[0001] Die Erfindung betrifft eine Dicht- und Führungseinrichtung zum hochdynamischen Beschleunigen
von abstandswirksamen, gewichtsoptimierten Schutzelementen gegen Wucht- (KE) Geschosse,
Hohlladungsmunition (HL) und explosivgeformte Projektile (EFP) nach dem Oberbegriff
von Patentanspruch 1.
[0002] Im Verlaufe der letzten Jahrzehnte wurde die Durchschlagsleistung sowohl von Hohlladungs-
(HL) als auch von Wucht- (KE) Geschossen derart angehoben, daß bei inerten Schutzaufbauten
bereits heute auch bei schweren gepanzerten Fahrzeugen ein kaum mehr zu realisierendes
Maß an Flächengewichten erforderlich ist. Da sich dieser Trend noch zukünftig verstärken
wird, werden seit Jahren eine Reihe von Sonderpanzerungen untersucht, die gegenüber
Stahl gleicher Masse eine erhöhte Schutzleistung aufweisen.
[0003] Neben dem Einsatz von Sonderschutzmaterialien waren es insbesondere die seit Anfang
der 70er Jahre erprobten, sogenannten reaktiven Panzerungen (ERA), die insbesondere
gegen HL-Geschosse entscheidende Verbesserungen in der Schutzleistung und damit eine
Verringerung des Flächengewichts erbrachten. Das Prinzip besteht darin, daß in einem
Sandwichaufbau aus z.B. Stahlblech / Sprengstoff / Stahlblech durch das auftreffende
bzw. durchdringende Projektil der Sprengstoff initiiert wird und durch die entsprechend
beschleunigten Stahlbleche (Platten) laterale Wirkungen auf das durchdringende Projektil
(HL-Strahl oder KE-Penetrator) erzielt werden. Aufgrund der sehr kurzen zur Verfügung
stehenden Zeitspanne muß dieser Beschleunigungsvorgang nicht nur sehr rasch eingeleitet
werden, sondern es müssen auch entsprechend große Plattengeschwindigkeiten erreicht
werden. Aus endballistischen Gründen sollte z.B. für KE-Geschosse bei derartigen flächenhaften
Konfigurationen je nach Neigungswinkel die Plattengeschwindigkeit 15 % bis 30 % der
Projektilgeschwindigkeit betragen, um eine ausreichende Schutzleistung zu erzielen.
Dies beschränkt die zu realisierenden Blechdicken, die in der Regel bei Hohlladungen
im mm-Bereich, gegen Wucht(KE) Geschosse in besonderen Fällen bei wenigen Zentimetern
Plattendicke liegen.
[0004] Beide erforderlichen Bedingungen, sowohl Zünden ohne nennenswerte Zeitverzögerung,
als auch eine sehr hohe Plattengeschwindigkeit, lassen sich in flachen und einfach
aufgebauten Strukturen nur mittels Sprengstoff erreichen.
[0005] Da insbesondere aufgrund der Tatsache, daß der Auftreffpunkt des Geschosses auf dem
reaktiven Schutzelement nicht genau genug bekannt ist und die reaktiven Elemente eine
bestimmte Zeit auf die durchdringende Bedrohung einwirken müssen, ist ihre Fläche
nicht beliebig zu verkleinern. Die lateralen Abmessungen derartiger Schutzmodule,
die weltweit bereits bei den unterschiedlichsten Kampfpanzern im Einsatz sind, liegen
in der Größenordnung von 0,1 bis 0,3 m
2. Aufgrund der oben genannten Bedingungen ergeben sich Sprengstoffdicken von 4 mm
bis 8 mm und damit relativ hohe Sprengstoffmassen. Dies bedeutet, daß auf die tragende
Struktur neben der Schockbelastung auch ganz erhebliche Energien bzw. Impulse übertragen
werden. Bei massiven reaktiven Abwehrsystemen sind diese durchaus mit denen der auftreffenden
Bedrohung zu vergleichen. (Anhaltswert: Für eine Plattenenergie von etwa 1 MJ werden
etwa 1 kg Sprengstoff zur Beschleunigung benötigt).
[0006] Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der sogenannten spezifischen Flächenmasse
bzw. dem Faktor "äquivalente" Stahlmasse / tatsächlich benötigter Stahlmasse pro Flächenelement
(Em-Faktor) zu. Er ist ein Maß für die Effizienz (Masse) einer Panzerung.
[0007] Die genannten reaktiven Panzerungen mit größerer Flächenausdehnung liegen zwar bei
günstiger endballistischer Dimensionierung über den mit inerten Sonderwerkstoffen
erreichbaren Werten, es sollte jedoch für eine realistische Abschätzung zumindest
ein Teil der speziell für den Einsatz reaktiver Elemente benötigten Massen (Befestigungselemente,
Stege etc.) berücksichtigt werden. Dieser Umstand reduziert je nach Betrachtungsweise
den Em-Faktor bei großflächigen Elementen oder ungünstigen Auslegungen derart, daß
ein masseeffizienter und damit sinnvoller Einsatz in Frage gestellt ist.
[0008] Beim Einsatz von relativ kleinen, aber hochwirksamen Abwehrelementen (AWE), wie sie
mit dieser Erfindung vorgeschlagen werden, ergeben sich hingegen relativ günstige
Masseeffizienten. Denn zum einen werden nur Massen beschleunigt, die unmittelbar zur
Wirkung kommen, zum anderen sind die sogenannten Tot- oder Verlustmassen aufgrund
der kleinen Module und der geringen Strukturbelastungen beim Abschuß vergleichsweise
gering.
[0009] Ein weiteres, technisch sehr schwer zu lösendes Problem besteht bei reaktiven Anordnungen
darin, die Detonation auf ein bestimmtes flächiges Element zu begrenzen, ohne weitere
Schäden oder gar eine sympathetische Detonation der umgebenden Schutzelemente zu verursachen.
Dieser Umstand, verbunden mit der Forderung nach einer möglichst langen Einwirkzeit
auf das Geschoß, dies bestimmt die Größe der Abwehrplatten, und die sehr große Energie
der beschleunigten Abwehrelemente hat zur Folge, daß solche Systeme vornehmlich als
sogenannte modulare reaktive Schutzelemente auf der Außenfläche der zu schützenden
Fahrzeuge appliziert werden.
[0010] Eine Reihe von Nachteilen und Einschränkungen beim Einsatz von ungesteuerten reaktiven
Panzerungen können durch den Übergang auf eine Fremdzündung der reaktiven Schutzelemente
vermieden werden. Hierbei müssen aber ausreichend präzise Informationen bzgl. des
Zeitpunktes und des Ortes der abzuwehrenden Bedrohung bekannt sein. Diese werden mittels
Sensoren und nachgeschaltetem Rechner ermittelt. Ist dies gewährleistet, so können
erheblich kleinere Flächen für die Abwehreinheiten realisiert werden. Derartige sensorgestützte
Systeme werden allgemein als aktiv bezeichnet.
[0011] Ein weiterer, für den Einsatz derartiger Systeme wichtiger Gesichtspunkt besteht
in deren Empfindlichkeit gegenüber Störungen bzw. gezielten Abwehrmaßnahmen. Diese
können beispielsweise im Beschuß mit kleineren Bedrohungen (Maschinenkanone) mit dem
Ziel einer flächigen Auslösung bestehen oder im Beschuß mit Tandem - Geschossen.
[0012] Die relativ geringen Flächen der in dieser Erfindung vorgeschlagenen Lösung wirken
diesen denkbaren Abwehrmaßnahmen entgegen. Weiterhin können mit immer noch vergleichbar
geringen Strukturbelastungen zwei oder mehr Abwehrelemente beschleunigt werden (z.B.
zur Redundanz oder Mehrfachbekämpfung). Außerdem sind die flächig "kleinen" Beschleunigungssysteme
relativ gut zu schützen, z.B. mittels Schutzelementen oder Schutzabdeckungen, die
von Splittern oder kleineren Geschossen nicht durchdrungen werden.
[0013] Aber selbst das Eindringen eines Splitters oder Geschosses in eine bestimmte Tiefe
setzt die Wirksamkeit der Abwehrelemente nicht herab. Denn gerade deren Fremdzündung
macht sie gegenüber einer versehentlichen oder von der kleineren Bedrohung gewünschten
Auslösung unempfindlich.
[0014] In jedem Falle werden nur relativ kleine Abwehrwirkflächen auch bei einem teilweisen
Ausfall außer Funktion gesetzt, ein wesentliches Argument für den Einsatz kleinstmöglicher
Abwehrelemente und insbesondere für die Möglichkeit des Einsatzes redundanter Systeme.
[0015] Aufgrund der stetig zunehmenden Bedrohung durch leistungsfähigere Penetratoren hinsichtlich
Auftreffgeometrie und kinetischer bzw. chemischer Energie und insbesondere der in
absehbarer Zukunft zu erwartenden Werte, z.B. ist bei KE-Munition ein Anstieg von
derzeit etwa 8 MJ auf 15 MJ und mehr denkbar, wurden Konzepte entwickelt, die das
Zusammentreffen der Bedrohung mit Abwehrelementen möglichst außerhalb der zu schützenden
Objekte stattfinden lassen. Dies wird mit sogenannten "abstandswirksamen" Schutzelementen
erreicht. Derartige Systeme werden seitens der Grundlagenforschung insbesondere vom
Deutsch-Französischen Forschungsinstitut (ISL) seit Mitte der 80er Jahre vorgeschlagen.
Auch sind bereits entsprechende Experimente mit KE-Munition gegen HL-Munition bekannt.
Da die abstandswirksamen Schutzelemente eine bestimmte Zeit vor dem Auftreffen der
Bedrohung aktiviert werden müssen, erfordern sie eine entsprechende Sensorik in Verbindung
mit einer Steuerung und einer Auslöseeinrichtung.
[0016] Als Beschleunigungsmedien für aktive bzw. abstandswirksame Systeme kommen in erster
Linie Sprengstoffe in Betracht. Ebenso werden seit einer Reihe von Jahren auch elektromagnetische
Beschleunigungseinrichtungen in der Grundlagenforschung untersucht. Auf der anderen
Seite eröffnen sensorgesteuerte Systeme die Möglichkeit, Beschleunigungssysteme einzusetzen,
deren Intiierung länger dauert als bei reinem Sprengstoff. Hier sind insbesondere
deflagrierende Systeme und bestimmte Treibladungspulveraufbauten von Bedeutung. Liegen
die Zündverzugszeiten bei Sprengstoff in der Größenordnung von wenigen Mikrosekunden
(µs), so liegen sie bei deflagrierenden Systemen derzeit in der Größenordnung von
100 - 500 µs. Als deflagrierende Komponenten kommen z.B. poröse Hexogen-Wachs-Gemische
oder klassische LOVA-Pulver in Frage. Deflagrierende Systeme werden seit langer Zeit
im ISL ebenfalls grundlagenmäßig untersucht.
[0017] Beim Einsatz von Treibladungspulvern (TLP) ist mit einer minimalen Zeitspanne für
den Anzündvorgang in der Größenordnung von 1000 µs zu rechnen. Die Effizienz sowohl
von deflagrierenden Systemen als auch von Aufbauten mit TLP als Antriebsmittel hängt
also ganz entscheidend von einer präzisen Anzündung und einer gleichmäßigen Durchzündung
ab. Daß dies jedoch möglich ist und daß mit derartigen Systemen auch Geschwindigkeiten
von mehreren 100 m/s zu erreichen sind, wurde bereits vor Jahren im ISL nachgewiesen.
[0018] Als Hybridantrieb ist auch eine Kombination von elektromagnetischer Beschleunigung
und zusätzlicher chemischer Energie denkbar, z.B. durch Verwendung von druckempfindlichen
Stoffen wie den Perchloraten (z.B. Kaliumperchlorat). Dabei wird aufgrund der mechanischen
Abschußbelastung des Abwehrelementes zu Beginn der elektromagnetischen Beschleunigung
das Perchloratpulver am Boden (im Topf) des Schutzelementes bzw. zwischen den beiden
Spulen spontan initiiert: Dies erzeugt eine große Gasmenge, die das Abwehrelement
im Ausstoßtopf zusätzlich beschleunigt. Weiterhin sind zukunftsorientierte Hybridantriebe
denkbar, bei denen beispielsweise ein Plasma als Antriebsmedium durch elektrische
Energie erzeugt wird.
[0019] Bezüglich einer technischen Anwendung in gepanzerten Strukturen haben Beschleunigungssysteme
auf der Basis von detonierendem Sprengstoff einen entscheidenden Nachteil. Sie verursachen
stets eine Schockbelastung. Damit werden unvermeidbar die dynamischen Fließgrenzen
der unmittelbar umgebenden Werkstoffe überschritten, so daß es dort zu bleibenden
Verformungen kommt. Weiterhin sind bei derartigen Systemen sehr große Belastungen
der umgebenden, aber auch der tragenden Struktur nicht zu vermeiden. Dies erfordert
zur Kompensation in der Regel erhebliche Zusatzmassen, die den Gewinn an Schutzleistung
entsprechend vermindern. Gleichzeitig wird damit die technisch sinnvoll zu beschleunigende
Masse eingegrenzt bzw. bestimmt.
[0020] Abgemildert werden kann die Schockbelastung bei Verwendung von Sprengstoff durch
Beimengen von "verdünnenden" Komponenten (Inertpulver, PU-Schaum etc.). Damit kann
die plastische Deformation im Nahbereich zwar insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten
der Abwehrelemente kaum verhindert werden, jedoch ist diese bei optimaler Ausgestaltung
und Abstimmung der Geschwindigkeiten und Massen deutlich zu begrenzen. Durch derartige
Maßnahmen wird jedoch die Zündung des Sprengstoffgemisches erschwert.
[0021] Es sind eine Reihe von Vorschlägen bekannt, zur Verminderung der Schutzmasse von
Fahrzeugen und Schiffen "aktive Panzerungen" einzusetzen. Grundsätzlich zeichnen sich
derartige Schutzsysteme dadurch aus, daß der ankommenden Bedrohung eine Abwehrmasse
entgegen bewegt wird. Ein Schwerpunkt dieser Überlegungen liegt dabei auf der Auslösung
von Hohlladungen (z.B. DE 9 77 984) oder Schneidladungen (US 3.895.368) quer zur Flugrichtung
der Bedrohung. Andere Schutzsysteme sehen direkt Sprengladungen zur Abwehr vor (z.B.
DE 9 78 036).
[0022] Dabei gilt aber grundsätzlich, daß relativ massive Körper, wie Wuchtgeschosse, durch
Hohlladungen, Schneidladungen oder durch die Explosion von Sprengstoff kaum zu beeinträchtigen
und keinesfalls nennenswert zu zerstören sind.
[0023] Eine zweite Gattung derartiger Vorschläge kann dadurch zusammengefaßt werden, daß
zur Abwehr auch von KE-Bedrohungen im Verhältnis zum Penetratordurchmesser relativ
große Flächen (Panzerplatten) seitlich gegen durchdringende Geschosse beschleunigt
werden. Als Beispiele sollen die Patentschriften DE 29 06 378 C1 und DE 27 19 150
C1 angeführt werden. Für alle derartigen Lösungen gilt gemeinsam, daß die bewegten
Platten auch in Bezug auf die Schutzmasse einen wesentlichen Teil der Panzerung darstellen.
Neben der Tatsache, daß die Beschleunigung derart großer Massen mit den größten Problemen
verbunden ist, wird die Schutzbilanz (Effizienz) selbst gegenüber einfachsten inerten
Schutzaufbauten in jedem Falle dann schlechter, wenn die für derartige Konstruktionen
benötigten Totmassen berücksichtigt werden. Auch ist bei einer Beschleunigung mittels
Sprengstoff nicht zu vermeiden, daß die beaufschlagten Kanten der bewegten Platten
erheblich plastisch deformiert werden. Weiterhin ist leicht abzuschätzen, daß die
derartigen Schutzplatten mitgegebene Energie bzw. der erteilte Impuls mindestens in
der Größenordnung der Geschoßenergie bzw. des Geschoßimpulses liegen. Wenn überhaupt,
dann können derartige Konzepte nur einmal in Aktion treten, zumal nach einer Interaktion,
bei der nur ein relativ geringer Massenanteil zur Wirkung kommen kann, die fliegenden
schweren Panzerplatten in der Regel auch wieder aufgefangen werden müssen. Alle diese
Punkte lassen derartige Konzepte als unrealistisch erscheinen.
[0024] Eine weitere Schutzeinrichtung gegen ein anfliegendes Projektil ist aus der DE 195
05 629 A1 bekannt, bei der Schleuderplattenmodule nicht mehr unmittelbar von der Struktur
des zu schützenden Fahrzeuges getragen sind, sondern vielmehr in einem vor der Stirn
einer Kampfpanzerwanne angebrachten Vorbau gehaltert werden. Bei der Auslösung des
Schutzmoduls werden die beiden schweren Schutzplatten in entgegengesetzte Richtung
fortgeschleudert, wobei nur eine der beiden Schutzplatten zur Interaktion kommt. Hierdurch
werden zwar die Reaktionskräfte auf die Panzerfahrzeugstruktur weitgehend vermindert,
die Massebilanz ist aber aufgrund der hohen Totmassen (Vorbau, zweite Schleuderplatte)
sehr schlecht.
[0025] Weitere bekannte Vorschläge befassen sich mit gesteuerten, reaktiven Panzerungen,
wie beispielsweise in der Patentschrift DE 44 40 120 A1 aufgezeigt. Die Wirkung erfolgt
auch hier, wie bei den einfachen reaktiven Anordnungen, welche durch die Bedrohung
selbst initiiert werden, durch eine flächig seitlich gegen die Bedrohung beschleunigte
Platte. Dieses Prinzip bedarf grundsätzlich eines größeren Anstellwinkels der Panzerung,
verbunden mit größeren Luftzwischenräumen als Bewegungsspielraum für die reaktiven
Komponenten.
[0026] Die in der DE 44 40 120 A1 angeführte Lösung ist darüberhinaus auch für reaktive
Systeme ungünstig, weil hierbei die abgesprengten Platten erhebliche Gegenmassen benötigen
würden. Auch sollen die reaktiven Elemente nur gegen ein bereits zerlegtes Geschoß
wirken, wodurch die Gesamteffizienz entscheidend vermindert wird. Somit stehen hier
Aufwand und Nutzen in keinem positiven Verhältnis.
[0027] Grundsätzlich sollten Störelemente in möglichst großem Abstand zum zu schützenden
Raum bzw. Objekt positioniert werden, da die nachfolgende Flugstrecke (Ablenkweg)
des gestörten Penetrators aufgrund der sich fortsetzenden Lateralbewegung für die
Effizienz von großer Bedeutung ist. Bei großen Abständen der Interaktion Abwehrelement
/ KE-Bedrohung vor der Struktur in der Größenordnung von einigen Penetratorlängen,
z.B. 2 bis 5 m bezogen auf die 120 mm DM 33 (L
Penetrator= 505 mm), ist mit derart großen Projektilbeeinträchtigungen zu rechnen, daß die nachfolgende
Panzerungsstruktur erheblich leichter ausgeführt werden kann. Bei kleineren Abständen
der Interaktion Abwehrelement / Bedrohung und Folgestruktur in der Größenordnung von
einer Penetratorlänge oder weniger, spielt das Zusammenwirken zwischen Abwehrelement
und nachgeschalteter Panzerung eine mit abnehmenden Abstand zunehmende Rolle, da beide
Komponenten praktisch gleichzeitig mit dem Penetrator im Eingriff sind.
[0028] Bei bekannten aktiven Schutzanordnungen befinden sich die Störelemente bzw. deren
Einrichtungen zumeist hinter relativ massiven Vorpanzerungen bzw. hinter vorgeschalteten
Mehrplattenpanzerungen, wie beispielsweise in der DE 44 40 120 A1 gezeigt. Dadurch
wird aber die Gesamteffektivität und nur diese ist entscheidend, grundsätzlich vermindert,
da die vorgeschalteten Panzerungen nur klassische Schutzleistungswerte erreichen.
Erst der Einsatz von den Penetrator zerlegenden oder den HL-Strahl dissipierenden,
abstandswirksamen und kleinstmöglichen Schutzelementen in Verbindung mit einer angepaßten,
passiven Folgepanzerung hebt die effektive Schutzleistung einer Gesamtpanzerung auch
unter Berücksichtigung der Totmassen für die abstandswirksame Komponente deutlich
an.
[0029] Einwirkungen auf bereits zerbrochene oder angestellte Bedrohungen sind wenig effizient
und zeitlich sowie örtlich schwierig zu steuern. Außerdem ist zu berücksichtigen,
daß unterschiedliche Bedrohungen aus verschiedenen Richtungen je nach Geschwindigkeit
gänzlich unterschiedlich durch eine Vorpanzerung dringen.
[0030] Damit gilt grundsätzlich, daß ein abstandswirksames Schutzelement vor einer zu schützenden
Struktur bzw. vor einer Hauptpanzerung angeordnet sein sollte. Nur dann ist gewährleistet,
daß das Abwehrelement auf eine noch weitgehend unzerstörte Bedrohung trifft und damit
eine optimale Wirkung entfalten kann. Bei geeigneter Formgebung des gepanzerten Fahrzeuges
bzw. Angriffswinkel im Seitenbereich (Flankenwinkel) kann zur Sicherstellung einer
polyvalenten Wirkungsweise der Gesamtpanzerung das abstandswirksame Schutzelement
auch hinter einer dünnen Beulvorrichtung positioniert sein. Dadurch ist eine hohe
Schutzleistung gegen schwere Hohlladungen oder Tandem-HL gewährleistet.
[0031] Ein weiteres entscheidendes Merkmal für die Qualität einer Schutzanordnung besteht
in ihrer Einsatzbreite. So sind die bisher bekannten Lösungen zumeist auf ganz bestimmte
Positionen, z.B. an gepanzerte Fahrzeuge gebunden, welche derartige z.T. außerordentlich
schwere oder große Impulse abgebende aktive oder reaktive Schutzsysteme überhaupt
tragen können. Damit sind sie in der Regel auf den Fahrzeugbugbereich beschränkt.
Dieser stellt aber gerade bei gepanzerten Fahrzeugen aller Gewichtsklassen nicht nur
den kleineren Flächenanteil einer Panzerung dar, sondern ist auch aufgrund der räumlichen
Möglichkeiten besonders gut mit herkömmlichen Technologien, z.B. rein passiv zu schützen.
[0032] Es ist daher Gegenstand dieser Erfindung, eine praktikable und einfache Beschleunigungsvorrichtung
für abstandswirksame Schutzelemente derart zu schaffen, daß mit relativ wenig Aufwand
eine sehr wirksame Abwehr der Bedrohung durch KE-, HL-, und EFP-Projektile erzielt
werden kann. Die Merkmale, Einzelheiten und Vorzüge ergeben sich aus den Patentansprüchen,
deren Wortlaut durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht wird, sowie anhand
der Zeichnungen. Hierbei zeigen:
- Figur 1
- schematisierte Ansicht eines Fahrzeuges mit den Einsatzbereichen für abstandswirksame
Schutzelemente gegen KE und HL;
- Figur 1.1
- schematisierte Ansicht eines Fahrzeuges mit dem Einsatzbereich für abstandswirksame
Schutzelemente gegen EFP;
- Figur 2
- Anordnung und Bahnen der Abwehrelemente gegen HL und KE;
- Figur 2.1
- Anordnung und Bahnen der Abwehrelemente gegen EFP;
- Figur 3
- schematische Darstellung der Interaktion zwischen Abwehrelement und einem KE-Projektil;
- Figur 4
- Vektordiagramme für mitlaufende und gegenlaufende Schutzelemente;
- Figur 5
- geometrische Formen möglicher AWE;
- Figur 5.1A
- numerische 3D-Simulation von einem zylindrischen Abwehrelement und einem KE-Penetrator
zum Beginn der Interaktion;
- Figur 5.1B
- numerische 3D-Simulation von dem zylindrischen Abwehrelement und KE-Penetrator nach
der Interaktion von AWE und Penetrator:
- Figur 5.2A
- Diagramm zum Druck-Geschwindigkeitsverlauf am Beispiel eines scheibenförmigen Abwehrelementes
bei Variation des Scheibendurchmessers,
- Figur 5.2B
- Diagramm zum Druck-Geschwindigkeitsverlauf am Beispiel eines scheibenförmigen Abwehrelementes
bei Variation des Materials vom Abwehrelement (Dichte),
- Figur 6
- prinzipieller Aufbau diverser Beschleunigungseinheiten;
- Figur 7
- prinzipielle Führung von Abwehrelementen bei der Beschleunigung;
- Figur 8
- prinzipielle Darstellung der Volumenerhöhung bei der Bewegung eines AWE;
- Figur 9
- Beschleunigungseinheit mit Dichtzone und Abdeckbeispielen;
- Figur 10
- prinzipielle Darstellung von Dichtkonzepten für flächenhafte Abwehrelemente;
- Figur 11
- Dichtkonzepte für Rotationskörper;
- Figur 12
- prinzipielle Darstellung für modulare Antriebselemente;
- Figur 13
- prinzipielle Darstellung von ein- oder mehrfachen Ausstoßsystemen;
- Figur 14
- Ansichten von Mehrfachausstoßsystemen;
- Figur 15
- Prinzipdarstellung eines Abwehrelementes mit integrierten Elementen;
- Figur 16
- Prinzipdarstellung eines wahlweise schaltbaren Abwehrsystems.
- Figur 17
- numerische 3D-Simulation einer Interaktion von einem balkenförmigen Abwehrelement
und einem KE-Penetrator bei einem kurzen Abstand des AWE vor einer massiven Panzerstahlplatte.
[0033] Die Fig. 1A, 1B und 1C in Figur 1 zeigen schematisierte Seitenansichten eines gepanzerten
Fahrzeugs 1 mit den unterschiedlichen Einsatzbereichen abstandswirksamer Schutzelemente
innerhalb und außerhalb der Struktur.
[0034] In Fig. 1A ist der innere Arbeitsbereich abstandswirksamer Einrichtungen, z.B. innerhalb
des Fahrzeugbugbereichs 2, dargestellt. Die Auslösung erfolgt hierbei über einen Bugsensor
5a für den inneren Bereich oder mittels Kontakt.
[0035] Fig. 1B kennzeichnet den unmittelbaren Detektions-Nahbereich 3 einer Panzerung mit
abstandswirksamen Elementen und den Sensoren 5b (Dachsensor für den Nahbereich) und
5c (Bugsensor für den Nahbereich).
[0036] Fig. 1C zeigt den daran anschließenden fahrzeugferneren Bereich 4, der hier von einem
geeigneten Dachsensor 5d abgetastet wird. Selbstverständlich kann diese Aufgabe auch
von mehreren Sensoren übernommen werden.
[0037] In Figur 1.1 ist der mögliche Bedrohungsbereich eines Fahrzeuges im Dachbereich durch
EFP oder Hohlladungsflugkörper angegeben. Die Auslösung erfolgt hier über entsprechend
angeordnete Sensoren 5e.
[0038] Die Fig. 2A, 2B und 2C in Figur 2 zeigen die entsprechenden Bahnen der abstandswirksamen
Schutzelemente (AWE).
[0039] Der Bugbereich 6 ist durch die obere Frontfläche 7a und untere Frontfläche 7b bestimmt.
Den Abschluß zum Kampfraum, in dem sich die Mannschaft befindet, bildet ein schräg
oder senkrecht angeordneter passiver (inerter) Basisschutz 13. Die möglichen Bahnen
12 der inneren Abwehrelemente 11 sind durch die Geometrie der Frontflächen 7a, 7b
und des Basisschutzes 13 bestimmt und können schräg entsprechend der jeweiligen Kontur
oder senkrecht verlaufen. Die Anordnung im Bugbereich kann dadurch sehr variabel gestaltet
werden und so den Bedürfnissen der jeweiligen passiven Basispanzerung optimal angepaßt
werden.
[0040] Beim Bug-Seitenbereich 9 bzw. Turm-Frontbereich 8 oder Turm-Seitenbereich 10 ist
die prinzipielle Anordnung abstandswirksamer Schutzelemente 14 mit ihren möglichen
Bahnen 15 zur Abwehr einer Bedrohung im konturnahen Fahrzeugbereich 3 oder fahrzeugferneren
Bereich 4 aufgezeigt. Die Bedrohung durch Geschosse, Flugkörper oder Gefechtsköpfe
kann dabei direkt von vorne 16a, von der Seite 16b oder von oben 16c erfolgen.
[0041] In Figur 2.1 ist die mögliche Abwehr eines explosivgeformten Projektils (Pfeil 16c
in der Skizze) durch ein abstandswirksames Abwehrelement 14 bzw. die externe Abwehrflugbahn
15 skizziert. Mit einem solchen abstandswirksamen Schutzsystem lassen sich aber auch
Flugkörper, die im sogenannten Top Attack, (das Objekt von oben) angreifen, sehr gut
bekämpfen.
[0042] Bei den folgenden Betrachtungen gemäß Figur 3 wird von einer senkrechten Interaktion
zwischen Abwehrelement 20 und einem KE-Penetrator 18 (Bedrohung) ausgegangen. Tatsächlich
auftretende Winkel (Anstellung bzw. Neigung der Panzerung) sind in erster Näherung
durch Übertragung mittels des Cosinus-Gesetzes zu behandeln. Es gibt entsprechend
Figur 3A zwei mal drei Möglichkeiten bzgl. des Interaktionswinkels.
[0043] Das Abwehrelement 20 bewegt sich in Richtung der Bedrohung 18 mit einer Komponenten
in Flugrichtung 21 der Bedrohung (17ac von oben, 17bc von unten) oder mit einer Komponenten
entgegen der Flugrichtung 21 der Bedrohung (17aa von oben, 17ba von unten). Die dritte
Möglichkeit besteht im senkrechten Auftreffen (17ab von oben, 17bb von unten).
[0044] In Fig. 3B ist der Fall für eine senkrechte Interaktion (17bb) gezeigt, bei dem die
Geschwindigkeit, mit der das Abwehrelement 20 seitlich in den Penetrator 18 läuft,
zu groß eingestellt ist (größer 0,2 bis 0,3 v
Penetrator). Es wird daher nur eine bestimmte Penetratorlänge 18b herausgestanzt. Aufgrund der
Trägheit des Restpenetrators verharren die Reststücke des Geschosses 18a/18c in ihrer
ursprünglichen Flugachse. Die endballistische Leistung wird dabei nur etwa entsprechend
der herausgestanzten Penetratorlänge 18b vermindert.
[0045] Fig. 3C zeigt denjenigen Fall, bei dem die Quergeschwindigkeit des Abwehrelementes
20 zu klein (weniger als 0,1 bis 0,15 v
Penetrator) ist. Es erfolgt nur eine geringe Ablenkung (19, α). Je nach Bewegungsrichtung des
Abwehrelementes 20 kann der Penetrator 18 sogar in Richtung der Zielnormalen einer
nachgeschalteten geneigten Panzerung angestellt werden, so daß der geringe Schutzleistungsgewinn
durch die leichte Schrägstellung des Penetrators aufgrund einer etwas verbesserten
Eindringleistung noch kompensiert werden könnte.
[0046] Es sind bei diesen Betrachtungen aber immer beide Richtungen zur Bedrohung zu berücksichtigen,
da in Verbindung mit der nachfolgenden (in der Regel angestellten Panzerung) sich
unterschiedliche effektive Auftreffwinkel ergeben.
[0047] Die Vektordiagramme in Figur 4 zeigen diesen Zusammenhang für ein mitlaufendes Schutzelement
und ein gegenlaufendes Schutzelement jeweils für ein System "ruhendes Abwehrelement"
und ein System "ruhendes Geschoß".
[0048] Bei den inneren Abwehrbahnen 12 gemäß Fig. 2A sind noch prinzipiell alle 6 Bewegungsrichtungen
der Abwehrelemente 11 denkbar, während bei den äußeren Bahnen 15 der Abwehrelemente
14 für den fahrzeugnahen bzw. fahrzeugfernen Bereich nur eine einzige Bewegungsrichtung
gegen die Bedrohung sinnvoll ist.
[0049] Bei der endballistischen Wirkung des AWE gegen auftreffende bzw durchdringende Penetratoren
muß grundsätzlich zwischen zwei Fällen unterschieden werden:
a.) die Bedrohung (Geschoß, Penetrator) durchdringt die reaktive / abstandswirksame
Schutzeinrichtung,
b.) das Abwehrelement beaufschlagt die Bedrohung seitlich an einer bestimmten Position.
[0050] Der Fall a.) bedingt eine relativ hohe Lateralgeschwindigkeiten des AWE, da der plastisch
durchdringende Penetratorkopf einen erheblich größeren Kraterdurchmesser bildet als
sein Durchmesser selbst (etwa 2 D Penetrator). Damit das seitlich wirkende AWE mit
seinem Kraterrand das sehr rasch durchdringende Projektil überhaupt noch wirkungsvoll
stören kann, wobei es möglichst weit vorne am Projektil angreifen sollte, muß es entsprechend
schnell sein. Einfache kinematische Überlegungen zeigen, daß bei Geschoßgeschwindigkeiten
von 1500 m/s bis 2000 m/s Lateralgeschwindigkeiten der Abwehrelemente von mehreren
100 m/s benötigt werden.
[0051] Im Fall b.) wirkt das Abwehrelement direkt nach der Berührung mit dem Penetrator.
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß eine ausreichende Ablenkkraft (Querkraft) erzeugt
wird. Insbesondere ist darauf zu achten, daß ein zu störender Penetrator möglichst
rasch, d.h. im vorderen Bereich, gestört bzw. abgelenkt wird, da so seine größtmögliche
instationäre Deformation bzw. Ablenkung und damit Reduzierung der Durchschlagsleistung
erreicht wird.
[0052] Kinematische Überlegungen zeigen, daß aber auch für diesen Fall bestimmte Lateralgeschwindigkeiten
zu fordern sind. Bei den derzeitigen und künftig zu erwartenden Bedrohungen ist dabei
von mindestens 150 m/s, besser noch 200 m/s auszugehen.
[0053] Für die eine Ablenkung bewirkende Lateralkraft ist neben der Lateralgeschwindigkeit
die Fläche und Dichte des Abwehrelements entscheidend. Außerdem sollte die Länge des
AWE begrenzt sein, um Totmasse zu vermeiden. Zum Erreichen eines guten Verhältnisses
von Aufwand zu Wirkung (Effizienz) bzw. eines großen Em-Faktors dürfen nur Massen
beschleunigt werden, die zur direkten Ablenkung oder Beschädigung des Penetrators
benötigt werden.
[0054] Nach den bisherigen Überlegungen und im ISL durchgeführten Simulationsrechnungen
kann von Abwehrelementen im Geschwindigkeitsbereich zwischen 150 m/s und 500 m/s dann
zuverlässig eine hohe Ablenkwirkung bzw. Deformation erzielt werden, wenn deren Masse
bei gleichzeitig günstiger Geometrie in der Größenordnung von 1 bis 2 Penetratormassen
liegt, d.h. zur Abwehr großkalibriger KE-Bedrohungen sind Massen der AWE zwischen
4 und 10 kg erforderlich.
[0055] Als Wirkelemente (AWE) sind bevorzugt die in Figur 5 dargestellten geometrischen
Körper zu verwenden, die diesen Bedingungen grundsätzlich gerecht werden.
[0056] In Fig. 5A ein AWE als flacher Quader 30 mit Breite B
Qua 30a, Höhe H
Qua 30b und Länge L
Qua 30C.
[0057] In Fig. 5B ein Balken 31 als AWE mit Breite B
Ba 31a, Höhe H
Ba 31b und Länge L
Ba 32C.
[0058] Ein Zylinder 32 gemäß Fig. 5C als AWE hat den Durchmesser D
Zyl 32a und die Länge L
Zyl 32b.
[0059] Es gelten für die geometrischen Abmessungen einer Scheibe 33 gemäß Fig. 5D als AWE:
Höhe H
Sch 33a und Durchmesser D
Sch 33b.
[0060] Die geometrischen Hauptmerkmale für eine ausreichende Interaktion mit dem Penetrator
und damit hohe Effizienz sind:
- Beim Quader 30
- HQua ≈ 1,5 - 2 * DPenetrator
HQua< LQua, BQua
z.B.

LQua, BQua ≈ 3 - 8 * DPenetrator
- Beim Balken 31
- LBa ≈ 5 - 10 * DPenetrator
BBa, HBa ≈ 2 * DPenetrator
- Beim Zylinder 32
- DZyl ≈ 1,5 - 2 * DPenetrator
LZyl ≈ 4 - 6 * DPenetrator
- Bei der Scheibe 33
- DSch ≈ 4 - 6 * DPenetrator
HSch ≈ 1,5 - 2 * DPenetrator
[0061] Diese geometrischen Vorgaben sind zur Erzeugung einer ausreichend großen Querkraft
notwendig, wobei der den Penetrator seitlich belastende Querschnitt mindestens die
gleiche Flächenmasse (pro Längseinheit) besitzen muß wie der Penetrator selbst, damit
eine ausreichende Querkraft in der zur Verfügung stehenden Zeitspanne ausgeübt werden
kann.
[0062] Soll die Penetratoranstellung das entscheidende Abwehrkriterium sein, so muß eine
ausreichend große laterale Ablenkungsstrecke nach der Beaufschlagung mit dem Abwehrelement
zur Verfügung stehen. Unter der Ablenkungsstrecke ist die Strecke zu verstehen, die
das Ablenkelement nach Berührungsbeginn senkrecht zur Bewegungsrichtung der Bedrohung
während des Passierens derselben zurücklegt. Bei Beachtung einer ausreichenden Querschnittsbelastung
ist dieser Punkt für die Leistungsfähigkeit eines Schutz- oder Abwehrelementes ganz
entscheidend.
[0063] Die Sicherstellung eines vorgegebenen Kollisionspunktes hängt gleichermaßen von einer
ausreichend genauen Detektion als auch von einer präzisen und ausreichenden Beschleunigung
des Wirkkörpers ab. Die Detektion soll als ausreichend genau vorausgesetzt werden
und ist nicht Gegenstand dieser Erfindung. Sehr wichtig ist jedoch das Erreichen einer
bestimmten Geschwindigkeit der Abwehrelemente im Kollisionspunkt.
[0064] Durch zwischenzeitlich im ISL durchgeführte Berechnungen mit Hilfe der numerischen
3D-Simulation konnte nachgewiesen werden, daß die hier vorgeschlagenen abstandswirksamen
Schutzelemente bei entsprechend eingestellter Interaktionsgeschwindigkeit zu einer
entscheidenden Verformung bzw. zum Bruch und damit erheblichen Leistungsminderung
von mit hoher Geschwindigkeit auftreffenden bzw. durchdringenden Penetratoren geeignet
sind.
[0065] In Fig. 5.1A ist der Fall für eine bestimmte, optimal eingestellte Quergeschwindigkeit,
in diesem Falle 200 m/s, und einen Zylinder 32 als Abwehrelement im Moment der Interaktion
als Ausgangspunkt für die 3D-Simulationsrechnung, die im ISL durchgeführt wurde, gezeigt.
Die Pentratorgeschwindigkeit beträgt 1800 m/s. Die Masse des zylinderförmigen AWE
entspricht der Masse des Geschosses.
[0066] Fig. 5.1B demonstriert in beeindruckender Weise als Berechnungsergebnis die Verformung
des Penetrators 18, wobei die Belastungsgrenzen des Penetratormaterials, welches hier
als Wolfram-Schwermetall hoher Festigkeit (1800 N/mm
2) vorgegeben wurde, im mittleren Bereich deutlich überschritten wurden. Dies führt
zu einer nachfolgenden Zerlegung des Penetrators in mehrere Bruchstücke, die aufgrund
der dynamischen Durchbiegung des Pentrators auch unterschiedliche Auftrefflagen in
einer nachgeschalteten inerten Basispanzerung besitzen.
[0067] Zum Erzielen des gewünschten endballistischen Effekts müssen die geeigneten Werkstoffe
für die abstandswirksamen Schutzelemente (AWE) ausgewählt werden. Dabei sind aufgrund
der festliegenden Antriebsparameter wie Druck und Antriebsfläche bzw. Beschleunigungsweg
die Dichte der Werkstoffe mit der erzielbaren Abgangsgeschwindigkeit eng verknüpft.
[0068] Bei vorgegebener Geometrie des Antriebes und der Beschleunigungsenergie lassen sich
bei gleichen geometrischen Abmessungen Abwehrelemente aus leichtem Material wie GFK,
Aluminium oder Titan schneller beschleunigen und auf die gewünschte Interaktionsgeschwindigkeit
bringen. Allerdings ist dann zu überprüfen, ob z.B. bei massiven Wuchtgeschossen die
Masse bzw. Dichte des AWE zur Erzeugung einer ausreichenden Querkraft und damit Deformation
des Penetrators ausreichend ist. Derartige Werkstoffe sind bevorzugt zur Abwehr lateral
sensibler Bedrohungen einzusetzen.
[0069] Endballistisch sehr wirkungsvolle Werkstoffe wie Wolfram-Schwermetall (WS), ab-gereichertes
Uran (DU) bzw. Panzerstahl erreichen demgegenüber zwar langsamere Geschwindigkeiten,
erzielen jedoch aufgrund ihrer Masse bzw. Dichte hohe Querkräfte und sind damit zur
Abwehr massiver Bedrohungen wie beispielsweise KE-Geschosse hoher Leistung besonders
geeignet.
[0070] Unter dem Postulat einer erforderlichen AWE-Masse von etwa 1 bis 2 Penetratormassen
und dem notwendigen Geschwindigkeitsbereich für die Interaktion von 100 bis 500 m/s
sind die Bedingungen für die Antriebseinheit des AWE und den erforderlichen Werkstoff
eng begrenzt. So errechnet sich für den Fall der 120 mm DM 33 Munition mit einem Pentratordurchmesser
vom etwa 25 mm und einer Penetratormasse von 4,3 kg ein erforderliches Volumen für
ein Abwehrelement (z.B. Quader, Balken, Zylinder, Scheibe) gemäß obiger Ausführungen
von etwa 300 bis 600 cm
3. Aus der erforderlichen Masse von 1 bis 2 Penetratormassen (4,3 bis 8,6 kg) ergibt
sich dann für die benötigte Materialdichte des AWE-Werkstoffes eine Untergrenze von
7 bis 14 g/cm
3. Die Werkstoffe mit geringer Dichte scheiden somit aus, wenn man möglichst kleinen
Abwehrelementen den Vorzug geben will. Wahrscheinlich ist ein harter Vergütungsstahl
als Material für die Abwehrelemente am besten geeignet (Preis).
[0071] In den Figuren 5.2A und 5.2B wird dieser prinzipielle Zusammenhang für ein ausgewähltes
Beispiel etwas näher dargestellt.
[0072] Im ersten Diagramm 5.2A ist die Abgangsgeschwindigkeit v eines Abwehrelementes als
Funktion eines konstanten Arbeitsdruckes p im Antriebssystem aufgezeigt. Gerechnet
wurde das Beispiel eines Abwehrelementes in scheibenförmiger Form für den Abfangvorgang
der 120 mm DM 33 (D
Penetrator ≈ 25 mm). Angenommen wurde vereinfacht eine gleichförmig beschleunigte Bewegung über
dem gesamten Antriebsweg (entsprechend H
Sch). Nach den o.a. geometrischen Merkmalen für hohe Effizienz wurden 3 mögliche Durchmesser
von 4, 5 und 6 Penetratordurchmesser (D
Sch = 100, 125 und 150 mm) und die mittlere Höhe von 1,75 Penetratordurchmesser (H
Sch = 43,75 mm) vorgegeben. Aus diesen geometrischen Größen ergibt sich dann der im Diagramm
5.2A aufgezeigte Verlauf der AWE-Geschwindigkeit v als Funktion des konstanten Antriebsdruckes
p und in Abhängigkeit von dem Scheibendurchmesser D
Sch. Die jeweiligen Beschleunigungszeiten liegen in der Größenordnung von 0,4 bis 0,5
ms bei der notwendigen Mindestgeschwindigkeit von 100 m/s und 0,1 bis 0,2 ms im hohen
Geschwindigkeitsbereich. Die erforderlichen Mindestdichten ρ für das endballistisch
wirksame Material der scheibenförmigen Abwehrelemente liegen je nach Scheibendurchmesser
zwischen 5,6 und 12,5 g/cm
3.
[0073] Im zweiten Diagramm 5.2B sind die Werte für unterschiedliche AWE-Materialien mit
verschiedener Dichte angegeben. Dabei wurde ein scheibenförmiges Abwehrelement mit
5 Penetratordurchmessern (D
Sch = 125 mm) zugrundegelegt. Aus der für eine wirkungsvolle senkrechte Interaktion erforderlichen
Geschwindigkeit für diesen Fall von 150 bis 300 m/s und der erforderlichen AWE-Masse
von ca. 4,3 kg ergibt sich, daß nur Stahl und Wolframschwermetall (WS) bzw. endballistisch
wirksame Materialien mit einer Dichte zwischen diesen beiden Werkstoffen zur Abwehr
der 120 mm DM 33 geeignet wären (schraffierter Bereich). Dies gilt dabei nur für diesen
gewählten Fall eines scheibenförmigen Abwehrelementes.
[0074] Größere Abwehrelemente, die den Einsatz von leichten Werkstoffen erlauben würden,
erfordern aufgrund der o.a. geometrischen Bedingungen für das AWE eine größere Antriebsfläche.
Dadurch könnten aber Durchzündprobleme entstehen bzw. es ist eine ordnungsgemäße,
reproduzierbare Abgangslage des AWE schwieriger zu gewährleisten (Verkanten etc.).
[0075] Die erforderliche Präzision der Flugbahn eines Abwehrelementes zur Einhaltung des
vorgegebenen Kollisionspunktes bedingt aber auch bei kleineren Schutzelementmassen
eine sehr präzise Abgangslage und vor allen Dingen eine reproduzierbare Beschleunigung,
um auf gleiche Flugzeiten zu kommen.
[0076] Hieraus ergibt sich eine zwingende Notwendigkeit für die optimale Gestaltung und
den Aufbau der Beschleunigungseinheiten und ist Gegenstand dieser Erfindung.
[0077] Aus den bekannten Gegebenheiten bei der sehr schnellen Beschleunigung von Geschossen
in Kanonen läßt sich ableiten, daß insbesondere im Falle eines pyrotechnischen Antriebes
eine gute Abdichtung des Antriebsraumes unbedingt erforderlich sein wird. Weiterhin
ist die optimale Führung der Abwehrelemente während der hochdynamischen Beschleunigungsphase
von großer Bedeutung.
[0078] In Figur 6 ist der prinzipielle Aufbau diverser Beschleunigungseinheiten mit den
verschiedenen Antriebsmedien aufgezeigt.
[0079] Fig. 6A zeigt ein AWE 20 in der Abwehreinheit 34. Als Antriebsmedium dient Sprengstoff,
in diesem Fall eine dünne Sprengstoff-Folie 35. Zwischen AWE und dieser Folie befindet
sich eine Übertragungs- bzw. Dämpfungsschicht 36. Die Zündeinrichtung 37 bekommt das
Zündsignal über die Übertragungsleitung 38.
[0080] Bei Fig. 6B ist eine technologische Zukunftslösung skizziert, bei der beispielsweise
ein Arbeitsmedium 39 als Plasma von einem entsprechenden Energielieferanten 44 erzeugt
wird.
[0081] Fig. 6C zeigt den Fall der elektromagnetischen Beschleunigung mit einer Primärspule
40 und der Sekundärspule 41. Zwischen den beiden Spulen 40, 41 könnte ggf. ein druckempfindliches
chemisches Antriebsmedium 45 zusätzlich angeordnet sein (Hybridantrieb).
[0082] In Fig. 6D ist ein Aufbau skizziert, bei dem chemische Energielieferanten 42 mit
einer Umsetzungsgeschwindigkeit unterhalb der Detonationsgeschwindigkeit von Sprengstoff
(deflagrierender Sprengstoff, sehr schnelle Pulvergemische) im Antriebsraum angeordnet
sind. Die schnelle Energieumsetzung erfolgt dabei nach der Zündung mit Hilfe einer
Übertragungs- oder Verstärkungsladung 43.
[0083] Die prinzipielle Führung von Beschleunigungseinheiten ist in Figur 7 aufgezeigt.
Hierbei ist in Fig. 7A der Fall eines Stufen- oder kolbenförmigen Abwehrelementes
51 skizziert. Der Kolbenteil 52 befindet sich in der Basisplatte 49a, der Antriebsraum
53 darunter. Das gesamte AWE 51 sitzt in einem Aufnehmer 50 an der Außenfläche der
Abwehreinheit.
[0084] Bei der Fig. 7B ist demgegenüber ein scheibenförmiges Abwehrelement 54 in der entsprechenden
Basisplatte 49b und Aufnehmervorrichtung 50 skizziert.
[0085] Beide Konzepte unterscheiden sich durch die unterschiedliche Volumenerhöhung nach
der Zündung und damit den Arbeitsdruck bzw. die Antriebsleistung.
[0086] In Fig. 8A ist die Volumenerhöhung 56 nach einer kleinen Bewegung des AWE im Arbeitsraum
gemäß Fig. 7A skizziert. Jedoch ist das obere Volumen noch ohne Gasdruck und trägt
damit nichts zum Antrieb bei. Erst nach Passieren der unteren Kante vom Kolbenteil
52 am Aufnehmer 50 erfolgt die eigentliche spontane Volumenerhöhung mit den entsprechenden
Auswirkungen für Gasdruck und Antriebsleistung. Ein solches Stufenkolbenkonzept ist
über die Länge des Kolbenteils 52 und das Durchmesserverhältnis von Abwehrelement
51 zu Kolben 52 sehr variabel hinsichtlich Arbeitsdruck und Antriebsleistung zu gestalten.
[0087] Dementsprechend verläuft die Volumenerhöhung 57 bei der Bewegung des scheibenförmigen
Abwehrelementes 54 linear mit dessen Bewegung, wie in Figur 8B dargestellt.
[0088] In Figur 9 ist eine erfindungsgemäße Beschleunigungseinheit mit Dichtzone und Abdeckungsbeispielen
aufgezeigt. Das AWE 20 befindet sich dabei in dem Abwehrmodul 60 und ist von einem
Dicht- und Führungselement 61 umgeben. Der Antriebsraum 53 befindet sich unterhalb
vom AWE 20. Das AWE 20 kann mit einem Deckel / Abdeckung 62 versehen sein, der mittels
Schraubenfestigung 63 am Gehäuse des Abwehrmoduls 60 befestigt und über zwei Bohrungen
64 im AWE 20 zentriert wird. Natürlich sind auch andere Abdeckungsmöglichkeiten denkbar,
beispielsweise eine flächige Abdeckung 65, die gleichzeitig als Dichtung wirkt und
aufgeklebt oder aufvulkanisiert wird.
[0089] In Figur 10 sind erfindungsgemäße Beispiele für Dichtungskonzepte der AWE angegeben.
[0090] Hierbei sind in Figur 10A ein Abwehrmodul 70 mit einer Dichtleiste 69 am AWE, in
Figur 10B ein Modul 71 mit Dichtringen 76, 77 an dem AWE aufgezeigt. Andere Lösungen
bestehen gemäß Figur 10C in einem Abwehrmodul 72, bei dem das AWE eine seitliche Dichtfläche
78 aufweist bzw. wie in Figur 10D dargestellt, ein Abwehrmodul 73 mit einem AWE und
Dichtlippe 79. Weitere Dichtungskonzepte sind eine Bodendichtung 80 am AWE gemäß Figur
10E in dem Abwehrmodul 74 oder eine kombinierte Seiten-Bodendichtung nach Figur 10F
und Abwehrmodul 75.
[0091] Andere Beispiele für Abdichtkonzepte und rotationssymmetrische Abwehrelemente, beispielsweise
Zylinder, sind in Figur 11 skizziert.
[0092] Im Beispiel nach Figur 11A erfolgt die Abdichtung beispielsweise durch eine Dichtleiste
86 bei einem zylinderförmigen Abwehrelement bzw. durch einen Dichtring bei einem rotationsförmigen
AWE (Kugel). Bei der Figur 11B erfolgt die Abdichtung über eine der Kontur vom Abwehrelement
angepaßten, flächige Bodendichtung 87. Im Gegensatz zur Dichtleiste gemäß Figur 11A
ist in Figur 11C eine seitliche flächige Dichtung 88 skizziert. Figur 11D zeigt den
Fall einer umlaufenden Dichtung 89, durch die eine beliebige Lage des zylinderförmigen
Abwehrelementes ermöglicht wird.
[0093] Gemäß Figur 12 ergeben sich beispielhaft verschiedene Antriebsmöglichkeiten, die
je nach Antriebskonzept und dadurch bedingter Strukturbelastung zu unterschiedlichen
Bauformen führen.
[0094] In Figur 12A ist einmal ein Abwehrelement 91 mit einer flächenhaften Antriebseinheit
97 gezeigt und zum Vergleich ein AWE 92 mit 3 topfförmigen Antriebseinheiten 95.
[0095] Das Abwehrelement 92 ist in Figur 12B in einer Mehrfachanordnung skizziert, bei der
angedeutet wurde, daß der jeweilige linke oder rechte Nachbarbereich 93 des AWE 92
durch Stege oder Pufferelemente 94 schocksicher gestaltet werden könnte.
[0096] Analog zur Figur 12B ist in Figur 12C eine Mehrfachanordnung skizziert, bei der ein
Abwehrelement 98 durch 6 topfförmige Antriebseinheiten beschleunigt wird.
[0097] Figur 13 zeigt beispielhaft Möglichkeiten zur Gestaltung der direkten Aufnahme von
Abwehrmodulen in einer Panzerung oder Struktur.
[0098] Die einfachste Art ist die Unterbringung eines Abwehrelementes 20 bzw. des entsprechenden
Abwehrmoduls in einem Sacklock, einer Bohrung oder Einfräsung 100 in einem Teil der
Panzerungsstruktur 99 gemäß Figur 13A. Besonders vorteilhaft ist dabei die Anordnung
in einem schockdämpfenden Material, beispielsweise GFK oder Gummi.
[0099] Eine kostengünstige Anordnung ist in Figur 13B gezeigt, bei der die Aufnahme von
Abwehrmodulen 102 in einem Lochblech 101 erfolgt. Dieses Lochblech 101 ist hierbei
beispielsweise vor oder auf einer Grundpanzerung 103 angeordnet.
[0100] Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ist in Figur 13C aufgezeigt, bei der das Abwehrelement
20 durch eine Hülse 104 seitlich gestützt oder gepuffert wird. Auch durch solche Maßnahmen
lassen sich bei geeigneter Materialauswahl die Reaktionen beim hochdynamischen Beschleunigungsvorgang
lokal stark begrenzen.
[0101] Analog zur Figur 13 sind in Figur 14 Ansichten von flächenhaften Abwehreinheiten
gezeigt. Bei Figur 14A sind die runden Aufnahmen 102 jeweils durch die Rundhülse 104
ausgefüttert, bei Figur 14B ist dies für eine viereckige Aufnahme 108 mit einer viereckigen
Dicht- und Führungshülse 107skizziert. Die Aufnahmeplatte für Beschleunigereinheit
und AWE kann ebenfalls durch ein Lochblech 106 mit viereckigen Löchern oder beispielsweise
aus Stegen und Leisten gebildet sein.
[0102] In Figur 15 ist als Abwehrelement 31 ein Balken mit integrierten Abwehrelementen
dargestellt. In der linken Anordnung ist ein Wirkkörper 20a eingelegt, der sich bezüglich
seiner Eigenschaften möglichst stark von dem Material des Trägerbalken 31 unterscheiden
soll. In der mittleren Anordnung sind zwei Wirkkörper 20 b in dem Trägerbalken 31
integriert, so daß der überfliegende Penetrator 18 von den zwei eingelegten Körpern
20 b praktisch gleichzeitig aber an verschiedenen Stellen getroffen wird. Beim rechten
Beispiel enthält der Balken zwei hintereinander angeordnete Abwehrelemente 20c.
[0103] Insbesondere die beiden letzten Möglichkeiten ergeben nach den im ISL angestellten
3D-Simulationsrechnungen eine deutliche Verbesserung der Wirkung von abstandswirksamen
Abwehrelementen.
[0104] Eine weitere, sehr interessante Abwehrmöglichkeit stellt die in Figur 16 dargestellte
Anordnung von zwei oder mehreren zueinander geneigten Antriebseinheiten dar, die variabel
einzeln oder zusammen gezündet werden können, so daß die Abwehrelemente 20 einzeln
oder zusammen in verschiedene Richtungen beschleunigt werden. Mit einer solchen Anordnung
lassen sich ohne Richtaufwand die unterschiedlichsten Bedrohungen, z.B. Tandemgeschosse,
wirkungsvoll bekämpfen. Auch kann ein einzelner Penetrator bei entsprechend abgestimmter
Zündfolge und Winkelstellung mehrfach mit Abwehrelementen beaufschlagt werden.
[0105] Da eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten denkbar sind, bei denen das abstandswirksame
Schutzelement in einem relativ kleinen Abstand zur nachfolgenden Panzerung bewegt
wird, ist dieser Fall von besonderem endballistischen Interesse. Denn es ist zu erwarten,
daß ein optimal gestörter Penetrator, welcher mit einer bestimmten Lateralkomponente
in die Nachfolgestruktur (Panzerung) eindringt, durch diese Struktur auf besonders
kleinem Raum zerstört wird. Hierbei wird z.B. der bei reaktiven Panzerungen benötigte
Zwischenraum zur Ablenkung des Penetrators quasi durch ein Ablenkmedium hoher Dichte
ersetzt.
[0106] Die in den Figuren 17A bis 17C dargestellten, ebenfalls im ISL durchgeführten 3D-Simulationsrechnungen
bestätigen die hohe Effizienz einer solchen Schutzkombination selbst bei einem senkrechten
Aufbau. Bei einer schräggestellten Schutzanordnung wird sich dieser Effekt noch verstärken.
[0107] Berechnet wurde die Ablenkung eines zylindrischen Penetrators aus Wolfram-Schwermetall
durch Interaktion mit einem balkenförmigen Abwehrelement, welches mit 200 m/s in einem
der Balkenbreite entsprechenden Abstand vor einer homogenen Panzerung bewegt wird,
zu drei verschiedenen Zeitpunkten. Die Auftreffgeschwindigkeit des WS-Penetrators
beträgt 1800 m/s. Die Werte für Höhe, Breite und Länge des aus hochhartem Stahl bestehenden
AWE sind jeweils 2 bzw. 8 Geschoßdurchmesser. Die RHA-Panzerung ist 5 Penetratordurchmesser
dick.
[0108] Zum Zeitpunkt des in Figur 17A dargestellten Simulationsergebnisses ist bereits eine
laterale Störung des Penetrators infolge der Interaktion mit dem AWE zu erkennen,
wobei das Geschoß in etwa seit seinem Auftreffen auf die Panzerplatte durch das balkenförmige
Abwehrelement senkrecht beaufschlagt wird.
[0109] In Figur 17B passiert der Penetrator gerade das Abwehrelement. Die Dynamik der vom
AWE aufgebrachten, lateralen Störung wurde gut sichtbar in der Panzerung entscheidend
verstärkt, so daß es noch in dieser zum Bruch des Penetrator und einer Anstellung
der Bruchstücke kam.
[0110] In Figur 17C erkennt man den vergleichsweise sehr großen Krater (entsprechend einem
hohen Anteil an entzogener Geschoßenergie) in der Panzerstahlplatte, ebenso die völlige
Zerstörung des Penetrators auf der relativ kurzen Flugstrecke.
[0111] Von besonderer Bedeutung ist aber die jeweilige Position des AWE. Denn aus den zeitlichen
Abläufen und Darstellungen nach den Figuren 17A bis 17C folgt, daß das Abwehrelement
in diesem Rechenbeispiel seine gesamte Energie an den Penetrator abgegeben hat und
praktisch zur Ruhe gekommen ist. Dies ist im Hinblick auf die Strukturbelastung durch
das AWE ein optimaler Zustand, der mit großflächig ausgeführten, bewegten Schutzelementen
nie zu erreichen ist.
[0112] Durch die mit dieser Erfindung vorgestellte Technologie in Verbindung mit den dargelegten
technischen Lösungsvorschlägen sind abstandswirksame Schutzelemente mit endballistisch
optimierten Massen mit ausreichender Präzision energetisch günstig und damit auch
mit geringstmöglicher Strukturbelastung zu beschleunigen.
1. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente zur Abwehr von
Bedrohungen durch KE- HL- oder EFP- Munitionen im Front-, Seiten-, oder Dachbereich
von gepanzerten und ungepanzerten Objekten, bei der Abwehrelemente (AWE) aus einem
Behälter/Gehäuse hochdynamisch beschleunigt werden,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen jeweils eine abgeschlossene Einheit bilden und die Masse der
Abwehrelemente in der Größenordnung (ein bis zweifaches) der Masse der abzuwehrenden
Bedrohung liegt und die Geschwindigkeit der Abwehrelemente etwa 100 bis 500 m/s beträgt.
2. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abwehrelemente durch chemische, mechanische oder pneumatische Antriebe beschleunigt
werden.
3. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abwehrelemente durch Hybridantriebe beschleunigt werden.
4. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß zwei oder mehr Abwehrelemente durch mindestens zwei gegeneinander einen Winkel
einschließende Antriebssysteme in unterschiedliche Richtungen beschleunigt werden.
5. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Auslösung der Antriebe ein oder mehrfach in Abhängigkeit von der Bedrohung
kontakt- oder detektorgesteuert erfolgt (Kaskadenschaltung).
6. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente vor bzw. auf der zu schützenden
Hauptstruktur (Hauptpanzerung) angebracht sind.
7. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente innerhalb einer zu schützenden,
strukturierten Gesamtpanzerung angebracht sind.
8. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente direkt in die zu schützende
Struktur (Panzerung) integriert sind.
9. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente als Einsetzteil für die
zu schützende Struktur (Panzerung) ausgeführt sind.
10. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente mit der Folgestruktur
(Hauptpanzerung) eine abgestimmte und wirkungsoptimierte Einheit bilden.
11. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente dreh-, schwenk-, oder
kippbar sind.
12. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Vorrichtungen zur Beschleunigung der Abwehrelemente richtbar angeordnet sind
und durch Detektoren gesteuert werden.
13. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abwehrelemente quader-, balken-, zylinder-, oder scheibenförmige Körper sind.
14. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Höhe eines quaderförmigen Abwehrelementes bevorzugt den 0,5 bis 2fachen Wert
und die Länge und Breite des Quaders jeweils in etwa den 4 bis 6fachen Wert vom Durchmesser
der Bedrohung (KE-Penetrator; P-Ladung) besitzt.
15. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Länge eines balkenförmigen Abwehrelementes bevorzugt den 5 bis 10fachen Wert
und die Breite und Höhe des Balkens jeweils in etwa den 2fachen Wert vom Durchmesser
der Bedrohung (KE-Penetrator; P-Ladung) besitzt..
16. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Länge eines zylinderförmigen Abwehrelementes bevorzugt den 4 bis 6fachen Wert
und der Durchmesser des Zylinders in etwa den 0,5 bis 2fachen Wert vom Durchmesser
der Bedrohung (KE-Penetrator; P-Ladung) besitzt.
17. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach Anspruch 13,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Höhe eines scheibenförmigen Abwehrelementes bevorzugt den 0,5 bis 2fachen
Wert und der Durchmesser der Scheibe in etwa den 4 bis 6fachen Wert vom Durchmesser
der Bedrohung (KE-Penetrator: P-Ladung) besitzt.
18. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zur Interaktion kommende Flächenmasse eines Abwehrelementes in der Größenordnung
der Flächenmasse der Bedrohung liegt.
19. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Werkstoff des Abwehrelementes eine hohe endballistisch wirksame Leistung besitzt.
20. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus einem Leichtmetall oder dessen Legierung
besteht.
21. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus Titan oder dessen Legierung besteht.
22. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus faserverstärkten Kunststoffen besteht.
23. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus einem gesinterten oder reinen Metall
hoher Dichte besteht.
24. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus einem spröden Metall oder einer spröden
Metallverbindung hoher Dichte besteht.
25. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus einem Stahl hoher Härte besteht.
26. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement aus einem Gemisch der Materialien nach den Ansprüchen 20 bis
25 besteht.
27. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement aus einem lamellierten oder faserartigen Aufbau besteht.
28. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ein- oder mehrteilig aufgebaut ist.
29. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Abwehrelement fragmentiert.
30. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Abwehrelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement ganz oder teilweise aus Einzelelementen oder Splittern aufgebaut
ist.
31. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Abwehrelement aus einer Struktur besteht, in die getrennt ein oder mehrfach
eingebrachte Schutzelemente mit zur Struktur stark divergierenden Materialeigenschaften
(z.B. Dichte, Festigkeit) integriert sind.
32. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Abwehrelemente mehrstufig bzw. mit wechselndem Durchmesser (kolbenförmig)
ausgeführt sind.
33. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Dichtung der Abwehrelemente mittels Dichtleiste, Dichtring, Dichtflächen oder
Dichtlippen erfolgt.
34. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Dicht- und Führungseinrichtung mit einer Abdeckung versehen ist.
35. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Dichtung und Führung antriebsseitig, mittig, deckelseitig oder kombiniert
erfolgt.
36. Dicht- und Führungseinrichtung für abstandswirksame Schutzelemente nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß sich zwischen Arbeitsmedium (Sprengstoff) und Abwehrelement eine Übertragungs-
oder Dämpfungsschicht befindet.