(19)
(11) EP 0 941 768 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.09.1999  Patentblatt  1999/37

(21) Anmeldenummer: 99101633.8

(22) Anmeldetag:  04.02.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6B05B 5/03, B05B 15/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 13.03.1998 DE 19811085

(71) Anmelder: WAGNER INTERNATIONAL AG
9450 Altstätten (CH)

(72) Erfinder:
  • Adams, Horst,Dr.
    88149 Nonnenhorn (DE)
  • Göbl, Otmar
    6844 Altach (AT)

(74) Vertreter: Liesegang, Roland, Dr.-Ing. et al
FORRESTER & BOEHMERT Franz-Joseph-Strasse 38
80801 München
80801 München (DE)

   


(54) Vorrichtung und Verfahren zum Auftragen von elektrostatisch aufgeladenem Pulver auf einen geerdeten, elektrisch leitfähigen Gegenstand


(57) Eine Vorrichtung zum Auftragen von elektrisch aufgeladenem Pulver auf einen geerdeten elektrisch leitfähigen Gegenstand (8) hat einen Auftragkopf (10) mit einem Hohlraum (1), der eine Pulveraustrittsöffnung (6) aufweist. In den Hohlraum münden eine Speiseleitung (2) zum Zuführen eines Pulverluftgemisches und eine Absaugleitung (4) für das Pulverluftgemisch. Wird die Vorrichtung nahe genug an eine zu beschichtende Oberfläche eines Gegenstandes gebracht, so tritt aufgrund der elektrostatischen Anziehungskraft zwischen dem geerdeten, elektrisch leitfähigen Gegenstand (8) und den elektrostatisch aufgeladenen Pulverpartikeln Pulver aus der Pulveraustrittsöffnung aus und gelangt auf die Oberfläche. Bei Vergrößern des Abstandes der Pulveraustrittsöffnung von der Oberfläche nimmt die elektrostatische Anziehungskraft mit dem Quadrat des Abstandes ab. Die Absaugleistung (4) ist so bemessen, daß nach Überschreiten eines Sicherheitsabstandes von der Oberfläche überhaupt kein Pulver mehr aus der Pulveraustrittsöffnung austritt, sondern das über die Speiseleitung zugeführte Pulver vollständig abgesaugt wird.




Beschreibung


[0001] Es sind elektrostatische Sprühvorrichtungen, wie Sprühpistolen, seit langem bekannt und im Einsatz.

[0002] Bei Arbeiten mit Sprühpistolen, bei denen das elektrostatisch aufgeladene Pulver über eine Düse mit oder ohne Druckluftunterstützung auf eine Werkstückoberfläche gesprüht wird, ist praktisch nicht möglich, Pulver ohne den Einsatz von Schablonen oder dergleichen scharfkonturiert wie mit einem Pinsel aufzutragen.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, mit denen ein exakter scharfkonturierter Pulverauftrag frei von Verwirbelungen auf einen Gegenstand, wie ein Werkstück, ermöglicht ist. Zur Lösung dieser Aufgabe dienen eine Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 und ein Verfahren gemäß Patentanspruch 8.

[0004] Die Erfindung nutzt die umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes a zwischen Werkstückoberfläche und Pulveraustrittsöffnung der Vorrichtung sich verändernde elektrostatische Anziehungskraft F aus. Da diese Kraft auch beidseitig von der Austrittsöffnung quadratisch mit dem Abstand abnimmt, läßt sich durch Einstellen des Abstandes von der Austrittsöffnung Pulver auf einen seitlich scharf begrenzten Bereich auftragen, wenn die Vorrichtung relativ zu der mit Pulver zu besprühenden Oberfläche des Gegenstandes unter Einhaltung eines "Auftragabstandes" bewegt wird.

[0005] Ist eine genügend dicke Pulverschicht auf dem Gegenstand gebildet, wird eine elektrostatische Abstoßkraft zwischen gleich geladenen Teilchen wirksam, so daß keine weiteren Pulverpartikel aus der Pulveraustrittsöffnung der Vorrichtung gezogen werden. Der Pulveraustritt wird also selbsttätig eingestellt, wobei die entstehende Pulverschichtdicke auf dem Gegenstand allein vom Auftragabstand abhängt.

[0006] Verwirbelungen der Pulverschicht, wie sie beispielsweise bei zu nahe der Oberfläche des Gegenstandes positioniertem Auftragkopf entstehen, werden durch die erfindungsgemäße Absaugung des Pulvers aus dem Hohlraum des Auftragkopfes verhindert. Somit ermöglicht die Vorrichtung nach der Erfindung eine elektrostatische Pulverbeschichtung bei sehr kleinem Auftragabstand, wie er beispielsweise bei der Innenbeschichtung von Hohlkörpern zweckmäßig ist. Dabei wird der bei Pulversprühpistolen unerwünschte Effekt eines übermäßigen Pulveraustrittes, das sogenannte "Overspraying", vollständig vermieden.

[0007] Die Erfindung schafft also eine Vorrichtung, die das konturenscharfe Auftragen von Pulver auf die Oberfläche eines Werkstückes so exakt wie mit einem für den flüssigen Farbauftrag einzusetzenden Pinsel ermöglicht. Die neue Vorrichtung kann deshalb auch als "Pulverpinsel" bezeichnet werden.

[0008] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

[0009] Die Erfindung ist im folgenden anhand schematischer Zeichnungen an Ausführungsbeispielen mit weiteren Einzelheiten näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1
einen schematischen Vertikalschnitt durch eine Vorrichtung nach der Erfindung im Auftragabstand von der Oberfläche eines mit Pulver zu beschichtenden Gegenstandes;
Fig. 2
einen schematischen Schnitt durch eine abgewandelte Vorrichtung nach der Erfindung in um 90° gegenüber Fig. 1 gedrehter Position, wobei die Schnittebene parallel zur Pulveraustrittsrichtung aus einer hier nicht gezeigten Pulveraustrittsöffnung verläuft.


[0010] Die in Fig. 1 gezeigte Vorrichtung hat einen Auftragkopf 10, der einen Hohlraum 1 enthält. In den Hohlraum 1 wird über eine Pulverspeiseleitung 2 mit einer Düse 20 am freien Ende ein Pulverluftgemisch in Pfeilrichtung 3 eingeblasen. Eine parallel zur Speiseleitung 2 in den Hohlraum eingeführte Absaugleitung 4 dient zum Absaugen von Pulverluftgemisch. Die Speiseleitung 2 kommuniziert mit einem nicht gezeigten Pulvertank, wahrend die Absaugleitung das Pulver in Richtung des Pfeiles 5 zu einer nicht gezeigten Rückgewinnungseinheit führt, welche ein Filter und/oder einen Zyklon bekannter Bauart umfassen kann.

[0011] An seinem unteren Ende hat der Auftragkopf 10 eine Pulveraustrittsöffnung 6, die in Richtung des Pfeiles 11 auf die Oberfläche 12 eines bei 13 geerdeten, elektrisch leitfähigen Gegenstandes oder Werkstückes 8 gerichtet ist und über ihre gesamte Öffnungsfläche gleichen Auftragabstand a von der Oberfläche 12 hat. Der Auftragkopf 10 ist in dem konstanten Auftragabstand a in Richtung des Doppelpfeiles 14 parallel zur Oberfläche 12 beweglich. Die Bewegung des Auftragkopfes 10 kann manuell oder motorisch erzeugt werden.

[0012] In die Wand des Auftragkopfes 10 ist eine Hochspannungselektrode 7 zum Aufladen des über die Düse 20 in den Hohlraum 1 eingeblasenen Pulvers eingebaut. Alternativ kann das Pulver auch in oder vor der Speiseleitung 2 elektrostatisch aufgeladen werden.

[0013] Bei dem im Betrieb konstant zu haltenden Auftragabstand a wird Pulver aus dem Hohlraum 1 durch die der Pulveraustrittsöffnung 6 des Auftragkopfes 10 aufgrund der elektrostatischen Anziehungskraft F zur Oberfläche 12 gesaugt. Diese Anziehungskraft F ist umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes a von der Oberfläche gemäß der folgenden Beziehung: F∼1/a2. Die Anziehungskraft F nimmt selbstverständlich auch in seitlicher Richtung, d.h. in Richtung senkrecht zur Zeichenebene der Fig. 1 zu beiden Seiten des Auftragkopfes hin, im Quadrat des zunehmenden Abstandes ab, so daß ein abhängig von der Dimensionierung der Pulveraustrittsöffnung 6 seitlich exakt begrenzter Bereich der Pulverablagerung auf der Oberfläche entsteht. Wird der Auftragkopf 10 von der Oberfläche 12 entfernt, so daß der Abstand a größer wird, nimmt die elektrostatische Anziehungskraft mit dem Quadrat des zunehmenden Abstandes ab, so daß weniger Pulver entsprechend der oben genannten Beziehung aus der Pulveraustrittsöffnung 6 austritt. Vorteilhafterweise ist die Pulveraustrittsöffnung 6 so bemessen, daß bei Überschreiten eines vorgegebenen Sicherheitsabstandes von der Oberfläche 12 überhaupt kein Pulver mehr austritt, sondern vielmehr die gesamte, aus der Düse 20 in den Hohlraum 1 austretende Pulvermenge über die Absaugleitung 4 wieder abgesaugt wird. So geht kein Pulver verloren.

[0014] Wenn eine Schicht gewünschter Dicke auf der Oberfläche 12 des Gegenstandes 8 ausgebildet ist, werden die elektrostatischen Abstoßkräfte zwischen gleich geladenen Pulverpartikeln so groß, daß keine weiteren Pulverpartikel aus der Pulveraustrittsöffnung 6 gezogen werden. Dann tritt also auch bei unverändert eingehaltenem Abstand a kein Pulver mehr aus der Pulveraustrittsöffnung aus.

[0015] Fig. 2 zeigt eine Abwandlung, bei der der Auftragkopf 10 mit einem Abstandhalter 30 versehen ist, der beispielweise die Form einer Führung 30 annehmen kann. Die Führung 30 umfaßt bei dem gezeigten Beispiel ortsfeste Schienen und an einer mit dem Auftragkopf 10 festen Aufhängung 32 montierte Führungsräder oder Gleitkufen 9, so daß der Auftragkopf 10 unter konstantem Abstand a zum Werkstück verfahrbar ist. Selbstverständlich sind anstelle einer hier gezeigten Führung auf Schienen und Gleitkufen/Rädern auch beliebige andere, dem Fachmann bekannte Ausführungen von Abstandhaltern einsetzbar, sofern diese nur eine Bewegung des Auftragkopfes über die Oberfläche 12 mit konstantem Abstand a ermöglichen. Diese Bewegung kann auch eine "freie'' Bewegung, d.h. eine gradlinige oder gekrümmte oder abrupt abgewinkelte Bewegung in beliebigen Richtungen in einer zur Oberfläche im Auftragabstand a parallelen Ebene sein.

[0016] Die in der vorstehenden Beschreibung, den Ansprüchen und den Zeichnungen offenbarten Merkmale können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausgestaltungen von Bedeutung sein.


Ansprüche

1. Vorrichtung zum Auftragen von elektrostatisch aufgeladenem Pulver auf einen geerdeten, elektrisch leitfähigen Gegenstand (8), gekennzeichnet durch

einen Auftragkopf (10) mit einem Hohlraum (1), der eine Pulveraustrittsöffnung (6) aufweist,

eine in den Hohlraum (1) mündende Pulverspeiseleitung (2) und

eine in den Hohlraum mündende Absaugleitung (4).


 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß eine Hochspannungselektrode (7) in den Hohlraum (1) eingebaut ist.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Pulverspeiseleitung (2) elektrostatisch aufgeladenes Pulver fordert.
 
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Pulverspeiseleitung (2) an ihrem hohlraumseitigen Ende eine Düse (20) zum Einblasen des Pulvers in den Hohlraum (1) hat.
 
5. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß der Auftragkopf(10) relativ zu einer zu beschichtenden Oberfläche (12) des Gegenstandes (8) in einem vorgegebenen Abstand (a) der Pulveraustrittsöffnung (6) von der Oberfläche (12) beweglich ist.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Auftragkopf (10) mittels eines Abstandhalters (30) zum Konstanthalten des vorgegebenen Auftragabstandes (a) beweglich geführt ist.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Auftragkopf (10) manuell oder mit Hilfskraft längs einer gewünschten Bahn (31) relativ zur Oberfläche (12) beweglich geführt ist.
 
8. Verfahren zum Auftragen von elektrisch aufgeladenem Pulver auf einen geerdeten, elektrisch leitfähigen Gegenstand (8), gekennzeichnet durch

Einspeisen von Pulver mit einer vorgegebenen Pulverspeiseleistung in einen Hohlraum (1) eines Auftragkopfes(10), der eine Pulveraustrittsöffnung (6) aufweist,

Absaugen von Pulver aus dem Hohlraum (1) mit einer so auf die Speiseleistung abgestimmten Absaugleistung, daß bei ausreichend bemessenem Sicherheitsabstand der Pulveraustrittsöffnung (6) von dem Gegenstand (8) kein Pulver austritt,

Einstellen des Abstandes der Pulveraustrittsöffnung (6) von dem Gegenstand (8) auf einen Auftragabstand (a), der kleiner als der Sicherheitsabstand ist, und

Bewegen des Auftragkopfes (10) relativ zum Gegenstand (8) im Auftragabstand (a).


 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Bewegung des Auftragkopfes (10) manuell oder motorisch erzeugt wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Bewegung des Auftragkopfes geführt ist.
 




Zeichnung