[0001] Die Erfindung betrifft ein Spinnverfahren mit Vorspinnmaschinen und mit Ringspinnmaschinen,
das sowohl mit kurzen Fasern wie Baumwolle und synthetischen Fasern mit Stapellängen
wie Baumwolle als auch mit Wolle und synthetischen Fasern mit Stapellängen wie Wolle
und deren Mischungen einsetzbar ist.
[0002] Im üblichen Spinnverfahren der Baumwollspinnerei und der Kammgarnspinnerei mit Vorspinnmaschinen
(Flyern) werden Vorgarnspulen mit einem Gewicht von bis zu 3 kg verwendet, die eine
Anfangs-Wicklungshöhe von etwa 360 mm bis etwa 410 mm (14 englische Zoll bis 16 englische
Zoll) und einem größten Wicklungsdurchmesser von etwa 140 mm bis 180 mm (5 1/2 englische
Zoll bis 7 englische Zoll) aufweisen. Diese Spulenabmessungen werden allgemein als
optimal vor allem bezüglich der erreichbaren Produktionsgeschwindigkeit der Vorspinnmaschine,
der Handhabung der Vorgarnspulen hinsichtlich ihres Gewichts und ihrer Form, der Gestaltung
des Gatters der Ringspinnmaschine und weiterer Einflußfaktoren angesehen und sind
seit langer Zeit unverändert.
[0003] Bei den Maschinen und Einrichtungen, die für die genannten Spinnverfahren eingesetzt
werden, haben sich in den letzten Jahren viele und wesentliche Neuerungen und Weiterentwicklungen
ergeben, von denen hier vor allem die folgenden genannt und erläutert werden sollen.
Die Erläuterung ist kurz gehalten, da die Neuerungen dem Fachmann bekannt und in den
zitierten Druckschriften ausführlich beschrieben und dargestellt sind.
[0004] Die Vorspinnmaschinen werden mit Mehrachsantrieben ausgestattet. Ein derartiger,
als Vierachsenantrieb ausgebildeter Mehrachsantrieb ist in der DE 34 17 779 C2 dargestellt
und beschrieben. Die Flügel, die Spulen, die Spulenbank und auch das Streckwerk der
Vorspinnmaschine werden jeweils durch eigene, häufig mehrere, gesondert drehzahlsteuerbare
Motoren angetrieben. Hierdurch entfällt das bisher übliche stufenlos verstellbare,
in der Regel als Konustrieb ausgebildete Getriebe zum Antrieb der Spulen und der Spulenbank.
Diese Neuerung des Mehrachsenantriebs bietet neben dem einfacheren Aufbau der Vorspinnmaschine
den Vorteil der genaueren Steuerbarkeit der Arbeitsorgane, also insbesondere der Drehzahldifferenz
zwischen den Flügeln und den Spulen und der Hubgeschwindigkeit der Spulenbank. Hierdurch
wird eine genauere Steuerung des Aufbaus der Wicklung der Vorgarnspulen möglich, wodurch
wiederum Fehlverzüge und ein Abrutschen von Windungen vermieden werden.
[0005] Die Vorspinnmaschinen werden allgemein mit selbsttätigen Spulenwechselvorrichtungen
ausgerüstet, durch die die Vorgarnspulen selbsttätig aus der Spulenbank entnommen
und in Hängewagenzüge eingestellt werden, die in der Regel überkopf in der Spinnerei
verfahrbar sind. Hierdurch werden die Bedienpersonen von der schweren Arbeit des Entnehmens
der Vorgarnspulen aus der Vorspinnmaschine und ihr Abhängen in eine Transportvorrichtung
entlastet. Eine derartige Spulenwechselvorrichtung ist in der DE 36 30 214 C3 dargestellt
und beschrieben.
[0006] Die Hängebahnsysteme sind häufig so ausgebildet, daß die Hängewagenzüge in die Gatter
der Ringspinnmaschinen einfahren können und die Vorgarnspulen von den in den Hängewagenzügen
verbleibenden Vorgarnspulen abgearbeitet werden. Eine derartige Anlage ist bspw. in
der DE 37 09 540 C2 dargestellt und beschrieben. In anderen Fällen sind selbsttätige
Spulenaustauschvorrichtungen im Einsatz, durch die die Vorgarnspulen aus den Hängewagenzügen
in die Hängehalter der Gatter der Ringspinnmaschine umgesetzt werden. Eine derartige
Vorrichtung ist bspw. in der DE 37 34 275 A1 dargestellt und beschrieben. In beiden
Fällen sind auch hierdurch die Bedienpersonen von der "Muskelarbeit" des Handhabens
der Vorgarnspulen in Überkopfhöhe entlastet.
[0007] Obwohl diese Neuerungen bereits seit vielen Jahren bekannt sind, wurde bisher nicht
erkannt, daß durch ihre erfindungsgemäße Kombination die Möglichkeit gegeben ist,
die Anmessungen der Vorgarnspulen und damit deren Gewicht wesentlich über die bisher
üblichen Maße anzuheben, ohne daß die Güte der Bewicklung der Vorgarnspulen und damit
die Qualität des Erzeugnisses beeinträchtigt und ohne daß die körperliche Beanspruchung
der Bedienpersonen erhöht wird. Keines der zitierten Dokumente gibt auch keinen Hinweis
darauf, daß die in ihm offenbarten Merkmale die Möglichkeit bieten, das Gewicht der
Vorgarnspulen wesentlich zu erhöhen.
[0008] Es wurde dadurch auf die Vorteile verzichtet, die Produktion der Vorspinnmaschine
insbesondere bei gröberen Vorgarnen durch längere Laufzeit der Vorgarnspulen mit weniger
Stillständen zum Zwecke des Spulenwechsels zu erhöhen, die Transportkapazität des
Hängebahnsystems zu steigern und an den Ringspinnmaschinen größere Lauflängen mit
weniger häufigem Wechsel der Vorgarnspulen zu erreichen und damit verbundene Qualitätseinbußen
durch Ansetzer-Dickstellen zu vermeiden.
[0009] Es wurde zwar bereits Vorgarnspulen mit einem Gewicht von 5 kg und einer größten
Wicklungshöhe von 480 mm und einem größten Wicklungsdurchmesser von 220 mm vorgeschlagen
(Melliand 1961, Seite 1229/1230). Dieser Vorschlag war jedoch damals mangels der oben
genannten, heute verfügbaren Maschinen und Einrichtungen weder bedienungsmäßig noch
spinntechnisch ausführbar. Der Artikel weist selbst auf die Problematik des Handhabens
der schweren Vorgarnspulen hin. Ein befriedigender Wicklungsaufbau mit der hohen Zahl
von Windungsschichten von Vorgarnspulen mit einem solchen Wicklungsdurchmessers war
mit den damals üblichen Konustrieben nicht erzielbar. Aber auch nach Bekanntwerden
der oben geschilderten Neuerungen und Weiterentwicklungen war dieser frühe Hinweis
nicht sogleich Anstoß dafür, das angestrebte Spulenformat nunmehr zu verwirklichen.
[0010] Die Erfindung hat das durch das Fortschreiten der Entwicklung entstandene Potential
zur Steigerung der Abmessungen und des Gewichts von Vorgarnspulen und die dadurch
erzielbaren Vorteile erkannt und durch erfinderische Auswahl und Kombination der hierfür
ausschlaggebenden Maßnahmen das gesteckte Ziel erreicht.
[0011] Anhand der Zeichnungen ist die Erfindung näher erläutert. Es zeigen
- Fig. 1
- den Grundriß einer Spinnanlage mit einer Spulenwechselvorrichtung einer ersten Ausführungsform;
- Fig. 2
- die Ansicht einer Vorgarnspule;
- Fig. 3
- den Grundriß einer Spinnanlage mit einer Spulenwechselvorrichtung einer zweiten Ausführungsform.
[0012] Wie aus Fig. 1 erkennbar, weist eine Spinnanlage, an der die Erfindung beispielshalber
erläutert wird, zwei Vorspinnmaschinen 1 und vier Ringspinnmaschinen 2 bzw. 2' auf.
Es versteht sich jedoch, daß eine Spinnanlage auch eine andere Anzahl von Vorspinnmaschinen
1 und Ringspinnmaschinen 2, 2' aufweisen kann. Zwischen den Vorspinnmaschinen 1 und
den Ringspinnmaschinen 2, 2' erstreckt sich ein Hängebahnsystem 3 bekannter Art, in
dem nicht dargestellte Hängewagenzüge von Hand oder selbsttätig bspw. mittels geläufiger
ortsfester, auf die Hängewagenzüge wirkender Reibradantriebe verfahrbar sind. Die
Hängewagenzüge sind mit Hängehaltern versehen, in die Vorgarnspulen einhängbar sind.
[0013] Die Vorspinnmaschinen 1 weisen je einen Motor 4 zum Antrieb ihres Streckwerks, einen
Motor 5 zum Heben und Senken ihrer Spulenbank, mindestens zwei Motoren 6 zum Antrieb
ihrer Flügel und mindestens zwei Motoren 7 zum Antrieb ihrer Spulen auf. Mindestens
die Motoren 5, 6 und 7 zum Antrieb der Spulenbank, der Flügel und der Spulen sind
mittels einer rechnergeführten, selbsttätigen Steuervorrichtung 8 in der für den Aufbau
der Spulenwicklung erforderlichen Weise feinfühlig drehzahlsteuerbar. Dadurch ist
das Herstellen der Wicklung der Vorgarnspulen 11 sehr exakt steuerbar und bewirkt
auch bei den vielen Vorgarnschichten einer erfindungsgemäßen Vorgarnspule 11 einen
sauberen und stabilen Aufbau der Wicklung.
[0014] Gemäß Fig. 1 ist den beiden Vorspinnmaschinen 1 eine selbsttätige Spulenwechselvorrichtung
9 zugeordnet, die volle Spulen aus der Spulenbank entnehmen und in die Hängehalter
eines in der Hängebahn 3 der betreffenden Vorspinnmaschine 1 zugestellten Hängewagenzugs
einstellen kann. Dabei kann die Spulenwechselvorrichtung 9 selbstverständlich im Austausch
auch leere Hülsen aus dem Hängewagenzug in die Spulenbank einwechseln. Die Spulenwechselvorrichtung
9 ist vor den Vorspinnmaschinen 1 verfahrbar, so daß sie beide Vorspinnmaschinen 1
bedienen kann. Durch diese Spulenwechselvorrichtung 9 ist die Bedienung der Vorspinnmaschinen
1 vom Handhaben der erfindungsgemäßen schweren Vorgarnspulen 11 entlastet.
[0015] In der Ausführungsform der Fig. 3 ist die selbsttätige Spulenwechselvorrichtung 9
gemäß der EP 0 585 827 B1 ausgebildet. Die Darstellung dieser Spulenwechselvorrichtung
9 ist hier sehr weitgehend schematisiert und vereinfacht, für ihre ins Einzelne gehende
Darstellung sei daher auf die genannte Patentschrift verwiesen. Es versteht sich,
daß die Vorspinnmaschinen 1 auch in dieser Ausführungsform über die in Fig. 1 dargestellten
Arbeitsorgane Streckwerksmotor 4, Spulenbankmotor 5, Flügelmotoren 6, Spulenmotoren
7 und Steuervorrichtung 8 verfügen. Der Übersichtlichkeit halber ist auf die Darstellung
dieser Arbeitsorgane hier verzichtet.
[0016] Durch die jeweils zwei Reihen von Flügeln und Spulen der Vorspinnmaschinen 1 verlaufen
gesonderte, den jeweiligen Vorspinnmaschinen zugeordnete Hängebahnen 14, die jeweils
durch Rücklaufbahnen 15 zu einem geschlossenen Hängebahnsystem verlegt sind. In diesem
Hängebahnsystem 14, 15 sind mit Hängehaltern für Vorgarnspulen und Vorgarnhülsen ausgerüstete
Hängewagenzüge verfahrbar. Es versteht sich, daß die hinter den Vorspinnmaschinen
1 liegenden Rücklaufbahnen 15 dieses Hängebahnsystem zweigleisig ausgeführt sein können,
um die Hängewagenzüge beider Trume 3',3'' aus dem Flügelbereich aufnehmen zu können.
Die Kannenfelder 16 der Vorspinnmaschinen sind zu diesem Zweck etwas von den Vorspinnmaschinen
abgerückt.
[0017] Zum Spulenwechsel fahren mit Vorgarnhülsen bestückte Hängewagenzüge aus der Rücklaufbahn
15 in die Hängebahnen 14 ein. Durch zweimaliges Anheben und Absenken der Spulenbank
werden die Vorgarnspulen aus der Spulenbank in die Hängewagenzüge und Vorgarnhülsen
aus den Hängewagenzügen in die Spulenbank umgehängt. Dann fahren die Hängewagenzüge
wieder in die Rücklaufbahn 15 aus.
[0018] Jeder Vorspinnmaschine 1 ist ein Vorgarnspulen-/VorgarnhülsenUmsetzer 17 bzw. 17'
zugeordnet, mittels dessen Vorgarnspulen aus den in den Rücklaufbahnen 15 umlaufenden
Hängewagen in Hängewagen in den Bahnabschnitte 3' bzw. 3'' des die Vorspinnmaschinen
1 mit den Ringspinnmaschinen 2 verbindenden Hängebahnsystems 3 umgehängt werden können.
Damit die Umsetzer 17, 17' unabhängig voneinander umsetzen können, ist das Hängebahnsystem
3 hinter den Vorspinnmaschinen 1 in zwei Zweige 3', 3'' aufgespalten - der Umsetzer
17 setzt in den Zweig 3' um, der Umsetzer 17' in den Zweig 3''. Im Austausch setzen
die Umsetzer 17, 17' auch Vorgarnhülsen aus dem Hängebahnsystem 3 in das Hängebahnsystem
14, 15 um.
[0019] Die Gatter der Ringspinnmaschinen 2 sind so ausgebildet, daß das Hängebahnsystem
3 durch diese Gatter verlaufen kann, so daß die Hängewagenzüge in die Gatter einfahren
können. Die Vorgarnspulen 11 können daher aus den Hängewagenzügen heraus ablaufen
und brauchen nicht aus diesen in die Hängehalter im Gatter der Ringspinnmaschinen
2 eingewechselt zu werden. Dadurch ist auch die Bedienung der Ringspinnmaschinen 2
vom Handhaben der erfindungsgemäßen schweren Vorgarnspulen 11 entlastet.
[0020] Die Erfindung ist aber auch in Verbindung mit Ringspinnmaschinen 2' ausführbar, die
mit selbsttätigen Spulenaustauschvorrichtungen 10 ausgerüstet sind. Die Ringspinnmaschine
2' der Fig. 1 ist beispielshalber als Ringspinnmaschine dieser Art dargestellt. Spulenaustauschvorrichtungen
10 können Vorgarnspulen 11 aus einem Hängewagen entnehmen und in das Gatter einer
Ringspinnmaschine 2' einstellen sowie im Austausch leergelaufene Hülsen aus dem Gatter
in den Hängewagenzug umsetzen. Im dargestellten Beispiel ist die Ringspinnmaschine
2' auf jeder Maschinenseite mit je einer Spulenaustauschvorrichtung 10 ausgestattet.
[0021] Durch das erfindungsgemäße Verfahren können also Vorgarnspulen 11 gemäß Fig. 2 mit
einem Gewicht von etwa 5 kg bei einer größten Wicklungshöhe 12 von etwa 460 mm bis
etwa 560 mm und einem größten Wicklungsdurchmesser 13 von etwa 190 mm bis 230 mm hergestellt
und verarbeitet werden, weil ihr Wicklungsaufbau sehr exakt ist und die Vorgarnspulen
11 dank der Spulenwechselvorrichtung 9, des Hängebahnsystems 3 und der Ausbildung
der Gatter als Teil des Hängebahnsystems 3 bzw. der Ausstattung der Ringspinnmaschinen
2, 2' mit Spulenaustauschvorrichtungen 10 zwischen den Vorspinnmaschinen 1 und den
Ringspinnmaschinen 2, 2' durch die Bedienung nicht gehandhabt, insbesondere nicht
angehoben werden müssen.
Bezugszahlenliste
[0022]
- 1
- Vorspinnmaschinen
- 2, 2'
- Ringspinnmaschinen
- 3
- Hängebahnsystem
- 3',3''
- Hängebahnsystem-Trume
- 4
- Streckwerksmotor
- 5
- Spulenbankmotor
- 6
- Flügelmotor
- 7
- Spulenmotor
- 8
- Steuervorrichtung
- 9
- Spulenwechselvorrichtung
- 10
- Spulenaustauschvorrichtung
- 11
- Vorgarnspule
- 12
- Wicklungshöhe
- 13
- Wicklungsdurchmesser
- 14
- Hängebahnen
- 15
- Rücklaufbahnen
- 16
- Kannenfelder
- 17, 17'
- Umsetzer
1. Spinnverfahren mit Vorspinnmaschinen und mit Ringspinnmaschinen,
dadurch gekennzeichnet, daß
auf den Vorspinnmaschinen (1) Vorgarnspulen (11) mit einer Anfangs-Wicklungshöhe (12)
von etwa 460 mm bis etwa 560 mm (18 englische Zoll bis 22 englische Zoll) und einem
größten Wicklungsdurchmesser (13) von etwa 190 mm bis 230 mm (7 1/2 englische Zoll
bis 9 englische Zoll) hergestellt werden, wobei
- die Vorspinnmaschinen (1) mit Mehrachsantrieb (4, 5, 6, 7) ihrer unterschiedlichen
Arbeitsorgane ausgestattet sind,
- die Vorspinnmaschinen (1) mit selbsttätigen Spulenwechselvorrichtungen (9) ausgerüstet
sind, die die Vorgarnspulen (11) in verfahrbare Hängewagenzüge einhängen,
- die Vorspinnmaschinen (1) und die Ringspinnmaschinen (2, 2') durch ein Hängebahnsystem
(3) verbunden sind und
- die Hängewagenzüge in die Gatter der Ringspinnmaschinen (2, 2') verfahrbar oder
die Vorgarnspulen (11) durch selbsttätige Spulenaustauschvorrichtungen (10) aus den
Hängewagenzügen in die Gatter der Ringspinnmaschinen (2, 2') einwechselbar sind.