[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung von Brammen
auf einer vorzugsweise eine Senkrecht-Kokille aufweisenden Stranggießanlage vorzugsweise
für Dünnbrammenanlagen zum Gießen von vorzugsweise Stahl mit bspw. einer Erstarrungsdicke
von 60 bis 120 mm bspw. 80 mm und Gießgeschwindigkeiten bis zu 10 m/min und einer
maximalen Gießleistung von ca. 3 mio/t/a.
[0002] Die bekannten Dünnbrammenanlagen mit einer Strangdickenreduktion, realisiert mit
einer Gießwalzvorrichtung, reduzieren die Strangdicke unmittelbar unterhalb der Stranggießkokille,
die mit ein oder zwei Fußrollenpaaren ausgerüstet ist, vorwiegend im sogenannten "Segment
0". Hier wird die Dicke des Stranges z.B. von 65 mm auf 40 mm über eine metallurgische
Länge von ca. 2 m, d.h. über die gesamte Länge des Segmentes (bzw.Gerüstes) 0, das
nicht senkrecht angeordnet ist, bei einer Gießgeschwindigkeit von maximal 6 m/min
reduziert. Diese Anlagendaten führen zu einer Strangdickenreduktion von maximal 38%
und einer Deformationsgeschwindigkeit in der Strangdicke von maximal 1,25 mm/s.
[0003] Während dieser Verweilzeit des Stranges mit flüssigem Kern wird die Strangschale
mit einer Dicke von ca. 8 bis 12 mm bei ihrem Eintritt in das Segment 0, bedingt durch
ihr Ausbauchen zwischen den Stranggießanlagenrollen, stark deformiert. Diese innere
Deformation nimmt mit steigender Gießgeschwindigkeit und Anlagenhöhe oder auch ferrostatischem
Druck zu und nimmt mit kleiner werdendem Rollenabstand ab. Hierzu ist zu bemerken,
daß ein Rollendurchmesser von z.B. 120 bis 140 mm aus maschinenbaulichen Kriterien
(mechanische Belastung, konstruktionsbedingte Grenzen besonders bei zwischengelagerten
Rollen) bisher nicht zu unterschreiten ist. Eine mögliche maschinenbauliche Lösung
könnte eine Gleitplatte, auch als "grid" bekannt, darstellen, die allerdings für die
Durchführung einer Reduktion der Strangdicke ungeeignet ist.
[0004] Die innere Deformation wird beim normalen Stranggießen im wesentlichen von
- der Ausbuchtung bzw. -bauchung des Stranges zwischen den Rollen
- dem Biegen des Stranges aus der Senkrechten in den inneren Kreisbogen
- dem Richten des Stranges in die Horizontale
- der Abweichung der Rollen aus der idealen Strangführungslinie durch
- Rollensatz
- Rollenschlag und der
- Zugspannung
bestimmt.
[0005] Zusätzlich zu diesen inneren und aber auch den Oberflächen-Deformationen sind die
Deformationen zu rechnen, die durch die Strangdickenreduktion oder auch das sogenannte
Gießwalzen im Segment 0 erzeugt werden. Diese spezifische innere Deformation überlagert
die bereits im Segment 0 erzeugte Deformation, hervorgerufen im wesentlichen durch
die Strangausbuchtung und den Biegevorgang aus der Senkrechten in den inneren Kreisbogen.
Diese Kumulation der einzelnen spezifischen Deformationen kann zu einer Gesamtdeformation
führen, die kritisch wird und zum Reißen der inneren aber auch äußeren Strangschale
führt.
[0006] Diese Art der zusätzlichen Strangschalenbelastung durch das Gießwalzen oder die Dickenreduktion
während der Erstarrung in dem z.B. 2 m langen Segment 0 unmittelbar unterhalb der
Kokille wird in den Patentschriften DE 44 03 048 und DE 44 03 049 beschrieben, und
in dem Diagramm gemäß Figur 1 beispielhaft im Detail dargestellt.
[0007] Nach Figur 1 schließt sich an eine 1 m lange senkrechte Kokille mit ein oder zwei
Fußrollenpaaren ein 2 m langes Segment 0 an, in dem der Strang sowohl über mehrere
Stufen in den inneren Kreisbogen gebogen als auch in seiner Dicke reduziert wird.
Diese beiden gleichzeitig ablaufenden Vorgänge bzw. Deformationen führen zu einer
sich überlagernden kumulierten Gesamtdeformation, bestehend aus der Biegedeformation
(D-B) und der Gießwalzdeformation (D-Gw). Die Gesamtdeformation (D-Ge), die auf die
Strangschale wirkt, kann größer als die kritische Grenzdeformation (D-Kr) werden und
zu Rißbildung der inneren aber auch äußeren Strangschale führen. Diese Gefahr wird
mit steigender Gießgeschwindigkeit größer, bedingt durch einen Rollenabstand bzw.
Rollendurchmesser im Segment 0, der aus maschinenbaulichen Grenzen nicht beliebig
klein werden kann.
[0008] Außerdem ist bei der Beschreibung dieses Problems zu berücksichtigen, daß die Grenzdeformation
(D-Kr) sich für jede Stahlgüte spezifisch verhält. So ist z.B. eine Tiefziehgüte bezüglich
der Absorption von Deformationen ohne die Folgen einer Rißbildung weniger kritisch
als z.B. eine mikro-legierte API X 80-Stahlgüte.
[0009] Weiterhin nimmt die Ausbildung und Ausdehnung der überhitzten Schmelze oder auch
der reinen Schmelzphase im Strang, angezeigt durch die Gerade (G1) in Abhängigkeit
von der Gießgeschwindigkeit, einen wesentlichen Einfluß auf die Stranginnenqualität.
Am aufgezeigten Beispiel in Figur 1 reicht die reine Schmelzphase oder auch die geometrisch
tiefste Liquidus-Temperatur in der Mitte des Stranges bei einer Gießgeschwindigkeit
VG von 5 m/min bis ca. 1,5 m und bei VG10 m/min bis ca. 3,0 m unterhalb des Gießspiegels.
Unterhalb dieses Punktes liegt das 2-Phasengebiet über die gesamte Strangdicke vor,
bestehend aus Schmelze und Kristall, das mit wachsendem Abstand in Richtung Sumpfspitze
oder der Enderstarrung proportional an Schmelzanteil zu Gunsten von Kristallanteil
verliert.
[0010] Bei einem Kristallanteil von 50%, also auf dem halben Abstand zwischen dem tiefsten
Liquidus-Punkt von 1,5 m bei z.B. VG 5 m/min und der Enderstarrung, die bei ca. 15
m stattfindet, d.h. bei 8,25 m (1,5m + (15m - 1,5m)x0,5 = 8,25m)(Gw-50%) besitzt die
Schmelz/Kristall-Phase eine Viskosität von 10 000 cP. Bei einem Kristallanteil von
80% nimmt das 2-Phasengebiet eine Viskosität von 40 000 cP an, wogegen die reine Schmelzphase
bis zum tiefsten Liquiduspunkt eine Viskosität je nach Stahlgüte von nur ca. 1 bis
5 cP aufweist und darüber hinaus seine partielle Viskosität zwischen den Kristallen
(Kristallnetzwerk bzw. Dendriten) bis zur Enderstarrung praktisch nicht steigert,
somit konstant hält.
[0011] Um einen Bezug der genannten Viskositäten im 2-Phasengebiet zu bekannten Stoffen
des Alltags herzustellen, wird an folgende Stoffe erinnert:
- Wasser |
bei 20 °C |
1 cp |
= 10exp3 Ns/m exp2 |
- Olivenöl |
bei 20 °C |
80 cp |
- Honig |
bei 20 °C |
10 000 cp |
- Nivea |
bei 20 °C |
40 000 cp |
- Margarine |
bei 20 °C |
100 000 cp |
- Bitumen |
bei 20 °C |
1 000 000 cp |
[0012] Diese Viskositäten machen deutlich, daß für eine gute Zwangskonvektion und damit
auch eine gute Zertrümmerung von Kristallen durch eine Strangdickenreduktion im Kern
des Stranges eine Kristall/Schmelzen-Struktur vorliegen sollte, d.h. bei maximaler
Gießgeschwindigkeit sollte im Bereich des Segmentes 0 der Strang bereits im Kern ein
2-Phasengebiet aufweisen bzw. die reine Schmelzphase oder auch der Überhitzungsbereich
bzw. die Penetrationszone für das Aufsteigen von Oxiden nicht mehr vorhanden sein.
Diese Bedingungen in Verbindung mit dem oxidischen Reinheitsgrad haben zu der Erkenntnis
geführt, daß das Segment 0 einmal senkrecht sein sollte und zum zweiten nur zur Strangdickenreduktion
dienen sollte und nicht noch zusätzlich zum Biegen des Stranges.
[0013] In Figur 1, die diese oben beschriebenen schlechten Bedingungen darstellt, dehnt
sich die Überhitzungszone oder der tiefste Liquiduspunkt bis an das Ende des Segmentes
0 und damit bereits in den inneren Kreisbogen der Stranggießanlage im Falle der maximalen
Gießgeschwindigkeit von 10 m/min aus, angezeigt durch den Punkt (1.1) auf der Geraden
(G1). Diese Gießbedingungen sind sowohl für die Strangschalendeformation als auch
für den oxidischen Reinheitsgrad äußerst unvorteilhaft.
[0014] Das 2-Phasengebiet - aufgespannt zwischen zwei Geraden, nämlich der Geraden (G1)
für die Anordnung des tiefsten Liquiduspunktes in Abhängigkeit von der Gießgeschwindigkeit
und der Geraden (G2) für den tiefsten Soliduspunkt oder die Enderstarrung in Abhängigkeit
von der Gießgeschwindigkeit - beginnt im Falle der maximalen Gießgeschwindigkeit von
10 m/min am Ende des Segmentes 0, das die Strangdickenreduktion vornimmt.
[0015] Die Figur 3, Teilbild 3a (vgl. die linke Hälfte von Fig. 3) stellt ebenfalls beispielhaft
die Ausbildung der unterschiedlichen Phasen eines 100 mm dicken Stranges vom Gießspiegel
in der Kokille mit anschließender Strangdickenreduktion in dem 2 m langen Segment
0 von 100 mm auf 80 mm Erstarrungsdicke bis zur Enderstarrung im letzten Segment Nr.
14 für die maximale Gießgeschwindigkeit von 10 m/min dar. Das Teilbild 3a macht nochmals
sehr deutlich, daß das Segment 0 sowohl die höchst mögliche Deformation, hervorgerufen
durch die Strangdickenreduktion und den Biegevorgang von der Senkrechten in den inneren
Kreisbogen über fünf Biegepunkte, in den Strang einbringt als auch schlechte Bedingungen
für das Aufsteigen von Oxiden in den Gießspiegel und damit in die Gießschlacke einstellt.
[0016] Außerdem macht Teilbild 3a deutlich, daß bei einer Gießgeschwindigkeit von 5 m/min
die Reduktionsgeschwindigkeit, die auf die Schale des Stranges wirkt, der von 100
mm auf 80 mm Dicke, d.h. um 20 % reduziert wird, 0,833 mm/s und bei einer Gießgeschwindigkeit
von 10 m/min 1.66 mm/s beträgt. Diese Reduktionsgeschwindigkeit der Strangdicke stellt
ein direktes Maß für die Deformation der Strangschale dar, die am Eintritt in das
Segment 0 bei einer Gießgeschwindigkeit von 5 m/min ca. 10,3 mm und bei einer Gießgeschwindigkeit
von 10 m/min ca. 7,3 mm dick ist. Diese Strangdeformation, hervorgerufen durch das
Gießwalzen, ist hoch und wird außerdem durch die Geschwindigkeitserhöhung von 5 auf
10 m/min nicht nur von 0,83 auf 1,66 mm/s verdoppelt, wie es die vereinfachte Rechengröße
1,66 mm/s zum Ausdruck bringt, sondern die Geschwindigkeitserhöhung geht mit einer
quadratischen Funktion in die Deformation ein.
[0017] Diese hohen Deformationen, außerdem noch überlagert von den Biegevorgängen im Segment
0, führen zu der Gefahr von Rissen der inneren sowie auch äußeren Strangschale und
hier besonders auch bei rißempfindlichen Stahlgüten.
[0018] Die vorbeschriebenen Erkenntnisse und Zusammenhänge vorausschickend, liegt der Erfindung
die Aufgabe zugrunde, für Hochgeschwindigkeits-Brammenanlagen auf der Basis von Einrichtungen
zur Strangdickenreduktion unmittelbar unterhalb der Kokille ein Verfahrens- und ein
Anlagenkonzept für eine Stranggießanlage vorzugschlagen, das eine optimale Oberflächen-
und Innenqualität des Stahlstranges sicherstellt.
[0019] Diese Aufgabe wird mit den im Verfahrensanspruch 1 bzw. den im Vorrichtungsanspruch
7 angegebenen Merkmalen gelöst. Die Maßnahmen der Unteransprüche enthalten zweckmäßige
und vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung. Diese stellt eine unerwartete Lösung
der aufgezeigten zahlreichen und komplexen Probleme dar und wird im Folgenden näher
beschrieben. Die Erfindung sichert und vereinigt die nun aufgeführten Merkmale wie:
- einen minimalen ferrostatischen Druck oder auch eine minimale Anlagenhöhe zwischen
dem Gießspiegel in einer vorteilhaft hydraulisch angetriebenen, oszillierenden Senkrecht-Kokille
und der Enderstarrung im horizontal verlaufenden Bereich der Strangführung,
- minimierte Deformationsdichte-Verteilung der Gesamtdeformation, bestehend aus der
Gießwalzdeformation und der Biegedeformation bei einer Senkrecht-Abbiegeanlage mit
konkav ausgeführten Kokillenbreitseiten, vorgegebenen Rollendurchmessern in der Strangführung
und bis zu einer maximalen Gießgeschwindigkeit von vorteilhaft 10 m/min,
- einem völligen Abbau der Überhitzungsphase oder Penetrationszone für das Aufsteigen
von Oxiden im Senkrechtteil der Stranggießanlage d.h. im Segment 0, dem Maschinenelement
zur Durchführung der Strangdickenreduktion bei maximaler Gießgeschwindigkeit von z.B.
10 m/min, zur Sicherstellung einer Strangsymmetrie im Bereich der Überhitzung oder
reinen Schmelzphase,
- einen Gießwalzvorgang bei maximaler Gießgeschwindigkeit von z.B. 10 m/min im Segment
0, bei dem das 2-Phasengebiet Schmelze/Kristall in der Mitte des Stranges spätestens
am Ende des Segmentes 0, das die Strangdickenreduktion oder das Gießwalzen vornimmt,
vorliegt,
- eine Deformationsgeschwindigkeit der Strangschale im Segment 0 von maximal 1,2 mm/s,
- eine minimierte Biegedeformationsdichte im Segment 1 aus der Senkrechten über mehrere
Biegepunkte in den inneren Kreisbogen unabhängig von der Gießwalzdeformation im Segment
0, das direkt vor dem Segment 1 angeordnet ist,
- eine minimierte Richtdeformationsdichte aus dem inneren Anlagenradius über mehrere
Richt- oder Rückbiegepunkte in die Horizontale, vorzugsweise mindestens 12 s oder
mindestens 2 m vor der Enderstarrung bezogen auf eine Durchschnitts-Gießgeschwindigkeit
von 80% der maximalen Gießgeschwindigkeit.
[0020] In den Figuren 2 und dem Teilbild 3b, (vgl. die rechte Hälfte von Figur 3) ist die
Erfindung hinsichtlich des Verfahrens sowie der Vorrichtung bildlich charakterisiert.
[0021] Die Figur 2 stellt die erfindungsgemäße Verteilung der Stranginnendeformation über
die Strangführungslänge mit der Kennzeichnung der Anlagenkonfiguration für die Gießgeschwindigkeiten
5 und 10 m/min sowie die Ausdehnung der reinen Schmelzphase, die Enderstarrung in
Abhängigkeit von der Gießgeschwindigkeit und die Grenzdeformation dar.
[0022] Das Stranggießverfahren ist erfindungsgemäß so aufgebaut, daß die Strangdeformationsdichte
über die Strangführung minimiert ist und jede Deformationsart unabhängig von der anderen
hintereinander angeordnet stattfindet. Die Deformationskurven (D-5) und (D-10) verlaufen
unterhalb der kritischen und damit Grenzdeformation (D-Kr). Weiterhin machen die Deformationskurven
deutlich, daß eine Kumulation der Deformationen, hervorgerufen durch das Gießwalzen
und die Biegung, dadurch vermieden wird, daß im Ausführungsbeispiel die Strangdickenreduktion
(D-Gw) in einem 3 m langen, vertikalen Segment 0 und die Biegung (D-B) des Stranges
in dem anschließenden Segment 1 über z.B. fünf Biegepunkte vorgenommen wird.
[0023] Weiterhin ist der Figur 2 zu entnehmen, daß der tiefste Liquiduspunkt (1.1) oder
die Überhitzungszone bzw. die Penetrationszone im Inneren des Stranges, die ca. 10%
der Erstarrungszeit bei einer Überhitzung von 25 °C des Stahles im Verteiler ausmacht,
bei der maximalen Gießgeschwindigkeit von 10 m/min bis 3 m unterhalb des Gießspiegels
reicht bzw. bis 2 m tief in das Segment 0 hineinragt. Hierdurch ist sichergestellt,
daß Oxide frei und symmetrisch zur Strangerstarrung in der vertikal angeordneten reinen
Schmelzphase aufsteigen können und gleichzeitig unterhalb des tiefsten Liquiduspunktes,
von dem ab das 2-Phasengebiet das Stranginnere bis in die Strangmitte völlig ausfüllt,
die Zertrümmerung der Kristalle und die Unterdrückung der Makro- und Mittenseigerung
durch den Gießwalzvorgang über die restliche Länge von 1 m im Segment 0 stattfinden
kann.
[0024] Das 2-Phasengebiet wird von der Geraden (G1), die die tiefste Position des Liquiduspunktes
und der Geraden (G2), die die Lage der Sumpfspitze in Abhängigkeit von der Gießgeschwindigkeit
darstellt, aufgespannt. Das 2-Phasengebiet Kristall/Schmelze beginnt im Falle von
VG 5 m/min bei ca. 1,5 m (Liquiduspunkt 1.2) unterhalb des Gießspiegels bzw. 0,5 m
nach Eintritt des Stranges in das Segment 0 und endet bei ca. 15,1 m (Punkt 2.2(in
Fig. 2)) mit der Sumpfspitze; im Falle einer Gießgeschwindigkeit von 10 m/min beginnt
das 2-Phasengebiet bei ca. 3 m (1.1) und endet mit der Sumpfspitze bei ca. 30.2 m
(2.1) (vgl. Fig. 2).
[0025] Die Strangreduktion oder der Gießwalzvorgang mit vollem 2-Phasengebiet zwischen den
Strangschalen erstreckt sich im Falle von VG 5 m/min Gießgeschwindigkeit über 2,5
m und im Falle von VG 10 m/min über 1 m der Restlänge des Segmentes 0. In beiden Fällen
wird eine Zwangskonvektion des 2-Phasengebietes und damit eine Verbesserung der Stranginnenqualität
gewährleistet.
[0026] Die Rückbiegung des Stranges vom inneren Radius - von z.B. 4 m über mehrere Rückbiegepunkte,
beispielsweise fünf Richtpunkte - in die Horizontale wird gemäß Fig. 3 beispielhaft
im 2 m langen Segment 4 vorgenommen, um eine sanfte Rückdeformation (D-R) sicherzustellen
und gleichzeitig die Enderstarrung und damit die Stranginnenqualität nicht durch Strangdeformationen
negativ zu beeinflussen.
[0027] Weiterhin ist auf das in Figur 3 dargestellte Teilbild 3b hinzuweisen. Hier wird
besonders im Vergleich zu dem Teilbild 3a deutlich, daß die Gießwalzdeformation (D-Gw)
von 100 auf 80 mm über ein 3 m langes Segment 0 und damit nur mit einer Deformationsgeschwindigkeit
von 1,11 mm/s im Falle einer Gießgeschwindigkeit von 10 m/min und 0,55 mm/s im Falle
von VG 5 m/min stattfindet. Diese Deformationsgeschwindigkeit ist wesentlich verringert
gegenüber der von 1,66 mm/s im Falle eines 2m langen Segmentes 0 und 10 m/min Gießgeschwindigkeit.
Damit liegt die Deformationsgeschwindigkeit unterhalb des als kritisch bekannten Wertes
von 1,25 mm/s.
[0028] Die mit der Erfindung erreichten Vorteile ergeben sich aus der Sicherstellung eines
Stranggießverfahrens für dünne Brammen von einer Erstarrungsdicke zwischen vorzugsweise
60 - 120 mm mit einer Gießwalzstufe unmittelbar unterhalb der Senkrecht-Kokille in
einem vertikal angeordneten Segment 0. Die Senkrecht-Kokille, in die gemäß Fig. 4
ein Tauchausguß (Ta) den Stahl aus dem Verteiler (V) leitet, sollte vorteilhaft konkave
Breitseitenplatten aufweisen und hydraulisch angetrieben sein, um
- eine genaue Oszillation und die Variation der Hubhöhe, der Frequenz sowie der Oszillationsform
während des Gießens,
- eine gleichförmige Schlackenschmierung über die gesamte Strangbreite,
- eine ruhige Badspiegelbewegung,
- einen gleichförmigen Wärmedurchgang in die Kokille,
- einen zentrischen Strangverlauf sowohl in der Kokille als auch in der Strangführung
und
- eine hohe Gießsicherheit unter Vermeidung von Durchbrüchen
sicherzustellen.
[0029] Auch kann die Strangführung konkav mit einer Abweichung von der Linearität von maximal
2 x 12 mm ausgebildet sein, um den Strang auch bei hohen Gießgeschwindigkeiten gerade
und sicher in der Strangführung zu führen. Dies kann z.B. mit einem konkav ausgeführten
Profil der Strangführungsrollen realisiert werden. Außerdem muß das Maß der konkaven
Auslenkung vom Kokillenaustritt oder auch von der ersten Strangführungsrolle bis zur
letzten Rolle der Strangführung nicht konstant sein und in Richtung Strangführungsende
funktional stetig bis auf eine minimale Restkonkavität oder eine Restballigkeit der
Bramme von 0 mm abnehmen.
[0030] Das Segment 0 sollte vertikal angeordnet sein und ausschließlich für die Strangdickenreduktion
eingesetzt werden. Es soll eine Mindestlänge besitzen, die bei maximaler Gießgeschwindigkeit
eine Geschwindigkeit in der Reduktion der Gießdicke von kleiner als 1,25 mm/s im Strang
erzeugt und gleichzeitig bei der maximal möglichen Gießgeschwindigkeit eine Mindestlänge
aufweist, die den völligen Abbau der Überhitzung und möglichst auch noch eine Zertrümmerung
der Kristallphase im 2-Phasengebiet Kristall/Schmelze und Unterdrückung der Makro-
und Mittenseigerung sicherstellt. In diesem beschriebenen Beispiel weist das Segment
0 eine Länge von 3 m auf.
[0031] Im Segment 1, d.h. unmittelbar anschließend an den Gießvorgang im Segment 0, wird
erfindungsgemäß die Biegung des Stranges mit einem 2-Phasengemisch zwischen den Strangschalen
über beispielsweise fünf Biegepunkte in den inneren Kreisbogen von z.B. 4 m im Segment
1 vorgenommen, um die Strangschalendeformationsdichte klein zu halten und nicht mit
der zuvor erfolgten Gießwalzdeformation kumulieren zu lassen.
[0032] Entsprechend der geometrischen Zusammenhänge und einer Anlagenhöhe von z.B. ca. 8
m ergibt sich eine Rückbiegung in die Horizontale beispielsweise über fünf Richtpunkte
im Segment 4 nach ca. 12 m Abstand vom Gießspiegel, die weit vor der Enderstarrung
stattfindet, die bei ca. 15 oder 30 m Abstand vom Gießspiegel im Falle von VG 5 oder
10 m/min abgeschlossen ist. Zwischen der Rückbiegung und der damit verbundenen Deformation
der inneren Strangschale und der Enderstarrung, die äußerst empfindlich gegenüber
Deformationen ist, liegen somit 36 s oder 108 s, womit eine Störung der Enderstarrung
im Bereich der Sumpfspitze und die damit verbundenen Fehler im Kern der Bramme durch
den Rückbiegevorgang ausgeschlossen sind.
[0033] In Figur 4 ist als Ausführungsbeispiel der Erfindung eine einadrige Stranggießanlage
zur Erzeugung von maximal 3.0 mio tpa im Schnitt für eine Strangdicke von 100 mm am
Austritt der Senkrecht-Kokille mit hydraulischem Antrieb, einer Erstarrungsdicke von
80 mm und 10 m/min maximaler Gießgeschwindigkeit gezeigt, bestehend aus
- einer 1,2 m langen Senkrecht-Kokille mit einer Dicke von maximal 180 mm in der Mitte
des Gießspiegels und einer minimalen Dicke von 100 mm in der Mitte und einer Dicke
von 100 mm im Schmalseitenbereich des Kokillenaustritts,
- einem vertikalen Segment 0, ausgerüstet als 3 m langes Zangensegment zur Reduktion
der Strangdicke auf 80 mm,
- einem Segment 1 mit fünf Biegepunkten und einem inneren Radius von 4m,
- den Segmenten 2 und 3 im inneren Kreisbogen,
- einem Segment 4 mit fünf Richtpunkten und
- den Segmenten 5 bis 13 im horizontalen Teil der Strangführung.
[0034] Die gesamte Stranggießanlage hat eine metallurgische Länge von ca. 30 m, von denen
ca. 4 m vertikal angeordnet sind (K und 0), ca. 8 m im Kreisbogen (Segment 1,2,3,4)
und ca. 18 m horizontal verlaufen (Segmente 5 bis 13). Bei der Gießgeschwindigkeit
von maximal 10 m/min ragt der tiefste Liquiduspunkt ((1.1)) etwa 2 m in das 3 m lange
Segment 0 hinein, womit ein optimales Aufsteigen von Oxiden in die Gießschlacke und
gleichzeitig eine symmetrische Verteilung der im Stahl verbleibenden Oxide aber auch
ein Zertrümmern der Kristalle im 2-Phasengebiet sowie eine Unterdrückung der Kernseigerung
im Strang gewährleistet ist. Bei ca. 16.5 m Abstand vom Gießspiegel liegt ein 2-Phasengemisch
von 50% Kristallanteil ((Gw-50%)) mit einer Viskosität von 10 000 cP (gleich wie Honig
bei 20 °C) vor. Außerdem findet die Enderstarrung ((2.1)) im letzten Segment (13)
weit von der Rückbiegung im Segment 4 statt. Zwischen der Rückbiegung und der Enderstarrung
im Sumpfspitzenbereich liegt eine ungestörte Erstarrungszeit von ca. 108 s, die eine
gute Kernerstarrung sicherstellt.
Bezugszeichenliste
[0035]
- -(D-5)
- Stranginnendeformation während der Erstarrung für 5 m/min Gießgeschwindigkeit
- -(D-10)
- Stranginnendeformation während der Erstarrung für 10 m/min Gießgeschwindigkeit
- -(D-B)
- Biegedeformation auf die innere Strangschale bei der Biegung des Stranges aus der
Senkrechten in den inneren Kreisbogen
- -(D-R)
- Rückbiegedeformation auf die innere Strangschale beim Richten des Stranges aus dem
inneren Kreisbogen über mehrere Richtpunkte in die Horizontale
- -(D-Gw)
- Gießwalzdeformation auf die innere Strangschale
- -(D-Ge)
- Gesamtdeformation auf die innere Strangschale (D-Ge)=(D-B)+(D-Gw).
- -(D-Kr)
- Kritische oder Grenzdeformation der inneren Strangschale
- -(1)
- tiefster Punkt der Überhitzung oder tiefster Liquiduspunkt als Abstand in m vom Gießspiegel
in Abhängigkeit von der Gießgeschwindigkeit
- -(1.1)
- Abstand des tiefsten Liquiduspunktes vom Gießspiegel für 10 m/min Gießgeschwindigkeit
- -(1.2)
- Abstand des tiefsten Liquiduspunktes vom Gießspiegel für 5 m/min Gießgeschwindigkeit
- -(Gw-50%)
- 2-Phasengemisch mit 50% Kristallanteil und ca. 10 000 cP (äquivalent zu Honig bei
20 °C) im Abstand von 8,25 m bzw. 16,6 m vom Gießspiegel im Falle der Gießgeschwindigkeiten
5 und 10 m/min
- -(2)
- tiefster Soliduspunkt oder Sumpfspitze in m vom Gießspiegel in Abhängigkeit von der
Gießgeschwindigkeit
- -(2.1)
- Abstand der Sumpfspitze vom Gießspiegel für eine Gießgeschwindigkeit von 10 m/min
- -(2.2)
- Abstand der Sumpfspitze vom Gießspiegel für eine Gießgeschwindigkeit von 5 m/min
- - V
- Verteiler
- - Ta
- Tauchausguß
- - K
- Senkrecht-Kokille mit hydraulischem Antrieb zur Oszillation
- - 0
- Segment 0 als Zangensegment
- - 1
- Segment 1 als Biegesegment
- - 2
- Segment 2 als Kreisbogensegment
- - 3
- Segment 3 als Kreisbogensegment
- - 4
- Segment 4 als Rückbiegesegment
- - 5
- Segment 5 als Horizontalsegment
- - 6
- Segment 6 als Horizontalsegment, ....
- - 14
- Segment 14 als Horizontalsegment
1. Verfahren zur Erzeugung von dünnen Brammen auf einer insbesondere eine Senkrecht-Kokille
aufweisenden Stranggießanlage,
dadurch gekennzeichnet,
daß
- mit einem unmittelbar unterhalb der Kokille senkrecht verlaufenden, ersten Segment
(0) der Strangführung ausschließlich die Strangreduktion, auch Gießwalzen genannt,
vorgenommen wird,
- das unmittelbar unter dem ersten Segment (0) angeordnete Segment (1) die Biegung
des Stranges über mehrere Biegepunkte in den inneren Kreisbogen vornimmt und
- der Strang vor der Enderstarrung über mehrere Rückbiegepunkte in die Horizontale
rückgebogen wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine Senkrecht-Kokille mit einem konkaven Profil ihrer Breitseiten, das in der
Horizontalen symmetrisch verläuft, verwendet wird.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das konkave Profil vom Kokillenanfang (Gießspiegelbereich) bis zum Kokillenende
über einen funktionalen Verlauf völlig zurückgenommen wird.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß das konkave Profil vom Kokillenanfang (Gießspiegelbereich) bis zum Kokillenende
über einen funktionalen Verlauf auf eine Restkonkavität von maximal 10% der Erstarrungsdicke
je Breitseitenplatte zurückgenommen wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Restkonkavität in der Strangführung funktional auf eine Konkavität oder Balligkeit
der Bramme von minimal +0 mm zurückgenommen wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Länge des senkrecht verlaufenden Segmentes (0) so bemessen wird, daß bei maximaler
Gießgeschwindigkeit die reine Schmelzphase oder der tiefste Liquiduspunkt sich vorzugsweise
unterhalb des ersten Drittels und dem Ende des Segmentes (0) einstellt, jedoch nicht
aus dem Segment (0) verlagert wird und mit der Deformationsgeschwindigkeit im Strang
bei der Strangdickenreduktion ein Wert von 1.25 mm/s nicht überschritten wird.
7. Stranggießanlage zum Durchführen des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß
- das senkrecht verlaufende Segment (0) für eine Strangdickenreduktion zwischen 40
und 10 mm ausgelegt ist,
- das folgende Segment (1) mindestens drei Biegepunkte aufweist und der Radius des
inneren Kreisbogens zwischen 6 und 3 m liegt und
- zur Rückbiegung des Stranges aus dem inneren Kreisbogen in die Horizontale mindestens
drei Richtpunkte ausgebildet sind und der letzte Rückbiegepunkt bei 80% der maximalen
Gießgeschwindigkeit einen Abstand zur Sumpfspitze von mindestens 2 m aufweist.
8. Stranggießanlage nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß das senkrechte Segment (0) mindestens eine Länge von 2 m aufweist.
9. Stranggießanlage nach Anspruch 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Anlagenhöhe zwischen Gießspiegel und der Unterkante des Stranges in der horizontal
verlaufenden Strangführung nicht mehr als 10 m beträgt.
10. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Kokille im Schmalseitenbereich eine Dicke zwischen 160 und 70 mm aufweist.
11. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 10,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Breitseiten der Senkrecht-Kokille ein horizontal verlaufendes, konkaves und
symmetrisches Profil mit einer Öffnung in der Breitseitenmitte des Gießspiegelbereiches
von maximal 40 mm je Breitseite aufweisen.
12. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
daß das konkave Profil von maximal 40 mm je Breitseite im Gießspiegelbereich der Kokille
bis spätestens zum Ende der Kokille völlig zurückgehend ausgebildet ist.
13. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
daß das konkave Profil von maximal 40 mm je Breitseite im Gießspiegel der Kokille
bis zum Ende der Kokille funktional auf eine Restkonkavität von maximal 12 mm je Breitseite
zurückgehend ausgebildet ist.
14. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 11 und 13,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Restkonkavität am Kokillenaustritt in der Strangführung funktional auf eine
minimale Konkavität oder Balligkeit der Bramme von minimal +0 mm zurückgehend ausgebildet
ist.
15. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 14,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Stranggießanlagenlänge bzw. die Strangführung mindestens 10 m beträgt.
16. Stranggießanlage nach einem der Ansprüche 7 bis 15,
gekennzeichnet durch
eine Stranggießgeschwindigkeit von maximal 10 m/min.