(19)
(11) EP 0 906 967 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.04.1999  Patentblatt  1999/14

(21) Anmeldenummer: 98117583.9

(22) Anmeldetag:  16.09.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C23C 30/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 01.10.1997 DE 19743421

(71) Anmelder: DECHEMA Deutsche Gesellschaft für Chemisches Apparatewesen, Chemische Technik und Biotechnologie e.V.
D-60486 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Schütze, Michael, Dr.-Ing.
    63741 Aschaffenburg (DE)

(74) Vertreter: Schlagwein, Udo, Dipl.-Ing. 
Patentanwalt, Frankfurter Strasse 34
61231 Bad Nauheim
61231 Bad Nauheim (DE)

   


(54) Verwendung einer Legierung aus Aluminium und Titan sowie Beschichtungswerkstoff für eine solche Verwendung


(57) Eine Legierung aus Aluminium und Titan wird als hochtemperaturbeständiger, korrosionsfester Beschichtungswerkstoff für warmfesten Stahl zum Schutz vor Korrosion in Anlagen mit Prozessgasen verwendet, welche einen sehr niedrigen Sauerstoffpartialdruck ("reduzierende" Atmosphären) im Bereich von 1x10-50 Pa bis 1x10-22 Pa, insbesondere 1x10-29 Pa bis 1x10-25 Pa haben und den Beschichtungswerkstoff bis zu 700°C erwärmen und die auf Grund ihres Gehaltes an Kohlenstoffverbindungen eine hohe Kohlenstoffaktivität aufweisen. Der Beschichtungswerkstoff hat einen Aluminiumgehalt von 22 - 56 Atom%.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Verwendung einer Legierung aus Aluminium und Titan sowie einen Beschichtungswerkstoff für eine solche Verwendung.

[0002] Legierungen aus Aluminium und Titan sind in der Technik als auch bei hohen Temperaturen besonders korossionsfest bekannt. Das Dokument Advanced Materials 1993, 1/A: Ceramics, Powders and Advanced Processing, Transactions Materials Research Society of Japan, vol. 14A, 1994, Seiten 233 - 238, beschreibt beispielsweise die Verwendung einer Aluminium-Titan-Legierung in einer Atmosphäre aus H2S und H2. Aus den in dieser Schrift angegebenen Messergebnissen ergibt sich in der genannten Atmosphäre ein Materialabtrag von 105 µm nach 100 Stunden oder 4,4 mm nach einem Jahr, was für technische Anlagen in aller Regel nicht hinnehmbar ist.

[0003] Die DE-A-42 15 017 beschreibt eine Titan-Aluminium-Legierung als Werkstoff für beispielsweise Turbinenschaufein. Der Werkstoff soll bei Hochtemperatureinsatz bis zu 900°C dadurch eine Oxidations- und Korrosionsbeständigkeit erlangen, dass sich statt einer schnellwachsenden TiO2-Schicht eine langsam wachsende Al2O3-Schicht bildet.

[0004] Die EP-A-0 495 454 beschreibt ebenfalls einen Werkstoff aus Aluminium und Titan, bei dem eine Schutzschicht aus Al2O3 eine Korrosion des Werkstoffs verhindern soll. Die vorgeschlagene Aluminium-Titanlegierung ist als Werkstoff für Motorenteile - insbesondere Ventile und Kolbenstifte - bestimmt.

[0005] Seit Mitte der 50er Jahre wird in der Literatur über Korrosion durch Metal Dusting berichtet. Metal Dusting ist eine Form des Korrosionsangriffs, die in Gasen mit hohen Kohlenstoff- und niedrigen Sauerstoffaktivitäten stattfinden kann. Solche Umgebungen werden vor allem in der petrochemischen Industrie in Atmosphären mit CO, CH4 und höheren Kohlenwasserstoffen bzw. in Gasmischungen mit hohen Kohlenstoffaktivitäten angetroffen. Metal Dusting Phänomene wurden darüber hinaus auch in Kohlevergasungsatmosphären beobachtet, stellen dort jedoch kein generelles Problem dar. Durch Metal Dusting können allerdings solch massive Schäden auftreten, dass die Anlagen nicht mehr weiter betrieben werden können. Betroffen hiervon waren z.B. Rußbläserelemente aus den Stählen Typ 347 und 310 in Abhitzekesseln von Synthesegasreaktoren, wobei das Synthesegas (im Wesentlichen CO und H2 mit etwas Wasserdampf und Kohlenstoffpartikeln) durch die Verbrennung von Methan mit Sauerstoff produziert wurde. Der Metallabtrag fand in einem Temperaturbereich von 480°C bis 900°C statt, und massive Schäden wurden bereits nach 3 Wochen Einsatz beobachtet. Weitere Beispiele finden sich im Zusammenhang mit dem Betrieb von Reformeranlagen, wo ein Synthesegas aus H2 + CO für die Methanolproduktion hergestellt wird. Starker Angriff wurde hierbei im Temperaturbereich von 650°C bis 725°C beobachtet. Metal Dusting Probleme traten darüber hinaus bei Hydrodealkylationsanlagen auf, bei Essigsäurecrackanlagen und in Kohlevergasungsanlagen. Andere Beispiele sind das Versagen von Abhitzekesseln in Ammoniakanlagen und in Anlagen der Wärmebehandlungsindustrie.

[0006] Der Metal Dusting Angriff äußert sich entweder in Form einer starken lokalen Kraterbildung im metallischen Werkstoff oder in Form von größeren eher flächenhaft angegriffenen Bereichen bis hin zum gleichmäßigen Abtrag des Metalls. In allen Fällen tritt zunächst eine starke Aufkohlung der Randzone auf, gefolgt von einem Werkstoffzerfall an der Oberfläche in Form von Pulverbildung, bestehend aus einer Pulvermischung von Kohlenstoff, Carbiden, Metallpartikeln und gelegentlich Oxidteilchen. Da dieses Pulver keine eigene mechanische Festigkeit besitzt, wird es in der Regel vom Gasstrom in der Anlage weggetragen, so dass an den Angriffsstellen eine tiefe Schädigung im Werkstoff zu beobachten ist. Betroffen von dieser Angriffsform sind praktisch alle konventionellen technischen Werkstoffe einschließlich der einfachen Kohlenstoffstähle, der üblichen warmfesten Chrom-Molybdän-Stähle, der hochlegierten Stähle und der hochlegierten Eisen- und Nickel-Basis-Werkstoffe. Als Abhilfemaßnahmen werden in der Literatur die Verwendung von Werkstoffen mit sehr hohen Chromgehalten bzw. mit entsprechenden Siliziumgehalten vorgeschlagen. Wie mittlerweile sehr umfangreiche Untersuchungen zeigen, sind trotz dieser Empfehlungen keine zuverlässigen Werkstofflösungen vorhanden.

[0007] Grundsätzlich wären schützende Oxidschichten in der Lage, den Vorgang des Metal Dusting (d.h. eine katastrophale Aufkohlung) zu verhindern, wenn sie eine entsprechende Schutzwirkung auf der Werkstoffoberfläche entfalten könnten. Da es sich bei den Atmosphären, in denen Metal Dusting auftritt, um solche mit extrem niedrigen Sauerstoffpartialdrücken und hohen Kohlenstoffaktivitäten handelt, würden vor allem extrem stabile Oxide das Potential bieten, eine Schutzschicht aufzubauen. Voroxidation von konventionellen Werkstoffen, wie sie gelegentlich in der Literatur vorgeschlagen wird, führt nicht zu einem dauerhaften Erfolg, da unter Betriebsbedingungen die Oxidschichten zumindest lokal, wenn nicht sogar global geschädigt werden können und evtl. in Atmosphären mit zeitlich wechselnden Zusammensetzungen auch ihre Stabilität verlieren können. Besonders stabile Oxide sind Aluminiumoxid, Siliziumoxid und Titanoxid. Eine Stimulierung der Siliziumoxidbildung durch Zulegieren entsprechend hoher Siliziumgehalte zu den Legierungen wurde bereits in der Literatur vorgeschlagen. Eine Bestätigung des positiven Siliziumeffekts ist in der Literatur allerdings nicht zu finden. Grundsätzlich würde die Bildung von Aluminiumoxid die Aufkohlungsbeständigkeit erhöhen können, so dass es naheliegend wäre, Werkstoffe mit hohen Aluminiumgehalten zu verwenden. Bei Temperaturen unterhalb von 900°C bildet sich jedoch auf den konventionellen aluminiumlegierten Eisen- und Nickel-Basis-Legierungen noch keine geschlossene Aluminiumoxidbarriere aus, so dass die Schutzwirkung auf Temperaturen oberhalb von 900°C beschränkt bleibt, wo diese auch technisch genutzt wird. Titanoxid als Deckschichtbildner wurde bisher nicht angedacht und würde auch erst bei Titanbasiswerkstoffen in diesem Temperaturbereich möglich sein.

[0008] Das der Erfindung zugrundeliegende Problem besteht darin, eine vorteilhafte Verwendung einer Legierung aus Aluminium und Titan aufzufinden. Weiterhin soll ein Beschichtungswerkstoff für eine solche Verwendung aufgefunden werden.

[0009] Die Lösung des erstgenannten Problems besteht in der Verwendung einer Legierung aus Aluminium und Titan als hochtemperaturbeständiger, korrosionsfester Beschichtungswerkstoff für warmfesten Stahl zum Schutz vor Korrosion in Anlagen mit Prozessgasen, welche einen sehr niedrigen Sauerstoffpartialdruck ("reduzierende" Atmosphären) und auf Grund ihres Gehaltes an Kohlenstoffverbindungen eine hohe Kohlenstoffaktivität aufweisen.

[0010] Das zweitgenannte Problem wird erfindungsgemäß durch einen Beschichtungswerkstoff, welcher Titan und Aluminium enthält, gelöst, bei dem der Aluminiumgehalt des Beschichtungswerkstoffs 22 - 56 Atom% beträgt.

[0011] Die Erfindung basiert auf der Idee, dass eine Schutzschicht, die unter den genannten Bedingungen eine Aufkohlung des Werkstoffs verhindern kann, nur durch extrem stabile Oxide zu erreichen ist. Wie bereits ausgeführt, ist über Legierungsmaßnahmen die Bildung solcher Schutzschichten nicht im genannten Temperaturbereich zu erzielen. Eine Schutzwirkung kann daher nur erreicht werden, wenn auf einem preiswerten metallischen Substrat eine entsprechende Schutzschicht aufgebracht wird, deren Legierungseigenschaften die Bildung solcher Deckschichten erlauben. Die Verwendung von Werkstoffen für solche Schutzschichten als Vollmaterial der Komponente scheidet sowohl aus Kostengründen als auch aus fertigungstechnischen und dimensionalen Gründen aus. Somit sieht die Erfindung vor, einen preiswerten metallischen Grundwerkstoff in Form eines un- oder niedriglegierten warmfesten Stahles bis hin zu höher legierten Stählen mit einer entsprechenden Korrosionsschutzbeschichtung zu kombinieren. Diese Korrosionsschutzbeschichtung basiert auf den Elementen Titan und Aluminium, die beide extrem stabile Oxide in der Reaktion mit der Prozessumgebung ausbilden können und damit in der Lage sind, eine oxidische Schutzschicht aufzubauen. Selbst bei einer Verletzung dieser Schicht im Betrieb erfolgt ein Wiederausheilen der verletzten Stellen, da selbst die geringen Sauerstoffgehalte der Prozessumgebung in der Lage sind, erneut diese stabilen Oxide zu bilden. Auf diese Weise kann eine dauerhafte Schutzwirkung durch Anwendung des Coatings auf ein entsprechendes preiswertes Substrat erzielt werden. Vorteile dieser Korrosionsschutzbeschichtung ergeben sich auch darüber hinaus durch den Wert des thermischen Ausdehnungskoeffizienten, der in der gleichen Größenordnung liegt wie der von un- und niedriglegierten bzw. von ferritischen Chromstählen. Aus diesem Grunde werden bei Temperaturwechseln keine nennenswerten Schichtspannungen induziert, die anderenfalls zum Aufreißen oder Abplatzen der Schutzbeschichtung führen würden.

[0012] Metal Dusting Bedingungen wurden im Labor in einer Retorte simuliert. Hierzu wurde ein Gasgemisch aus 75% H2 und 25% CO verwendet, das bei der Versuchstemperatur von 650°C eine Kohlenstoffaktivität größer 1 besitzt, so dass es zur Graphitabscheidung auf der Oberfläche der in die Retorte eingesetzten Proben kommt. In den Versuchen wurden ein niedriglegierter warmfester Stahl von Typ 13CrMo44 im unbeschichteten Zustand, der gleiche Stahl mit einer APS-Schicht von Typ Ti48Al1.5Cr sowie der Beschichtungswerkstoff allein getestet. Nach einer Auslagerung bei 650°C in der o.g. Atmosphäre für ca. 100 h zeigte der unbeschichtete Stahl massiven Metal Dusting Angriff. Der Beschichtungswerkstoff wurde praktisch nicht angegriffen; es waren lediglich Anlauffarben an einigen Stellen zu sehen. Die Beschichtung erwies sich ebenfalls als beständig. Metal Dusting Angriff auf den darunterliegenden Stahl fand allenfalls von Ecken und Kanten der Proben her statt (die Proben waren nur auf einer Fläche beschichtet) bzw. an Stellen, wo die Schicht noch offene Porosität aufgewiesen hatte. Letztere konnte noch auftreten, da der Beschichtungsprozess noch nicht bezüglich der Gasdichtigkeit der Schichten optimiert worden war.


Ansprüche

1. Verwendung einer Legierung aus Aluminium und Titan als hochtemperaturbeständiger, korrosionsfester Beschichtungswerkstoff für warmfesten Stahl zum Schutz vor Korrosion in Anlagen mit Prozessgasen, welche einen sehr niedrigen Sauerstoffpartialdruck ("reduzierende" Atmosphären) und auf Grund ihres Gehaltes an Kohlenstoffverbindungen eine hohe Kohlenstoffaktivität aufweisen.
 
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Prozessgase einen Sauerstoffpartialdruck im Bereich von 1x10-50 Pa bis 1x10-22 Pa, insbesondere 1x10-29 Pa bis 1x10-25 Pa haben und den Beschichtungswerkstoff bis zu 700°C erwärmen.
 
3. Beschichtungswerkstoff für die Verwendung nach den Ansprüchen 1 oder 2, welcher Titan und Aluminium enthält, dadurch gekennzeichnet, dass der Aluminiumgehalt des Beschichtungswerkstoffs 22 - 56 Atom% beträgt.
 
4. Beschichtungswerkstoff nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung noch weitere Elemente enthält, wobei der Aluminiumgehalt in den Grenzen von Anspruch 3 liegt, während der Titangehalt entsprechend reduziert ist.
 
5. Beschichtungswerkstoff nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bis zu 7 Atom% Niob enthält.
 
6. Beschichtungswerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bis zu 3 Atom% Chrom enthält.
 
7. Beschichtungswerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bis zu 2 Atom% Silizium enthält.
 
8. Beschichtungswerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 3 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bis zu 7 Atom% Wolfram enthält.
 
9. Beschichtungswerkstoff nach einem oder mehreren der Ansprüche 3 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Legierung bis zu 7 Atom% Molybdän enthält.