgenommen:

1 = sehr gut, d.h. kein Kot und kein Textilfraßschaden vorhanden;

2 = gut, d.h. wenig Kot und kein sichtbarer Fraßschaden vorhanden;

3 = Grenzfall, d.h. wenig Kot (Klein, d.h. nicht normal), Textilmuster angefressen (im durchfallenden Licht dünne Gewebestellen);

4 = mangelhaft, d.h. Fraßschaden deutlich sichtbar;

5 = wie in der unbehandelten Kontrollprobe, d.h. sehr viel Kot und sehr große Fraßstellen vorhanden.


Beispiel 8 (Kleidermottenlarven)



[0031] Neem-Extrakt-Konzentrationen von 1 500 bis 5 000 ppm, gerechnet als Gehalt an Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht des Textilmuster, zeigten gute fraßhemmende Wirkung unter Laborverhältnissen mit 22 bis 24°C und 50 ± 10 % rel. Luftfeuchtigkeit. Hierbei wurden Residualwirkungen auf den behandelten Textilmustern von mindestens 73 Wochen beobachtet.

Beispiel 9 (Teppichkäferlarven)



[0032] Neem-Extrakt-Konzentrationen von 1 500 bis 5 000 ppm, gerechnet als Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht des Textilmusters, wirkten in einer noch stärkeren Weise als bei der Kleidermotte, sogar in den unteren Konzentrationsbereichen. Auch hier wurde eine Residualwirkung von 73 Wochen festgestellt.

Beispiel 10 (Pelzkäferlarven)



[0033] Es wurden ähnliche Wirkungen wie in den Beispielen 8 und 9 erreicht.

[0034] Alle Ergebnisse sind in den folgenden Tabellen 1 und 2 zusammengestellt.

Tabelle 2
Prüfung von mit Neem-Extrakt behandelten Textilmustern auf Residualwirkung gegen Larven verschiedener Textilschädlinge; Auswertung nach Beispiel 7
Alter des Textilmusters % Margosan-O® Konzentration (ppm Azadirachtin) Schutz gegen Larvenfraß von
    Kleidermotten Teppichkäfern Pelzkäfern
1 Woche 1500 2 2 2
52 Wochen 1500 2 2 2
73 Wochen 1500 3 3-4 3
1-73 Wochen Kontrolle 4 4 4
Mittel aus 3 Versuchen
Temperatur: 22-24°C
Relative Luftfeuchte: 50 ± 10 %
Bewertung nach obiger Methode:
1 = sehr gut
2 = gut
3 = Grenzfall
4 = mangelhaft



Ansprüche

1. Mittel zur Bekämpfung von Textilschädlingen und zur Ausrüstung gefährdeter Textilien und Substrate, enthaltend Extrakte der Früchte des Neem-Baumes mit einem Gehalt an Azadirachtinen, Tenside sowie gegebenenfalls weitere Formierhilfsmittel in Form einer wäßrigen Formulierung.
 
2. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Neem-Extrakt des Fruchtkerns in einer solchen Menge, die 100 bis 30.000 ppm Azadirachtin, bevorzugt 250 bis 10.000 ppm, besonders bevorzugt 500 bis 7.500 ppm entspricht, eingesetzt wird.
 
3. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß als Tensid ein kationisches, anionisches, nichtionisches oder ampholytisches Tensid oder ein Gemisch mehrerer von ihnen, bevorzugt ein anionisches oder nichtionisches Tensid oder ein Gemisch mehrerer von ihnen in einer Menge von 0,05-3 Gew.-%, bezogen auf die Gesamtmenge der Formulierung, eingesetzt wird.
 
4. Verfahren zur Ausrüstung von keratinhaltigen Substraten zum Schutz gegen Befall und Fraßschäden durch Textilschädlinge, dadurch gekennzeichnet, daß man ein Mittel nach Anspruch 1 mit Hilfe an sich bekannter Applikationen in einer solchen Menge auf die Substrate bringt, daß die Substrate nach der Applikation 100 bis 30.000 ppm Neem-Extrakt, gerechnet als Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht der Substrate, enthalten.
 
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Substrate 250 bis 20.000 ppm, bevorzugt 500 bis 15.000 ppm, Neem-Extrakt, gerechnet als Azadirachtin und bezogen auf das Gewicht der Substrate, enthalten.
 
6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß keratinhaltige Substrate Wolle, Seide, (Rauh)Leder, Pelze, Horn und bei Garnen und Textilien deren Kombinationen und Gemische mit anderen natürlichen oder synthetischen Fasern, bevorzugt Wolle, Seide und deren Gemische mit anderen natürlichen oder synthetischen Fasern sind.
 
7. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die eingesetzten Neem-Extrakte 0,1 bis 35 Gew.-%, bevorzugt 0,2 bis 33 Gew.-%, Azadirachtin enthalten.
 
8. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie neben dem Neem-Präparat weitere gegen Textilschädlinge wirksame Verbindungen enthalten.
 
9. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie gegen keratinverdauende Schädlinge aus der Gruppe der Kleidermotte, des Teppichkäfers und des Pelzkäfers als die zu bekämpfenden Textilschädlinge eingesetzt werden.