[0001] Abfälle mit organischen Beimengungen dürfen in Zukunftnicht mehr auf Deponien entsorgt
werden. Deshalb erfolgt in zunehmendem Maße eine thermische Entsorgung der Abfälle
in Form von Verbrennung (Müllverbrennung) oder Vergasung.
[0002] Für die Müllverbrennung existieren technisch ausgefeilte Verfahren, die bei einem
möglichst hohen Wirkungsgrad für die Erzeugung von thermischer und Elektroenergie
umweltverträgliche Abprodukte erzeugen. Das erfordert Parameter der Verbrennung, welche
die Erzeugung von Schlacken gewährleistet, die einen hohen Widerstand gegenüber einer
Auslaugung der enthaltenen Schwermetalle durch Wasser besitzen. Notwendig ist außerdem
eine intensive Reinigung der Rauchgase von Stäuben, Stickoxiden sowie Dioxinen/Furanen.
Die dabei entstehenden Filterstäube und Prozeßwasser müssen ebenfalls kostenaufwendig
zu umweltverträglichen Produkten aufgearbeitet werden. Der technische Aufwand für
die umweltverträgliche Verbrennung von Abfallstoffen wird dabei so hoch, daß nur Einheiten
mit einem großen Durchsatz an Abfallstoffen wirtschaftlich arbeiten können.
Große Durchsätze bedingen wiederum ein großes Einzugsgebiet, um die erforderlichen
Abfallstoffe bereitzustellen. Somit werden die Kosten für den Transport von Abfallstoffen
vom Entstehungsort zur Verbrennungsanlage eine nicht zu vernachlässigende Größe der
Gesamtkosten.
[0003] Alternativ zur Verbrennung können die Abfallstoffe auch mit Sauerstoff vergast werden.
Die Vergasung besitzt gegenüber der Verbrennung eine Reihe von Vorteilen:
a) Die Vergasung arbeitet im Gegensatz zur Verbrennung mit Sauerstoffunterschuß. Die
Hauptkomponenten im Vergasungsgas sind deshalb H2, CO und CH4. Der Schwefel setzt sich zu H2S um, welches vergleichsweise einfacher aus dem Vergasungsgas entfernt werden kann
als SO2 aus dem Rauchgas der Verbrennung. Das Vergasungsgas ist als Brenngas einsetzbar.
Es entsteht kein NOx.
b) Die Vergasung erfolgt in der Regel bei höherer Temperatur als die Verbrennung.
Damit wird eine höhere Zerstörungseffizienz von organischen Schadstoffen erreicht,
die Dioxin-Furan-Problematik wird sicher beherrscht, und es ist eine mineralische
Einbindung von Schwermetallen in die Schlacke zu nicht eluierbaren Verbindungen möglich.
c) Die auf Normzustand bezogene Brenngasmenge aus der Vergasung beträgt nur etwa 1/10
der Rauchgasmenge einer Verbrennung. Bei der Vergasung unter Druck liegt der Volumenstrom
des Brenngases sogar unter 1 % des Volumenstromes vom Rauchgas. Dadurch werden die
Apparate für die Gasreinigung vergleichsweise klein.
[0004] Beim Kostenvergleich zwischen Verbrennung und Vergasung sind die Sauerstoffkosten
für die Vergasung von Nachteil.
Technisch ausgeführt ist die Vergasung im Festbettdruckvergaser. Dieser Vergaser mit
einem Schachtreaktor zeichnet sich durch einen relativ niedrigen Sauerstoffbedarf
aus. Er hat aber den Nachteil, daß eine Zumischung von grobstückiger Kohle notwendig
ist, um ein Stützgerüst für die Abfallstoffe zu schaffen. Außerdem wird durch die
thermodynamisch an sich günstige Gegenstromfahrweise von Abfallstoffen und Vergasungsgas
eine Pyrolysezone im Vergaserschacht aufgebaut, so daß das entweichende Gas typische
Beimengungen eines Pyrolysegases (Pyrolyseöle, Teere) enthält, welche eine aufwendige
Gasreinigung erfordern.
[0005] Die Vergasung von Abfallstoffen im Flugstrom ist als Noell-KRC-Verfahren bekannt.
Hier ist die Gasereinigung vergleichsweise einfach, weil das Gas außer Methan keine
Kohlenwasserstoffe enthält. Die Flugstromvergasung erfordert jedoch eine Aufmahlung
der Abfallstoffe auf Korngröße kleiner 0,5 mm.
Beim Noell-KRC-Verfahren ist deshalb vor dem eigentlichen Flugstromvergaser eine Pyrolysetrommel
angeordnet, in welcher die nur grob zerkleinerten Abfälle zu einem Pyrolysegas sowie
einem leicht vermahlbaren Pyrolysekoks umgewandelt werden. Das Pyrolysegas sowie der
gemahlene Pyrolysekoks werden anschließend im Flugstromvergaser weiter aufgespalten.
Diese vorgeschaltete Pyrolysestufe, die anschließende Verdichtung des Pyrolysegases
auf den Druck des Flugstromvergasers sowie die Ausrüstungen zur Kühlung, Vermahlung,
Zwischenlagerung und Dosierung des Pyrolysekokses sind sehr kostenintensiv.
[0006] Beim Verfahren von Thermoselect wird ebenfalls eine Pyrolysestufe der Vergasung vorangestellt.
Die Kosten für die Aufarbeitung der Abfallstoffe für die Vergasung sind dabei sehr
gering, weil die Abfallstoffe ohne besondere Vorbehandlungen in den waagerechten Pyrolyseschacht
gepreßt werden.
Allerdings kann damit der Vergasungsprozeß nur bei Normaldruck betrieben werden, weil
der Pyrolyseschacht keine sichere Abdichtung des Gasraumes gewährleistet.
[0007] Damit werden die Apparate für die Gasreinigung vergleichsweise groß und kostenintensiv.
Außerdem erfolgt die Pyrolyse im Pyrolyseschacht sehr unvollständig, so daß unkontrolliert
Abfälle mit teilweise sehr großen Abmessungen in den Vergasungsraum fallen und dort
auf der Schlacke schwimmen. Damit wird der Betrieb des Vergasers sehr unregelmäßig,
was sich entweder auf starke Schwankungen von Menge und Zusammensetzung des Vergasungsgases
und/oder durch stark schwankenden Sauerstoffbedarf auswirkt. Die starken Schwankungen
des Vergasungsgases erschweren die Nutzung des Gases, der stark schwankende Sauerstoffbedarf
ist schwierig auszuregeln.
[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur
Vergasung von Abfallstoffen zur Verfügung zu stellen, die bereits bei verhältnismäßig
niedrigen Durchsätzen einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen.
[0009] Diese Aufgabe wird verfahrensseitig erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Vergasung
einstufig in einem Vergaser mit einem flüssigen, rotierenden Schlackebad erfolgt.
[0010] Dadurch sind kleinere, dezentrale Anlagen möglich, wodurch die durch den Antransport
des Abfallstoffes verursachten Kosten gesenkt werden.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren zeichnet sich durch einen einstufigen Vergasungsprozeß
aus, durch den das Einsatzgut in nutzbares Spaltgas und ein uneingeschränkt deponierfähiges
Schlackegranulat überführt wird. Eine aufwendige Vorbehandlung des Einsatzgutes ist
nicht erforderlich.
[0012] Das Einsatzgut kann mit Korngrößen bis zu 40 mm in den Vergaser eingesetzt werden,
so daß nur eine Grobzerkleinerung der Abfallstoffe vorgeschaltet wird. Das Gemisch
wird beispielsweise in einer Siebklassierung in die Fraktionen
d = 0..5 mm
d = 5..40 mm
d > 40 mm
aufgetrennt. Der Siebüberlauf wird einer Mühle und danach erneut der Siebmaschine
zugeführt.
[0013] Zur Entfernung von Eisenanteilen kann ein Magnetscheider angeordnet werden.
[0014] Das sich in der Vergasungszone befindende flüssige Schlackebad erfüllt mehrere Funktionen.
Mineralische Bestandteile und Schwermetalle des Einsatzgutes werden aufgeschmolzen
und adsorbiert. Gleichzeitig dient das Schlackebad als Wärmepuffer und Reaktionsvermittler
und sorgt dadurch für einen intensiven Wärme- und Stoffaustausch.
Eine wichtige Funktion ist die sichere Zündung und ggf. Rückzündung der Brenner.
[0015] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung wird überschüssige Schlacke gemeinsam
mit dem bei der Vergasung anfallenden Spaltgas durch einen Schlackeablauf ausgetragen,
der über das Schlackebad hinausragt und in den die Schlacke durch eine seitliche Abflußöffnung
abfließt.
[0016] Vorzugsweise wird das Schlackebad durch tangentiale Einleitung des Vergasungsmittels
und/oder zumindest eines Teiles der Abfallstoffe in rotierende Bewegung versetzt.
Mit Vorteil wird zumindest ein Teil der Abfallstoffe in mindestens einem Festoffbrenner
stückig, mit rückgeführtem Spaltgas als Trägergas dem Vergaser zugeführt werden. Dabei
werden zweckmäßigerweise Abfallstoffe mit einem Durchmesser von bis 5 mm oberhalb
des Schlackebades in den Vergaser eingeführt und es wird ein Strahl dieser Abfallstoffe
gebildet und auf die Oberfläche des Schlackebades gerichtet, während Abfallstoffe
mit einem Durchmesser von über 5 mm bis 40 mm direkt in das Schlackebad eingetragen
werden.
[0017] Bevorzugt wird mindestens ein Gasbrenner eingesetzt, der mit Sauerstoff sowie während
des Anfahrens mit Erdgas und während des Betriebes mit rückgeführtem Spaltgas gespeist
wird. Außerdem wird vorteilhafterweise Sauerstoff durch Sauerstofflanzen direkt in
das Schlackebad eingespeist.
[0018] Gemäß einer Weiterbildung des Erfindungsgedankens werden in das Schlackebad Sand,
Kalk und/oder andere Stoffe zur Beeinflussung des Schlackeschmelzverhaltens und der
Schlackeviskosität zugegeben.
[0019] Die ausgetragene Schlacke wird zweckmäßigerweise in ein Wasserbad tropfen gelassen
und dort in einen glasartigen, nicht eluierbaren Zustand überführt.
[0020] Bei Inbetriebnahme des Vergasers wird das Schlackebad vorzugsweise durch eine synthetische
Schlacke gebildet.
[0021] Eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens besitzt einen Vergasungsraum zur
Vergasung der Abfallstoffe.
[0022] Vorrichtungsseitig wird die gestellte Aufgabe dadurch gelöst, daß der Vergasungsraum
Einrichtungen zur Ausbildung eines rotierenden Schlackebades aufweist.
[0023] Der Vergasungsraum besitzt vorzugsweise eine im wesentlichen zylindrische Bauform
mit einem durch den Boden geführten, konzentrisch angeordneten Schlackenablauf.
[0024] Der Reaktormantel wird zweckmäßigerweise innen durch einen Kühlschirm geschützt,
welcher aus gasdicht verschweißten Flossenrohrschlangen besteht, die mit Kühlwasser
im Zwangsumlauf durchströmt werden. Produktseitig sind die Rohre bevorzugt bestiftet
und mit einer keramischen Stampfmasse belegt. Auf dieser Schicht friert eine Schlackenschicht
fest und bildet einen thermisch isolierenden "Schlackepelz", der den Kühlschirm vor
den hohen Betriebstemperaturen sowie dem direkten Angriff durch die flüssige Schlacke
schützt. Die Dicke der Schlackeschutzschicht hängt von den Betriebsbedingungen (Temperaturen,
Schlackezusammensetzung) ab.
[0025] Im folgenden soll die Erfindung anhand eines in den Figuren schematisch dargestellten
Ausführungsbeispiels näher erläutert werden:
[0026] Es zeigen
Figur 1 einen Querschnitt durch einen Vergaser mit rotierendem Schlackebad
Figur 2 einen Längsschnitt durch den in Fig. 1 dargestellten Vergaser
[0027] In den Figuren sind dieselben Anlagenteile mit den denselben Bezugsziffern versehen.
[0028] Der Vergaser besteht aus einem Vergasungsraum 1, der von einem Reaktormantel 5 und
einem Reaktordeckel 7 gebildet wird. Der Reaktormantel 5 wird durch einen Kühlschirm
geschützt, welcher aus gasdicht verschweißten Flossenrohrschlangen besteht, die mit
Kühlwasser im Zwangsumlauf durchströmt werden.
[0029] Da der Vergaser nach oben durch den Deckel 7 verschlossen ist, kann das bei der Vergasung
anfallende Spaltgas nur gemeinsam mit der überschüssigen Schlacke durch den als Zentralrohr
6 ausgebildeten Schlackeablauf strömen.
[0030] Durch den Gasabzug am Unterteil des Vergasers kommt es zu einer inneren Zirkulation
des Spaltgases. Durch die Verwirbelung des Gases wird eine Vergleichmäßigung der Verweilzeit
und dadurch eine vollkommenere Gleichgewichtseinstellung erreicht. Mit dem Gas mitgerissene
Schlacketröpfchen schlagen sich zum großen Teil an der Vergaserwand nieder und fließen
in das Schlackebad 2 ab.
[0031] Zum Einbringen von Einsatzgut und Vergasungsmittel in den Vergasungsraum 1 werden
zwei Arten von Brennern vorgesehen, die schräg nach unten, tangential auf die Schlackenbadoberfläche
ausgerichtet sind. Durch den übertragenen Impuls wird die Schlacke in eine Rotationsbewegung
versetzt, wodurch eine gute Durchmischung des Schlackebades 2 bewirkt wird.
In den Gasbrennern 8 wird in der Anfahrphase Erdgas und während des Betriebs rückgeführtes
Spaltgas mit Sauerstoff (bei Bedarf unter Zumischung von Dampf) verbrannt.
In den Feststoffbrennern 9 wird der Feinkornanteil (d < 5 mm) des Einsatzgutes mit
Sauerstoff verbrannt, wobei rückgeführtes Spaltgas als Trägergas fungiert. Kleine
Partikel werden bereits im Gasraum über dem Schlackebad 2 in einer Flugstromvergasung
umgesetzt. Größere Partikel können wegen der längeren nötigen Reaktionszeit auf die
Schlacke treffen und in diese eintauchen. Der Grobkornanteil (d = 5..40 mm) des Einsatzgutes
wird mittels Dosierschnecke über einen radial angeordneten Stutzen 10 direkt in das
Schlackebad 2 gegeben.
Aufgrund des intensiven Wärme- und Stoffübergangs werden die organischen Bestandteile
sicher vergast, während die mineralischen Bestandteile aufgeschmolzen und von der
Schlacke absorbiert werden.
[0032] Mit den Brennern wird nur ein Teil des benötigten Sauerstoffs zugeführt. Der andere
Teil gelangt durch tangential angeordnete Sauerstofflanzen 8 direkt in das Schlackebad
2, was mehrere Vorteile bietet.
Durch die Direkteinblasung wird eine intensive Durchmischung des Schlackebades erreicht,
da zum einen der Impuls besser übertragen wird und zum anderen die aufsteigende Sauerstoffblasen
für zusätzliche Turbulenz sorgen.
Daneben ermöglicht der Sauerstoff eine Vergasung der in die Schlacke eingetragenen
organischen Komponenten im Schlackebad, wodurch einerseits die Vergasungsreaktion
beschleunigt und andererseits die Anzahl der die Viskosität der Schlacke steigernden
Fremdkeime verringert wird.
[0033] Das Schlackebad wird bei Inbetriebnahme der Vorrichtung zweckmäßigerweise zunächst
durch eine synthetische Schlacke (CaO + SiO
2 + Al
2O
3) gebildet. Dazu werden Kalk und Sand im Verhältnis von ca. 0,8 bis ca. 1,2 sowie
ein geringerer Anteil an Al
2O
3 (ca. 10 Masse-%) vermischt und in den Reaktor gefüllt. Während des Anfahrens wird
die Mischung durch die Verbrennung von in die Brenner eingespeistes Erdgas aufgeschmolzen
und auf Betriebstemperatur gebracht.
[0034] Während des Betriebs des Vergasers wird das Schlackebad ständig durch mit dem Abfall
eingebrachte mineralische Bestandteile erneuert.
Die Eigenschaften der Schlacke (Schmelzpunkt, Viskosität) werden durch deren Zusammensetzung
bestimmt. Hauptbestandteile der Schlacke sind CaO, SiO
2 und Al
2O
3. Andere Schlackekomponenten sind mit dem Abfall eingetragene Metalle und deren Oxide.
Zusammen bilden die Schlackekomponenten Eutektika, deren Schmelzpunkte deutlich unterhalb
der Schmelzpunkte der Einzelkomponenten liegen (s. Pawlek; Metallhüttenkunde, Walter
de Gruyter (1983)).
Ein wichtiger Parameter für den Betrieb des Schlackebadvergasers ist die Viskosität
der Schlacke. Die Kieselsäure wird durch SiO
4-Tetraeder gebildet, in deren Zentrum ein Si-Atom angeordnet ist, welches von vier
O-Atomen umgeben ist. Diese Tetraeder bilden durch gemeinsame Sauerstoffatome Raumgitter,
welche auch im flüssigen Zustand als zusammenhängende Komplexe bestehen bleiben. Die
eingeschränkte Beweglichkeit dieser großen Gebilde bedingt eine hohe Viskosität. Die
Al
3+-Kationen sind in der Lage Si
4+ zu ersetzen und ihrerseits AlO
4-Tetraeder zu bilden, so daß Al
2O
3 eine ähnliche Wirkung wie SiO
2 auf die Viskosität einer Schlacke hat. SiO
2 und Al
2O
3 sind sogenannte Netzwerkbildner (s. Kozakevitch, Urban; Viskosität und Gefüge von
flüssigen Schlacken, Metz 1954).
Sogenannte Netzwerkwandler, wie CaO und MgO, sind in der Lage, die Tetraederbindungen
der Sauerstoffatome aufzubrechen und führen dadurch zu einer Verringerung der Schlackenviskosität.
[0035] Das System CaO-SiO
2 ist im Bereich von CaO/SiO
2 = 0,8 bis 1,2 bei Temperaturen oberhalb 1450 °C genügend flüssig. Durch einen radial
angeordneten Stutzen 12 oberhalb des Schlackebades 2 können der Schlacke Stoffe, wie
Sand und/oder Kalk, zugegeben werden, so daß das Schmelz- und Viskositätsverhalten
der Schlacke in gewissen Grenzen beeinflußt werden kann.
[0036] In dem gleichen Maße wie dem Schlackebad 2 schlackbildende Komponenten zugeführt
werden, fließt über den Schlackeablauf 6 überschüssige Schlacke ab. Das Abflußrohr
ragt erfindungsgemäß über das Schlackebad 2 hinaus und hat in der gewünschten Höhe
eine Abflußöffnung. Dadurch wird im Vergleich zur Ausführung als Schlackeüberlauf
mit Tropfkante ein konzentrierter, dickerer Schlackestrahl erzeugt, wodurch eine Strähnenbildung
vermieden wird. Der Schlackeablauf 6 ist erfindungsgemäß analog der Tiegelkonstruktion
aus druckwassergekühlten, verschweißten Flossenrohren gefertigt. Diese sind beidseitig
bestiftet und mit einer keramischen Stampfmasse belegt. Auf der Stampfmasse friert
eine Schlackeschicht fest, die das Material vor den hohen Betriebstemperaturen und
einem direkten Angriff durch die chemisch aggressive Schlacke schützt.
[0037] Durch den gemeinsamen Abzug von Schlacke und heißem Spaltgas wird die Schlacke durch
die hohen Temperaturen des Gases fließfähig gehalten.
Der weitere Austrag erfolgt über den Nachreaktionsraum. Dieser kann z.B. als Hafenofen
oder, wie in Fig. 1 dargestellt, als Schmelzzyklon 3 ausgeführt sein. In diesem erfolgt
dann eine Läuterung der Schlacke, so daß ein mögliches Schäumen keine Austragsprobleme
bereitet. Falls die Temperaturen im Schmelzzyklon 3 für ein freies Fließen der Schlacke
nicht ausreichend sind, kann ein mit rückgeführtem Spaltgas und Sauerstoff betriebener
Brenner 14 angeordnet werden.
[0038] Bevor das Produktgas den Vergaser verläßt, können in der Vergasungszone nicht umgesetzte
kohlenstoffhaltige Partikel in den Nachvergasungszone weiter umgesetzt werden.
Bei einer Ausführung als Zyklon werden mit dem Spaltgas mitgerissene Schlacketröpfchen
und Feststoffpartikel an der Wandung abgeschieden, wodurch der Flugstaubaustrag erheblich
verringert wird.
[0039] An den Nachreaktionsraum ist ein Wasserbad 4 zur Schlackengranulierung angeflanscht.
Das Schlackegranulat ist nicht eluierbar und uneingeschränkt deponierfähig.
[0040] Ein Betrieb des erfindungsgemäßen Vergasers unter erhöhtem Druck ist bei entsprechendem
apparativen Aufwand möglich.
[0041] Der erfindungsgemäße Vergaser ist für ein breites Spektrum an Abfallstoffen vorteilhaft
einsetzbar.
[0042] Im folgenden werden zwei Anwendungsbeispiele näher beschrieben.
[0043] Die Arbeitstemperatur des Schlackebadvergasers wird mit 1600 °C angesetzt. Die Abfallvergasung
wird als autothermer Prozeß geführt, wobei die zur Aufspaltung der Abfallstoffe sowie
die Aufschmelzung der mineralischen Bestandteile benötigte Wärmemenge durch eine partielle
Oxidation der brennbaren Bestandteile mit Sauerstoff erzeugt wird.
Beispiel 1: Müllvergasung
[0044] In der Tabelle 1 ist die Zusammensetzung eines Standardmülls nach Landesumweltamt
NRW angegeben.
Die Vorbehandlung des Mülls beschränkt sich auf eine Grobzerkleinerung des Einsatzgutes
auf Korngröße unterhalb 40 mm. Zusätzlich kann eine Eisenabtrennung durch Magnetscheidung
erfolgen.
Die Kornfraktion 0...5 mm wird über die Feststoffbrenner, die Kornfraktion 5...40
mm mittels Schneckenförderer über einen Stutzen in den Vergasungsraum eingebracht.
Tabelle 1
Zusammensetzung eines Standardmülls nach Landesumweltamt NRW |
Müllkomponenten |
Masse-% |
Aschekomponente |
kg/t Müll |
C |
27,16 |
SiO2 |
110 |
H |
3,45 |
Al2O3 |
34 |
O |
18,39 |
CaO |
31 |
N |
0,3 |
Fe |
30 |
S |
0,2 |
Na2O |
15,205 |
Cl |
0,5 |
Fe2O3 |
15 |
Feuchte (H2O) |
25 |
MgO |
4,5 |
Asche |
25 |
Al |
4 |
|
|
K2O |
3 |
[0045] Wie in Tabelle 3 aufgeführt, werden für eine authotherme Vergasung von 1,0 t Müll
357 M
3i.N. Sauerstoff (96 Vol-% O
2) benötigt.
Das erhaltene Spaltgas hat aufgrund der Feuchte des Einsatzgutes einen hohen Dampfanteil.
Daneben weist das Spaltgas eine hohen CO- und H
2-Gehalt auf, so daß genügend Energiereserven zur Abdeckung von eventuell höheren Wärmeverlusten
vorhanden sind.
[0046] Die Asche des Mülls hat einen hohen Gehalt an SiO
2 und Al
2O
3, die zu einer hohen Viskosität der Schlacke führen. Falls dies Betriebsprobleme verursacht,
kann durch eine Kalkzugabe über einen Stutzen die Schlackeviskosität gesenkt werden.
Beispiel 2: Vergasung von Alt-PVC
[0047] Eine vorteilhafte Anwendung des erfindungsgemäßen Schlackebadvergasers besteht in
der Vergasung von Alt-PVC, da neben der Müllbeseitigung das im PVC enthaltene HCl
zurückgewonnen und als HCl-Gas in der Oxichlorierung eingesetzt werden kann, um im
Endeffekt erneut PVC herzustellen.
In Tabelle 2 ist die Zusammensetzung eines PVC-haltigen Abfall-Gemisches angegeben.
Tabelle 2
Abfall-Gemisch mit hohem PVC-Gehalt |
Komponente |
Masse-% |
Rein-PVC |
61 |
Weichmacher |
20 |
Kreide |
8,6 |
brennbare Abfälle |
6,4 |
nicht brennbare Abfälle |
4 |
[0048] Neben der Siebklassierung mit entsprechender Zerkleinerung des Alt-PVC auf die Korngröße
d < 40 mm und dem Magnetscheider zur Eisenabtrennung, sollte zur Vorbehandlung ein
zusätzlicher Sichter (Zickzacksichter) vorgesehen werden. In diesem werden die schweren
NE-Metalle abgetrennt, die im Schlackenbad überwiegend zu Metallchloriden umgesetzt
werden und dadurch die HCl-Ausbeute herabsetzen würden. Im Gegensatz dazu sind die
Silikate und Leichtmetalle (Al, Mg) erwünschte Schlackebildner.
Die Möglichkeit des Einsatzes von relativ grobkörnigen Einsatzgut ist bei PVC besonders
wirtschaftlich, da dadurch eine Zerkleinerung in einer Schneidmühle ausreichend und
eine aufwendige und sehr kostenintensive Tieftemperaturaufmahlung nicht nötig ist.
[0049] Die Fraktion d = 0...5 mm wird über die Feststoffbrenner, die Fraktion d = 5...40
mm mittels Förderschnecke über einen Stutzen in den Vergasungsraum eingebracht.
[0050] Tabelle 3 zeigt, daß zur autothermen Vergasung des Alt-PVC ein Sauerstoffbedarf von
420 m
3i.N./t Alt-PVC besteht.
[0051] Man erhält eine nahezu 100 % HCl-Ausbeute. Das HCl wird durch nachfolgende Absorption
und Destillation aus dem Spaltgas gewonnen und einer weiteren Verarbeitung zugeführt.
Eine Minderung der HCl-Ausbeute kann durch Metallchloridbildung im Schlackebad verursacht
werden. Durch die direkte Einleitung von Sauerstoff in das Schlackebad wird ein Sauerstoffüberschuß
in der Schlacke verursacht, wodurch die Metallchloridbildung der Schlackekomponenten
unterdrückt wird bzw. Metallchlorid unter Cl
2-Abspaltung oxidiert werden, sofern die Neigung der Elemente zur Oxidation gegenüber
der Chlorierung überwiegt (vgl. freie Reaktionsenthalpie).

[0052] Das HCl-freie Spaltgas ist CO- und H
2-reich und kann zur Erzeugung von Elektroenergie und Prozeßdampf genutzt werden.
[0053] Die im Alt-PVC enthaltene Kreide wird im Schlackebad in CO
2 und CaO aufgespalten, wodurch eine Zugabe von Sand zur Schlacke erforderlich werden
kann.
Tabelle 3
Bilanzierung für Spaltgas von Abfallstoffen im Schlackenbadvergaser (t = 1600 °C,
Qv = 0) |
Abfall |
Sauerstoffbedarf (96 Vol-% O) |
Spaltgasmenge |
Spaltgaszusammensetzung |
|
|
|
HCl |
H2 |
H2O |
CO |
CO2 |
N2 |
|
m3 i.N./t |
m3 i.N./t |
Vol-% |
Müll (NRW) |
357 |
1230 |
0 |
13,7 |
42,6 |
23,6 |
17,5 |
1,3 |
Alt-PVC |
422 |
1531 |
14,4 |
27,1 |
1,4 |
55,2 |
0,7 |
1,1 |
[0054] Die beiden angeführten Beispiele mit Abfallstoffen sehr unterschiedlicher Zusammensetzung
zeigen, daß aus Sicht des Energiehaushaltes die Vergasung mit Sauerstoff im Schlackebad
auf eine große Sortenvielfalt an Abfallstoffen ohne größere Probleme reagieren kann.
1. Verfahren zur Vergasung von Abfallstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß die Vergasung einstufig in einem Vergaser (1) mit einem flüssigen, rotierenden
Schlackebad (2) erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß überschüssige Schlacke gemeinsam mit dem bei der Vergasung anfallenden Spaltgas
durch einen Schlackeablauf (6) ausgetragen wird, der über das Schlackebad (2) hinausragt
und in den die Schlacke durch eine seitliche Abflußöffnung abfließt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Schlackebad (2) durch tangentiale Einleitung des Vergasungsmittels und/oder
zumindest eines Teiles der Abfallstoffe in rotierende Bewegung versetzt wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest ein Teil der Abfallstoffe in mindestens einem Feststoffbrenner (9)
stückig, mit rückgeführtem Spaltgas als Trägergas dem Vergaser (1) zugeführt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß Abfallstoffe mit einem Durchmesser von bis zu 5 mm oberhalb des Schlackebades
(2) in den Vergaser (1) eingeführt werden und ein Strahl dieser Abfallstoffe gebildet
und auf die Oberfläche des Schlackebades (2) gerichtet wird, während Abfallstoffe
mit einem Durchmesser von über 5 mm bis 40 mm direkt in das Schlackebad (2) eingetragen
werden.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein Gasbrenner (8) eingesetzt wird, der mit Sauerstoff sowie während
des Anfahrens mit Erdgas und während des Betriebs mit rückgeführtem Spaltgas gespeist
wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß Sauerstoff durch Sauerstofflanzen direkt in das Schlackebad (2) eingespeist
wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß in das Schlackebad (2) Sand, Kalk und/oder andere Stoffe zur Beeinflussung des
Schlackeschmelzverhaltens und der Schlackeviskosität zugegeben werden.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß die ausgetragene Schlacke in ein Wasserbad (4) tropfen gelassen wird und dort
in einen glasartigen, nicht eluierbaren Zustand überführt wird.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß das Schlackebad (2) bei Inbetriebnahme durch eine synthetische Schlacke gebildet
wird.
11. Vorrichtung zur Vergasung von Abfallstoffen mit einem Vergasungsraum (1), dadurch gekennzeichnet, daß der Vergasungsraum (1) Einrichtungen zur Ausbildung eines rotierenden Schlackebades
(2) aufweist.
12. Vorrichtung nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß der Vergasungsraum (1) eine im wesentliche zylindrische Bauform aufweist mit
einem durch den Boden geführten, konzentrisch angeordneten Schlackeablauf (6).
13. Vorrichtung nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, daß der Vergasungsraum (1) und der Schlackeablauf (6) aus verschweißten, druckwasserdurchströmten
Flossenrohrschlangen gefertigt sind, die bestiftet und mit einer keramischen Stampfmasse
belegt sind.
14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß ein als Schmelzzyklon ausgeführter Nachreaktionsraum (3) vorgesehen ist, in
dem mit dem Spaltgas mitgerissene Schlacketröpfchen und Flugstaub abgeschieden werden.
15. Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß im Schmelzzyklon (3) ein mit rückgeführtem Spaltgas gespeister Zusatzbrenner
(14) installiert ist.