[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von mikrolegierten Baustählen
durch Walzen in einer CSP-Anlage, wobei der gegossene Brammenstrang, geteilt in Walzlängen,
über einen Ausgleichsofen einer mehrgerüstigen CSP-Walzstraße zugeführt und dort kontinuierlich
zu Warmbreitband ausgewalzt, in einer Kühlstrecke gekühlt und zu Bunden gehaspelt
wird, wobei zur Erzielung optimaler mechanischer Eigenschaften beim Durch lauf der
Dünnbramme durch die CSP-Anlage eine kontrollierte Gefügeentwicklung durch thermomechanisches
Walzen durchgeführt wird.
[0002] Das Walzen von Warmbreitband in einer CSP-Anlage (CSP = Compact Strip Production),
wobei stranggegossenes Vormaterial nach Unterteilung in Walzlängen über einen Ausgleichsofen
direkt dem Walzwerk zugeführt wird, ist aus der EP-A-0368048 bekannt, wobei als Walzwerk
ein mehrgerüstiges Walzwerk eingesetzt wird, in das die auf eine Temperatur von 1100
°C bis 1130 °C im Ausgleichsofen gebrachten Walzlängen in aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten
mit dazwischen liegender Entzunderung fertig gewalzt werden.
[0003] Um eine Verbesserung der Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften sowie der damit
verbundenen wesentlichen Erhöhung der Streckgrenzwerte und der Kerbschlagzähigkeit
eines Walzproduktes aus Stahl zu erreichen, wird in der EP-A-0413163 vorgeschlagen,
das Walzgut thermomechanisch zu behandeln.
[0004] Bei der thermomechanischen Umformung werden im Gegensatz zum normalisierenden Umformen,
bei der die Endumformung im Bereich der Normalglühtemperatur mit vollständiger Rekristallisation
des Austenits stattfindet, Temperaturbereiche für eine gezielte Umformrate eingehalten,
bei denen der Austenit nicht oder nicht wesentlich rekristallisiert.
[0005] Wesensmerkmal der thermomechanischen Behandlung ist die Nutzung der plastischen Deformation
nicht nur zur Herstellung einer definierten Produktgeometrie, sondern insbesondere
zur Einstellung einer gewünschten Realstruktur und damit zur Gewährleistung definierter
Werkstoffeigenschaften, wobei nicht rekristallisierter Austenit zur polymorphen (Gamma)-(Alpha)-Umwandlung
kommt (bei der normalisierenden Umformung ist der Austenit bereits rekristallisiert).
[0006] Herkömmliche Brammen unterliegen bei Kalteinsatz vor ihrer Umformung in einem konventionellen
Walzwerk den polymorphen Umwandlungen:

während für die CSP-Technologie gilt:

mit einer höheren Übersättigung des Mischkristalls Austenit und einem höheren Ausscheidungspotential
für Karbonitride aus dem Austenit.
[0007] Um die Besonderheiten der Gefügeentwicklung beim thermomechanischen Walzen in CSP-Anlagen
optimal zu nutzen, wird in der nicht vorveröffentlichten deutschen Patentanmeldung
Nr . 19725434.9-24 zur Anpassung an die thermische Vorgeschichte der in der CSP-Walzanlage
mit Gussgefüge eingeführten Dünnbrammen vorgeschlagen, die bei der thermomechanischen
ersten Umformung einsetzende Rekristallisation des Gussgefüges vollständig ablaufen
zu lassen, bevor eine weitere Umformung erfolgt . Durch diese Maßnahme sowie durch
Einstellung definierter Temperatur- und Formänderungsbedingungen wird eine kontrollierte
Gefügeentwicklung beim Walzgut bei seinem Durchlauf durch die CSP-Anlage erreicht
und das thermomechanische Umformen in optimaler Weise auf die spezifischen Verfahrensparameter
des CSP-Verfahrens mit seiner spezifischen thermischen Vorgeschichte ausgerichtet.
[0008] Aufgabe der Erfindung ist es, die bei den Verfahrensschritten der deutschen Patentanmeldung
Nr. 19725434.9-24 erreichte Festigkeitsentwicklung durch geeignete Maßnahmen weiter
zu steigern, so dass sichergestellt ist, dass die im CSP-Prozess hergestellten mikrolegierten
ferritisch-perlitischen Baustähle höchster Festigkeitsklasse mit Streckgrenzen ≥ 480
MPa entsprechen und durch diese Maßnahmen CSP-Anlage, CSP-Verfahren und verarbeiteter
Werkstoff noch weiter optimal aufeinander abgestimmt werden.
[0009] Die gestellte Aufgabe wird verfahrensmäßig durch die kennzeichnenden Maßnahmen des
Anspruchs 1 dadurch gelöst, dass zur Herstellung von hoch festen mikrolegierten Baustählen
mit einer Streckgrenze von ≥ 480 MPa zur Erreichung eines optimalen Eigenschaftkomplexes
bezüglich Festigkeit und Zähigkeit der Baustähle die verfügbaren Verfestigungsmechanismen
komplex genutzt werden, in dem zusätzlich zum thermomechanischen Walzen mit den Verfahrensschritten
der deutschen Patentanmeldung Nr. 19725434.9-24 eine weitere Gefügebeeinflussung in
der Dünnbramme durch eine Anderung der Werkstoffzusammensetzung herbeigeführt wird,
durch die
a) eine gezielte Mischkristallverfestigung durch einen erhöhten Siliciumgehalt und/oder
b) eine komplexe Mischkristallverfestigung durch einen erhöhten Gehalt an Kupfer,
Chrom, Nickel
erzielt wird.
[0010] Durch die Maßnahme der Erfindung werden somit bekannte metallurgisch nutzbare festigkeitssteigernde
Wirkmechanismen miteinander kombiniert und ausgerichtet auf das CSP-Verfahren optimal
zur Anwendung gebracht.
[0011] Es sind dies die festigkeitssteigernden Mechanismen Korngrenzenverfestigung und Ausscheidungshärtung,
die unter anderem durch das thermomechanische Walzen mitden Verfahrensschritten der
deutschen Patentanmeldung Nr. 19725434. 9-24 günstig beeinflusst werden und die im
wesentlichen durch die Mikrolegierungselemente (z. B. Titan, Niob, Vanadin und andere)
ausgelöst werden.
[0012] Zu diesen festigkeitssteigenden Mechanismen wird nun gemäß der Erfindung zusätzlich
in definierter Weise eine Mischkristallverfestigung herbeigeführt.
[0013] Die Mischkristallverfestigung wird in hochfesten ferritisch-perlitischen mikrolegierten
Baustählen bevorzugt durch Mangan bewirkt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass zur sicheren
Gewährleistung von höchsten Streckgrenzen im Bereich von ≥ 480 MPa in CSP-Anlagen
die zusätzliche und gezielte Legierung durch weitere Elemente sinnvoll und für höchste
Festigkeitsklassen notwendig ist.
[0014] Insbesondere zwei Aspekte stehen dabei im Vordergrund.
- Die Mischkristallverfestigung wird der Ausscheidungshärtung ergänzend zur Seite gestellt;
dadurch können über das CSP-Verfahren für die Werkstoffgruppe ferritisch-perlitische
Baustähle höhere Festigkeitsklassen erschlossen werden.
- Die Mischkristallverfestigung erfolgt so, z. B. durch das Legierungselement Silicium,
dass sie von der Warmumformung selbst weitgehend unberührt bleibt; d. h. beispielsweise
nicht zur deformationsinduzierten Ausscheidung führt. Dadurch verhält sich ein solcher
Stahl in der Straße ruhiger, da er durch die Umformung selbst schwächer verfestigt;
er ist deshalb steuerungstechnisch leichter zu handhaben.
[0015] Aus dieser Sicht kommen neben Mangan noch folgende Legierungselemente mit folgenden
Gehalten erfindungsgemäß in Frage:
Silicium mit 0,41 bis 0,60 %
Kupfer mit 0,11 bis 0,30 %
Chrom mit 0,20 bis 0,60 %
Nickel mit 0,10 bis 0,60 %
[0016] Der Zusatz von Kupfer in den genannten Mengen bewirktneben der Mischkristallverfestigung
bei Überschreitung der Löslichkeitsgrenze im Ferrit, aber nicht im Austenit, während
der Umformung eine zusätzliche Ausscheidungshärtung durch ε - Cu. Dabei ist jedoch
zu beachten, dass häufig Kupfer gemeinsam mit Nickel zur Anwendung kommen muss, um
Lötbruch vorzubeugen. Erfolgt die Stahlherstellung über eine Linie mit einem Elektrolichtbogenofen
(EAF) und einem Pfannenofen (LMF), dann hat man häufig bereits zwangsläufig Kupfer
vorliegen. Nach bekannten Empfehlungen sollte der Kupfergehalt einen Betrag von 0,1
% dabei nicht überschreiten. Es hat sich jedoch gezeigt, dass für die Werkstoffgruppe
hochfester Baustähle dieser Wert bis auf einen Betrag von 0,3 % Kupfer gesteigert
werden kann, um so eine zusätzliche Mischkristallverfestigung zu erreichen.
[0017] Bei der Stahlherstellung über eine Linie mit einem Sauerstoff-Blasofen (BOF) und
einem Pfannenofen lässt sich grundsätzlich gleichfalls ein derart hoher Kupfergehalt
zulegieren. Dies führt aber zu dem Nachteil, dass Flexibilität insofern eingebüßt
wird, dass ein Herunterblasen der einmal Kupfer-legierten Pfanne nicht mehr möglich
ist, was z. B. bei Produktionsstörungen oder bei einem alternativen Einsatz einer
bereits hergestellten Pfanne wünschenswert wäre.
[0018] Anders ist die Situation durch Zusatz von Chrom, Nickel und Silicium, da diese Elemente
alle im Sauerstoff-Blasofen einstellbar sind. Deshalb bietet sich als Alternative
zum Kupferzusatz der Zusatz von Nickel allein und/oder Chrom und/oder Silicium an,
um die gewünschte Mischkristallverfestigung zu erreichen.
[0019] Nachfolgend wird an einem Beispiel die Mischkristallverfestigung näher erläutert.
[0020] Ein mikrolegierter Baustahl mit der Zusammensetzung in Gewichtsprozent: C < 0,07;
Mn = 1,3; Si ≤ 0,35; Cu ≤ 0,05; Ni ≤ 0,05; Cr ≤ 0,05; Mo ≤ 0,05; Nb = 0,02; V = 0,08;
N = 180 ppm erreichte bei der thermomechanischen Behandlung mit den Verfahrensschritten
der deutschen Patentanmeldung Nr. 19725434.9-24 folgende Eigenschaften: Streckgrenze
480 MPa, Zugfestigkeit 570 MPa, Dehnung 21 %.
[0021] Durch die zusätzliche Mischkristallverfestigung nach erhöhtem Zusatz von Silicium
entsprechend der Analyse: C ≤ 0,07; Mn = 1,3; Si = 0,60; Cu ≤ 0,05; Ni ≤ 0,05; Cr
≤ 0,05; Mo ≤ 0,05; Nb = 0,02; V = 0,08; N = 180 ppm und Behandlung gleichfalls nach
den Verfahrensschritten der deutschen Patentanmeldung Nr. 19725434.9-24 wurden folgende
Eigenschaften erreicht: Streckgrenze 565 MPa, Zugfestigkeit 650 MPa, Dehnung 22 %.
[0022] Durch das Verfahren der Erfindung, zusätzlich zu den Verfahrensschritten der thermomechanischen
Behandlung eine Mischkristallverfestigung herbeizuführen, lassen sich also deutliche
Festigkeitssteigerungen erzielen, wodurch sich völlig neue Anwendungen für die erzeugten
Baustähle erschließen.
[0023] In ähnlicher Weise wie im angeführten Beispiel können auch die übrigen erwähnten
Legierungselemente Kupfer, Nickel, Chrom als Mischkristallverfestiger eingesetzt werden.
Besonders effektiv ist die Festigkeitssteigerung dann, wenn nicht nur mit einem einzelnen
der genannten substitionell im Eisen gelösten Elemente legiert wird, sondern ihre
komplexe Nutzung in Kombination erfolgt.
1. Verfahren zur Herstellung von mikrolegierten Baustählen durch Walzen in einer CSP-Anlage,
wobei der gegossene Brammenstrang, geteilt in Walzlängen, über einen Ausgleichsofen
einer mehrgerüstigen CSP-Walzstraße zugeführt und dort kontinuierlich zu Warmbreitband
ausgewalzt, in einer Kühlstrecke gekühlt und zu Bunden gehaspelt wird, wobei zur Erzielung
optimaler mechanischer Eigenschaften beim Durchlauf der Dünnbramme durch die CSP-Anlage
eine kontrollierte Gefügeentwicklung durch thermomechanisches Walzen durchgeführt
wird mit den in der deutschen Patentanmeldung Nr. 19725434.9-24 beschriebenen Verfahrensschritten,
dadurch gekennzeichnet, dass zur Herstellung von hoch festen mikrolegierten Baustählen mit einer Streckgrenze
von ≥ 480 MPa zur Erreichung eines optimalen Eigenschaftskomplexes bezüglich Festigkeit
und Zähigkeit der Baustähle die verfügbaren Verfestigungsmechanismen komplex genutzt
werden, indem zusätzlich zum thermomechanischen Walzen mit den Verfahrensschritten
der Patentanmeldung Nr. 19725434.9-24 eine weitere Gefügebeeinflussung in der Dünnbramme
durch eine Änderung der Werkstoffzusammensetzung herbeigeführt wird, durch die
a) eine gezielte Mischkristallverfestigung durch einen erhöhten Siliciumgehalt und/oder
b) eine komplexe Mischkristallverfestigung durch einen erhöhten Gehalt an Kupfer,
Chrom, Nickel
erzielt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die erhöhten Gehalte in den folgenden Bereichen liegen:
Silicium = 0,41 bis 0,60 %
Kupfer = 0,11 bis 0,30 %
Chrom = 0,20 bis 0,60 %
Nickel = 0,10 bis 0,60 %
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass durch entsprechende Wahl der Art und der Menge der zugesetzten Elemente die
Mischkristallverfestigung der Ausscheidungshärtung, die während des Durchlaufs der
Dünnbramme durch die CSP-Anlage stattfindet, ergänzend zur Seite gestellt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Mischkristallverfestigung durch entsprechende Wahl der Art und der Menge
der zugesetzten Elemente, z. B. durch das Legierungselement Silicium, so erfolgt,
dass sie von der Wärmumformung selbst weitgehend unberührt bleibt und somit nicht
zu deformationsinjizierten Ausscheidungen führt.
5. Mikrolegierte hochfeste Baustähle nach dem Verfahren der Ansprüche 1, 2, 3 oder 4,
dadurch gekennzeichnet, dass ihre Werkstoffzusammensetzung einschließlich der die Mischkristallverfestigung
hergeiführenden Zusätze der Legierungselemente Silicium und/oder Kupfer, Chrom, Nickel
so festgelegt ist, dass die in der CSP-Anlage, insbesondere in der Walzstraße zur
Verfügung stehende Durchlaufzeit, die aufgrund der kompakten Bauweise und des hohen
Durchsatzes der CSP-Walzstraße sehr kurz ist, ausreicht, die gewünschten festigkeitssteigernden
Festkörperreaktionen einschließlich der Mischkristallverfestigung während des thermomechanischen
Walzens und während der Rekristallisationsphasen ablaufen zu lassen.