(19)
(11) EP 0 869 189 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.10.1998  Patentblatt  1998/41

(21) Anmeldenummer: 98103643.7

(22) Anmeldetag:  02.03.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C21D 1/613
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 11.03.1997 DE 19709957

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Wandke, Ernst, Dr., Dipl.-Ing.
    82538 Geretsried (DE)

   


(54) Verfahren zur Gasabschreckung metallischer Werkstücke


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gasabschreckung metallischer Werkstücke nach einer Wärmebehandlung in einem Wärmebehandlungsofen, wobei die Gasabschreckung entweder im Ofen selbst oder einer gasdichten Kammer durchgeführt wird und wobei als Kühlgas Helium, Wasserstoff, Gemische aus Helium und Wasserstoff oder Gemische aus diesen mit zusätzlich bis zu 30 % Inertgas zur Anwendung kommen. Gekennzeichnet ist das Verfahren insbesondere dadurch, daß ein Kühlgasdruck p im Ofen oder der Abschreckkammer von mehr als 4 MPa (40 bar) eingestellt wird. Bevorzugt werden hierbei Drucke zwischen 4 und 5,5 Mpa eingestellt und zudem relativ hohe Kühlgasgeschwindigkeiten angewandt.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gasabschreckung metallischer Werkstücke nach einer Wärmebehandlung in einem Wärmebehandlungsofen, wobei die Gasabschreckung entweder im Ofen selbst oder einer gasdichten Kammer durchgeführt wird und wobei als Kühlgas Helium, Wasserstoff, Gemische aus Helium und Wasserstoff oder Gemische aus diesen mit zusätzlich bis zu 30 % Inertgas zur Anwendung kommen und dabei die Kühlgasgeschwindigkeit v so eingestellt wird, daß das Produkt aus Kühlgasdruck p und Kühlgasgeschwindigkeit v einen Wert zwischen 10 und 240 MPa m/sec und mehr animmt.

[0002] Gasabschreckverfahren, wie sie oben beschrieben sind und die mit Drücken bis zu 40 bar arbeiten, sind aus der EP 0 313 888 B1 bekannt. Diese Verfahren liefern bereits weitgehend befriedigende Abkühlgeschwindigkeiten des metallischen Behandlungsgutes, es gibt jedoch Anwendungsfälle - z.B. bei niedrig legierten Stählen - in denen eine noch weitergehende Abkühleistung wünschenswert wäre. Andererseits jedoch, erscheint die Möglichkeit, die Abkühlleistung über Druck- und/oder Gasgeschwindigkeitseinstellungen weiter zu steigern als kaum mehr möglich, da mit den vorgenannten Verfahren bereits Druckbereiche in Anwendung sind, die ohnehin schon sehr hoch liegen und die zudem, hinsichtlich der Anlagentechnik und der Motorleistung der notwendigen Gasumwälzventilatoren, anspruchsvolle Ausführungen erfordern. Dies stellt die Ausgangslage und die Aufgabenstellung vorliegender Erfindung dar.

[0003] Der Wunsch nach weiter erhöhten Abkühlgeschwindigkeiten wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein Kühlgasdruck p im Ofen oder der Abschreckkammer von mehr als 4 MPa (40 bar) vorgesehen wird. Vorzugsweise wird ein Kühlgasdruck p im Ofen oder der Abschreckkammer von mehr als 4 MPa und bis zu 5,5 MPa eingestellt.

[0004] Es hat sich in überraschender Weise gezeigt, daß mit der Erfindung eine weitere Steigerung der Abkühlgeschwindigkeit im Bereich von 5 bis 20 % erzielt werden kann. Der Erfindung steht entgegen, daß mit den vorgeschlagenen Druckbereichen in Größenordnungen vorgedrungen wird, die bei der anlagentechnischen Realisierung in der Regel ein aufwendigeres Vorgehen verlangen. Hierbei können jedoch Vorschläge, wie sie die EP 0 495 151 B1 anbietet, zur Anwendung kommen, d.h. daß mindestens Teilbereiche der Abschreckkammer oder des Ofens mit geschlossenen Zwischenvolumina versehen werden, und diese mit einem Inertgas gespült werden. Undichtigkeiten werden so durch Gasanalyse leicht detektierbar und Abschreckgas gelangt nicht unmittelbar in die Umgebung. Dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn als Abschreckgas Wasserstoff verwendet wird.
Eine besonders gesteigerte Kühlleistung wird ferner dann erhalten, wenn relativ hohe Kühlgasgeschwindigkeiten eingestellt werden. Dies ist erfindungsgemäß dann der Fall, wenn die Kühlgasgeschwindigkeit v so eingestellt wird, daß das Produkt aus Kühlgasdruck p und Kühlgasgeschwindigkeit v einen Wert zwischen 80 und 660 MPa m/sec, vorzugsweise zwischen 110 und 300 MPa m/sec, animmt.

[0005] In allgemeinen ist in Verbindung mit vorliegender Erfindung auch darauf hinzuweisen, daß bei einem Abschreckprozeß für die erzielten Werkstoffeigenschaften entsprechend dem materialspezifischen ZTU-Schaubild die ersten Sekunden der Abkühlung entscheidend sind. Gemäß der Erfindung findet dies besondere Berücksichtigung, da eine hohe Abkühlgeschwindigkeit durch die angegebenen Maßnahmen, erhöhter Druck und Strömungsgeschwindigkeit, besonders begünstigt wird. Es ist ferner in Verbindung mit der Gasabschreckung bekannt, daß die Umwälzung von verdichteten Standardgasen wie Stickstoff und Argon in der Regel sehr hohe Ventilatorleistungen - 150 kW und mehr - erfordert und diese mit steigendem Druck weiter zunehmen. Versuche haben aber gezeigt, daß bei entsprechender Gasauswahl bzw. entsprechender Gasmixtur - wie in der Erfindung beschrieben - nur noch eine geringe Energiezufuhr pro Drucksteigerung bei gleicher Umlaufgeschwindigkeit erforderlich ist. Diese physikalische Erscheinung begünstigt das Betreiben von Abschreckeinrichtungen über 4 MPa.

[0006] Vorteilhaft wird die Erfindung ferner in einer Variante in der Weise ausgeführt, daß die Begasung des Ofens bzw. der Kühlkammer mittels eines oder mehrerer sog. Düsenstöcke mit direkt auf die Werkstücke gerichteter Strömung erfolgt. Die dabei ohne zusätzliche Energiezufuhr erzeugten Strömungsgeschwindigkeiten von 100 m/s und mehr führen in der so wichtigen Anfangsphase zu einer ganz besonders effektiven Abkühlung. In einer Variante können auch anfänglich hohe Gasströmgeschwindigkeiten in späteren Phasen der Abkühlung, z.B. inder zweiten Hälfte der Abkühlungszeit, reduziert werden.

[0007] Eine weitere vorteilhafte Variante der Erfindung besteht darin, daß alternativ oder zusätzlich -neben üblichen Inertgasen im Bereich der Wärmebehandlung wie Stickstoff und Argon - Inertgase mit höherer Energieaufnahmefähigkeit wie Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff oder Wasserdampf zum Abschreckgas geringer Dichte hinzugemischt werden, wobei der 30 %-Anteil der Inertgase im Abschreckgas nicht überschritten wird. Besonders bevorzugt wird hierzu Kohlendioxid angewandt.

[0008] Durch die Zumischung von Inertgasen mit höherer Energieaufnahmefähigkeit wird die Abkühlgeschwindigkeit von Werkstückchargen unter Umständen weiter erhöht. Dies beruht darauf, daß die angesprochenen Gase eine höhere Wärmekapazität als z.B. Helium, Wasserstoff und auch Stickstoff besitzten, und diese somit in einem "Transportvorgang" größere Mengen an Wärme abführen können. Dem entgegen steht jedoch die Erhöhung der Dichte des Abschreckgases und damit die Erhöhung der erforderlichen Ventilatorleistung. Daher ergibt sich bei relativ niedrigen Zumischungen ein optimales Ergebnis.

[0009] Anhand eines Ausführungsbeispieles wird die Erfindung nachstehend näher erläutert:

[0010] Es steht eine eigenständig arbeitende Kühlkammer mit für die genannten Drucke geeignet ausgebildeter Wandstärke und ebenso geeigneten Verschlußelementen zur Verfügung. Diese ist ferner so gestaltet, daß sie - im Abschreckbetrieb - im wesentlichen den gesamten Querschnitt erfassend von oben nach unten von Kühlgas durchströmt wird. In die so ausgebildete Kühlkammer wird dann das Abschreckgut, beispielsweise Kugellageringe aus einem 100 Cr 6 Stahl, zur Abschreckung eingebracht, wobei darauf zu achten ist, daß die Werkstücke in einer Dichte und Verteilung angeordnet sind, daß alle Werkstücke vom Kühlgasstrom erfaßt werden.

[0011] Nach dem druckdichten Verschließen der Kühlkammer wird in dieser der beschriebene Kühlgasstrom beispielsweise in Gestalt eines Gaskreislaufs hergestellt, wobei sich dieser erfindungsgemäß auf einem Druckniveau von 4,5 MPa (45 bar) befindet. Ferner wird eine Kühlgasgeschwindigkeit von ca. 10 m/sec eingestellt. Als Kühlgas kommt Wasserstoffgas zur Anwendung, das mit einer Temperatur von 20 bis 40 ° C auf die ca. 900 °C heiße Werkstückcharge einwirkt. Nach einer Kühldauer von ca. 30 sec ist eine Werkstücktemperatur von unter 100 °C erreicht und somit eine mit Abschreckbädern vergleichbare Abschreckgeschwindigkeit.

[0012] Eine Steigerung der Abkühlgeschindigkeit wird hierbei - sowie generell - erzielt, wenn die Kühlgasgeschwindigkeit weiter erhöht wird, d.h. wenn Kühlgasgeschwindigkeiten von etwa 15 m/sec und mehr, gegebenenfalls bis in den Bereich von 100 m/sec, angewandt werden. Praktisch relevant sind hier vor allem Geschwindigkeiten von 20 bis 75 m/sec. Damit ist eine Verkürzung der obengenannten Abkühlzeit um weitere 10 bis 15 % möglich. Auf dem beschriebenen Wege gemäß vorliegender Erfindung sind also besonders hohe Anforderungen in Verbindung mit der Abschreckung metallischer Werkstücke erfüllbar.


Ansprüche

1. Verfahren zur Gasabschreckung metallischer Werkstücke nach einer Wärmebehandlung in einem Wärmebehandlungsofen, wobei die Gasabschreckung entweder im Ofen selbst oder einer gasdichten Kammer durchgeführt wird und wobei als Kühlgas Helium, Wasserstoff, Gemische aus Helium und Wasserstoff oder Gemische aus diesen mit zusätzlich bis zu 30 % Inertgas zur Anwendung kommen und dabei
die Kühlgasgeschwindigkeit v so eingestellt wird, daß das Produkt aus Kühlgasdruck p und Kühlgasgeschwindigkeit v einen Wert von mehr als 10 MPa m/sec, vorzugsweise mehr als 40 MPa m/sec animmt, dadurch gekennzeichnet,
daß ein Kühlgasdruck p im Ofen oder der Abschreckkammer von mehr als 4 MPa (40 bar) eingestellt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Kühlgasdruck p im Ofen oder der Abschreckkammer von mehr als 4 MPa bis 5,5 MPa eingestellt wird.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß mindesten Teilbereiche der Abschreckkammer oder des Ofens mit geschlossenen Zwischenvolumina versehen werden und diese mit einem Inertgas gespült werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß alternativ oder zusätzlich -neben üblichen Inertgasen im Bereich der Wärmebehandlung wie Stickstoff und Argon- Inertgase mit höherer Energieaufnahmefähigkeit wie Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff oder Wasserdampf zum Abschreckgas geringer Dichte hinzugemischt werden, wobei der 30 %-Anteil der Inertgase im Abschreckgas nicht überschritten wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Kühlgasgeschwindigkeit v so eingestellt wird, daß das Produkt aus Kühlgasdruck p und Kühlgasgeschwindigkeit v einen Wert zwischen 80 und 660 MPa m/sec, vorzugsweise zwischen 110 und 300 MPa m/sec, animmt.
 





Recherchenbericht