(19)
(11) EP 0 905 222 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.03.1999  Patentblatt  1999/13

(21) Anmeldenummer: 98117335.4

(22) Anmeldetag:  12.09.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C11B 9/00, A61K 7/46
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 25.09.1997 DE 19742307

(71) Anmelder: HAARMANN & REIMER GMBH
D-37601 Holzminden (DE)

(72) Erfinder:
  • Körber, Alfred Dr.
    37601 Holzminden (DE)
  • Wörner, Peter
    37601 Holzminden (DE)
  • Surburg, Horst Dr.
    37603 Holzminden (DE)

(74) Vertreter: Mann, Volker, Dr. (DE) et al
Bayer AG Konzernzentrale RP Patente und Lizenzen
D-51368 Leverkusen
D-51368 Leverkusen (DE)

   


(54) Moschus-Riechstoffe


(57) Mischungen aus Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat stellen wegen ihrer besonderen Moschus-Geruchsnote Produkte dar, die u.a. in Parfum-Kompositionen makrocyclische aromatische Moschus-Riechstoffe ersetzen können.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft Mischungen von Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat, solche Mischungen als Riechstoffkomponenten enthaltende Parfumöle und mit solchen Parfumölen parfumierte Produkte.

[0002] Verbindungen mit Moschusgeruch spielen in der Parfumindustrie eine herausragende Rolle. Wegen ihrer einzigartigen Eigenschaft, Parfumkompositionen zu harmonisieren, ihnen Ausstrahlung zu verleihen und dabei gleichzeitig ihre Haftfestigkeit zu erhöhen, findet man Moschus-Riechstoffe heutzutage in nicht unerheblichen Mengen in beinahe jedem Parfumöl. Entsprechend liegt der Weltjahresbedarf an Moschus-Riechstoffen bei mehreren tausend Tonnen. Der weitaus größte Teil wird dabei von den sogenannten "polycyclischen-aromatischen" Moschus-Körpern gestellt. Typische Vertreter dieser Verbindungsklasse sind HHCB (Handelsprodukt z.B. Galaxolide®) und AHTN (Handelsprodukt z.B. Tonalide®)



[0003] Sie werden großtechnisch in erheblichen Mengen hergestellt und stehen daher äußerst preisgünstig zur Verfügung.

[0004] In jüngerer Zeit ist bekannt geworden, daß polycyclische-aromatische Moschus-Riechstoffe sich biologisch nur schwer abbauen lassen und sich demzufolge als extrem lipophile Verbindungen bioakkumulativ verhalten, d.h. sich im Fettgewebe von Lebewesen anreichern können.

[0005] In der Parfumindustrie besteht daher ein dringender Bedarf an bioabbaubaren Moschus-Riechstoffen, die sowohl von den geruchlichen Eigenschaften als auch vom Preisniveau her geeignet sind, die polycyclischen-aromatischen Verbindungen zu ersetzen.

[0006] Im Gegensatz zu den polycyclischen-aromatischen Verbindungen werden makrocyclische Moschus-Riechstoffe als biologisch abbaubar angesehen. Die Marktpreise für diese Verbindungen liegen jedoch um ein Mehrfaches über denen der polycyclischen-aromatischen Verbindungen. Allgemeine Formel für makrocyclische Moschus-Riechstoffe:

A =
CH2; O; O-CH2-CH2-O-CO;
A =
CH2; O; CH = CH;
x + y =
8 bis 15


[0007] Eine in der Gruppe der makrocyclischen Moschus-Riechstoffe relativ preisgünstige Verbindung ist der cyclische Ethylenglycolester der Dodecandicarbonsäure (Ethylendodecandioat, z.B. als Arova N von der Firma Hüls kommerziell erhältlich). Aufgrund ihrer geruchlichen Eigenschaften ist diese Verbindung jedoch kein geeigneter Ersatz für polycyclische-aromatische Moschus-Riechstoffe. Übetraschenderweise fanden wir jedoch, daß der Zusatz des niederen Homologen, des cyclischen Ethylenglycolesters der Undecandicarbonsäure (Ethylenundecandioat), einen geruchlichen Effekt bewirkt, der sich dahingehend bemerkbar macht, daß die entstandene Mischung wesentlich besser den Geruchstyp der polycyclischen-aromatischen Moschus-Riechstoffe trifft. Die geruchlichen Eigenschaften von Ethylenundecandioat sind zwar schon früher als "schwach moschusartig, süß" beschrieben worden (S. Arctander; Perfume and Flavor Chemicals, Selbstverlag, Montclair N.J., 1969, Monograph 1228), jedoch findet sich in der Literatur kein Hinweis auf eine geruchliche Verwandtschaft mit polycyclischen-aromatischen Moschus-Riechstoffen, so daß der beobachtete Effekt in Kombination mit Ethylendodecandioat nicht vorhersehbar, sondern völlig überraschend war.

[0008] Gegenstand der Erfindung sind also Mischungen enthaltend a) Ethylendodecandioat und b) Ethylenundecandioat, wobei die Menge b) 5 bis 60, vorzugsweise 30 bis 50 Gew.-%, bezogen auf die Summe (a + b), beträgt.

[0009] Neben der Erzielung des Duftcharakters von polycyclischen aromatischen Moschusverbindungen wird mit der Verwendung solcher Mischungen auch eine deutliche Verstärkung der meist blumigen Herznote von Parfumölen bewirkt.

[0010] Mischungen mit solchen Zusammensetzungen bringen zudem den Vorteil mit sich, daß sie sehr preisgünstig herzustellen sind. Mischungen von Dodecan- und Undecandicarbonsäure fallen als billige Nebenprodukte bei der Oxidation von Cyclododecen zu Dodecandicarbonsäure (Vorprodukt für Polyamid-1,12) an. Das bedeutet, daß Mischungen aus Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat eine preiswerte Alternative zu polycyclischen-aromatischen Moschus-Riechstoffen darstellen.

[0011] Die Herstellung der Mischungen aus Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat kann auf an sich bekannte Weise durch Veresterung des entsprechenden Dicarbonsäuregemisches mit Ethylenglycol und anschließende thermische Depolymerisation des resultierenden Polyestergemisches erfolgen, z.B. in Analogie zu den in der Deutschen Patentschrift 25 47 267 gegebenen Vorschriften. Die Herstellung des Polyesters kann durch Erhitzen des Dicarbonsäuregemisches mit Ethylenglycol erfolgen, im allgemeinen auf 130 bis 200°C, vorzugsweise auf 150 bis 170°C.

[0012] Die Depolymerisation kann thermisch unter Schwermetallkatalyse erfolgen, im allgemeinen zwischen 200 und 300°C, vorzugsweise zwischen 260 und 270°C. Als Katalysatoren eignen sich vorzugsweise Zinnverbindungen, wie z.B. Dibutylzinnoxid, Dibutylzinndilaurat und Dibutylzinn-bis-2-ethylhexanoat. Die Reaktion kann ohne Verwendung eines Lösungsmittels durchgeführt werden, ist aber auch in Gegenwart eines Lösungsmittels möglich.

[0013] Die erfindungsgemäßen Mischungen eignen sich wegen ihrer typischen organoleptischen Eigenschaften vorzüglich für den Einsatz in Parfum-Kompositionen und hier in besonderem Maße als Ersatz für polycyclische aromatische Moschusverbindungen. Sie lassen sich auch sehr gut mit anderen Riechstoffen in verschiedenen, unterschiedlichen Mengenverhältnissen zu neuartigen Parfum-Kompositionen kombinieren. In solchen Parfumkompositionen beträgt die Menge der erfindungsgemäßen Mischungen im allgemeinen 1 bis 40, vorzugsweise 5 bis 20 Gew.-%, bezogen auf die gesamte Komposition.

[0014] Derartige Parfumkompositionen können nicht nur in alkoholischer Lösung als Feinparfums verwendet werden, sondern auch zur Parfumierung von Kosmetika, z.B. Cremes, Lotionen, Aerosolen, Toilettenseifen usw., Haushaltsprodukten wie Reinigungs- und Waschmitteln, Weichspülern, Desinfektionsmitteln, Textilbehandlungsmitteln und anderen technischen Produkten dienen, wobei die Menge der Parfum-Komposition 0,1 bis 40, vorzugsweise 0,5 bis 20 Gew.-%, bezogen auf das parfumierte Produkt, beträgt.

[0015] Die Prozentangaben der nachfolgenden Beispiele beziehen sich jeweils auf das Gewicht.

Beispiele


Beispiel 1


Herstellung eines Gemisches aus Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat:



[0016] 225 g eines technischen Gemisches aus 40 bis 60 % Dodecundisäure, 30 bis 50 % Undecandisäure, 3 bis 8 % Decandisäure und 0 bis 4 % Nonandisäure werden mit 105 g Ethylenglycol versetzt und langsam auf 150°C erhitzt; bei etwa 130 bis 140°C setzt die Wasserabspaltung ein. Nach dem Ende der Wasserabspaltung, wird zur Entfernung überschüssigen Ethylenglycols die Temperatur auf 170°C erhöht und die Reaktionsapparatur langsam bis zu einem Druck von 1 mbar evakuiert. Der als Rückstand resultierende Dicarbonsäure/Ethylenglycol-Polyester wird mit 1,5 g Dibutylzinnoxid versetzt und in geschmolzenem Zustand langsam in eine auf 270°C vorgeheizte Depolymerisationsapparatur mit wandgängigem Rührer dosiert. Bei einem Druck von 0,1 mbar destillieren die monomeren Spaltprodukte langsam ab. Nach Waschen und Aktivkohlebehandlung werden insgesamt ca. 150g einer Mischung erhalten, die einen angenehmen, facettenreichen Moschusgeruch mit einem leicht blumig-fettigen Unterton aufweist. Nach gaschromatographischer Analyse entspricht diese Mischung in etwa der Zusammensetzung des Ausgangsmaterials, enthält also zwischen 40 und 60 % Ethylendodecandioat, 30 bis 50 % Ethylenundecandioat, 3 bis 8 % Ethylendecandioat und 0 bis 4 % Ethylennonandioat.

Beispiel 2


Herstellung eines Parfumöls unter Verwendung einer Mischung von Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat



[0017] Es werden vermischt (alle Angaben in g):
Styrolylacetat 2
Dihydromyrcenol 3
Citronenöl 15
Aldehyd C14 sog. 18
Linalool 20
Phenylethylalkohol 10
Citronellol 10
Benzylacetat 10
Methyldihydrojasmonat 50
Hexylzimtaldehyd 50
Jasminöl synthetisch 20
Ylang-Ylang-Öl synthetisch 10
Isomethylionon gamma 50
Eugenol 2
Isoeugenol 1
Vanillin 2
Cumarin 10
Oryclon H & R 30
Patchoulyöl farblos 2
Sandel H & R 50
Bergamotteöl synthetisch 100
Diethylphthalat 335
Dipropylenglycol 100


[0018] Zum vergleichenden Test werden die 100 g Dipropylenglycol jeweils durch die gleiche Menge der Moschusverbindungen a) Galaxolide® 50 % in Diethylphthalat, b) Ethylendodecandioat, c) Ethylentridecandioat (Ethylenbrassylat) und d) einer Mischung von Ethylendodecandioat und Ethylenundecandioat, hergestellt nach Beispiel 1, ersetzt. Die parfumistische Bewertung ergab, daß
  • die Testmischungen a und d geruchlich am ähnlichsten sind,
  • Testmischung d harmonischer und voluminöser riecht als die Testmischungen b und c,
  • die blumige Herznote (Bouquet) in Testmischung d im Vergleich zu b und c deutlich verstärkt wird und
  • Testmischung d im Vergleich zu b und c einen wesentlich facettenreicheren Dufteindruck bewirkt.



Ansprüche

1. Mischungen enthaltend a) Ethylendodecandioat und b) Ethylenundecandioat, wobei die Menge b) 5 bis 60 Gew.-%, bezogen auf die Summe (a + b), beträgt.
 
2. Mischungen nach Ansprch 1, wonach die Menge b) 30 bis 50 Gew.-%, bezogen auf die Summe (a + b), beträgt.
 
3. Parfumöle mit einem Gehalt einer Mischung nach Anspruch 1.
 
4. Mit Parfumölen nach Anspruch 3 parfumierte Produkte.