(19)
(11) EP 0 933 443 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.08.1999  Patentblatt  1999/31

(21) Anmeldenummer: 99101813.6

(22) Anmeldetag:  28.01.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C23C 4/08, C23C 4/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 28.01.1998 DE 19803084

(71) Anmelder: Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH
D-40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Schroer, Carsten
    45475 Mülheim/Ruhr (DE)
  • Spiegel, Michael Dr.
    40699 Erkrath (DE)
  • Grabke, Hans Jürgen Prof. Dr.
    40699 Erkrath (DE)
  • Sauthoff, Gerhard Dr.
    40880 Ratingen (DE)

(74) Vertreter: Cohausz & Florack 
Patentanwälte Kanzlerstrasse 8a
40472 Düsseldorf
40472 Düsseldorf (DE)

   


(54) Verwendung von Stahlpulver auf der Basis Fe-Cr-Si für korrosionsbeständige Beschichtungen


(57) Die Erfindung betrifft Beschichtungen aus ferritischen Stahllegierungen auf Metall-Bauteilen, vornehmlich niedriglegiertem Stahl, vorzugsweise Rohren und Rohrwänden, zum Zwecke des Korrosionsschutzes gegen heiße chlor- und/oder chlorid- und/oder sulfathaltige Medien z.B. für Anlagenbauteile für die thermische Müllentsorgung oder Kupferraffinierung.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft Beschichtungen aus ferritischen Stahllegierungen auf Metall-Bauteilen, vornehmlich niedriglegiertem Stahl, vorzugsweise Rohren und Rohrwänden, zum Zwecke des Korrosionsschutzes gegen heiße chlor- und/oder chlorid- und/oder sulfathaltige Medien z.B. für Anlagenbauteile für die thermische Müllentsorgung oder Kupferraffinierung.

[0002] In Anlagen zur Energie- und Stoffumwandlung ist bei der Wahl der Prozeßparameter oftmals ein Spielraum gegeben, der es erlaubt, den Prozeß so zu führen, daß die Anforderungen an die Warmfestigkeit der für die notwendigen Bauteile einzusetzenden Werkstoffe von niedriglegierten Stählen erfüllt werden können. So wird man z.B. bei Kraftwerksanlagen, die den elektrischen Strom über eine Dampf-Turbine erzeugen, den Heißdampf-Zustand so wählen, daß die materialaufwendigen Wärmetauscher aus niedriglegiertem Stahl gefertigt werden können. Die Wirkungsgradverbesserung beim Übergang zu höheren Temperaturen und Drücken rechtfertigt die Mehrkosten für hochlegierte, austenitische Werkstoffe in der Regel nicht.

[0003] In Anlagen zur thermischen Müllentsorgung wird die Standzeit der Wärmetauscher jedoch nicht durch die thermischen und mechanischen Eigenschaften, sondern vielmehr durch den Korrosionswiderstand des Rohrwerkstoffes bestimmt, der demnach als wichtiges Kriterium bei der Wahl der Werkstoffe und der Prozeßführung berücksichtigt werden muß.

[0004] Die in solchen Anlagen in Abhängigkeit von Rauchgas- und Rohrwandtemperatur auftretenden Korrosionsvorgänge setzen sich in komplizierter Weise aus der chlorkatalysierten aktiven Oxidation, die in Gegenwart von chlorhaltigen Gasen oder Chloriden in oxidierenden Atmosphären auftritt und hauptsächlich das Eisen aus dem Rohrwerkstoff verbraucht, sowie Auflösungs-/Ausscheidungsvorgängen der schützenden Metall-Oxide in den sich auf der Rohrwand bildenden Sulfat- und Chloridschmelzen, wodurch eine Passivierung des Rohrwerkstoffes zusätzlich erschwert wird, zusammen. Unter solchen Bedingungen weisen selbst hochlegierte Stähle nur unbefriedigende Korrosionswiderstände auf.

[0005] Neuere Entwicklungen zeigen zwar, daß Rohre aus Nickelbasiswerkstoffen einen erhöhten Widerstand gegenüber diesen Korrosionsvorgängen aufweisen, aufgrund des hohen für Nickel zu zahlenden Preises ist jedoch das Aufbringen einer korrosionsbeständigen ferritischen Beschichtung auf Rohre aus niedriglegiertem Stahl die kostengünstigere Alternative.

[0006] Der Einsatz beschichteter Rohre in Anlagen zur thermischen Müllentsorgung hat den Vorteil, daß der mechanisch beanspruchte Rohrquerschnitt weiterhin aus niedriglegiertem Stahl gefertigt und das Bauteil nach thermisch/mechanischen Kriterien ausgelegt werden kann. Die Materialien mit dem geforderten hohen Korrosionswiderstand werden lediglich als vergleichsweise dünne Schicht auf der Rohroberfläche verwendet. Die Anforderungen an die mechanischen Eigenschaften des Beschichtungswerkstoffes sind dabei gering, so daß bei dessen Auswahl nur der Korrosionswiderstand und die Haftung auf dem niedriglegierten Substrat entscheidend sind.

[0007] Das Beschichten korrosiv hochbeanspruchter Wärmetauscherrohre in solchen Anlagen wird, vor allem zur Reparatur von Korrosionsschäden sowie zur Prävention an kritischen Positionen, bereits durchgeführt. Dazu wird auf bekannte Werkstoffe bzw. von diesen abgeleitete Varianten zurückgegriffen, wie z.B. Alloy 625, eine Nickelbasislegierung mit 21,5 % Chrom, 9 % Molybdän, 3,6 % Niob und 2,5 % Eisen sowie kleineren Anteilen an Al, Ti, Mn, Si und C, oder NiCrBSi-Loten, wobei der im Vergleich zum Eisen höhere Widerstand des Nickels gegenüber Chlorkorrosion ausgenutzt werden soll.

[0008] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, daß auch auf ferritische Stahllegierungen zurückgegriffen werden kann, sofern deren Chrom- und Siliziumgehalte ausreichend hoch sind, so daß die Bildung sehr stabiler, den Werkstoff passivierender Oxide auch unter den oben beschriebenen Korrosionsbedingungen bevorzugt stattfindet. Der Vorteil solcher ferritischer Beschichtungen liegt in deren dem niedriglegierten Substratwerkstoff praktisch gleichen thermischen Ausdehnung, wodurch die Haftung auch bei Temperaturwechselbeanspruchung gewährleistet ist. Die hohe thermische Leitfähigkeit des ferritischen Stahls wirkt sich vorteilhaft auf den Wärmeübergang und damit die Oberflächentemperatur der Beschichtung aus.

[0009] Legierungen, die den durchgeführten Experimenten entsprechend als ein solcher Beschichtungswerkstoff in Frage kommen, haben eine Zusammensetzung von (in Masse-%)

mehr als 20 bis 50 % Cr

mehr als 3 bis 10 % Si
      Rest Fe.



[0010] Stähle mit weniger als 20 % Chrom und weniger als 3 % Silizium erfüllen nicht die Anforderungen an Korrosionsbeständigkeit gegenüber den erwähnten Medien. Mehr als 50 % Chrom ergab keine weitere Verbesserung hinsichtlich Korrosionsbeständigkeit, verteuert nur den Stahl. Bei einem Gehalt von über 10 % Silizium verschlechterte sich wieder die Korrosionsbeständigkeit gegenüber den erwähnten Medien. Optimale Legierungsgehalte wurden mit 25 bis 50 % Chrom und mehr als 3 bis 8 % Silizium ermittelt.

[0011] Weitere Zusätze kleinerer Mengen der folgenden Elemente dienen dem Absenken der Schmelztemperatur und somit der Verbesserung der Auftragseigenschaften:

bis 4 % B

bis 6 % Ni

bis 5 % Mn

bis 1 % Mo

bis 0,1 % C



[0012] Nach den bisherigen experimentellen Testergebnisse weisen die Legierungen

Fe-35Cr-5Si

Fe-30Cr-5Si

Fe-30Cr-5Si-1B

den höchsten Korrosionswiderstand auf.

[0013] Solche Beschichtungen können in allen Anlagen, in denen chlorhaltige Gase und/oder chlorid- und/oder sulfathaltige Stäube und Ablagerungen zu Korrosionsproblemen führen, z.B. bei der Verbrennung von Hausmüll, Biomasse und Chemieabfällen sowie bei der Kupferraffination, erfolgversprechend eingesetzt werden.

Beispiel



[0014] Die Korrosionsbeständigkeit der Legierungen ist in Auslagerungsexperimenten bei 600 °C bestätigt worden. Die Proben der untersuchten Legierungen waren dabei vollständig in Ablagerungen eingebettet, die von den Wärmetauscherrohren einer Müllverbrennungsanlage stammen. Die Ablagerungen sind nach jeweils 2 Wochen Auslagerung erneuert worden. Das Reaktionsgas bestand aus 5 Vol.-% O2 enthaltendem Stickstoff, dem 500 Vol.-ppm HCl zugesetzt worden sind. Der Wassergehalt der in einer P2O5-Säule getrockneten Gase betrug < 3 x 10-5 mbar.

[0015] Die Proben sind für verschiedene Zeiten diesen Bedingungen ausgesetzt worden (bisher bis max. 8 Wochen). Der Materialverlust durch Korrosion ist anhand der Massenabnahme nach Entfernen der Korrosionsprodukte und Ablagerungsreste mechanisch und chemisch durch Beizen in alkalischer KMnO4-Lösung und inhibierter Salzsäure bestimmt worden.

[0016] In Fig. 1 sind die auf diese Weise bestimmten zeitabhängigen Materialverluste Δm durch Korrosion für diverse FeCrSi-Legierungen sowie für Alloy 625 aufgetragen. Die Korrosionsgeschwindigkeiten der erfindungsgemäß verwendeten FeCrSi-Legierungen liegen bis zu einer Größenordnung unter der von Alloy 625, dem jetzt vorwiegend zur Beschichtung eingesetzten Werkstoff. Die Vergleichslegierung Fe-30Cr-2Si, die also weniger Silizium enthält als die erfindungsgemäß zu verwendenden Stähle hat nach 14 Tagen ebenfalls eine deutlich höhere Massenabnahme von 0,06 mg/mm2.

[0017] Mit der beschriebenen Methode zur Bestimmung der Materialverluste lassen sich nur über die gesamte Probenoberfläche gemittelte Werte erfassen. Unter den untersuchten Bedingungen ist jedoch lokale Korrosion zu beobachten, die an den von dieser betroffenen Stellen zu einer größeren Querschnittsabnahme als der aus der flächenspezifischen Massenabnahme berechneten führt. Bei der Festlegung einer zu fordernden Mindestdicke der aufzutragenden Beschichtung ist die lokale Korrosion zu berücksichtigen, da der Durchtritt des korrosiven Mediums an einer solchen Stelle zum Versagen des gesamten Rohres führen kann.

[0018] Die lokale Korrosion läßt sich bei der Festlegung der Mindestschichtdicke berücksichtigen, indem die am Querschliff der korrodierenden Probe bestimmte maximale Tiefe der entstehenden Grübchen in der Metalloberfläche zur aus der flächenspezifischen Massenänderung berechneten Querschnittsabnahme addiert wird.

[0019] Nach 8 Wochen Auslagerung unter simulierten Müllverbrennungsbedingungen liegt die aus den Massenabnahmen berechnete Querschnittsabnahme der erfindungsgemäß zu verwendenden Fe-Cr-Si-Legierungen nur bei etwa 0,02 mm. Die Tiefe der durch lokale Korrosion entstandenen Grübchen beträgt etwa 0,03 mm, so daß für diesen Zeitraum mit einer maximalen Querschnittsabnahme von 0,05 mm zu rechnen ist. Im Vergleich dazu beträgt die aus der Massenänderung berechnete Querschnittsabnahme von Alloy 625 im selben Zeitraum 0,24 mm. Die lokale Korrosion ist mit einem Zuschlag von etwa 0,04 mm zu berücksichtigen.

[0020] Pulver aus der erfindungsgemäß zu verwendenden FeCrSi-Legierung können hergestellt werden durch direktes Verdüsen der Legierungsschmelze oder durch Induktions-Abtropf-Schmelzen stabförmiger Elektroden aus der entsprechenden Legierung. Letzteres Verfahren wurde mit Erfolg zur Herstellung kleinerer Mengen von Fe-35Cr-5Si-Pulver angewendet. Als Auftragsverfahren sind thermische Spritzverfahren vorgesehen. Aufgrund der Anforderungen an die Dichtigkeit der Schicht kommt dabei insbesondere das Flammspritzen in Frage. Mittels Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen konnten bereits erfolgreich Beschichtungen durchgeführt werden, die auch den gewünschten Korrosionsschutz gewährleisten.


Ansprüche

1. Verwendung von Pulver einer Stahllegierung mit (in Masse-%)

mehr als 20 bis 50 % Chrom

mehr als 3 bis 10 % Silizium
      Rest Eisen einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen

zum thermischen Beschichten von Metallteilen, die im Betrieb dem Korrosionsangriff durch chlor- und/oder chlorid- und/oder sulfathaltige Medien ausgesetzt sind.
 
2. Verwendung von Pulver nach Anspruch 1 aus (in Masse-%)

25 bis 50 % Chrom

mehr als 3 bis 8 % Silizium

Rest Eisen einschließlich unvermeidbarer Verunreinigungen

für den Zweck nach Anspruch 1.
 
3. Verwendung von Pulver aus einer Legierung der Zusammensetzung nach Anspruch 1 oder 2, das zusätzlich eines oder mehrere der folgenden Legierungselemente (in Masse-%) enthält:

bis 4 % B

bis 6 % Ni

bis 5 % Mn

bis 1 % Mo

bis 0,1 % C

für den Zweck nach Anspruch 1.
 
4. Verwendung von Pulver nach Anspruch 1, 2 oder 3, zum Beschichten von Bauteilen für Anlagen zur thermischen Müllentsorgung und zum Raffinieren von Kupfer.
 




Zeichnung







Recherchenbericht