(19)
(11) EP 0 933 595 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.08.1999  Patentblatt  1999/31

(21) Anmeldenummer: 98120236.9

(22) Anmeldetag:  26.10.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6F23N 1/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 31.10.1997 DE 19748189

(71) Anmelder: InfraServ GmbH & Co. Gendorf KG
84504 Burgkirchen (DE)

(72) Erfinder:
  • Haunberger, Johannes
    84556 Kastl (DE)
  • Hack, Engelbert
    84329 Wurmannsquick (DE)

   


(54) Verfahren zur Verminderung nitroser Gase in Verbrennungsanlagen unter gleichzeitiger Energieeinsparung


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verminderung nitroser Gase (NOx) beim Betreiben von Verbrennungsanlagen, welches dadurch gekennzeichnet ist, daß die auf einer Brennerebene angeordneten Brenner teils mit Luftüberschuß, teils mit Luftunterschuß betrieben werden, jeweils bezogen auf die vollständige Verbrennung des verwendeten Heizmittels. Schwer brennbare, stickstoffhaltige Produktionsabfälle können ebenso wie fossile Brennstoffe mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens effizient unter Einhaltung des gesetzlichen NOx-Grenzwertes verbrannt werden.


Beschreibung


[0001] Die Emission nitroser Gase, die üblicherweise als NOx bezeichnet werden und im wesentlichen aus NO und NO2 bestehen, stellt für Verbrennungsanlagen aller Art ein großes Problem dar. Im Sinne des Umweltschutzes wurde im Dezember 1996 der maximale Grenzwert für die NOx-Emission industrieller Verbrennungsanlagen von 450 mg/Nm3 auf 200 mg/Nm3 reduziert (Grenzwert nach 17. BImSchV). Gemäß dem Stand der Technik verwenden die großen Energieversorgungsunternehmen zur primären Reduzierung von NOx eine bezüglich Sauerstoff unterstöchiometrische Verbrennung in bis zu vier vertikal angeordneten Brennerebenen und kompensieren dies durch Zufuhr sogenannter "Tertiärluft" in den oberen, etwas kälteren Teil des Strahlungskessels. Auf diese Weise wird der vorgeschriebene Überschuß von 3 % Sauerstoff in den austretenden Verbrennungsgasen erreicht. Pro Brennerebene sind üblicherweise mindestens zwei paarweise gegenüberliegende Brenner installiert, deren Auslässe meist tangential angeordnet sind, so daß das Brennstoff-Luft-Gemisch in eine starke zirkulare Strömung versetzt und optimal vermischt wird. Die Leistung der auf derselben Ebene installierten Brenner ist im Regelfall identisch oder weist nur minimale, zufällige Abweichungen auf.

[0002] Es wurde nun völlig überraschend gefunden, daß sich die NOx-Gehalte im Abgas der Verbrennungsanlage erheblich dadurch reduzieren lassen, daß die sich auf einer Ebene befindlichen Brenner mit deutlich unterschiedlichen Luftmengen betrieben werden. Beispielsweise wird Brenner 1 mit 30 % Luftüberschuß und Brenner 2 mit 10 % Luftunterschuß betrieben, jeweils bezogen auf die zur vollständigen Verbrennung des Heizmittels erforderliche Luftmenge, mit der Maßgabe, daß so viel Luft zugeführt wird, daß das den Kessel verlassende Rauchgas noch mindestens den geforderten Überschuß an Sauerstoff enthält. Vorzugsweise beträgt die Differenz der Luftversorgung der auf derselben Ebene installierten Brenner 20 bis 40 %. Besonders bevorzugt wird insgesamt ein Überschuß an Luft von 15 bis 50 % verwendet, bezogen auf die zur vollständigen Verbrennung des Heizmittels erforderliche Heizmenge.

[0003] Als äquivalente Heizmittel können im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens Erdgas, brennbare Abgase, Heizöle (beispielsweise mittelflüssige und schwerflüssige Öle), Kohlenstaub, aber auch brennbare Abfälle aus der Produktion organischer Chemikalien verwendet werden. Als Beispiel für solche brennbaren Abfälle seien die Destillationsrückstände aus der Herstellung von Talgfettaminen genannt, die noch Reste von Kupferkatalysatoren enthalten. In diesem Fall konnte der zulässige NOx-Grenzwert auch durch Zusatz von Harnstoff als Reduktionsmittel nicht eingehalten werden, so daß zunächst nur eine teure Fremdentsorgung in einer Sondermüllanlage in Frage kam. Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens konnte dieser Problemmüll in einer normalen Verbrennungsanlage entsorgt werden, wobei der NOx-Wert im Abgas nur 150 mg/Nm3 betrug.

[0004] Im Falle von besonders hohen Stickstoffgehalten des zu verbrennenden Materials kann die an sich bekannte Methode des Eindüsens einer wäßrigen Lösung eines stickstoffhaltigen Reduktionsmittels, bevorzugt einer Lösung von Harnstoff oder von Ammoniak, mit dem erfindungsgemäßen Verfahren kombiniert werden. Dies ist jedoch nur in seltenen Fällen erforderlich und hat den Nachteil, daß durch größere Mengen von eingedüstem Wasser in der Regel die Emissionen von Kohlenmonoxid ansteigen. Ein weiterer Nachteil ist natürlich, daß die Verdampfung des Wassers einen zusätzlichen Energieaufwand verursacht.

[0005] Das erfindungsgemäße Verfahren weist folgende Vorteile auf:
  • Der Brennstoffverbrauch (meist Erdgas und/oder Heizöl) wird durch Verbesserung des Wirkungsgrades auf ein Minimum reduziert.
  • Der gesetzlich vorgeschriebene NOx-Grenzwert wird im Dauerbetrieb unterschritten.
  • Es sind keine Investitionskosten und Betriebskosten für eine spezielle NOx-mindernde Anlage (DENOX-Anlage) erforderlich.
  • Abstellungen und Wartungen werden minimiert: Die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren betriebene Abfallverbrennungsanlage war im Jahr 1996 zu 93 % der gesamten Jahresstunden in Betrieb.
  • Der Einsatz von wäßrigen Harnstoff- und/oder Ammoniaklösungen kann auf seltene Ausnahmefälle reduziert werden, wodurch sich eine beträchtliche Kosteneinsparung ergibt.
  • Schwer brennbare Heizmittel können mit höherem Wirkungsgrad verbrannt werden.


[0006] Die Erfindung wird durch folgende Beispiele und Vergleichsbeispiele zur NOx-Bildung noch näher erläutert:

[0007] In einer Abfallverbrennungsanlage werden zwei Versuchsreihen mit jeweils vier Versuchen durchgeführt. In der Brennkammer sind auf einer Ebene zwei Brenner derselben Bauart und Leistung installiert, die wie üblich eine zirkulare Strömung mit starker Verwirbelung erzeugen. Die Zuluftmenge der beiden Brenner ist durch Klappen unabhängig voneinander regelbar. Im Brenner 1 werden stickstoffhaltige Rückstände und im Brenner 2 stickstoffreie Rückstände verbrannt. Es handelt sich um stickstoffhaltige brennbare Rückstände aus der Aminproduktion beziehungsweise stickstoffreie verunreinigte Lösemittel, beispielsweise aus der Glykolherstellung. Die Temperatur in der Nachbrennkammer ist praktisch konstant und beträgt 980 bis 990 °C.

Beispiele 1 bis 4 (erfindungsgemäß)



[0008] 
Beispiel Harnstoff 10,5%ige Lösung in Wasser [l/h] % Klappenöffnung Einsatzmenge [l/h] NOx [mg/Nm3]
    Brenner 1 Brenner 2 brennbare Stickstoffverbindungen brennbare stickstofffreie Verbindungen  
1 0 10 42 210 240 150
2 50 10 42 210 240 128
3 80 10 42 210 240 105
4 120 10 42 210 240 85

Vergleichsbeispiele 1 bis 4 (Stand der Technik)



[0009] 
Vergleichsbeispiel Harnstoff, 10,5%ige Lösung in Wasser [l/h] % Klappenöffnung Einsatzmenge [l/h] NOx [mg/Nm3]
    Brenner 1 Brenner 2 brennbare Stickstoffverbindungen brennbare stickstofffreie Verbindungen  
1 0 22 22 210 240 575
2 50 22 22 210 240 355
3 80 22 22 210 240 305
4 120 22 22 210 240 240


[0010] Wie die erfindungsgemäßen Beispiele zeigen, ist bei dem neuen Verfahren keine Harnstoffzugabe erforderlich, um den NOx-Grenzwert zu unterschreiten. Die CO-Emissionen werden nicht beeinflußt und betragen für beide Versuchsreihen 1,6 bis 1,8 mg/Nm3. Auch der Restsauerstoffgehalt im feuchten Abgas (2,25 %, entspricht 3,0 % im trockenen Abgas) bleibt unverändert.


Ansprüche

1. Verfahren zur Verminderung nitroser Gase (NOx) beim Betreiben von Verbrennungsanlagen, dadurch gekennzeichnet, daß die auf einer Brennerebene angeordneten Brenner teils mit Luftüberschuß, teils mit Luftunterschuß betrieben werden, jeweils bezogen auf die vollständige Verbrennung des verwendeten Heizmittels.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß pro Brennerebene mindestens zwei Brenner verwendet werden, wobei die Differenz der Luftzufuhr der Brenner 20 bis 40 %, vorzugsweise 30 %, beträgt, jeweils bezogen auf die vollständige Verbrennung des Heizmittels.
 
3. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß insgesamt ein Überschuß von 15 bis 50 % an Luft, bezogen auf die zur vollständigen Verbrennung des Heizmittels erforderliche Luftmenge, verwendet wird.
 
4. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß man als Heizmittel Erdgas, brennbare Abgase, Heizöle, Kohlenstaub sowie brennbare Abfälle aus der chemischen Produktion verwendet.
 
5. Verfahren gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß man als Heizmittel stickstoffhaltige, organische Abfälle verwendet.
 
6. Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man bei der Verbrennung von Abfällen mit hohem Stickstoffgehalt mindestens ein Reduktionsmittel zusetzt.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Reduktionsmittel Harnstoff und/oder Ammoniak ist.
 
8. Verfahren nach Anspruch 1 und mindestens einem der Ansprüche 2 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß das Abgas der Verbrennungsanlage maximal 200 mg NOx/Nm3 enthält.