(19)
(11) EP 0 947 599 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.10.1999  Patentblatt  1999/40

(21) Anmeldenummer: 98112495.1

(22) Anmeldetag:  06.07.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6C23C 8/20, C23C 8/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 31.03.1998 DE 19814451

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
65189 Wiesbaden (DE)

(72) Erfinder:
  • Strigl, Reinhard
    80995 München (DE)

   


(54) Verfahren zur Wärmebehandlung von Werkstücken mit Behandlungsgas


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung, insbesondere Aufkohlung, metallischer Werkstücke in einem Ofen unter hohen Temperaturen und in einer zu mehr als 90 % zu etwa gleichen Teilen Wasserstoff und Kohlenmonoxid enthaltenden Gasatmosphäre, die dem Ofen in geeigneter Menge zugeführt wird. Da die Herstellung der angesprochenen Atmosphäre beim Verbraucher auf besondere Schwierigkeiten stößt, es sich andererseits bei den beiden Einzelkomponenten um teure Gase handelt, deren Anlieferung getrennt oder vorgemischt unwirtschaftlich ist, wird vorgeschlagen, daß die Gasatmosphäre als vorproduziertes, nicht jedoch aus den Reingasen vorgemischtes Liefergas zur Verfügung gestellt wird.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Wärmebehandlung, insbesondere Aufkohlung, metallischer Werkstücke in einem Ofen unter hohen Temperaturen und in einer zu mehr als 90 % zu etwa gleichen Teilen Wasserstoff und Kohlenmonoxid enthaltenden Gasatmosphäre, die dem Ofen in geeigneter Menge zugeführt wird.

[0002] Aus dem Aufkohlungsbereich und dort insbesondere dem Bereich der klassischen Generator-Endogasverfahren zum Aufkohlen, entkohlenden und kohlungsneutralen Wärmebehandeln von Gut ist es bekannt, daß eine, für die genannten Behandlungen geeignete Gasatmosphäre durch unterstöchiometrische, energieverzehrende Verbrennung von z.B. Erdgas oder Propan mit Luft erzeugbar ist. Bei anderen gängigen Verfahren auf der Basis der gleichen Ausgangsstoffe wird das Behandlungsgas durch eine oder mehrere; im Wärmebehandlungsofen angeordnete Katalysatorretorten und dortige Umsetzung der besagten Ausgangsstoffe hergestellt (siehe hierzu z.B. Fachartikel "Grundsätzliche Voraussetzungen für die Verringerung des Gasverbrauchs bei der geregelten Gasaufkohlung" aus HTM 35/1980 Nr.5, Seiten 230 bis 237, insbesondere Kap.1.1 sowie z.B. DE-OS 23 63 700 oder EP-PS 0 261 461).

[0003] Ferner ist es grundsätzlich und beispielsweise aus dem Fachartikel "Verfahrens- und Anlagentechnik der Gasaufkohlung" aus HTM 45/1990, Nr.2, Seiten 119 bis 128 bekannt, daß eine Gasaufkohlung durch eine zusätzliche Zugabe von Methan oder dergleichen in weitergehendem Ausmaß und auch geregelt ausgeführt werden kann (= Anreicherung). Dabei wird mittels der CH4-Zugabe durch die Aufkohlungsreaktion gebildetes Kohlendioxid bei den herrschenden Temperaturen gemäß

zu Kohlenmonoxid zurückgebildet.

[0004] Betrachtet man die oben beschriebenen Verfahren anhand der die Atmosphäre liefernden Umsetzungsreaktionen näher, also z.B anhand von

und

so kann festgestellt werden, daß die gebildeten Atmosphären ein CO-zu-H2-Verhältnis von 1 bzw.1,5 zu 2 und einen Stickstoffanteil von 40 bzw. ca. 46 % aufweisen. Dabei ist anzumerken, daß speziell für Aufkohlungsprozesse insbesondere Atmosphären, bei denen das Produkt PCO x PH2 ein Maximum annimmt, also das CO-zu-H2-Verhältnis 1 zu 1 ist, und bei denen der Stickstoffanteil niedrig liegt besonders vorteilhaft sind (siehe oben zitierten Fachartikel "Grundsätzliche Voraussetzungen...", S.231).

[0005] Stickstoffarme Atmosphären mit dem optimalen CO-zu-H2-Verhältnis von 1 zu 1 auf einfache und auf der Basis bekannter, insbesondere auf einer Umsetzung von Luft und einem Kohlenwasserstoffgas (KW-Gas) beruhender Verfahren auszubilden, ist jedoch eine bislang nicht befriedigend gelöste Aufgabe. Eine bekannte Verfahrensweise hierzu ist z.B. der DE 41 10 361 A1 zu entnehmen, gemäß der aus abfließender Aufkohlungsatmosphäre mittels Gastrennung eine CO-reiche Gasfraktion gewonnen wird, durch deren Rückführung in die Aufkohlung eine in diesem Sinne verbesserte Behandlungsatmosphäre entsteht.

[0006] Eine weitere, bekannte Verfahrensweise diesbezüglich - siehe DE-PS 43 43 927 oder DE-OS 20 000 60 - besteht darin, daß bei einem, auf der Basis von Erdgas, Propan oder dergleichen arbeitenden Verfahren zur Wärmebehandlung bzw. Aufkohlung Kohlendioxid (CO2) zur Atmosphärenbildung herangezogen wird, wobei das Kohlendioxid in einer zur Umsetzung der gegebenen Kohlenwasserstoffgasquantität geeigneten Menge anstelle des entsprechend vermindert zugeführten, Sauerstoff enthaltenden Mediums (üblicherweise Luft) zum jeweiligen Umsetzungsaggregat zugeleitet wird. Hier gilt die Umsetzungsgleichung



[0007] Die bekannten Verfahren zur Gewinnung einer 1 zu 1 CO/H2-Atmosphäre erfordern also entweder Gasumsetzungs- oder Gastrenneinrichtungen.

[0008] Die Aufgabe, eine stickstoffarme Atmosphäre mit dem optimalen CO-zu-H2-Verhältnis von etwa 1 zu 1 auf einfache Weise anzubieten, wird erfindungsgemäß nunmehr dadurch gelöst, daß eben eine solche Gasatmosphäre als vorproduziertes, jedoch nicht aus seinen Einzelkomponenten vorgemischtes Liefergas zur Verfügung gestellt wird.

[0009] Dieser Vorschlag läuft zunächst den üblichen Erwägungen des Fachmanns in diesem Zusammenhang entgegen. Legt man nämlich bei der Bereitstellung eines vorgemischten Wasserstoff-Kohlenmonoxid-Gases zugrunde, daß dieses aus seinen Reinkomponenten CO und H2 hergestellt wird, so ergibt sich ein vergleichsweise teures Liefergas, das gegenüber den vorbekannten Bereitstellungen durch Erzeugung vor Ort nicht konkurrenzfähig ist.

[0010] Die Situation ändert sich, wenn das etwa zu gleichen Teilen H2 und CO enthaltende Gas aus anderen Quellen gewonnen wird, nämlich entweder aus einer entsprechenden Groß-Produktionsanlage oder -besonders vorteilhaft- aus Quellen, die in industriellen Prozessen ohnehin vorhanden sind und bei denen eine der gewünschten Zusammensetzung zumindest ähnliche Zusammensetzung auftritt. Wie sich bei Ermittlungen, die die Anmelderin durchgeführt hat, ergab, sind derartige Prozesse in einer Reihe industrieller Verfahren vorhanden, beispielsweise bei der industriellen Erzeugung von Wasserstoff in Steam-Reforming-Prozessen, bei der partiellen Oxidation von Kohlenwasserstoffen in Raffinerien oder bei der CO-Bereitstellung für chemische Synthesen, etwa der Methanol-, der Ameisen- und Essigsäure-Synthese.

[0011] Aus den dort ohnehin verfügbaren Gasgemischen kann häufig ohne großen Aufwand ein -wie gewünscht- vorteilhaftes Gasgemisch bestehend aus 45 bis 55 % CO, 45 bis 55 % H2 und weiteren unschädlichen Restbestandteilen, etwa geringen Anteilen CH4 und/oder CO2, gewonnen werden.

[0012] Beispielsweise kann aus Synthesegas aus der partiellen Oxidation von Kohlenwasserstoffen in Raffinerien, das aus ca. 49 % CO, 45 % H2 und 6 % CO2 mittels einer kostengünstigen MDEA-Nachreinigung ein 50 bis 53 % CO, 47 bis 49 % H2 und 0 bis 1 % CO2 enthaltendes Gasgemisch erhalten werden.

[0013] Ebenso ist es möglich aus Reformerprozessen, in denen Wasser und ein Kohlenwasserstoffeinsatz in Wasserstoff und Kohlenmonoxid übergeführt werden, entsprechende Gase abzuzweigen. Unter Umständen besteht auch die Möglichkeit, das gewünschte Gasgemisch durch Verschnitt zweier Basismischungen zu erzeugen. Erfindungsgemäß entscheidend ist jedoch in jedem Falle, ohnehin vorhandene Produktgase aus anderen Prozessen abzuzweigen.

[0014] Das letztlich gewonnene Gasgemisch ist ähnlich wie Wasserstoff speicherbar und kann beispielsweise in Drucktanks mit ca. 200 bar transportiert und in 50-bar-Vorratsbehältern bei den Verbrauchern bevorratet werden. Dort steht es dann für die erfindungsgemäß relevanten Wärmebehandlungen in optimal handhabbarer Weise und in konstanter Qualität zur Verfügung. Neben den Hauptbestandteilen CO und H2 kann das erfindungsgemäße Liefergas bis zu 5 % CH4 und/oder bis zu 2 % CO2 aufweisen, wodurch bei den vorgesehenen thermochemischen Prozessen unter Umständen ablauf- oder regeltechnische Vorteile erzielt werden.

[0015] Aufkohlungen und andere Wärmebehandlungen werden im übrigen gemäß der Erfindung in üblicher Weise durchgeführt. Da hierbei zur Atmosphärenausbildung im wesentlichen lediglich die Zufuhr des Liefergases geeignet einzustellen ist, ergibt sich mit der Erfindung eine besonders einfache Verfahrensweise.

[0016] Aufgrund der für Aufkohlungen idealen Gaszusammensetzung werden außerdem im Vergleich zu klassischen Endogasprozessen verkürzte Behandlungszeiten erzielt, die neben der einfacheren Anlagengestaltung einen zusätzlichen Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens darstellen.


Ansprüche

1. Verfahren zur Wärmebehandlung, insbesondere Aufkohlung, metallischer Werkstücke in einem Ofen unter hohen Temperaturen und in einer zu mehr als 90 % zu etwa gleichen Teilen Wasserstoff und Kohlenmonoxid enthaltenden Gasatmosphäre, die dem Ofen in geeigneter Menge zugeführt wird
dadurch gekennzeichnet,
daß die Gasatmosphäre als vorproduziertes, nicht jedoch aus den Einzelgaskomponenten erzeugtes Liefergas zur Verfügung gestellt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das, der Atmosphärenbildung dienende Liefergas zwischen 45 und 55 % Wasserstoff, zwischen 45 und 55 % Kohlenmonoxid sowie gegebenenfalls bis zu 5 % weitere, für die jeweilige Wärmebehandlung unschädliche Bestandteile aufweist.
 
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Liefergas bis zu 5 % CH4 und/oder bis zu 2 % CO2 aufweist.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Basis für das Liefergas Synthesegas aus der in Raffinerien stattfindenden, partiellen Oxidation von Kohlenwasserstoffen herangezogen wird.
 





Recherchenbericht