Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft neue Legierungsspezifikationen aus der Klasse der vollmartensitischen
9-15% Chromstähle. Mittels einer kontrollierten Ausscheidungsführung in der Abschreckphase
können ausgezeichnete Eigenschaften und Eigenschaftskombinationen für breite Anwendungen
im Kraftwerksbereich eingestellt werden.
Stand der Technik
[0002] Vollmartensitische Vergütungsstähle mit 9-12% Chrom sind weitverbreitete Werkstoffe
der Kraftwerkstechnik. Für Hochtemperaturanwendungen interessante Eigenschaften sind
ihre geringen Herstellungskosten, ihre geringe thermische Ausdehnung und ihre hohe
Wärmeleitfähigkeit.
[0003] Die für die Verwendung wichtigen mechanischen Eigenschaften werden durch einen sogenannten
Vergütungsprozess hergestellt. Er erfolgt durch eine Lösungsglühbehandlung, eine Abschreckbehandlung
und eine darauf anschliessende Anlassbehandlung in einem mittleren Temperaturbereich.
Die resultierende Mikrostruktur zeichnet sich aus durch eine dichte Anordnung von
Latten, welche mit Ausscheidungsphasen verwachsen. Diese Mikrostrukturen sind bei
erhöhten Temperaturen instabil. Sie erweichen in Abhängigkeit der Zeit, der Beanspruchung
und der ihnen aufgezwungen Verformungen. Die bei der Wärmebehandlung ablaufenden Phasenreaktionen
begrenzen die erzielbaren Zähigkeiten im Rahmen der geforderten Festigkeiten. Die
im Betrieb ablaufenden Phasenreaktionen zusammen mit der Vergröberung der Ausscheidungen
rufen eine erhöhte Versprödungsanfälligkeit hervor und senken die von den Bauteilen
zu ertragenden Dehnungen.
[0004] Als Folge dieser strukturellen Instabilitäten während der Wärmebehandlung und im
Betrieb, werden die gegenwärtigen Legierungen der Klasse vollmartensitischer 9-15%
Chromstahl den Anforderungen der modernen Kraftwerkstechnik nicht mehr gerecht. Dies
betrifft primär die Kombination aus Festigkeit und Zähigkeit, ferner auch Kombinationen
aus Hochtemperaturfestigkeit, Kriechwiderstand, Kriechbruchfestigkeit, Relaxationsfestigkeit,
Widerstand gegen Kriechversprödung sowie thermischer Ermüdung. Einer stetigen Eigenschaftsverbesserung
dieser Legierungsklasse sind durch die Forderung einer vollständigen Durchvergütbarkeit,
insbesondere in dickwandigen Bauteilen, enge metallurgische Grenzen gesetzt.
[0005] Im Rahmen der begrenzten metallurgischen Möglichkeiten, werden weitere Verbesserungen
in den Eigenschaften und Eigenschaftskombinationen vordergründig nur dann erreicht,
wenn durch die getroffenen Legierungsmassnahmen eine erhöhte Stabilität der in den
einzelnen Wärmebehandlungsphasen entstehenden Gefügezustände erreicht wird. Dazu gehört
insbesondere ein erhöhter Widerstand gegen Körnvergröberung bei erhöhten Lösunsglühtemperaturen,
eine verbesserte Härtbarkeit beim Abschrecken und ein erhöhter Widerstand gegen Erweichung
bei der abschliessenden Anlassbehandlung (Anlassbeständigkeit).
[0006] In den in der Technik bekannten und neu - eingeführten Legierungen wird eine optimale
Kombination aus Kornvergröberungswiderstand, Härtbarkeit und Anlassbeständigkeit durch
eine geeignete (empirische) Abstimmung an Vanadium, Niob, Kohlenstoff und Stickstoff
erreicht. Optimale Kombinationen werden erreicht, wenn der Anteil von Kohlenstoff
in Atomprozenten höher ist als der von Stickstoff. Der optimale Kohlenstoffgehalt
liegt im Bereich 0.1 - 0.2 Gew.-% und der optimale Stickstoffgehalt liegt dabei im
Bereich 0.05 - 0.1 Gew.-%. Um eine maximale Anlassbeständigkeit bei hohem Kornvergröberungswiderstand
zu erzielen wird Stickstoff in nahezu stöchiometrischen Anteilen zu den Sondernitridbildnern
Vanadium oder Niob zulegiert. Der optimale Gehalt an Vanadium liegt folgedessen im
Bereich 0.2 - 0.35 Gew.-% und derjenige von Niob im Bereich 0.05 - 0.4 Gew.-%. Der
Stand der Technik wird gut repräsentiert durch die älteren Legierungen X22CrMoV121
(X22), X20CrMoV121, X12 CrNiMo2, X19CrMoVNbN111 (X19), und durch die neueren Legierungen
X10CrMoVNbN91 (P/T91), X12CrMoWVNbN1011 (Rotorstahl E2), X18CrMoVNbNB91 (Rotorstahl
B2) und durch die Legierung X20CrMoVNbNB10 1 (TAF).
Darstellung der Erfindung
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Legierungsspezifikationen zur Ausbildung
vollmartensitischer Strukturen zu identifizieren, in denen eine kontrollierte Auflösung
und Neuausscheidung von Sondernitriden oder Sonderkarbonitriden zusammen mit der martensitischen
Phasenumwandlung zu den höchsten Eigenschaften und Eigenschaftskombinationen führt,
ohne dass die zu erzielenden Eigenschaften und Eigenschaftskombinationen, durch die
Grösse der zu vergütenden Bauteile begrenzt sind. Diese sich in der Zusammensetzung
und Wärmebehandlung auszeichnenden Spezifikationen finden ihre Anwendung sodann nicht
nur im Bereich dünnwandiger Bauteile wie etwa Röhren, Bolzen und Schaufeln, sondern
auch für Rotoren, Rotorscheiben, verschiedenste Gehäusekomponenten, Kesselanlagen
und vieles mehr.
[0008] Kern der Erfindung sind Spezifikationen von Legierungszusammensetzungen und Wärmebehandlungsparameter,
welche es ermöglichen, dass Sondernitride oder Sonderkarbonitride durch eine partielle
Auflösung bei sehr hohen Lösungsglühtemperaturen in einem sehr wirksamen Volumen wieder
neu ausgeschieden werden können, und dies noch bevor die martensitische Phasenumwandlung
erfolgt ist. Da es sich um thermisch sehr stabile Sondernitride oder Sonderkarbonitride
handelt, welche einen generell hohen Widerstand gegen Vergröberung aufweisen, ist
ein hoher Widerstand gegen Kornvergröberung bei hohen Lösungsglühtemperaturen gewährleistet,
und die Neuausscheidung dieser Teilchen kann selbst bei der in der Technik bei dickwandigen
Bauteilen vorherrschenden langsamen Abkühlgeschwindigkeiten für eine maximale Verfestigung
während der martensitischen Phasenumwandlung genutzt werden. Durch einen solchen Abkühlprozess
wird die Erweichungs- und Versprödungsanfälligkeit bei erhöhten Anlasstemperaturen
und/oder Anlasszeiten deutlich verringert. Die nach der Anlassbehandlung resultierende
Mikrostruktur zeichnet sich aus durch eine sehr gleichmässige und dichte Dispersion
von Sondernitriden und oder Sonderkarbonitriden in einem Lattengefüge, welche bereits
vor der martensitischen Phasenumwandlung ausgeschieden wurden. Die identifizierten
Legierungszusammensetzungen bieten also nicht nur eine optimale Kombination von Kornvergröberungswiderstand,
Härtbarkeit und Anlassbeständigkeit, sondern ermöglichen auch eine zielgerechte Beeinflussung
der martensitischen Phasenumwandlung durch Ausscheidungsphasen zum Zwecke verbesserter
mechanischer Eigenschaften und erhöhter Gefügestabilität im Betrieb.
[0009] Spezifikationen der Zusammensetzung, in denen diese Phasenreaktionen zur Einstellung
erhöhter Eigenschaften und Eigenschaftskombinationen genutzt werden können enthalten
im wesentlichen 8 bis 15% Cr, bis 15% Co, bis 4% Mn, bis 4%Ni, bis 8% Mo, bis 6%W,
0.5 bis 1.5%V, bis 0.15%Nb, bis 0.04%Ti, bis 0.4%Ta, bis 0.02% Zr, bis 0.02% Hf, bis
0.1%C und 0.12-0.25%N, Rest Eisen und übliche erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
Die ihr zugehörigen Wärmebehandlungen, welche eine kontrollierte Einstellung verbesserter
Eigenschaftskombinationen ermöglichen zeichnen sich wie folgt aus. Die Lösungsglühbehandlung
erfolgt vorzugsweise zwischen 1150 und 1250°C mit Haltezeiten zwischen 0.5 und 15h.
Die Abkühlung erfolgt kontrolliert schnell oder langsam und wird nach Bedarf und Anwendung
durch eine isotherme Glühung im Temperaturbereich zwischen 900 und 500°C unterbrochen.
Abkühlung und isotherme Glühung kann nach Bedarf und Anwendung von einer thermomechanischen
Behandlung begleitet sein. Die Anlassbehandlung nach dem Abschrecken erfolgt im Temperaturbereich
zwischen 600 und 820°C und kann zwischen 0.5 bis 30h betragen.
[0010] Die Erfindung führt zu einer Reihe von Vorteilen. Die oben formulierten Spezifikationen
der Legierungszusammensetzung und der Wärmebehandlung ermöglichen die Einstellbarkeit
höchstmöglicher Eigenschaftskombinationen von Festigkeit, Zähigkeit, Hochtemperaturfestigkeit,
Relaxationsfestigkeit, Kriechwiderstand, Kriechbruchfestigkeit, Kriechduktilität,
Widerstand gegen thermische Ermüdung und so weiter. Die einfache Steuerbarkeit der
sich einstellenden Ausscheidungszustände ermöglicht eine ökonomisch effiziente Entwicklung
und Verbesserung von Produkten für Hochtemperaturanwendungen. Die im Betrieb erfolgende
Gefügealterung erfolgt durch die Gleichmässigkeit und Stabilität der Ausscheidungszustände
verzögert und kontrolliert und ermöglicht somit nicht nur verlängerte Standzeiten,
sondern erhöht auch die Zuverlässigkeit von Lebensdauerprognosen der Bauteile im Betrieb.
Die Gefügeausbildung in dickwandigen Bauteilen, wie zum Beispiel in Rotoren, kann
durch die Beeinflussung und Kontrolle der örtlichen Abkühlgeschwindigkeiten den Beanspruchungen
gerecht, flexibel und optimal gestaltet werden. Dies erlaubt eine deutlich verbesserte
Gesamtlebensdaueroptimierung derartiger Bauteile unter Berücksichtigung der in ihnen
auftretenden Wärmespannungen be ungleichförmigen Betriebsbedingungen.
Kurze Beschreibung der Zeichnung
[0011] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer Wärmebehandlung, charakterisiert durch eine Austenitalterungsbehandlung
(engl. ausageing);
- Fig. 2
- Einfluss der Lösungsglühtemperatur auf die Korngrösse von erfindungsgemässen Legierungen
im Vergleich mit einer bekannten und neu - eingeführten Legierung P/T91;
- Fig. 3
- Einfluss einer isothermen Austenitalterung auf die Härte des anschliessend abgeschreckten
Martensits; Die Temperaturangabe bezieht sich auf diejenige Temperatur bei der die
Austenitalterung durchgeführt wurde; Die Zeitachse gibt die Dauer einer jeden durchgeführten
Austenitalterung wieder.
- Fig. 4
- Anlasskurven erfindungsgemässer Legierungen im Vergleich mit der bekannten Legierung
X20 CrMoV 12 1;
- Fig. 5
- Einfluss einer Austenitüberalterung auf die Anlasskurve der erfindungsgemässen Legierung
AP1;
- Fig. 6
- Einfluss einer Austenitalterung auf die Kerbschlagsarbeit und Uebergangstemperatur
der Kerbschlagsarbeit der erfindungsgemässen Legierung AP1;
- Fig. 7
- Einfluss einer Austenitalterung auf die Streckgrenze bei Prüftemperaturen zwischen
23 und 600°C der erfindungsgemässen Legierung AP1;
- Fig. 8
- Vergleich der Warmstreckgrenzen zwischen der erfindungsgemässen Legierung AP1 und
bekannten Legierungen;
- Fig. 9
- Vergleich von Kerbschlagarbeit und Streckgrenze bei Raumtemperatur zwischen der erfindungsgemässen
Legierung AP1 und bekannter Legierungen;
- Fig. 10
- Einfluss einer Austenitalterung auf die Kerbschlagsarbeit und Uebergangstemperatur
der Kerbschlagsarbeit der erfindungsgemässen Legierung AP8;
- Fig. 11
- Einfluss der chemischen Zusammensetzung (AP1, AP8) und der Temperatur der Austenitüberalterung
(700°C, 600°C) auf den Verlauf der Warmstreckgrenze zwischen 23°C und 650°C.
Weg zur Ausführung der Erfindung
[0012] Die zur erfindungsgemässen Verwendung entwickelten Spezifikationen enthalten im wesentlichen
8 bis 15% Cr, bis 15% Co, bis 4% Mn, bis 4%Ni, bis 8% Mo, bis 6%W, 0.5 bis 1.5%V,
bis 0.15%Nb, bis 0.04%Ti, bis 0.4%Ta, bis 0.04% Zr, bis 0.04% Hf, bis 0.1 %C und 0.12-0.25%N
und können durch Giessen oder auf pulvermetallurgischem Weg hergestellt werden. Spezifikationen
dieser Art machen sich in Abhängigkeit der vorgesehen Verwendung gezielte Auflösungs-
und Neausscheidungsreaktionen thermodynamisch stabiler Sondernitride und Sonderkarbonitride
bei hohen Temperaturen und vor der martensitischen Phasenumwandlung zu Nutze. Hieraus
wird die Gesamtstabilität des in der Anlassbehandlung und im Betrieb reifenden Gefüges
erhöht und die mechanischen Eigenschaften insgesamt verbessert.
[0013] Bekannte und in der Technik eingeführte vollmartensitische 9-12% Chromstähle sind
zumeist kohlenstoffreich und erzielen ihre Wirkung durch ein Anlassgefüge in denen
Chromkarbide vom Typ M
23(C,N) und M
2(C,N) den höchsten Beitrag am gesamten Ausscheidungsvolumen liefern. Diese Ausscheidungsphasen
neigen zu rascher Vergröberung und Agglomeration innerhalb des heterogenen martensitischen
Grundgefüges, und sind daher nicht nur in ihrer Wirkung auf die Festigkeit sehr begrenzt,
sondern wirken gleichzeitig auch zähigkeitsvermindernd. Ihre Volumenbeiträge lassen
sich zu Gunsten eines erhöhten Ausscheidungsvolumens an sogenannten Sonderkarbonitiriden
verringern, sofern die Spezifikationen an entsprechenden Sonderkarbonitridbildnern,
wie zum Beispiel Nb, Ti, Ta, Zr und Hf angereichert werden. Solche Spezifikationen
wiederum erbringen bei den hieraus anzuwendenden erhöhten Lösungsglühtemperaturen
einen unzureichenden Widerstand gegen Kornvergröberung, welcher sich ebenfalls sehr
zähigkeitsvermindernd auswirkt. Darüberhinaus gelingt es mit diesen Massnahmen nicht
die Durchhärtung in verbessernder Weise deutlich zu beeinflussen. Sehr langsame Abkühlgeschwindigkeiten
haben dabei die Ausscheidung von rasch vergröbernden Chromkarbiden auf den Austenitkorngrenzen
und eine teilweise erfolgende Umwandlung in ein ferritisches, perlitisches oder bainitisches
Gefüge zur Folge.
[0014] Die obengenannten Schwächen der bekannten und in der Technik eingeführten Spezifikationen
werden durch eine kontrollierte Abstimmung hoher Gehalte an Stickstoff und Vanadium,
und untergeordenten Beimengungen an weiteren Sonderkarbonitridbildnern wie Nb, Ta,
Ti, Zr und Hf wie folgt behoben. Die Löslichkeit von Stickstoff und Vanadium, sofern
sie in hohen Gehalten zulegiert werden, ist in einem Temperaturbereich zwischen 1300
und 600°C, in dem Austenit als stabile oder metastabile Matrix vorliegt, stark temperaturabhängig.
Dieses Löslichkeitsgefälle ermöglicht die partielle Auflösung und Neuausscheidung
eines sehr festigkeitswirksamen hohen Ausscheidungsvolumens von kubischen VN-Sondernitriden.
Dieser Ausscheidungstyp entsteht im entsprechenden Temperaturbereich sehr gleichmässig
und weist einen hohen Widerstand gegen Vergröberung auf. Durch ein gezieltes Mikrolegieren
mit Nb, Ta, Ti, Zr, und Hf lässt sich die Ausscheidungsmenge beeinflussen und die
Stabilität der Teilchen gegen Vergröberung verbessern. Als eine Konsequenz davon lassen
sich während der Schmiedebehandlung durch Auflösungs- und Neuausscheidungsreaktionen
äusserst feinkörnige Strukturen einstellen. Die aus der Schmiedebehandlung resultierenden
Strukturen sind durch die stabilisierende Wirkung von Primärnitriden sehr widerstandsfähig
gegen Kornvergröberung und erlauben daher eine kontrollierte partielle Neuauflösung
von Primärnitriden während der Lösungsglühbehandlung. Im Rahmen einer kontrollierten
Abkühlung mit oder ohne einer isothermen Glühung in einem mittleren Temperaturbereich
oder einer thermomechanischer Behandlung können sodann gezielt Nitriddispersionen
mit einer Teilchgrösse von 3-50nm und Teilchenabständen zwischen 5 und 100nm erzeugt
werden. Diese beeinflussen die Morphologie und die Versetzungsdichte des entstehenden
Martensits. Die unkontrollierte Ausbildung grober Korngrenzenausscheidungen oder die
Bildung von Korngrenzenfilmen werden durch Art und die Entstehungskinetik dieser Sondernitride
unterdrückt. Bainitumwandlung wird in derartigen stickstoff-und vandiumreichen Systemen
nicht beobachtet. Wird die Ausscheidungsreaktion nach rascher Abkühlung im Martensit
während der Anlassbehandlung durchgeführt, so nimmt die Ungleichmässigkeit in der
räumlichen Verteilung der Nitride stark zu und die Filmbildungs- und/oder Agglomerationsanfälligkeit
auf den inneren Grenzflächen des angelassenen Martensits wird augenfällig. Diese senken
die erzielbaren Kombinationen von Festigkeit und Zähigkeit, so auch die erzielbare
Kombination aus Kriechbruchfestigkeit und Kriechzähigkeit. Hieraus findet sich in
solchen Spezifikationen immer eine bestimmte, verzögerte Abkühlgeschichte und Ausscheidungsführung
vor der martensitischen Phasenumwandlung, die letztlich zu besseren Eigenschaftskombinationen
führt.
[0015] Einzelne hochstickstoffhaltige Legierungszusammensetzungen vom Typ vollmartensitscher
9-12% Chromstahl, welche das inherente Vermögen aufweisen, Vanadiumnitride in der
oben geschilderten Weise auszuscheiden, existieren schon zum Teil. Unbekannt sind
indessen Spezifikationen, die in den hier als Erfindung aufgeführten Spezifikationen
gleich die optimale Kombination der entscheidenden Beeinflussungsmethoden der Gefügeentwicklung
aufzeigen. Hierzu gehören insbesondere die Kontrolle über den Widerstand gegen Kornvergröberung
bei sehr hohen Lösungsglühtemperaturen, die Möglichkeit zur Festigkeitsteigerung durch
die Erzeugung eines erhöhten Ausscheidungsvolumen während sehr langsamen Abkühlgeschichten
und die sehr wirksame Steigerung der Anlassbeständigkeit als Folge diese Abkühlprozesse.
[0016] Nachfolgend werden die besonders bevorzugten Mengen für jedes Element und die Gründe
für die gewählten Legierungsbereiche in ihrem Zusammenhang mit dem aussergewöhnlichen
Wärmebehandlungsverfahren aufgezeigt.
Chrom
[0017] Chrom ist ein die Korrosionsbeständigkeit und die Durchvergütbarkeit förderndes Element.
Indessen muss seine ferritstabilisierende Wirkung durch die austenitstabilisierende
Wirkung anderer Elemente, wie Co, Mn oder Ni kompensiert werden. Diese senken in nachteiliger
Weise für die Entstehung eines vollmartensitischen Vergütungsgefüges sowohl die Martensit-Starttemperatur
wie auch die Ferritstabilität bei der Anlassbehandlung oder aber erhöhen wie im Falle
von Co die Legierungskosten. Aus diesem Grunde sollte Cr 15 Gew.-% nicht übersteigen.
Weniger als 8% Chrom wiederum senken nicht nur die Korrosions und Oxidationsbeständigkeit
auf ein untolerierbares Niveau, sondern beeinträchtigen auch die Durchhärtbarkeit
in einer Weise, dass eine flexible Ausscheidung von Sondernitriden vor der martensitischen
Phasenumwandlung stark beeinträchtigt wird. Ein besonders bevorzugter Bereich ist
10 bis 14% Chrom, insbesondere 11 bis 13% Chrom.
Mangan
[0018] Mangan ist ein die Durchvergütbarkeit sehr stark förderndes Element und ist für eine
flexible Ausscheidungsführung von Sondernitriden vor der martensitischen Phasenumwandlung
sehr wichtig. 4 Gew.-% sind jedoch für diese Zwecke ausreichend. Darüberhinaus senkt
Mn die Martensit-Starttemperatur und die Ferritstabilität bei der Anlassbehandlung,
was zu unerwünschten Gefügeausbildungsformen im vollvergüteten Zustand führt. Besonders
bevorzugte Bereiche sind bis zu 2.5%, 0.5 bis 2.5% und 0.5 bis 1.5% Mangan.
Nickel
[0019] Nickel ist ebenso wie Mn ein die Durchvergütbarkeit förderndes Element, jedoch ist
seine Wirkung diesbezüglich nicht so stark wie die des Mangans. Auf der anderen Seite
ist seine Wirkung in bezug auf die Austenitstabilität bei hohen Lösungsglühtemperaturen
deutlich stärker als die des Mangans. Weiterhin ist auch seine absenkende Wirkung
auf die Martensit-Starttemperatur und die Ferritstabilität beim Anlassen nicht so
hoch wie die des Mangans. Eine Substitution von Ni durch Mn richtet sich nach der
Flexibilität der durchzuführenden Ausscheidungsreaktionen vor der martensitischen
Phasenumwandlung und nach der Höhe der zu fordernden A
c1 Temperatur für eine optimale Gefügeausbildung im vergüteten Zustand. Der Nickel-Gehalt
sollte indessen 4 Gew. -% nicht überschreiten, ansonsten die A
c1 auf unzureichend tiefe Werte fällt. Besonders bevorzugte Bereiche sind bis zu 2.5%,
0.3 bis 2.5%, 0.5 bis 2.5%, bis zu 2% und bis zu 1.5% Nickel.
[0020] Da Nickel und Mangan in ähnlicher Weise wirken sind weniger die absoluten Mengenanteile
jedes einzelnen Elementes, doch vielmehr die Summe beider Mengenanteile entscheidend.
Für eine hinreichend optimale Gefügeausbildung darf die Summe aus Ni + Mn nicht mehr
als 4 Gew.-% betragen. Besonders bevorzugte Bereiche liegen bei Mn + Ni nicht mehr
als 3.0 Gew.-%, Mn + Ni nicht mehr als 2.5 Gew.-%, Mn + Ni nicht mehr als 2.0 Gew.-%
und Mn + Ni = 0.5 Gew.-% bis Mn + Ni = 2.5 Gew.-%.
Kobalt
[0021] Kobalt ist das für die Optimierung einer hohen Austenitstabilität bei hohen Lösungsglühtemperaturen
und einer hohen A
c1-Temperatur bedeutenste Element. Sein Mengenanteil richtet sich nach der Menge der
für die Festigkeit wichtigen ferritstabilisierenden Elemente Mo, W, V, Nb, Ta, Ti,
Zr und Hf. Oberhalb 15 Gew.-% fällt die Ac1-Temperatur auf nicht mehr tolerierbar
tiefe Werte für ein vollvergütetes Gefüge ab. Bevorzugte Bereiche liegen bei 5 bis
15 Gew.-%, 3 bis 15 Gew.-%, 1 bis 10 Gew.-%, 3 bis 10 Gew.-%, 1 bis 8 Gew.-%, 3 bis
7 Gew.-% und 1 bis 6 Gew.-%. Ein besonders bevorzugter Bereich ist 5 - 15 Gew.-% Kobalt
für Legierungen, die aufgrund hoher Molybdän- und Wolframgehalte über ein sehr hohes
Festigkeitspotenital aufweisen, und 1 - 10 Gew.-% Kobalt für Legierungen auf kleinem
bis mittleren Festigkeitsniveau.
Kleine Festigkeitsniveaus liegen bei ungefähr 700 bis 850 MPa, mittlere bei 850 bis
1100 MPa und hohe über 1100MPa.
Molybdän
[0022] Molybdän kann viele für die Gefügeausbildung wichtige Funktionen übernehmen. Chrom
und Mangan gleich hat es eine bezogen auf die Durchvergütbarkeit stark fördernde Wirkung.
Darüberhinaus kann es in Lösung oder über Ausscheidungsreaktionen wesentlich an einer
weiteren Festigkeitssteigerung beitragen. Hohe Molybdängehalte senken indessen durch
die rasche Vergröberung der sie bildenden intermetallischen Ausscheidungsphasen die
Zähigkeit. Sein idealer Gehalt richtet sich nach den vorgesehen Anwendungen und Einsatztemperaturen
der entsprechenden Bauteile. Molybdängehalte oberhalb 8 Gew.-% senken indessen die
Zähigkeit und die Martensit-Starttemperatur auf untolerierbare Werte. Bevorzugte Molybdängehalte
liegen unter 5 Gew.-%, insbesondere unter 4 und 3 Gew.-%.
Wolfram
[0023] Wolfram wirkt in ähnlicher Weise wie Molybdän und der Molybdängehalt sollte unterhal
6 Gew.-% liegen. Sein Idealgehalt hängt ebenso wie Molybdän von der Anwendung und
der Einsatztempertur der entsprechenden Bauteile ab. Bevorzugte Wolframgehalte liegen
unter 4 Gew.-%, insbesondere unter 3 Gew.-%.
[0024] Da Molybdän und Wolfram in ähnlicher Weise wirken sind weniger die absoluten Mengenanteile
jedes einzelnen Elementes, doch vielmehr die Summe beider Mengenanteile entscheidend.
Für eine hinreichend optimale Gefügeausbildung darf die Summe aus Mo + W nicht mehr
als 8 Gew.-% betragen. Ein besonders bevorzugter Bereich für hochfeste Legierungen
liegt bei Mo + W = 3 bis Mo + W = 8 Gew.-%, insbesondere bei Mo + W = 3 bis Mo + W
= 5 Gew.-%. Ein besonders bevorzugter Bereich für Legierungen in der kleineren bis
mittleren Festigkeitsklasse liegt bei Mo + W kleiner 4 Gew.-%, insbesondere bei Mo
+ W kleiner 3 Gew.-% und bei Mo + W = 1 bis Mo + W = 3 Gew.-%.
Vanadium
[0025] Vandium ist das in Bezug auf die Einstellung höchster Eigenschaftskombinationen wie
Festigkeit und Zähigkeit, Kriechbruchfestigkeit und Kriechduktilität sowie Strukturstabilität
bedeutenste Legierungselement. Es gewährleistet zusammen mit Stickstoff einen hohen
Widerstand gegen Kornvergröberung bei hohen Lösungsglühtemperaturen und ein festigkeitsbringendes
hohes Ausscheidungsvolumen von VN-Sondernitriden bei tieferen Ausscheidungstemperaturen.
Für eine hinreichend hohe Kombination eines hohen Kornvergröberungswiderstandes mit
einem festigkeitswirksamen Ausscheidungsvolumen sind indessen mindestens 0.5 Gew.-%
notwendig. Erhöhte Gehalte an Vanadium machen erhöhte Lösungsglühtemparturen notwendig.
Bei Vandium Gehalten oberhalb 1.5 Gew.-% steigt die aufzubringende Lösungsglühtemperatur
für erhöhte Festigkeiten auf technisch nicht mehr zu realisierende Werte an. Ein bevorzugter
Bereich ist 0.5 bis 1 Gew.-% Vanadium. Ein besonders bevorzugter Bereich ist 0.5 bis
0.8 Gew.-% Vanadium.
Stickstoff
[0026] Stickstoff ist das zu Vandium gehörende Begleitelement für die Bildung von MN-Sondernitriden.
Für eine hinreichend gute Kombination eines hohen Kornvergröberungswiderstandes mit
einem festigkeitswirksamen Ausscheidungsvolumen sind mindestens 0.12 Gew.-% notwendig.
Dem Vanadium gleich steigt die aufzubringende Lösungsglühtemperatur für verbesserte
Eigenschaften bei Stickstoffgehalten oberhalb 0.25 Gew.-% auf technisch nicht mehr
zu realisierende Werte an. Ein bevorzugter Bereich ist 0.12 - 0.2 Gew.- % Stickstoff.
Ein besonders bevorzugter Bereich ist 0.12 - 0.18 Gew.- % Stickstoff.
Kohlenstoff
[0027] Stickstoff kann bis zu gewissen Mengenanteilen durch Kohlenstoff in den entsprechenden
Ausscheidungen substituiert werden. In geringen Mengen kann Kohlenstoff an einem erhöhten
Ausscheidungsvolumen von Sonderkarbonitriden beitragen, ohne dass der Kornvergröberungswiderstand
abnimmt. Ueberschüssiger Kohlenstoff erhöht die Härte des abgeschreckten Martensits.
Indessen fördert es die Bildung zähigkeitsvermindernder Ausscheidungsphasen wie M
23C
6 und M
2(C,N), sowie die Bildung von Bainit bei kleinen Abkühlgeschwindigkeiten. Der Kohlenstoffgehalt
sollte daher 0.1 Gew.-% nicht übersteigen. Ein bevorzugter Bereich ist weniger als
0.05 Gew.-% C. Ein besonders bevorzugter Bereich ist weniger als 0.03 Gew.-% C
Niob, Tantal, Titan, Zirkon und Hafnium
[0028] Dies sind alles Legierungselemte, die mit Stickstoff und Kohlenstoff dem Vanadium
ähnlich Sonderkarbide vom Typ MX bilden können. In Abwesenheit von Vanadium ist die
einstellbare Kombination eines hohen Kornvergröberungswiderstandes mit einem festigkeitswirksamen
Ausscheidungsvolumen von MX-Sonderkarbonitriden (M = Nb, Ta, Ti, Zr, Hf; X = C, N)
aufgrund der zu hohen Affinität dieser Sondernkarbonitridbildnern zu N und C insignifikant
klein. Ihre Wirkung beruht vornehmlich darin, dass sie in kleinen Beimengungen den
Kornvergröberungswiderstand beim Lösungsglühen und die Stabilität von primären und
auszuscheidenden V(N,C)-Nitriden durch partielle Substitution von V erhöhen. Für eine
optimale Wirkung sollten ihre Gehalte in Abhängigkeit ihrer Affinität zu den Elementen
C und N kritische Werte nicht übersteigen. Für Nb sind dies 0.15 Gew.-%, für Ta 0.4
Gew.-%, für Ti 0.04 Gew.-% und für die Elemente Hf und Zr je 0.02-Gew.-%. Diese Elemente
vermögen alleine oder in Kombination miteinander wirksam an Eigenschaftsverbesserungen
beitragen. Die optimale Zusammenstellung hängt von den einzustellenden mechanischen
Eigenschaften ab.
[0029] Neben Vanadium ist Niob das bevorzugte Element unter den Sondernitridbildnern. Bevorzugte
maximale Niob Gehalte liegen unter 0.1 Gew.-%. Sehr bevorzugte Niob Gehalte liegen
bei 0.02 bis 0.1 Gew.-%.
Bor
[0030] Bor ist ein die Durchvergütbarkeit förderndes Element und daher für flexible Ausscheidungsreaktionen
im Austenit vor der martensitischen Phasenumwandlung zweckmässig. Darüber hinaus erhöht
es den Vergröberungswiderstand von Ausscheidungen im angelassenen Martensit. Da es
zu Seigerungen neigt und eine hohe Affinität zum Stickstoff zeigt, muss der Bor Gehalt
auf 0.005 Gew.-% begrenzt werden.
Silizium
[0031] Silizium ist ein wichtiges Desoxidationselement und findet sich daher immer in Stahl.
Es kann in Lösung zur Festigkeit des Stahles beitragen und gleichzeitig auch die Oxidationsbeständigkeit
erhöhen. In grossen Mengenanteilen wirkt es indessen versprödent. Der Gewichtsanteil
von Silizium sollte daher 0.3 Gew.-% nicht überschreiten.
[0032] Die erfindungsgemässen Legierungsspezifikationen gewährleisten ein vollmartensitisches
Anlassgefüge, welches durch einen erweiterten Vergütungsprozess erzeugt wird. Dieser
besteht aus einer Lösungsglühbehandlung, einer kontrolliert raschen oder langsamen
Abkühlbehandlung, mit oder ohne einer der martensitischen Phasenumwandlung vorangehenden
thermomechanischen Behandlung oder isothermer Glühung, und einer nach dem Abschrecken
auf Raumtemperatur anschliessenden Anlassbehandlung.
[0033] Die Lösungsglühbehandlung erfolgt bei Temperaturen zwischen 1150°C und 1250°C mit
Haltezeiten zwischen 0.5 und 15h. Der Zweck dieser Lösungsglühbehandlung ist die partielle
Auflösung von Sondernitriden und Sonderkarbonitriden. Eine speziell verzögerte Abkühlung
oder iostherme Glühung mit oder ohne thermomechanischer Behandlung, d.h. Verformung,
in der Abschreckphase erfolgt bei Temperaturen zwischen 900 und 500°C und kann die
gesamte Abschreckbehandlung um bis zu 1000h verzögern. Diese beabsichtigt eine kontrollierte
Führung von Ausscheidungsprozessen in der austenitischen Grundmatrix und die Beeinflussung
der martensitischen Phasenumwandlung durch bereits existierende Ausscheidungsphasen,
sowie die verzögerte Gefügealterung während des Anlassens und im Betrieb. Die Anlassbehandlung
erfolgt bei Temperaturen zwischen 600 und 820°C und erfolgt in Glühzeiten zwischen
0.5 und 25h. Diese beabsichtigt eine partielle Erholung der durch die martensitische
Phasenumwandlung erzeugten inneren Spannungen.
[0034] Der mittlere Korndurchmesser des sich in der Stahllegierung durch die Lösungsglühbehandlung
entwickelnden Gefüges wächst nicht über einen Wert von 50µm hinaus. Zusätzlich wird
durch die anschliessende Abkühlung bis auf die Martensit-Starttemperatur die kontrollierte
Ausscheidungsführung von vanadiumreichen Sondernitriden oder Sonderkarbonitriden beeinflusst,
sei es durch eine thermomechanische Behandlung oder sei es durch eine künstlich verzögerte
Abkühlung.
Ausführungsbeispiel
[0035] Im folgenden soll im Sinne der vorangehend formulierten Legierungs und Wärmebehandlungsspezifikationen
auf Legierungszusammensetzung und Wärmebehandlungen eingegangen werden. Die chemische
Zusammensetzung dieser unter AP bezeichneten erfindungsgemässen Legierungen sind in
Tabelle 1 wiedergegeben und werden dort mit verschiedenen Vergleichslegierungen verglichen.
Die AP - Legierungen grenzen sich vornehmlich in den hohen Stickstoff- und Vanadiumgehalten
ab.
[0036] Die AP - Legierungen wurden bei einem Stickstoffpartialdruck von 0.9bar bei Temperaturen
zwischen 1500 und 1600°C erschmolzen. Die gegossen Blöcke wurden zwischen 1230 und
1050°C geschmiedet. Die Wärmebehandlungen wurden an geschmiedeten Platten mit einer
Dicke von 15mm durchgeführt.
[0037] Bei den Wärmebehandlungen für die mechanischen Prüfungen erfolgte die Lösungsglühung
bei 1180°C und dauerte 1h. Im Anschluss dazu wurde jeweils eine ofenkontrollierte
Abkühlung mit einer Kühlrate von 120°C/h vorgenommen. Einzelne Wärmebehandlungen zeichnen
sich durch eine isotherme Austenitalterung (engl. Ausageing) aus. Dabei wird die Probe
nach dem Lösungsglühen auf eine mittlere Temperatur abgekühlt, welche deutlich oberhalb
der Martensit - Start Temperatur liegt; sodann auf dieser Temperatur für eine gewisse
Zeit gehalten und anschliessend auf Raumtemperatur abgekühlt. Eine solche Wärmebehandlung
ist schematisch in Figur 1 wiedergegeben.
[0038] Die einzelnen Wärmebehandlungen werden nachfolgend mit T2, T4 und T5 bezeichnet und
weisen folgende Charakteristiken auf:
- T2:
- Aufheizen von 300 auf 1180°C mit 450°C / h
Lösungsglühen bei 1180°C während 1h
Abkühlung an Luft auf Raumtemperatur innerhalb 2h
Anlassen bei 700°C während 4h mit anschliessender Abkühlung an Luft
- T5:
- Aufheizen von 300 auf 1180°C mit 450°C / h
Lösungsglühen bei 1180°C während 1h
Abkühlung im Ofen auf 700°C mit 120°C / h
isothermes Glühen bei 700°C während 120h
Abkühlen im Ofen auf Raumtemperatur mit 120°C / h
Anlassen bei 700°C während 4h mit anschliessender Abkühlung an Luft
- T6:
- Aufheizen von 300 auf 1180°C mit 450°C / h
Lösungsglühen bei 1180°C während 1h
Abkühlung an Luft auf Raumtemperatur innerhalb 2h
Anlassen bei 650°C während 4h mit anschliessender Abkühlung an Luft
[0039] Die Wärmebehandlungen T2 und T6 unterscheiden sich von der Wärmebehandlung T5 durch
sehr hohe Abkühlgeschwindigkeiten in der Abschreckphase aus. In der Wärmebehandlung
T5 wird zusätzlich eine längere isotherme Glühung vor der martensitischen Phasenumwandlung
durchgeführt.
[0040] Fig. 1 zeigt schematisch die Zeit-Temperatur Geschichte der Wärmebehandlung T5.
[0041] Es wurden umfangreiche Untersuchungen über die Wirkung der Lösungsglühtemperatur
auf die Kornvergröberung, über die Wirkung einer der martensitischen Phasenumwandlung
vorangehenden Austenitalterung auf die Martensithärte und auf die Anlassbeständigkeit
durchgeführt. Anbei wurden für ausgewählte Legierungen die zu erreichende Festigkeit
und Kerbschlagarbeit unter Einbeziehung neuartiger Wärmebehandlungen geprüft.
[0042] Figur 2 zeigt die Korngrössen, die sich aus der Anwendung verschiedener Lösungsglühtemperaturen
ergeben. Im Allgemeinen wächst die Körngrösse mit zunehmender Lösungsglühtemperatur.
Im Falle konventioneller 9-12% Chromstähle setzt oberhalb einer Lösungsglühtemperatur
von 1100°C eine sehr ausgeprägte Kornvergröberung ein. Im Gegensatz dazu setzt bei
den erfindungsgemässen Legierungen eine beschleunigte Kornvergröberung erst oberhalb
1200°C ein.
[0043] Figur 3 zeigt für die erfindungsgemässe Legierung AP11 wie sich eine isotherme Glühung
nach der Lösungsglühung und vor der martensitischen Phasenumwandlung auf die Härte
des abgeschreckten Martensits auswirkt. Die einzelnen Proben wurden jeweils bei verschiedenen
Austenitalterungstemperaturen und Austenitalterungszeiten aus dem Ofen entnommen und
in Wasser abgeschreckt. Die Härte beim Zeitnullpunkt entspricht der Martensithärte
in Abwesenheit einer Austenitalterung, entspricht also dem lösungsgeglühten (1200°C/1
h) und direkt abgeschrecktem Zustand. Während einer Austenitalterung ändert sich die
Abschreckhärte in Abhängigkeit der Auslagerungstemperatur und der Auslagerungszeit
vor der martensitischen Phasenumwandlung. Der Härteverlauf kann dabei nicht - monoton
sein. Grundsätzlich werden bei tiefen Austenitalterungstemperaturen höhere Abschreckhärten
erzielt als bei hohen Austenitalterungstemperaturen. Figur 3 zeigt jedoch, dass eine
Austenitalterungsbehandlung zum Zwecke neuer Gefügezustände hinreichend so gesteuert
werden kann, dass keine grossen Härteverluste zu erwarten sind.
[0044] Figur 4 zeigt die Anlasskurven dreier erfindungsgemässen Legierungen im Vergleich
mit der bekannten Legierung X20 CrMoV 12 1. Grundsätzlich werden bei den erfindungsgemässen
Legierungen bei Anlasstemperaturen oberhalb 600°C höhere Anlasstemperaturen erzielt,
und dies bei gleichem Gehalt an Molybdän in der Legierung (Vergleich AP14 mit TAF
in Tabelle 1). Der Einfluss von Molybdän wird erst bei sehr hohen Gehalten signifikant
(AP8).
[0045] Figur 5 zeigt den Einfluss einer vorangehenden Austenitüberalterung auf die Anlassbeständigkeit
einer erfindungsgemässen Legierung AP11. Austenitüberalterung bezieht sich auf Gefügezustände,
welche nach einer Austenitalterung eine kleinere Martensithärte aufweisen als der
lösungsgeglühte und direkt abgeschreckte Zustand. Ersichtlich wird jedoch, dass die
Unterschiede zu den für die Technik bedeutenden Anlasstemperaturen oberhalb 600°C
abnehmen. Es gibt sogar Zustände (austenitgealtert: 600°C/150h), welche bei einer
Anlasstemperatur von 650°C eine höhere Härte aufweisen. Die Austenitalterung lässt
sich somit für die Einstellung höherer Festigkeiten nutzen.
[0046] Figure 6 zeigt den Einfluss einer Austenitalterung auf die Kerbschlagarbeit und der
Uebergangstemperatur der Kerbschlagarbeit für die erfindungsgemässe Legierung AP1.
Grundsätzlich sinkt die Uebergangstemperatur der Kerbschlagarbeit mit zunehmender
Anlasstemperatur und erlaubt daher die Einstellung höherer Kerbschlagarbeiten. Im
Falle der Legierung AP1 wird ersichtlich, dass eine Austenitüberlalterung zu keiner
wesentlichen Versprödung führt.
[0047] Figur 7 zeigt den Einfluss einer Austenitalterung auf die Streckgrenze bei Prüftemperaturen
zwischen 23°C und 600°C. Grundsätzlich steigen die Streckgrenzen mit sinkender Anlasstemperatur.
Dies bedeutet, dass die Erzielung hoher Festigkeiten entsprechend Figur 6 auf Kosten
einer deutlich reduzierten Kerbschlagarbeit geht. Hingegen führt eine Austenitüberalterung
der erfindungsgemässen Legierung AP1 zu einer deutlichen Steigerung der Streckgrenze
bis zu einer Temperatur von ungefähr 550°C ohne dass sie an eine Versprödung geknüpft
ist.
[0048] Figur 8 zeigt einen Vergleich der Streckgrenzen zwischen der erfindungsgemässen Legierung
AP1 und bekannten (X20CrMoV121, X12 CrNiMo 12) oder in der Technik neu - eingeführten
Legierung (X12 CrMoWVNbN11 1 1), wobei es sich bei den angegeben Vergleichswerten
um minimale Normwerte handelt. Der Vergleich zeigt, dass bei ähnlichen Anlasstemperaturen
für die beispielhafte Legierung AP1 deutlich höhere Streckgrenzen resultieren.
[0049] In Figur 9 wird ein Vergleich gezogen zwischen einer Reihe alt - bekannter und neu-eingeführter
Legierungen mit der beispielhaften Legierung AP1. Ersichtlich ist, dass eine unter
Berücksichtigung einer optimierten Austenitalterung hergestellte erfindungsgemässe
Legierung vom Typ AP1 eine deutlich bessere Kombination von Kerbschlagarbeit und Streckgrenze
bei Raumtemperatur ermöglicht, wobei eine wohl - optimierte chemische Zusammensetzung
entsprechend der beispielhaften Legierung AP1 die entscheidende Voraussetzung für
einen positiven Nutzen einer Austenitalterung darstellt.
[0050] Figur 10 zeigt den Einfluss einer Austenitalterung auf die Kerbschlagarbeit und Uebergangstemperatur
der Kerbschlagarbeit für eine erfindungsgemässe Legierung AP8. Diese ist durch einen
hohen Gehalt an Molybdän gekennzeichnet (Tabelle 1). Damit lässt sich eine ausserordentlich
hohe Anlassbeständigkeit selbst oberhalb einer Anlasstemperatur von 600°C erzielen
(Figur 4). Andererseits ist dies mit dem Nachteil ausgeprägter Versprödung verknüpft.
Eine Erhöhung der Anlasstemperatur von 710 auf 740°C erweist sich hier als wenig wirksam.
Hingegen lässt sich für diese Legierung die Uebergangstemperatur der Kerbschlagarbeit
durch eine vorangehende Austenitüberalterung selbst unter Beibehaltung einer Anlasstemperatur
von 710°C beträchtlich senken.
[0051] Figur 11 zeigt für dieselbe Legierung AP8 den Einfluss einer Austenitüberalterung
auf die Streckgrenze zwischen 23°C und 650°C. Wohl wird durch die Austenitüberalterung
im Gegensatz zur Legierung AP1 keine Steigerung der Streckgrenze bei Raumtemperatur
erzielt, hingegen wird durch eine Austenitüberalterung bei tieferen Austenitalterungstemperaturen
eine beträchtliche Steigerung der Warmstreckgrenze bei Temperaturen oberhalb 500°C
erzielt. Diese Vergleiche belegen, dass es durch eine optimale chemische Zusammensetzung
- gekennzeichnet durch hohe Gehalte an Stickstoff und Vanadium - zusammen mit einer
Optimierung der Austenitalterungsbedingungen möglich ist, bessere Kombinationen in
den mechanischen Eigenschaften zu gewinnen.

1. Vollmartensitischer Vergütungsstahl,
im wesentlichen bestehend aus: (gemessen in Gew.-%) 8 bis 15% Cr, bis 15% Co, bis
4% Mn, bis 4%Ni, bis 8% Mo, bis 6%W, 0.5 bis 1.5%V, bis 0.15%Nb, bis 0.04%Ti, bis
0.4%Ta, bis 0.02% Zr, bis 0.02% Hf, maximal 50 ppm B, bis 0.1%C und 0.12-0.25%N, wobei
der Gehalt an Mn+Ni kleiner als 4% und der Gehalt an Mo+W kleiner als 8% ist, Rest
Eisen und übliche erschmelzungsbedingte Verunreinigungen.
2. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass 0.5 bis 1% V und 0.12 - 0.2 %N, nicht mehr als 0.1%Nb vorliegt und / oder 0.001
bis 0.04%Ti, und / oder 0.001 bis 0.4%Ta, und / oder 0.001 bis 0.02%Zr, und / oder
0.001 bis 0.02%Hf vorliegen.
3. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass 0.5 bis 0.8% V und 0.12 - 0.18 %N, der Gehalt an Niob zwischen 0.02 und 0.1%
liegt und 0.001 bis 0.04%Ti, und / oder 0.001 bis 0.4%Ta, und / oder 0.001 bis 0.02%Zr,
und / oder 0.001 bis 0.02%Hf vorliegen.
4. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass 5 - 15% Co vorliegt.
5. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 2 und 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass 10 - 14% Cr, nicht mehr als 2.5% Mn und nicht mehr als 2.5% Ni vorliegen, wobei
die Summe Ni + Mn nicht mehr als 2.5% beträgt, nicht mehr als 5% Mo und nicht mehr
als 4% W vorliegen und die Summe aus Mo + W zwischen 3 und 6% liegt.
6. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 3 und 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass 11 - 13% Cr, dass nicht mehr als 1.5% Mn und nicht mehr als 1.5% Ni vorliegen,
wobei die Summe Ni + Mn nicht mehr als 2% beträgt und die Summe aus Mo + W zwischen
3 und 5% liegt.
7. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass 1 - 10% Co vorliegt.
8. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 2 und 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass 10 - 14% Cr und 1 - 8% Co, dass nicht mehr als 2% Mn und nicht mehr als 2% Ni
vorliegt, wobei die Summe Ni + Mn nicht mehr als 2.5% beträgt, nicht mehr als 3% Mo
und nicht mehr als 3%W vorliegen und die Summe aus Mo + W nicht mehr als 3% beträgt.
9. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 3 und 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass 11 - 13% Cr und 1 - 6% Co, dass nicht mehr als 1.5% Mn und nicht mehr als 1.5%
Ni vorliegt, wobei die Summe Ni + Mn nicht mehr als 2% beträgt.
10. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass 3 - 15% Co vorliegt.
11. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 2 und 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass 10 - 14% Cr und 3 - 10% Co, dass nicht mehr als 2.5% Mn und nicht mehr als 2.5%
Ni vorliegt, wobei die Summe Ni + Mn nicht mehr als 3% beträgt, nicht mehr als 4%
Mo und 4%W vorliegen und die Summe aus Mo + W nicht mehr als 4% beträgt.
12. Vollmartensitischer Vergütungsstahl nach Anspruch 3 und 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass 11 - 13% Cr und 3-7% Co, dass nicht mehr als 3% Mo und nicht mehr als 3% W vorliegen
und die Summe aus Mo + W nicht mehr als 3% beträgt.
13. Verwendung der durchvergütbaren Stahllegierung entsprechend den Ansprüchen 1 - 12
für lasttragende Anwendungen.
14. Wärmebehandlungsverfahren für die durchvergütbaren Stahllegierungen entsprechend den
Ansprüchen 1 - 12
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung bei Temperaturen zwischen 1150°C und 1250°C mit Haltezeiten zwischen
0.5 und 15 h lösungsgeglüht wird, dass die Legierung auf Raumtemperatur abgekühlt
und anschliessend bei Temperaturen zwischen 600°C und 820°C während 0.5 bis 25 h angelassen
wird.
15. Wärmebehandlungsverfahren nach Anspruch 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung nach dem Lösungsglühen unterhalb einer Temperatur von 900°C mit
Abkühlgeschwindigkeiten kleiner als 120°C / h abgekühlt wird.
16. Wärmebehandlungsverfahren nach Anspruch 14 oder 15, dadurch gekennzeichnet,
dass die Legierung in direktem Anschluss an die Lösungsglühbehandlung unterhalb einer
Temperatur von 900°C einer oder mehreren isothermen Glühungen bei einer oder bei verschiedenen
Temperaturen zwischen 5 und 500h unterworfen wird.
17. Wärmebehandlungsverfahren nach Anspruch 14, 15 oder 16, dadurch gekennzeichnet,
dass die Wärmebehandlung nach dem Lösungsglühen mit einer Verformung verknüpft ist.