[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Spurführung von Achseinheiten eines Schienenfahrzeugs
und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
[0002] Als Achseinheit wird nachfolgend eine Baugruppe bezeichnet, die Zwei einander gegenüberliegende
Schienenräder enthält, welche im Gegensatz zur starren Welle des herkömmlichen Radsatzes
mechanisch oder elektrodynamisch derart gekoppelt sind, daß ein freier Eingriff in
das von Rad zu Rad übertragene Drehmoment und somit eine Beeinflussung der Relativbewegung
der Räder zueinander möglich ist.
[0003] Mit bisher gebräuchlichen starren Radsätzen bzw. mit Losrädern kann in die Fahrdynamik
von Schienenfahrzeugen über die konstruktive Gestaltung von Rad- bzw. Radsatzaufhängung
nur unbefriedigend eingegriffen werden. Eine Beeinflussung eines Fahrzeugslaufs, insbesondere
hinsichtlich einer deutlichen Verschleißreduktion und einer entsprechenden Komfortverbesserung
auch bei hohen Geschwindigkeiten kann nur durch einen direkten Eingriff in die Radsatzkinematik
erfolgen.
[0004] In DE 95 0011 ist vorgeschlagen, die Achse zwischen den Rädern eines Radsatzes aufzuschneiden,
und eine einstellbare Reibbremse als Verbindungselement dazwischen einzusetzen. Ferner
ist auch das Einsetzen eines Torsionsdämpfers als Verbindungselement vorgeschlagen
worden (siehe Benington C.K., The Railway Wheelset and Suspension Unit as a Closed
Loop Guidance Control System, Journ. Of Mech. Eng. Science, Vol. 10, Nr. 2, 1968).
Bei entsprechend ausgelegter Dämpfung konnte die Fahrstabilität im Geradeauslauf für
ein Fahrzeug mit torsionsgedämpften Radsätzen erheblich gesteigert werden, wobei die
eingestellte Dämpfung für jeweils einen bestimmten Geschwindigkeitsbereich optimal
sein kann.
[0005] Dieses Konzept ist in DE 30 19 573 C2 dadurch weiter entwickelt, daß anstelle eines
fest eingestellten Drehdämpfers eine elektrisch ansteuerbare Magnetpulverkupplung
benutzt wird, um das Relativmoment zwischen den beiden Rädern eines Radsatzes zu beeinflussen.
[0006] Um eine Drehzahldifferenz zwischen den Rädern einer Achse vorzugeben, ist in DE 22
59 035 A1 ein Antrieb eines Radsatzes über ein Differentialgetriebe vorgeschlagen,
wobei dem Getriebekäfig ein Elektromotor zugeordnet ist. In welcher Weise diese Drehzahldifferenz
gewählt wird, ist nicht ausgeführt, ferner ist bei diesem Vorschlag der Motor direkt
auf der Radsatzwelle mit dieser mitdrehend gelagert. Hierdurch wird wiederum die ungefederte
Masse erhöht und es ergeben sich zusätzliche elektrisch und schwingungstechnische
Probleme.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist es, unter Vermeidung der Nachteile der vorstehend beschriebenen
Lösungsansätze ein Verfahren zur Spurführung bzw. zur passiven, semi-aktiven oder
aktiven Beeinflussung der Fahrdynamik von Fahrzeugen zu realisieren. Gemäß der Erfindung
ist dies bei einem Verfahren zur Spurführung von Achseinheiten eines Schienenfahrzeugs
nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 durch die Merkmale in dessen kennzeichnenden
Teil erreicht. Die weiteren Ansprüche beziehen sich auf die Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens.
[0008] Gemäß der Erfindung wird bei einem Verfahren zur Spurführung eines Schienenfahrzeugs
zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit ein Relativmoment zur Beeinflussung der
Relativdrehzahl eingeleitet, und über eine Regelung werden verschiedene aktive, semi-aktive
oder passive Charakteristiken eingestellt. Somit zeichnet sich die erfindungsgemäße
Lösung dadurch aus, daß ein zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit wirkendes
Relativmoment unabhängig von deren momentaner Relativbewegung mit Hilfe von außen
zugeführter Energie beliebig beeinflußbar ist.
[0009] Wenn die Halbwellen mindestens einer Achseinheit die Wellen von zum Antrieb verwendeten
Elektromotoren sind, wird gemäß einer ersten vorteilhaften Vorrichtung zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens abhängig vom jeweiligen Antriebs- oder Bremsmoment
durch entsprechende Ansteuerungen der Antriebsmotore ein Relativmoment zur Beeinflussung
der Relativdrehzahl der Räder überlagert und es werden über eine Regelung unterschiedliche
aktive Charakteristiken eingestellt.
[0010] Wenn pro Achseinheit deren Halbwellen über ein von einem Servomotor beaufschlagtes
Getriebe gekoppelt sind, steht gemäß einer zweiten vorteilhaften Ausbildung unabhängig
von der Absolutdrehzahl der Räder einer Achseinheit die Relativdrehzahl dieser Räder
in einem festen Verhältnis zur Drehzahl des Servomotors, von welchem dann über das
Getriebe ein Relativmoment zur Beeinflussung der Relativdrehzahl der Räder eingeleitet
wird. Am Servomotor werden dann verschiedene passive Charakteristiken eingestellt
oder es werden über eine Regelung verschiedene in Abhängigkeit von einer Gierbewegung
des Fahrzeugs geregelte semi-aktive oder aktive Charakteristiken eingestellt.
[0011] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung kann der Servomotor mit einem
feststehenden Gehäuse außerhalb der Antriebseinheit und damit dann weitgehend getrennt
von der Masse der Achseinheit und deren Schwingungen angeordnet sein.
[0012] Im Gegensatz zu herkömmlichen Differentialgetrieben ist gemäß der Erfindung ein Überlagerungsgetriebe
vorgesehen, durch welches eine beliebige Relativverdrehung der beiden Räder unabhängig
von deren absoluter Drehzahl übertragen wird. Es muß somit nur das für das Eigenlenkverhalten
der Achseinheit relevante Relativmoment mit dem Servomotor erzeugt werden. Daher kann
das erfindungsgemäße Prinzip beispielsweise auch bei nicht angetriebenen Achseinheiten
Anwendung finden.
[0013] Aufgrund der besonderen Gestaltung des Überlagerungsgetriebes wirkt sich eine eventuelle
Relativbewegung der Schienenräder gegeneinander lediglich in einer Drehbewegung der
Motorwelle aus, mit der beispielsweise ein Sonnenrad drehfest verbunden ist; alle
anderen Komponenten eines über das Sonnenrad angetriebenen Planetengetriebes sind
stets in immer gleichem Drehsinn im Umlauf.
[0014] Daher muß bei Auftreten einer Relativbewegung als mechanischer Widerstand nur der
vernachlässigbare Reibwiderstand der Motorwelle selbst überwunden werden, so daß sich
die Achseinheit ohne anliegendes Motormoment bzw. bei Ausfall der Elektronik nahezu
wie ein Losradsatz verhält.
[0015] Beim Anliegen eines sehr kleinen, zur Steuerung des Laufs ausreichenden, gerichteten
Motormoments wird dadurch einer eventuellen Relativbewegung der Räder in der einen
Drehrichtung ein gewisser Widerstand entgegengesetzt, in der anderen Drehrichtung
jedoch ein geringerer Widerstand, bzw. es wird die Relativbewegung unterstützt. Eine
Relativbewegung ergibt sich stets nur als Folge einer unausgeglichenen Momentenbilanz
der von den im Radaufstandspunkt angreifenden Reibkräften erzeugten Momente und dem
jeweils anliegenden Motormoment.
[0016] Ferner hat unabhängig von einer eventuellen Antriebs- oder Bremsleistung oder der
Reibleistung einer Achseinheit der Servomotor nur eine vergleichsweise geringe, zur
Lenkung der Achseinheit erforderliche Leistung aufgrund der Momentendifferenz aufzubringen.
Durch die Regelung von Relativmoment oder -drehzahl werden die Nachteile sowohl von
herkömmlichen starren Radsätzen als auch von Losradsätzen vermieden.
[0017] Das beim starren Radsatz kritische Aufklingen der sinusförmigen Schlingerbewegung
oberhalb einer bestimmten Geschwindigkeit kann gemäß der Erfindung vermieden werden,
indem durch die Regelung einzelnen, beispielsweise mittels eines Kreiselsensors erfaßten
Gierbewegungen unmittelbar gegengesteuert wird.
[0018] Hingegen ist im Gegensatz zum Losradsatz die Fähigkeit zur Zentrierung der Achseinheit
im Gleis durch passive oder aktive Übertragung eines Relativdrehmomentes gegeben.
Dieses Relativmoment wird lediglich durch elektromagnetische Kräfte bewirkt, so daß
der nachteilige Verschleiß mechanischer Reibkupplungen oder auch von Magnetpulverkupplungen
vermieden ist. Ferner können ohne eine mechanische Umschaltung während eines Fahrzeugslaufs
verschiedene Wirkcharakteristiken universell angewendet werden.
[0019] Vorteilhafte Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Verfahren sind Gegenstand von
unmittelbar oder mittelbar auf die Ansprüche 1 bis 4 rückbezogenen Ansprüchen.
[0020] Mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Spurführung von Achseinheiten eines
Schienenfahrzeugs sind die nachstehend geschilderten verschiedenen Betriebsarten möglich.
a) Bei einer ersten möglichen Betriebsart ist der Servomotor mechanisch oder elektrisch
- mit dem maximalen Haltemoment des Motors - blockiert, so daß die Drehzahldifferenz
zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit zwangsläufig null beträgt und die Achseinheit
sich wie ein starrer Radsatz verhält. Abgesehen von einem Bruch der mechanischen Blockierung
bzw. einem Überschreiten des maximalen Haltemoments ist somit eine Relativdrehung
zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit nicht möglich.
b) Bei einer zweiten möglichen Betriebsart ist der Servomotor mit einem unterhalb
des maximalen Haltemoments beliebig einstellbaren Bremsmoment als Bremse geschaltet.
Bei dieser passiven Betriebsart können sich die Räder infolge der durch den Längsschlupf
im Radaufstandspunkt induzierten Reibkraft relativ zueinander verdrehen, wenn das
Moment aus Reibkräften und aktuellem Radradius das eingestellte Moment im Stellmotor
überschreitet.
Diese Betriebsart gewährleistet auch oberhalb der Grenzgeschwindigkeit eines starren
Radsatzes bereits einen stabilen Fahrzeuglauf im geraden Gleis. Durch elektromagnetische
Einstellung der geeignetsten Bremscharakteristik, d.h. des Verlaufs des Bremsmomentes
über der Relativdrehzahl, kann der Fahrzeuglauf weiterhin hinsichtlich des Störverhaltens
verbessert werden.
c) Bei einer weiteren möglichen Betriebsart ist der Servomotor als Bremse geschaltet
und das Bremsmoment wird über eine Regelung für die jeweilige Fahrzeuggeschwindigkeit
bzw. aufgrund von außen einwirkenden Störungen eingestellt, um durch entsprechende
Relativverdrehung der beiden Räder der Achseinheit einen optimalen und möglichst verschleißarmen
Fahrzeuglauf zu erzielen. Bei dieser semiaktiven Betriebsweise können als Sensoren
beispielsweise gyroskopische Aufnehmer eingesetzt werden, welche auf die Giergeschwindigkeit
des Fahrzeugs ansprechen und eine Regelung veranlassen, diese möglichst klein zu halten.
d) Bei einer vierten möglichen Betriebsart wirkt der Servomotor mit einem von einer
Regelung vorgegebenen, gerichteten Relativmoment auf die Räder der Achseinheit, unabhängig
von Betrag und Drehsinn einer eventuellen Relativbewegung der Räder gegeneinander.
Eine solche Relativbewegung wird in der einen Drehrichtung unterstützt, in der anderen
wird ihr ein Widerstand entgegengesetzt. Damit wird das Fahrzeug innerhalb seines
von der Spurweite des Gleises und dem Spurmaß der Achseinheit vorgegebenen Spurspiels
beliebig lenkbar.
Störungen des Fahrzeugsverlaufs werden durch Aufbringen eines entsprechend geregelten
Relativmoments direkt ausgeregelt. Ferner kann die Achseinheit an beliebiger Stelle
innerhalb des Spurspiels positioniert werden.
Insbesondere beim Einlaufen vom geraden Gleis in einen Bogen kann damit ein hartes
Anlaufen an den Spurkranz vermieden werden. Innerhalb des Bogens läßt sich durch eine
geeignete Ansteuerung des Servomotors ein Lauf der Achseinheit nahe der idealen Rollinie,
d.h. bei sehr niedrigem Längs- und Querschlupf und entsprechend geringem Verschleiß
erzielen.
[0021] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der anliegenden Zeichnungen
im einzelnen beschrieben. Es zeigen:
- Fig.1
- eine Prinzipskizze hinsichtlich der Funktion eines einer Achseinheit zugeordneten
Überlagerungsgetriebes;
- Fig.2
- einen Signalflußplan für eine semi-aktive Regelung der Fahrstabilität am Beispiel
einer mechanischen Überlagerung, und
- Fig.3
- einen Signalflußplan für eine aktive Regelung des Fahrzeuglaufs am Beispiel einer
elektro-dynamischen Überlagerung.
[0022] Bei der in Fig.1 wiedergegebenen Prinzipskizze erfolgt eine Beeinflussung der Relativverdrehungen
von zwei Rädern 1ℓ und 1r einer durch eine strichpunktierte Linie angedeuteten Achse
eines nicht näher dargestellten Schienenfahrzeugs über einen Servomotor 2, der auch
blockiert bzw. als Bremse betrieben werden kann.
[0023] Der Servomotor 2 treibt mit einem auf seiner Abtriebswelle sitzenden Sonnenrad 3
über Planetenräder 4, von welchen in Fig.1 der Einfachheit halber nur zwei dargestellt
sind, ein eine Innenverzahnung aufweisendes Hohlrad 5 an, welches durch schematisch
angedeutete Verbindungselemente 11 mit einem Kegelrad 6 verbunden ist. In Fig.1 wird
über ein weiteres Kegelrad 7 das linke Rad 1ℓ angetrieben, das drehfest mit einer
Halbwelle 10ℓ verbunden ist.
[0024] Die in dem Hohlrad 5 angeordneten Planetenräder 4 sind mittels eines Planetenradträgers
8 in einem vorgegebenen Abstand voneinander und zueinander gehalten. Mit dem Planetenradträger
8 ist eine, in der dargestellten Prinzipskizze mit der Abtriebwelle des Servomotors
2 fluchtende Welle 8' vorgesehen, mit der an dem dem Planetenradträger abgewandten
Ende ein Kegelrad 9 drehfest verbunden ist. Das Kegelrad 9 steht in kämmendem Eingriff
mit einem Kegelrad 12, das wiederum drehfest mit einer Halbwelle 10r des in der Skizze
rechten Rades 1r verbunden ist. Somit ergibt sich bei einer Drehung des Planetenradträgers
3 eine Drehbewegung des rechten Rades 1r.
[0025] In dem Sonderfall, daß der Servomotor 2 blockiert ist, ist die Drehzahl des Sonnenrades
3 Null und damit drehen sich die Räder 1r und 1ℓ gleich schnell, d.h., bei blockiertem
Servomotor entspricht diese Betriebsart derjenigen eines starren Radsatzes.
[0026] Eine beliebig vorgehbare Relativverdrehung der Räder 1r und 1ℓ ergibt sich somit
aus der Drehzahl des Sonnenrads 3, welche wiederum gleich der Drehzahl des Servomotors
2 ist, und ferner aus dem Übersetzungsverhältnis des Planeten-Kegelradgetriebes.
[0027] Mit der in Fig.1 wiedergegebenen Prinzipskizze sowie der vorstehenden kurzen Funktionsbeschreibung
ist lediglich das erfindungsgemäße Überlagerungsprinzip nochmals veranschaulicht.
Es wird jedoch ausdrücklich betont, daß die Anordnung von Getriebestufen und eines
Servomotors für die Anwendung des Prinzips nur eine der möglichen Lösungen und der
vielfältigen Eingriffsmöglichkeiten in die Achseinheit-Kinematik darstellt.
[0028] In Fig.2 ist ein Signalflußplan für eine semi-aktive Regelung der Fahrstabilität
am Beispiel einer mechanischen Überlagerung wiedergegeben. Zwischen den Rädern 1ℓ
und 1r einer Achseinheit ist als Begrenzer für ein zu übertragendes Relativmoment
beispielsweise ein Überlagerungsgetriebe 20 vorgesehen, das im Aufbau beispielsweise
dem anhand von Fig.1 beschriebenen Getriebe entsprechen kann.
[0029] Dem Überlagerungsgetriebe 20 ist ein beispielsweise dem Servomotor 2 in Fig.1 entsprechender
Motor 22 zugeordnet. Beispielsweise an dem Rad 1ℓ werden mittels eines geeigneten
in Fig.2 nicht näher dargestellten Sensors eine Seitenauslenkung y des Rades 1ℓ sowie
mit ebenfalls nicht näher dargestellten Sensoren sowohl der Gierwinkel ψ als auch
die Gier- bzw.
[0030] Winkelgeschwindigkeit
ψ̇ abgenommen.
Diese Meßwerte werden zusammen mit der am Motor 22 abgenommenen relativen Drehzahldifferenz
n
rel an eine Einheit 40 angelegt, in welcher die Amplitude einer Schlingerbewegung gebildet
wird. Die gemessene Seitenauslenkung y und die am Motor 22 abgenommene relative Drehzahldifferenz
n
rel werden an eine Einheit 30 angelegt, in welcher der Betrag der mittleren Seitenabweichung
eines mit der dargestellten Achseinheit ausgestatteten Fahrzeugs gebildet wird.
[0031] Die Ausgangswerte der beiden Einheiten 30 und 40 werden über ein Summierglied 60
an einen Regler 50 angelegt. Am Ausgang des Reglers 50 liegt der Betrag des maximalen,
übertragbaren Relativmoments |M
rel|
max an, welches an den dem Überlagerungsgetriebe 20 zugeordneten Motor 22 angelegt wird.
[0032] Fig.3 zeigt einen Signalflußplan für eine aktive Regelung eines Fahrzeuglaufs am
Beispiel einer elektro-dynamischen Überlagerung. In Fig.3 sind die Räder 1'ℓ und 1'r
drehfest mit nicht näher bezeichneten Wellen eines Antriebsmotors 70ℓ bzw. 70r verbunden.
Die Drehzahlen n
ℓ und n
r der beiden Antriebsmotore 70ℓ bzw. 70r werden über ein Summierglied 61 zusammen mit
den beispielsweise vom Rad 1'ℓ abgenommenen Größen, nämlich der Seitenauslenkung y,
dem Gierwinkel ψ und der Gier- bzw. Winkelgeschwindigkeit
ψ̇ an eine Regeleinheit 80 angelegt, in welcher das Relativmoment M
rel gebildet wird.
[0033] Das am Ausgang der Regeleinheit 80 anliegende Relativmoment M
rel/2 wird an einen Eingang von Summiergliedern 62 bzw. 63 angelegt. An den anderen Eingang
der Summierglieder 62 und 63 wird ein in einem weiteren Regler 81 gebildetes Gesamt-Antriebsmoment
M
tract angelegt. Die Ausgangsgrößen M
ℓ und M
r der Summierglieder 62 und 63 werden an den Antriebsmotoren 70ℓ und 70r jeweils zugeordnete
Steuerungseinheiten 90 bzw. 90' angelegt, die beispielsweise als Wechselrichter ausgeführt
sein können. Mit den Ausgangsströmen I
ℓ und I
r der beiden Steuerungseinheiten 90 und 90' erfolgt eine entsprechende elektro-dynamische
Überlagerung in den beiden oder in einem der beiden Antriebsmotoren 70ℓ und 70r der
Räder 1'ℓ bzw. 1'r.
[0034] Nachstehend werden verschiedene Regelungsmöglichkeiten zur Stabilisierung eines Fahrzeugslaufs
angegeben.
[0035] Eine zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit, beispielsweise den Rädern 1ℓ und
1r übertragendes Relativmoment wird auf einen ganz bestimmten, von der Regelung vorgegebenen
Wert beschränkt. Damit läßt sich die Charakteristik dieser Übertragung eines Relativmoments
mit derjenigen einer idealisierten Reibkupplung gemäß dem Coulomb'schen Reibgesetz
vergleichen. Hierbei sind innerhalb der Achseinheit Relativverdrehungen beispielsweise
zum Vermeiden eines Schlingerlaufs möglich.
[0036] Als Rückführgrößen für eine semi-aktive Regelung können hierbei verschiedene Größen
bzw. Werte herangezogen werden, und zwar
eine beispielsweise mittels Gyrosensoren gemessene Giergeschwindigkeit;
eine relative Seitenabweichung einer Achseinheit bzw. des gesamten Fahrzeugs zur Gleismitte,
wobei eine derartige Seitenabweichung beispielsweise mittels Wegsensoren erfaßbar
ist;
eine Relativwinkelgeschwindigkeit innerhalb einer Achseinheit, welche beispielsweise
mit Hilfe von Winkelsensoren am Servomotor bzw. an Antriebsmotoren gemessen wird,
oder
ein Gierwinkel des Fahrzeugs oder ein Wendewinkel einer Achseinheit, wobei der jeweilige
Winkel beispielsweise mit Wegsensoren gemessen wird.
[0037] Diese verschiedenen Größen können sowohl einzeln als auch in einer sinnvollen Kombination
verwendet werden. Hierbei wirkt sich ein starker Schlingerlauf im Sinne einer Absenkung
des übertragbaren relativen Drehmoments aus, während eine hohe Seitenabweichung bzw.
eine hohe relative Winkelgeschwindigkeit zu einer Anhebung des Relativmoments führt.
[0038] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren können auch kurzzeitig auftretende Störungen
ausgeregelt werden. Hierbei kann einer derartigen Störung durch ein gezieltes, aktives
Aufbringen eines Relativmomentes zwischen den beiden Rädern einer Achseinheit, beispielsweise
den Rädern 1ℓ und 1r in der Prinzipskizze, gegengelenkt werden. Hierbei können wiederum
zur Rückführung in die Regelung die vorstehend angeführten verschiedenen Sensoren
eingesetzt werden.
[0039] Unter kurzzeitig auftretenden Störungen wird auch ein Bogeneinlauf verstanden. Durch
Aufbringen eines richtig gerichteten Relativmoments wird durch ein aktives Einlenken
einer Achseinheit in einen Bogen ein hartes Anlaufen am Spurkranz vermieden. Hierbei
kann durch einen sogenannten Preview-Sensor, welche vorausschauend eine Abweichung
des Gleises vom geraden Kurses registriert, ein sanftes Einlenken in den Bogen erreicht
werden.
[0040] Um hierbei einen optimalen Bogenlauf zu erreichen, ist das Relativmoment innerhalb
einer Achseinheit so zu bemessen, daß die Summe aus Quer- und Längsschlupf bzw. eine
kombinierte Größe aus beiden Schlupfwerten im Sinne einer Normgröße minimal gehalten
wird. Hierbei wird der Querschlupf in erster Linie durch den Wendewinkel (Gierwinkel)
der Achseinheit beeinflußt, welcher beispielsweise über Wegsensoren ermittelt werden
kann. Der Längsschlupf läßt sich über die Drehzahlen der Räder einer Achseinheit,
beispielsweise der Räder 1ℓ und 1r in der Prinzipskizze, sowie aus der Fahrgeschwindigkeit
bestimmen.
[0041] Durch eine Minimierung des Schlupfes im Sinne der vorstehend angeführten Normgröße
folgt eine Achseinheit nahezu der idealen Rollinie im Bogen. Hierbei können das vorstehend
geschilderte Regelungskonzept mit dem zum Ausregeln von kurzzeitig auftretenden Störungen
beschriebenen Konzept kombiniert werden oder auch in einem einzigen Regelungskonzept
zusammengefaßt werden.
[0042] Festzuhalten ist insbesondere auch, daß die vorstehend skizzierten Regelungskonzepte
sowohl für angetriebene als auch für nicht angetriebene Achseinheiten anwendbar sind.
Bei angetriebenen Fahrzeugen mit Einzelradantrieb werden die beiden Motoren einer
Achseinheit so angesteuert, daß sich das Antriebsmoment und der Relativmoment überlagern.
Bei nicht angetriebenen Achseinheiten wird das Relativmoment mittels eines Überlagerungsgetriebes
mechanisch in eine Achseinheit eingeleitet.
1. Verfahren zur Spurführung von Achseinheiten eines Schienenfahrzeugs, dessen Räder
je Achseinheit drehfest mit jeweils einer Halbwelle verbunden sind,
dadurch gekennzeichnet,
daß zwischen den beiden Rädern jeder Achseinheit ein Relativmoment zur Beeinflussung
der Relativdrehzahl eingeleitet wird und
über eine Regelung verschiedene aktive, semi-aktive oder passive Charakteristiken
eingestellt werden.
2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, wobei die Halbwellen
mindestens einer Achseinheit die Wellen von zum Antrieb verwendeten Elektromotoren
sind,
dadurch gekennzeichnet, daß
unabhängig vom jeweiligen Antriebs- oder Bremsmoment durch entsprechende Ansteuerung
der Antriebsmotore (70ℓ bzw. 70r) ein Relativmoment zur Beeinflussung der Relativdrehzahl
der Räder (1'ℓ bzw. 1'r) überlagert wird und
über eine Regelung unterschiedliche aktive Charakteristiken eingestellt werden.
3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, wobei die Halbwellen
pro Achseinheit über ein von einem Servomotor beaufschlagtes Getriebe gekoppelt sind,
dadurch gekennzeichnet, daß
unabhängig von der Absolutdrehzahl der Räder (1ℓ bzw. 1r) einer Achseinheit die Relativdrehzahl
dieser Räder (1ℓbzw. 1r) in einem festen Verhältnis zur Drehzahl des Servomotors (2)
steht und
von dem Servomotor (2) über das Getriebe (Teile 3 bis 9, 11 und 12) ein Relativmoment
zur Beeinflussung der Relativdrehzahl der Räder eingeleitet wird und am Servomotor
(2) verschiedene passive Charakteristiken eingestellt werden.
4. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, wobei die Halbwellen
pro Achseinheit über ein von einem Servomotor beaufschlagtes Getriebe gekoppelt sind,
dadurch gekennzeichnet, daß
unabhängig von der Absolutdrehzahl der Räder (1ℓ bzw. 1r) einer Achseinheit die Relativdrehzahl
dieser Räder (1ℓ bzw. 1r) in einem festen Verhältnis zur Drehzahl des Servomotors
(2) steht und
von dem Servomotor (2) über das Getriebe (Teile 3 bis 9, 11 und 12) ein Relativmoment
zur Beeinflussung der Relativdrehzahl der Räder (1ℓ bzw. 1r) eingeleitet wird und
über eine Regelung verschiedene in Abhängigkeit von einer Gierbewegung des Fahrzeugs
geregelte semi-aktive oder aktive Charakteristiken eingestellt werden.
5. Vorrichtung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Servomotor (2) mit einem feststehenden Gehäuse außerhalb der Antriebseinheit
angeordnet ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß für eine semi-aktive oder aktive Regelung von sowohl angetriebenen als auch nicht
angetriebenen Fahrzeugwellen eine mittels entsprechenden Sensoren gemessene Giergeschwindigkeit
als Eingangsgröße zur Regelung herangezogen wird.
7. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß für eine semi-aktive oder aktive Regelung von sowohl angetriebenen als auch nicht
angetriebenen Fahrzeugwellen eine mittels entsprechenden Sensoren gemessene, relative
Seitenabweichung eines Radsatzes oder eines Fahrzeuges zur Gleismitte als Eingangsgröße
zur Regelung herangezogen wird.
8. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß für eine semi-aktive oder aktive Regelung von sowohl angetriebenen als auch nicht
angetriebenen Fahrzeugwellen eine mittels entsprechenden Sensoren am Servomotor oder
an Antriebsmotoren gemessene relative Winkelgeschwindigkeit innerhalb einer Achseinheit
als Eingangsgröße zur Regelung herangezogen wird.
9. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß für eine semi-aktive oder aktive Regelung von sowohl angetriebenen als auch nicht
angetriebenen Fahrzeugwellen ein mittels entsprechenden Sensoren gemessener Gierwinkel
eines Fahrzeugs oder ein Wendewinkel des jeweiligen Radsatzes als Eingangsgröße zur
Regelung herangezogen wird.
10. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß zum Ausregeln einer Störung eines Fahrzeugseitenlaufs ein Relativmoment zwischen
den beiden Rädern eines Radsatzes durch eine aktive Regelung gezielt aufgebracht wird.
11. Vorrichtung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß das Fahrzeug durch aktives Einbringen eines Relativmoments im Spurkanal so positioniert
wird, daß ein Anlaufen der Spurkränze am Schienenprofil vermieden wird.
12. Vorrichtung nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß bei einer mittels eines vorausschauenden Preview-Sensors festgestellten Abweichung
eines Gleises vom geraden Kurs ein durch aktives Regeln eingeleitetes Einlenken eines
Radsatzes in einen Bogen durch Aufbringen eines entsprechend gerichteten Relativmoments
bewirkt wird.
13. Vorrichtung nach Anspruch 2 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß zum Erreichen eines optimalen Bogenlaufs das Relativmoment innerhalb eines Radsatzes
so geregelt wird, daß eine Größe, kombiniert aus Längs- und Querschlupf, minimal gehalten
wird.