[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bestimmung der Verkehrslage
auf einem Verkehrswegenetz, insbesondere zum Zwecke der Verkehrslenkung und Zielführung
von Fahrzeugen.
[0002] Aus der WO 89/021242 ist ein System zur optimalen Nutzung eines Straßennetzes bekannt,
das an ausgewählten Orten oder Streckenabschnitten über mindestens einen Aufnahmesensor
verfügt, der den Verkehrszustand, insbesondere die Verkehrsdichte, und den Straßenzustand
erfaßt. Die Verkehrszustandsdaten werden anschließend an eine Leitstelle, welche ein
Verkehrsrechner sein kann, übertragen. In der Leitstelle erfolgt die Verarbeitung
und Aufbereitung der zugeführten, aktuellen Verkehrszustandsdaten, die anschließend
zur direkten Verkehrslenkung verwendet werden, beispielsweise durch direkte Information
des Autofahrers; die Verkehrslenkung erfolgt auf der Grundlage eines Soll-Ist-Vergleichs
der Verkehrszustandsdaten von ausgewählten Orten oder Streckenabschnitten. Die Soll-Werte
entsprechen dabei beispielsweise dem optimalen Verkehrszustand auf dem entsprechenden
Streckenabschnitt des Straßennetzes. Zur besseren Erfassung der Verkehrsströme werden
die an verschiedenen Orten ermittelten Verkehrszustandsdaten zweier Meßstellen z.B.
einer Korrelationsanalyse unterworfen, um daraus zusätzliche Ausagen u.a. über die
Verkehrsströme zu erhalten.
[0003] Aus der DE 195 26 148 A1 sind ein Verfahren und ein System zur Prognose von Verkehrsströmen
an ausgewählten Orten oder Streckenabschnitten eines Straßennetzes, insbesondere zur
Verkehrslenkung und Zielführung von Fahrzeugen bekannt, bei dem ermittelte Verkehrsstromdaten,
die Informationen mindestens über die Verkehrsdichte enthalten, einem Verkehrsrechner
zugeführt werden, der eine digitale Straßenkarte aufweist. Es ist vorgesehen, daß
Fahrzeuge einer Stichprobenfahrzeugflotte jeweils ihre aktuelle Ortsposition ermitteln
und die entsprechenden Daten abspeichern, um sie wenigstens teilweise als Fahrtroutendaten
an den Verkehrsrechner zu übertragen. Der Verkehrsrechner bestimmt bzw. aktualisiert
anhand der aktuell erfaßten Fahrtroutendaten statistische Verkehrsstromdaten. Zusätzlich
werden aktuelle Fahraktivitätsdaten in einem vorgegebenen größeren räumlichen Bereich
um die ausgewählten Orte oder Streckenabschnitte herum erfaßt und an den Verkehrsrechner
übertragen. Die Prognose der Verkehrsströme an den ausgewählten Orten oder Streckenabschnitten
eines Staßennetzes erfolgt dann im wesentlichen durch Extrapolation der den Orten
oder Streckenabschnitten zugeordneten Verkehrsstromdaten unter Berücksichtigung der
statistischen Verkehrsstromdaten. Anhand der prognostizierten Verkehrsströme können
anschließend geeignete Maßnahmen der Verkehrsbeeinflussung oder Zielführung von Fahrzeugen
erfolgen.
[0004] Aus der DE 195 34 589 A1 sind ein Verfahren und ein System zur Routenplanung bekannt,
deren Gegenstand die Ermittlung einer auch über einen größeren Zeitraum günstigen
Fahrtroute von einer Start- zu einer Zielposition ist. Dazu werden an einzelnen Orten
oder Streckenabschnitten ermittelte Verkehrszustandsdaten an einen Verkehrsrechner,
der eine digitale Straßenkarte aufweist, übertragen, der daraus in Abhängigkeit von
ermittelten und/oder vorgebbaren Eingangsparametern parameterabhängige Verkehrszustandsmuster
für mindestens einige der Orte oder Streckenabschnitte des Staßennetzes ableitet und
zukünftige Verkehrszustände prognostiziert. Unter Verwendung der digitalen Straßenkarte
und Berücksichtigung der prognostizierten Verkehrszustände ermittelt der Verkehrsrechner
dann wenigstens eine günstige Fahrtroute von einer Start- zu einer Zielposition.
[0005] Der Erfindung liegt als technisches Problem die Bereitstellung eines Verfahrens und
einer Vorrichtung der eingangs genannten Art zugrunde, mit denen sich die Verkehrslage
an jedem Ort des zugrundeliegenden Wegenetzes mit verhältnismäßig geringem Aufwand,
insbesondere ohne zwingende Notwendigkeit wegenetzseitiger
[0006] Einrichtungen, vergleichsweise zuverlässig bestimmen läßt. Dieses Problem wird durch
ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung mit den Merkmalen
des Anspruchs 4 gelöst.
[0007] Gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 wird der Verkehrsfluß auf dem gesamten Verkehrswegenetz
durch einen Verkehrsflußsimulationsrechner anhand zugeführter dynamischer verkehrsflußbezogener
Eingangsgrößen simuliert und dadurch die Verkehrslage bestimmt, wobei an der realen
Verkehrslage gemessene Verkehrsflußdaten mit entsprechenden, durch die Simulation
erhaltenen Verkehrsflußdaten verglichen werden und das Vergleichsergebnis zum Abgleichen
der Simulation verwendet wird. Aufgrund der erforderlichen hohen Rechenleistung des
Verkehrsflußsimulationsrechners wird dieser in der Regel in einer Zentrale angeordnet
sein.
[0008] In einem nach Anspruch 2 weitergebildeten Verfahren werden als dynamische Eingangsgrößendaten
in den Verkehrsflußsimulationsrechner auch durch Schätzung ermittelte Daten über das
zu erwartende Verkehrsaufkommen in Form zeitlich aufgelöster OD(Origin-Destination)-Matrizen
verwendet. Solche OD-Matrizen enthalten, wie an sich bekannt, im jeweiligen Matrixelement
die z.B. empirisch gewonnene Information darüber, mit welchem Verkehrsfluß im betreffenden
Zeitpunkt von einem zugehörigen ersten (Quellen-)Bezirk zu einem zugehörigen zweiten
(Ziel-)Bezirk des in Bezirke unterteilten Wegenetzes zu rechnen ist, und eignen sich
daher gut als Ausgangsbasis der Verkehrsflußsimulation.
[0009] Bei einem nach Anspruch 3 weitergebildeten Verfahren erfolgt die Simulationsrechnung
schneller als Echtzeit, wodurch Kurzzeitprognosen über die in naher Zukunft in einem
jeweiligen Bereich des Verkehrswegenetzes zu erwartende Verkehrslage im voraus erstellt
werden können.
[0010] Die Vorrichtung nach Anspruch 4 eignet sich zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
[0011] Die einzige Figur zeigt ein Funktionsblockdiagramm einer Vorrichtung zur Bestimmung
der Verkehrslage auf einem Straßennetz.
[0012] Kernstück der gezeigten Vorrichtung ist ein vorzugsweise in einer Verkehrsleitzentrale
angeordneter Verkehrsflußsimulationsrechner 1, in dessen Speichereinheit 2 eine digitale
Straßenkarte eines zugrundeliegenden Straßennetzes geladen ist. Dem Verkehrsflußsimulationsrechner
1 werden von Sensoren gemessene Datensätze von Verkehrszustandsgrößen zugeführt, z.B.
sogenannte Schleifendaten 3 über den aktuellen Verkehrszustand an den Orten, an denen
sich, soweit vorhanden, fahrbahnseitig Meßschleifen zur Fahrzeugerfassung befinden,
sogenannte Floating-Car-Daten (FCD) 4 von Fahrzeugen einer Stichprobenfahrzeugflotte,
wenn vorhanden, und je nach Anwendungsfall weitere erfaßte Verkehrsflußdaten, insbesondere
auch solche in Form herkömmlicher, über einen Verkehrsfunkkanal übertragener Verkehrsstörungsmeldungen.
Zusätzlich oder alternativ zu den Schleifendaten 3 können Daten von anderen ortsfesten,
verkehrsflußerfassenden Sensoreinrichtungen verwendet werden. Darüber hinaus werden
dem Verkehrsflußsimulationsrechner 1 geschätzte Daten für das zu erwartende Verkehrsaufkommen
5 in Form von zeitlich aufgelösten n×n OD-Matrizen zugeführt, denen eine Unterteilung
des zugrundeliegenden Straßennetzes in eine Anzahl n einzelner Bezirke zugrunde liegt.
Bei einer derartigen, an sich bekannten OD-Matrix gibt das jeweilige Matrixelement
OD
ij(t) die statistisch zu erwartende, zeitabhängige Zahl von Fahrzeugen an, die zum Zeitpunkt
t vom Bezirk i (i=1,...,n) zum Bezirk j (j=1,...,n) fahren. Eine solche OD-Matrix
kann z.B. empirisch anhand entsprechender Verkehrsflußbeobachtungen in der Vergangenheit
oder durch Umfragen bei den beteiligten Verkehrsteilnehmern gewonnen werden.
[0013] Der Verkehrsflußsimulationsrechner 1 simuliert in Echtzeit oder schneller den Verkehrsfluß
auf dem gesamten Netz der in der Speichereinheit 2 gespeicherten digitalen Straßenkarte
unter Berücksichtigung der zugeführten Eingangsdaten 3, 4, 5 anhand eines geeigneten
Verkehrsflußalgorithmus, wie er dem Fachmann geläufig ist und daher hier keiner ausführlichen
Erörterung bedarf. Im jeweiligen Rechenschritt geht der Verkehrsflußsimulationsrechner
1 von einem bisherigen, ermittelten Verkehrflußzustand 6 zum Zeitpunkt t aus, wobei
er zu Simulationsbeginn den erstmaligen Verkehrsflußzustand aus den zugeführten erfaßten
bzw. durch die OD-Matrix bestimmten Verkehrsflußdaten ableitet, d.h. anhand der Schleifendaten
3, FCD-Daten 4 und/oder der geschätzten Daten 5. Aus dem bisherigen Verkehrsflußzustand
6 berechnet dann der Verkehrsflußsimulationsrechner 1 in Echtzeit oder schneller durch
den Simulationsalgorithmus den Verkehrsflußzustand 7 für das gesamte Netz zu einem
um ein Simulationszeitinkrement Δt späteren Zeitpunkt t+Δt.
[0014] Der neue simulierte Verkehrsflußzustand 7 wird dann mit den vom Verkehrsflußsimulationsrechner
1 zu diesem Zeitpunkt t+Δt abgerufenen Daten über den tatsächlichen Verkehrsflußzustand,
wie den aktuellen Schleifendaten 3, FCD-Daten 4 und geschätzten Daten 5 verglichen.
Soweit die neuen simulierten Verkehrsflußzustandsdaten 7 nicht mit den tatsächlichen
Verkehrsflußdaten übereinstimmen, werden die simulierten Verkehrsflußdaten je nach
Art der Information, wie Daten über die Verkehrsdichte und die mittlere Fahrzeuggeschwindigkeit
und andere verkehrsflußbestimmende Daten, an den entsprechenden Stellen der realen
Situation bevorzugt stufenweise gleitend angepaßt. Der so erstellte, neue simulierte
und anhand von Meßdaten punktuell mit der tatsächlichen Verkehrslage abgeglichene
Verkehrsflußzustand 7 bildet dann für den nächsten Simulationsrechendurchlauf den
bisherigen Verkehrsflußzustand 6 für den Verkehrsflußsimulationsrechner 1, aufgrund
dessen er dann einen nächsten neuen Verkehrsflußzustand zu dem um das Inkrement Δt
späteren Zeitpunkt t+2Δt in Echtzeit erstellt, usw.
[0015] Durch die beschriebene Verkehrsflußsimulation werden auf dem ganzen Verkehrswegenetz,
also auch an Stellen bzw. Bereichen des Netzes, für die keine gemessenen oder geschätzten
Daten vorliegen, vergleichsweise zuverlässige Verkehrslageschätzungen möglich, die
dazu genutzt werden können, den beteiligten Verkehrsteilnehmern zuverlässige Verkehrslageinformationen
zur Verfügung zu stellen. Wenn die Simulationsrechnung schneller als Echtzeit erfolgt,
können die Verkehrslageschätzungen Kurzzeitprognosen über die in kurzer Zeit in einem
jeweiligen Bereich zu erwartende Verkehrslage enthalten. Außer der oben beschriebenen,
einfachen Ersetzung simulierter Daten durch abweichende Daten über den tatsächlichen
Verkehrsfluß kann im Rahmen des Datenabgleichvorgangs vorgesehen sein, auch den Satz
von geschätzten Daten 5, d.h. die Matrixelemente der OD-Matrix, anzupassen, und zwar
wiederum bevorzugt in stufenförmig gleitender Weise, z.B. dann, wenn sich für bestimmte
Stellen des Straßennetzes ergibt, daß die simulierten und die tatsächlichen Verkehrsflußdaten
dauerhaft von den vorgegebenen geschätzten Daten 5 abweichen. Dabei kann es jeweils
ausreichend sein, nicht jeden neu berechneten Verkehrsflußzustand 7 mit den Schleifendaten
3, den FCD-Daten 4 und den geschätzten Daten 5 zu vergleichen, sondern einen solchen
Abgleich nur jeweils nach einer gewissen Anzahl von Rechenzyklen bzw. in gewissen
Zeitabständen durchzuführen.
[0016] Es versteht sich, daß das Verfahren und die Vorrichtung der Erfindung nicht nur,
wie beschrieben, für Straßenfahrzeuge verwendbar sind, sondern für alle Arten von
sich auf einem zugehörigen Wegenetz bewegenden Fahrzeugen, z.B. auch für Schienenfahrzeuge.
1. Verfahren zur Bestimmung der Verkehrslage auf einem Verkehrswegenetz,
dadurch gekennzeichnet, daß
der Verkehrsfluß auf dem Verkehrswegenetz durch einen Verkehrsflußsimulationsrechner
anhand zugeführter dynamischer verkehrsflußbezogener Eingangsgrößen simuliert und
dadurch die Verkehrslage bestimmt wird, wobei an der realen Verkehrslage gemessene
Verkehrsflußdaten mit entsprechenden, durch die Simulation erhaltenen Verkehrsflußdaten
verglichen werden und das Vergleichsergebnis zum Abgleichen der Simulations-Verkehrsflußdaten
verwendet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß
als dynamische Eingangsgrößendaten auch durch Schätzung ermittelte Daten über das
zu erwartende Verkehrsaufkommen in Form zeitlich aufgelöster OD-Matrizen verwendet
werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß
die Verkehrsflußsimulation schneller als in Echtzeit erfolgt.
4. Vorrichtung zur Bestimmung der Verkehrslage auf einem Verkehrswegenetz mit
- Verkehrsflußdatenerfassungsmitteln (3, 4, 5) zur Erfassung von gemessenen und/oder
geschätzten Verkehrsflußdaten der realen Verkehrslage und
- einem die erfaßten Verkehrsflußdaten weiterverarbeitenden Rechner (1),
dadurch gekennzeichnet, daß
- der Rechner als Verkehrsflußsimulationsrechner (1) ausgelegt ist, der den Verkehrsfluß
auf dem Verkehrswegenetz durch Simulation anhand zugeführter dynamischer verkehrsflußbezogener
Eingangsgrößen und daraus die Verkehrslage bestimmt, wobei er die von den Verkehrsflußdatenerfassungsmitteln
(3, 4, 5) erfaßten gemessenen oder geschätzten Verkehrsflußdaten der realen Verkehrslage
mit entsprechenden, durch die Simulation erhaltenen Verkehrsflußdaten vergleicht und
das Vergleichsergebnis zum Abgleichen der Simulations-Verkehrsflußdaten verwendet.