(19)
(11) EP 0 930 210 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.07.1999  Patentblatt  1999/29

(21) Anmeldenummer: 98810015.2

(22) Anmeldetag:  14.01.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B61F 3/04, B61F 5/44, B61C 9/50
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: SLM Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik AG
CH-8401 Winterthur (CH)

(72) Erfinder:
  • Meier, Bruno
    8003 Zürich (CH)

(74) Vertreter: Trieblnig, Adolf et al
Sulzer Management AG, KS/Patente/0007, Zürcherstrasse 12
8401 Winterthur
8401 Winterthur (CH)

   


(54) Fahrwerk für Schienenfahrzeuge und Schienenfahrzeug mit mindestens einem derartigen Fahrwerk


(57) Das Fahrwerk (1) enthält zwei Radsätze (2, 3), welche über zwei je auf einer der Radsatzachsen (7) gelagerte Führungsvorrichtungen (10) und eine Koppelvorrichtung (11) miteinander gegensinnig auslenkbar gekoppelt sind, und eine innerhalb der Spurweite der Radsätze (2, 3) angeordnete Tragkonstruktion, auf der der Fahrzeugkasten (6) über eine zentrale Federanordnung (5) abgestützt ist. Die Tragkonstruktion, z.B. ein Drehgestellrahmen (4), ist über je zumindest in Fahrwerk-Längsrichtung nachgiebige Federelemente (28) auf je zwischen den Rädern (8) angeordneten, inneren Stützteilen (30) abgestützt, welche an den Führungsvorrichtungen (10) ausgebildet sind. Die Führungsvorrichtungen (10) sind über eine Halteeinrichtung, z.B. Pendelstützen (12) und/oder eine Vorrichtung (13) zum Uebertragen von Zug- und Bremskräften mit dem Fahrzeugkasten (6) in Querrichtung beweglich gekoppelt. Das Fahrwerk (1) ist insbesondere für Schienenfahrzeuge zum Befahren kurvenreicher Strecken mit engen Kurvenradien geeignet.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Fahrwerk nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 und ein Schienenfahrzeug mit mindestens einem derartigen Fahrwerk.

[0002] Ein aus EP-A-0 649 782 bekanntes Fahrwerk der genannten Art enthält zwei Radsätze und zwei zwischen deren Rädern je auf einer der Radsatzachsen gelagerte Führungsteile, welche miteinander um eine Hochachse schwenkbar gekoppelt sind, wobei mindestens einer der Führungsteile über eine Führungsanordnung mit dem Fahrzeugkasten in Querrichtung beweglich koppelbar ist. Das bekannte Fahrwerk ist als rahmenlose Traganordnung für den Fahrzeugkasten ausgebildet, der über seitlich auslenkbare Federelemente auf an den Enden der Radsatzachsen angeordneten Achslagern abgestützt ist. Diese Anordnung gestattet bei Kurvenfahrt eine selbsttätige, zumindest annähernd radiale Einstellung der Radsatzachsen bezüglich eines jeweils zu durchfahrenden Gleisbogens. Das bekannte Fahrwerk kann als Triebfahrwerk oder als Lauffahrwerk ausgeführt sein, wobei bei einem Triebfahrwerk die Führungsteile je durch ein Gehäuse einer Antriebseinrichtung gebildet sein können, welches über Tatzlager auf der betreffenden Radsatzachse gelagert ist. Die bekannte Ausführung gestattet eine relativ kompakte Bauweise des Fahrwerks mit einem minimalen Abstand zwischen den Radsätzen und einer grossen Verwindungsweichheit der Radsatzachsen, wodurch im wesentlichen ausgeglichene Radlasten, z.B. beim Befahren von Gleisverwindungen, erzielbar sind.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein weiter entwickeltes Fahrwerk der eingangs genannten Art zu schaffen, welches mit geringerem Aufwand und in einer leichteren, kompakteren Bauweise als bisherige Ausführungen hergestellt werden kann und welches auch auf Gleisanlagen und Schienennetzen mit extrem engen Kurvenradien, wie sie etwa bei Strassenbahnen auftreten, eine annähernd radiale Einstellung der Radsatzachsen bezüglich der zu durchfahrenden Gleiskurven gewährleistet.

[0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss mit einem Fahrwerk gelöst, welches die Merkmale im kennzeichnenden Teil des unabhängigen Patentanspruchs 1 aufweist. Ein Schienenfahrzeug mit mindestens einem derartigen Fahrwerk ist Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 14. Ausgestaltungen des Erfindungsgegenstandes sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.

[0005] Die erfindungsgemässe Ausführung des Fahrwerks ergibt eine gegenüber bisherigen Ausführungen wesentlich kompaktere Bauweise, welche sich insbesondere durch vorteilhaft geringe Abmessungen des Fahrwerks in Fahrzeugquerrichtung auszeichnet und welche die Anordnung aller tragenden und/oder lärmabstrahlenden Bauteile innerhalb eines durch die Spurweite der Radsätze gegebenen Einbauraums gestattet. Das erfindungsgemäss ausgebildete Fahrwerk erfordert somit keine ausserhalb der Radscheiben der Radsätze angeordneten Lagerteile und Bremseinheiten und kann auch im Falle extremer Auslenkungen der Radsätze beim Durchfahren enger Kurven, etwa solchen mit einem Kurvenradius von weniger als 20 m, z.B. 17 m, innerhalb des Grundrisses und damit innerhalb der Umrandung des Fahrzeugkastens gehalten werden. Entsprechend kann die Aussenhaut der Kastenstruktur vorteilhaft tief, z.B. bis auf die Höhe der Radsatzachsen nach unten verlängert und damit ein wesentlich verbessertes Lärmverhalten des Schienenfahrzeugs erzielt werden.

[0006] Weitere Einzelheiten und Merkmale ergeben sich aus der folgenden Beschreibung von in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispielen nach der Erfindung, in Verbindung mit den Patentansprüchen. Es zeigen:
Fig.1
ein erfindungsgemäss ausgebildetes Fahrwerk eines Schienentriebfahrzeuges in einem Längsschnitt entsprechend der Linie I - I in Fig.2,
Fig.2
das Fahrwerk nach Fig.1 in einer Draufsicht,
Fig.3
eine Einzelheit des Fahrwerks in einem Teillängsschnitt entsprechend der Linie III - III in Fig.2,
Fig.4
ein erfindungsgemäss ausgebildetes Fahrwerk eines Schienentriebfahrzeuges nach einer anderen Ausführungsform, in einem Längsschnitt entsprechend der Linie IV - IV in Fig.5,
Fig.5
das Fahrwerk nach Fig.4 in einer Draufsicht, und
Fig.6
ein Schienenfahrzeug mit erfindungsgemäss ausgebildeten Fahrwerken in einer Seitenansicht.


[0007] Das Fahrwerk 1 nach den Fig.1 und 2, darstellungsgemäss ein Triebfahrwerk, enthält einen auf zwei Radsätzen 2 und 3 abgestützten Drehgestellrahmen 4, auf welchem über eine zentrale Federanordnung 5 ein Fahrzeugkasten 6 abgestützt ist. Die Radsätze 2 und 3, welche je eine Radsatzachse 7 und zwei damit drehfest verbundene Räder 8 aufweisen, sind über zwei je zwischen den Rädern 8 auf einer der Radsatzachsen 7 gelagerte Führungsvorrichtungen 10 und eine Koppelvorrichtung 11 miteinander um eine Hochachse H schwenkbar gekoppelt. Die Führungsvorrichtungen 10 sind ferner über Halteeinrichtungen, darstellungsgemäss über je eine Pendelstütze 12, in Fahrzeug-Längs- und Querrichtung beweglich am Fahrzeugkasten 6 aufgehängt bzw. gegen diesen abgestützt. Mindestens eine der Führungsvorrichtungen 10, darstellungsgemäss diejenige des Radsatzes 2, ist mit dem Fahrzeugkasten 6 über eine Vorrichtung 13 zum Uebertragen von Zug- und Bremskräften gekoppelt.

[0008] Die Radsätze 2 und 3 sind je mit einem Antriebsmotor 14 versehen, der über ein Stirnradgetriebe 15 mit der betreffenden Radsatzachse 7 getrieblich verbunden ist. Die Führungsvorrichtungen 10 sind je durch die miteinander verbundenen Gehäuse des Antriebsmotors 14 und des Stirnradgetriebes 15 gebildet, welche über Tatzlageranordnungen mit einem auf der betreffenden Radsatzachse 7 gelagerten Tragrohr 16 zu einer starren Baueinheit verbunden sind. Die Pendelstützen 12 sind als Wankstützen für den Fahrzeugkasten 6 ausgebildet und in Fahrzeug-Längs- und Querrichtung gegeneinander versetzt an den Führungsvorrichtungen 10 sowie je an einer am Fahrzeugkasten 6 vorgesehenen Anlenkstelle 9 raumbeweglich, darstellungsgemäss über elastische Zwischenstücke 19 aus einem gummiartigen Material, schwenkbar angelenkt. Entsprechend können Wankbewegungen des Fahrzeugkastens 6 um eine Längsachse eingeschränkt werden.

[0009] Die Koppelvorrichtung 11 enthält zwei je von einer der Führungsvorrichtungen 10 in Fahrwerklängsrichtung gegen die Quermittelebene E des Fahrwerks 1 abstehende, deichselartige Anschlussteile 17 bzw. 18, welche in der Fahrwerk- bzw. Drehgestellmitte raumbeweglich schwenkbar miteinander gelenkig verbunden sind. Entsprechend sind die Führungsvorrichtungen 10 miteinander gegensinnig auslenkbar gekoppelt, wobei die Radsatzachsen 7 je im wesentlichen radial zu einem jeweils zu durchfahrenden Gleisbogen einstellbar sind. Die Anschlussteile 17 und 18 können darstellungsgemäss über ein Kugelgelenk 20 oder, nach einer anderen Ausführung, in einer einfacheren Gelenkanordnung über elastische Zwischenstücke aus einem gummiartigen Material zusammenwirken.

[0010] Die Vorrichtung 13 zum Uebertragen von Zug- und Bremskräften enthält eine gegenüber dem Radsatz 2 in Fahrzeuglängsrichtung versetzt positionierbare Traverse 21 in Form eines Dreiecklenkers, der mit einem gegen den Radsatz 2 weisenden Verbindungsteil 22 an einem am Tragrohr 16 nach unten abstehend angebrachten Zapfen 23 raumbeweglich angelenkt ist, und zwei an den Enden der Traverse 21 anlenkbare, gegen den Radsatz 2 orientierbare Lenkhebel 24. Die freien Enden der Lenkhebel 24 sind zum Anlenken an zwei dem Radsatz 2 benachbarten Mitnehmerzapfen 25 bestimmt, welche je an einer nach unten vorstehenden Anschlusspartie des Fahrzeugkastens 6 angebracht sind, wobei der Abstand zwischen diesen Mitnehmerzapfen 25 grösser ist als der Abstand zwischen den Anlenkstellen der Lenkhebel 24 an der Traverse 21. Die Anordnung der Mitnehmerzapfen 25 und der Lenkhebel 24 kann dabei so gewählt werden, dass sich für das Fahrwerk 1 in der Fahrwerkmitte, im Bereich der Hochachse H, ein virtueller Drehpunkt ergibt, der gegenüber dem Fahrzeugkasten 6 keine Längsverschiebung ausführt. Ein wesentlicher Vorteil der beschriebenen Vorrichtung 13 besteht darin, dass sie ausserhalb des Fahrwerks 1 in einem gut zugänglichen Bereich des Fahrzeuges angeordnet werden kann, in dem ein ausreichender Einbauraum zur Verfügung steht und eine für die Einleitung der Traktionskräfte günstige Anbringung am Fahrzeugkasten 6 möglich ist.

[0011] Der vom Gewicht der Antriebseinrichtungen entlastete Drehgestellrahmen 4 kann in einer besonders einfachen, leichten Bauweise, darstellungsgemäss als H-förmige Tragkonstruktion, ausgeführt werden, welche zwei innerhalb der Spurweite der Radsätze 2 und 3 angeordnete Längsträger 26 und einen diese verbindenden mittigen Querträger 27 aufweist. Die Längsträger 26 sind mit ihren Enden über je zumindest in Fahrwerk-Längsrichtung nachgiebige Federelemente 28, darstellungsgemäss Gummischichtfedern, auf je zwischen den Rädern 8 des betreffenden Radsatzes 2 bzw. 3 angeordneten inneren Stützteilen des Fahrwerks 1, bei der dargestellten Ausführung auf an den Gehäuseteilen der Führungsvorrichtungen 10 angeordneten Konsolen 30, abgestützt. Entsprechend ist eine besonders einfache, raumsparende Stützanordnung erzielbar, über welche die Tragkonstruktion ohne zusätzliche Achslager auf den Radsatzachsen 7 abgestützt werden kann. Die Federanordnung 5 zum Abstützen des Fahrzeugkastens 6 ist im zentralen Bereich des Fahrwerks 1 auf einer am Querträger 27 ausgebildeten Tragpartie 31 angebracht. Die Längsträger 26 und der Querträger 27 sind darstellungsgemäss je mit einem verwindungssteifen, kastenförmigen Querschnitt ausgeführt. Nach einer anderen, nicht dargestellten Ausführungsform kann auch ein entsprechender Querträger 27 mit einem T-förmigen Querschnitt vorgesehen sein, der eine verwindungsweiche Verbindung zwischen den Längsträgern 26 zulässt. Anstelle der dargestellten H-förmigen Tragkonstruktion kann auch ein geschlossener Rahmen vorgesehen sein.

[0012] Wie insbesondere aus der Fig.3 hervorgeht, enthält die Federanordnung 5 eine Stützplatte 19 und eine Luftfeder 32, die über einen Tragring 33, ein Stützelement 34 in Form einer ringförmigen Gummischichtfeder und ein Axiallager 35 auf der Tragpartie 31 des Querträgers 27 um die Hochachse H drehbar abgestützt ist. Diese zentrale, drehbar gelagerte Federanordnung 5 gestattet relativ grosse, weitgehend unbehinderte Ausdrehbewegungen des Fahrwerks 1 relativ zum Fahrzeugkasten 6 um die Hochachse H, wobei auf das Fahrwerk 1 nur vorteilhaft geringe Rückstellkräfte einwirken. Die Luftfeder 32 wird im wesentlichen nur durch vertikale Stützkräfte und gegebenenfalls Querkräfte belastet, da nachteilige Beanspruchungen der Luftfeder 32 durch Torsionskräfte vermieden werden können.

[0013] Durch die vollständig innerhalb der Spurweite der Radsätze 2 und 3 angeordnete Tragkonstruktion für den Fahrzeugkasten 6 ist eine besonders kompakte Bauweise des Fahrwerks 1 erzielbar, bei der ausserhalb der Radscheiben weder Trag- und/oder Lagerteile noch Teile der Bremsanlage angeordnet sind. Entsprechend der Darstellung nach den Fig.1 und 2 können zwischen den Radsätzen 2 und 3 zwei je in einem geringen Abstand oberhalb der Schienenoberkanten S angeordnete Magnetschienenbremsen 36 vorgesehen sein, welche je über Haltestangen 37 an zwei Konsolen 38 befestigt sind, die je an der Aussenseite des betreffenden Längsträgers 26 angebracht sind. Die Radsätze 2 und 3 können ferner je mit einer innerhalb der Spurweite angeordneten Getriebebremse in Form eines an der betreffenden Führungsvorrichtung 10 anbringbaren Bremsaggregats 40 versehen sein, welches zum Zusammenwirken mit einer Bremsscheibe 41 bestimmt ist, die darstellungsgemäss auf einer aus dem Gehäuse des Stirnradgetriebes 15 vorstehenden Ritzelwelle 42 des Antriebsmotors 14 angebracht ist. Die beschriebene Anordnung ermöglicht einen einfachen Ein- und Ausbau der Antriebseinrichtung. Die Motor-/Getriebeeinheiten können z.B. zusammen mit der Motorscheibenbreme nach unten ausgebaut werden.

[0014] Die zwischen dem Drehgestellrahmen 4 und den Führungsvorrichtungen 10 angeordneten Federelemente 28 ergeben eine in vertikaler Richtung relativ harte, in Fahrwerk-Längs- und Querrichtung nachgiebige Primärfederung, welche Relativbewegungen der Radsätze 2 und 3 gegenüber dem Drehgestellrahmen 4 im Sinne einer zumindest annähernd radialen Einstellung der Radsatzachsen 7 beim Durchfahren eines Gleisbogens sowie, beim Ausfahren aus dem Gleisbogen, aufgrund der Rückstellkraft der elastisch verformten Federelemente 28, eine Rückführung der Radsatzachsen 7 je in eine zueinander parallele Normalstellung gestattet. Dabei ist eine günstige Beanspruchung der Federelemente 28 erzielbar, welche entsprechende Auslenkungen vorwiegend in Längsrichtung, und nur relativ geringe Auslenkungen in Querrichtung erfahren.

[0015] Die Radsätze 2 und 3 können ferner über mindestens eine aktive oder passive Verstelleinrichtung im Sinne der vorstehend beschriebenen Einstell- und Rückstellbewegungen der Radsatzachsen 7 verstellbar gekoppelt sein. Entsprechend kann die selbsttätige Radialeinstellung der Radsätze 2 und 3 unterstützt und damit eine Verbesserung des Fahrverhaltens des Fahrwerks 1 bei Kurvenfahrt, insbesondere beim Befahren kurvenreicher Strecken mit engen Kurvenradien, erzielt werden.

[0016] Bei der dargestellten Ausführung sind zwei entsprechende, unterhalb der Längsträger 26 angeordnete aktive Stellvorrichtungen 43 vorgesehen, welche je ein Kolben-/Zylinderaggregat 44 enthalten, dessen Zylinder am betreffenden Längsträger 26 gehalten, z.B. in Querrichtung beweglich angelenkt, und darstellungsgemäss mit einer Stange 45 verbunden ist, welche an der mit dem Radsatz 2 gekoppelten Konsole 30 raumbeweglich angelenkt ist, und dessen Kolben über eine Kolbenstange 46 an der mit dem Radsatz 3 gekoppelten Konsole 30 raumbeweglich angelenkt ist. Die Zylinderräume der beiden Kolben-/Zylinderaggregate 44 können über zwei Steuerleitungen 47 und 48 kreuzweise miteinander verbunden und über eine Steuereinrichtung 50 an eine nicht dargestellte Quelle eines pneumatischen oder hydraulischen Druckmittels angeschlossen sein. Ueber die Steuereinrichtung 50, welche in Abhängigkeit von Steuersignalen eines die Winkelstellung einer der Radsatzachsen 7 oder einen entsprechenden Parameter erfassenden Signalgebers 51 betätigbar ist, sind die Zylinderräume der Kolben-/Zylinderaggregate 44 je in entgegengesetztem Sinn entweder über die Steuerleitung 47 oder über die Steuerleitung 48 mit Druckmittel beaufschlagbar, so dass die Radsätze 2 und 3 jeweils zwischen der der Geradeausfahrt entsprechenden Normalstellung und zwei einander entgegengesetzten Auslenkstellungen um eine radsatzmittige Hochachse verstellbar und feststellbar geführt sind.

[0017] Anstelle eines Kolben-/Zylinderaggregats kann auch eine Luftfeder oder ein beliebig anderes Stellelement, z.B. ein elektromechanischer Aktuator, vorgesehen sein. Die beschriebene Anordnung ermöglicht eine passive, selbsttätige Einstellung mit überlagerter aktiver Steuerung der Radsatzachsen 7, welche, etwa bei einem Ausfall der Steuereinrichtung 50, durch die Rückstellkräfte der Federelemente 28 jeweils in die neutrale Normallage zurückgeführt werden können. Derartige Verstelleinrichtungen sind insbesondere von Vorteil für Fahrzeuge zum Befahren von Gleisanlagen mit engen Kurvenradien.

[0018] In den Zeichnungsfiguren sind einander entsprechende Teile mit den gleichen Bezugszeichen versehen. Das in den Fig.4 und 5 dargestellte Fahrwerk 61 ist als rahmenlose Traganordnung für den Fahrzeugkasten 6 ausgebildet. Die je aus dem Antriebsmotor 14 und dem Zahnradgetriebe 15 gebildeten Antriebseinheiten der Radsätze 2 und 3 sind mit einem zwischen den Gehäusen der beiden Antriebsmotoren 14 angeordneten zentralen Tragteil 62 zu einer starren Tragkonstruktion 63 verbunden, welche über zwei innerhalb der Spurweite der Radsätze 2 und 3 angeordnete Führungsvorrichtungen 65 und 65a auf den Radsatzachsen 7 abgestützt ist. Die Führungsvorrichtungen 65 und 65a enthalten je zwei beidseits der Tragkonstruktion 63 angeordnete, auf den Radsatzachsen 7 gelagerte und von diesen gegen die Quermittelebene E des Fahrwerks 61 weisende Längslenker 66 und 67 bzw. 66a und 67a, welche über eine in der Quermittelebene E angeordnete Koppelvorrichtung 68 miteinander in Fahrwerk-Längsrichtung beweglich gekoppelt sind.

[0019] Die Koppelvorrichtung 68 enthält eine am Tragteil 62 drehbar gelagerte, querliegend angeordnete Koppelwelle 70 mit beidenends drehfest angebrachten Anschlussteilen 71 und 72, wobei am einen Anschlussteil 71 die auf der einen Seite des Fahrwerks 61 angeordneten Längslenker 66 und 66a oberhalb bzw. unterhalb der Drehachse der Koppelwelle 70 angelenkt sind und am anderen Anschlussteil 72 die auf der anderen Seite des Fahrwerks 61 gegenüberliegend angeordneten Längslenker 67 und 67a gegensinnig, je unterhalb bzw. oberhalb der Drehachse, angelenkt sind. Entsprechend sind die Radsätze 2 und 3 über die Koppelvorrichtung 68 miteinander gegensinnig auslenkbar gekoppelt, wobei die Radsatzachsen 7 je im wesentlichen radial zu einem jeweils zu durchfahrenden Gleisbogen einstellbar sind.

[0020] Die Tragkonstruktion 63 ist über an den Gehäusen des Antriebsmotors 14 und des Stirnradgetriebes 15 angebrachte Konsolen 64 auf vier Federelementen 28 abgestützt, welche je auf einem der Längslenker 66 und 67 bzw. 66a und 67a angeordnet sind. Die entsprechend voll abgefederten Antriebseinheiten sind mit den Radsätzen 2 und 3 je über eine Kardanhohlwelle 73 gekoppelt, welche im wesentlichen rückwirkungsfreie, jeweils aus der Einfederung der Tragkonstruktion 63 und aus den Auslenkungen des Radsatzes 2 bzw. 3 resultierende Relativbewegungen der Radsatzachse 7 zulässt. Die beschriebene Anordnung ermöglicht ebenfalls eine besonders einfache, kompakte Bauweise des Fahrwerks 61, welche relativ wenige, günstig beanspruchte tragende Teile aufweist und welche, im Vergleich mit bisherigen Ausführungen, eine beträchtliche Gewichtseinsparung gewährleistet.

[0021] Die Tragkonstruktion 63 ist über eine Wankstützvorrichtung 74 mit dem Fahrzeugkasten 6 gekoppelt, der über die Federanordnung 5 und das Axiallager 35 auf dem zentralen Tragteil 62 abgestützt ist. Die Wankstützvorrichtung 74 enthält einen im Tragteil 62 gelagerten, querliegend angeordneten Torsionsstab 75 mit an diesem beidenends drehfest angebrachten, in eine Fahrwerklängsrichtung weisenden Lenkhebeln 76 sowie zwei beidseits des Tragteils 62 angeordnete Pendelstützen 12, welche an den Lenkhebeln 76 und am Fahrzeugkasten 6 je raumbeweglich schwenkbar angelenkt sind. Durch entsprechende Bemessung des Torsionsstabes 75, der Lenkhebel 76 und der Pendelstützen 12 sowie durch die Wahl der Abstände zwischen diesen Teilen lässt sich die Wanksteifigkeit zwischen dem Fahrwerk 61 und dem Fahrzeugkasten 6 optimieren. Bei dieser Ausführung kann die Vorrichtung 13 oder eine andere Vorrichtung zur Uebertragung der Zug- und Bremskräfte, z.B. eine Zug-/Druckstange, am Gehäuse des Antriebsmotors 14 angelenkt sein.

[0022] Es sind zahlreiche abgewandelte Ausführungsformen der Erfindung möglich. So können anstelle eines einzigen Federelements auch zwei oder mehrere, z.B. vier, entsprechende Federelemente innerhalb und/oder ausserhalb des zentralen Bereichs der Tragkonstruktion, z.B. im Bereich der Längsträger 26 des Fahrwerks 1, angeordnet sein. Ebenso kann anstelle einer oder mehrerer Luftfedern auch eine Federanordnung mit einem oder mehreren hydraulischen oder hydropneumatischen Federelementen vorgesehen sein. Anstelle des dargestellten Axiallagers, welches sich durch eine besonders kompakte Bauweise auszeichnet, kann auch eine andere Stützanordnung, z.B. ein Drehkranz, vorgesehen sein. Nach einer weiteren, nicht dargestellten Ausführungsform der Erfindung kann auch nur einer der Radsätze des Fahrwerks mit einer Antriebseinrichtung versehen und über entsprechende Führungsvorrichtungen mit einem Laufradsatz gekoppelt sein. Ebenso können Lauffahrwerke mit antriebslosen Laufradsätzen erfindungsgemäss ausgebildet sein.

[0023] Das Schienenfahrzeug nach Fig.6, darstellungsgemäss ein dreiteiliges Strassenbahnfahrzeug, enthält zwei äussere Fahrzeugteile 81 und 83, welche über einen mittleren Fahrzeugteil 82 miteinander gelenkig gekoppelt und mit diesem über je einen Balg 84 verbunden sind. Die Fahrzeugkästen 6 der äusseren Fahrzeugteile 81 und 83 sind mit ihren äusseren Endpartien, wie vorstehend beschrieben, je auf einem Triebfahrwerk 1, und mit ihren inneren Endpartien auf dem mittleren Fahrzeugteil 82 abgestützt, dessen Fahrzeugkasten 6 auf zwei von Antriebseinrichtungen freien Laufradsätzen 85 und 86 abgestützt sein kann. Diese können darstellungsgemäss kleinere Raddurchmesser als die Triebradsätze 2 und 3 aufweisen. Entsprechend dieser Darstellung ist die Bodenpartie des Fahrzeuges lediglich in den über den Triebfahrwerken 1 liegenden, relativ kurzen Endabschnitten A in Hochflurbauweise ausgeführt und kann in einem über den grössten Teil der Fahrzeuglänge durchgehenden, mittleren Längenabschnitt B in Niederflurbauweise ausgeführt werden. Dadurch ist innerhalb des Fahrzeuges ein vorteilhaft günstiges Raumangebot erzielbar.

[0024] Zusammenfassend lässt sich die Erfindung wie folgt beschreiben:

[0025] Das Fahrwerk enthält zwei Radsätze, welche über zwei je auf einer der Radsatzachsen gelagerte Führungsvorrichtungen und eine Koppelvorrichtung miteinander gegensinnig auslenkbar gekoppelt sind, und eine innerhalb der Spurweite der Radsätze angeordnete Tragkonstruktion, auf der der Fahrzeugkasten über eine zentrale Federanordnung abgestützt ist. Die Tragkonstruktion, z.B. ein Drehgestellrahmen, ist über je zumindest in Fahrwerk-Längsrichtung nachgiebige Federelemente auf je zwischen den Rädern angeordneten, inneren Stützteilen abgestützt, welche an den Führungsvorrichtungen ausgebildet sind. Die Führungsvorrichtungen sind über eine Halteeinrichtung, z.B. Pendelstützen und/oder eine Vorrichtung zum Uebertragen von Zug- und Bremskräften mit dem Fahrzeugkasten in Querrichtung beweglich gekoppelt. Das Fahrwerk ist insbesondere für Schienenfahrzeuge zum Befahren kurvenreicher Strecken mit engen Kurvenradien geeignet.


Ansprüche

1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, mit zwei Radsätzen (2, 3), welche über zwei je zwischen deren Rädern (8) auf einer der Radsatzachsen (7) gelagerte Führungsvorrichtungen 10; 65, 65a) und eine Koppelvorrichtung (11; 68) miteinander gegensinnig auslenkbar, je im wesentlichen radial zu einem jeweils zu durchfahrenden Gleisbogen einstellbar gekoppelt sind, und mit einer mit den Radsatzachsen (7) koppelbaren Traganordnung, welche zur Aufnahme einer Federanordnung (5) zum Abstützen des Fahrzeugkastens (6) eingerichtet ist, wobei mindestens einer der Radsätze (2, 3) über eine Halteeinrichtung und/oder eine Vorrichtung (13) zum Uebertragen von Zug- und Bremskräften mit dem Fahrzeugkasten (6) koppelbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass als Traganordnung für den Fahrzeugkasten (6) eine innerhalb der Spurweite der Radsätze (2, 3) angeordnete Tragkonstruktion vorgesehen ist, welche über je zumindest in Fahrwerk-Längsrichtung nachgiebige Federelemente (28) auf je zwischen den Rädern (8) des betreffenden Radsatzes (2, 3) angeordneten, inneren Stützteilen des Fahrwerks (1, 61) abgestützt ist.
 
2. Fahrwerk nach Anspruch 1, bei welchem die Federanordnung (5) zum Abstützen des Fahrzeugkastens (6) auf einer in einem zentralen Bereich des Fahrwerks (1, 61) positionierbaren Tragpartie (31, 62) der Tragkonstruktion angebracht ist.
 
3. Fahrwerk nach Anspruch 2, bei welchem die Federanordnung (5) mindestens eine Luftfeder (32) oder ein hydraulisches oder hydropneumatisches Federelement enthält und über ein um eine vertikale Hochachse (H) drehbares Stützelement (34) auf der Tragpartie (31, 62) der Tragkonstruktion abgestützt ist.
 
4. Fahrwerk nach Anspruch 3, bei welchem das Stützelement (34) über ein Axiallager (35) auf der Tragpartie (31, 62) abgestützt ist.
 
5. Fahrwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, bei welchem die Stützteile für die die Tragkonstruktion abstützenden Federelemente (28) je mit der auf der betreffenden Radsatzachse (7) gelagerten Führungsvorrichtung (10; 65) verbunden oder an dieser ausgebildet sind.
 
6. Fahrwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, bei welchem die Tragkonstruktion in Form eines Drehgestellrahmens (4) ausgeführt ist.
 
7. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 1 bis 5, bei welchem die Führungsvorrichtungen (65, 65a) je zwei beidseits der Tragkonstruktion (63) angeordnete, auf der Radsatzachse (7) gelagerte und gegen eine Quermittelebene (E) des Fahrwerks (61) weisende Längslenker (66, 67 bzw. 66a, 67a) enthalten und die Koppelvorrichtung (68) eine querliegend angeordnete, in der Tragkonstruktion (63) drehbar gelagerte Koppelwelle (70) mit an deren beiden Enden drehfest angebrachten Anschlussteilen (71 und 72) enthält, an denen die auf der einen Seite des Fahrwerks (61) angeordneten Längslenker (66, 66a) je oberhalb bzw. unterhalb der Drehachse der Koppelwelle (70) angelenkt sind und die auf der anderen Seite des Fahrwerks (61) angeordneten Längslenker (67, 67a) gegensinnig, je unterhalb bzw. oberhalb der Drehachse angelenkt sind.
 
8. Fahrwerk nach Anspruch 7, bei welchem die Federelemente (28) zum Abstützen der Tragkonstruktion (63) je auf einem der Längslenker (66, 66a, 67, 67a) angebracht sind.
 
9. Fahrwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, bei welchem die Halteeinrichtung mindestens zwei je an einem Fahrwerkteil (17, 18; 62) und am Fahrzeugkasten (6) anlenkbare, in Fahrwerk-Querrichtung gegeneinander versetzt angeordnete Wankstützelemente (12) enthält.
 
10. Fahrwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, mit mindestens einer aktiven oder passiven Stellvorrichtung (43), welche mit mindestens einer der Führungsvorrichtungen (10; 65) koppelbar ist und über welche auf die Führungsvorrichtung (10; 65) bestimmte Einstellbewegungen je entsprechend einer zumindest annähernd radialen Einstellung und/oder einer entsprechenden Rückstellung der Radsatzachsen (7) übertragbar sind.
 
11. Fahrwerk nach einem der vorangehenden Ansprüche, bei welchem mindestens einer der Radsätze (2, 3) mit einer Antriebseinrichtung (14, 15) gekoppelt ist.
 
12. Fahrwerk nach Anspruch 11, bei welchem mindestens ein Teil der Antriebseinrichtung (14, 15) in einem Gehäuse angeordnet ist, welches über eine Lageranordnung (16) auf der Radsatzachse (7) abgestützt und als Führungsvorrichtung (10) für den Radsatz (2, 3) ausgebildet ist.
 
13. Fahrwerk nach einem der Ansprüche 7 bis 11, mit zwei je einem der Radsätze (2, 3) zugeordneten Antriebseinrichtungen (14, 15), deren Gehäuse miteinander starr verbunden und als rahmenlose Tragkonstruktion (63) ausgebildet sind, an der die zum Abstützen des Fahrzeugkastens (6) bestimmte Federanordnung (5) angebracht ist.
 
14. Schienenfahrzeug, insbesondere Strassenbahnfahrzeug, mit mindestens einem Fahrzeugkasten (6) und mindestens einem Fahrwerk (1, 61) nach einem der Ansprüche 1 bis 13.
 
15. Schienenfahrzeug nach Anspruch 14, bei welchem die Vorrichtung (13) zum Uebertragen der Zug- und Bremskräfte eine gegenüber dem Fahrwerk (1; 61) in einer Fahrzeuglängsrichtung versetzt positionierbare Traverse (21) mit einem gegen den benachbarten Radsatz (2) weisenden, an einem Teil der Führungsvorrichtung (10) oder der Tragkonstruktion (63) anlenkbaren Verbindungsteil (22) und zwei an den Enden der Traverse (21) und am Fahrzeugkasten (6) anlenkbare, von der Traverse (21) gegen den benachbarten Radsatz (2) orientierbare Lenkhebel (24) enthält, wobei die diesen zugeordneten Anlenkstellen (25) am Fahrzeugkasten (6) in einem Abstand voneinander angeordnet sind, der grösser ist als der Abstand zwischen den entsprechenden Anlenkstellen an der Traverse (21).
 




Zeichnung
















Recherchenbericht