(19)
(11) EP 0 953 964 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
03.11.1999  Patentblatt  1999/44

(21) Anmeldenummer: 99108136.5

(22) Anmeldetag:  26.04.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)6G10K 11/162
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 27.04.1998 DE 19818811

(71) Anmelder: BASF AKTIENGESELLSCHAFT
67056 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • De Grave, Isidoor Dr.
    67157 Wachenheim (DE)
  • Tatzel, Hermann
    69469 Weinheim (DE)

   


(54) Schallabsorbierender Schaumstoff-Formkörper


(57) Die Erfindung betrifft schallabsorbierende Schaumstoff-Formkörper, die im Frequenzbereich von 0,5 bis 4 kHz nach DIN 52215 einen Schallabsorptionsgrad von 30 bis 95 % aufweisen. Der Schaumstoff ist ein nicht vollständig verschweißter Polyolefin- oder Polystyrol-Partikelschaumstoff mit einem Zwickelvolumen zwischen 10 und 40 %.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen schallabsorbierenden Schaumstoff-Formkörper mit einem Schallabsorptionsgrad im Frequenzbereich von 0,5 bis 4 kHz von 50 bis 95 %.

[0002] Offenzellige Schaumkunststoffe auf Basis von Polyurethanen und Melamin/Formaldehyd-Kondensationsharzen eignen sich hervorragend als Schallabsorptionsmaterialien, sie werden in zunehmenden Maße in vielen technischen Anwendungen eingesetzt. Naturgemäß sind jedoch auch diese Schaumstoffe mit einigen Nachteilen behaftet, etwa in Feuchträumen, im Hygienebereich und in staubempfindlichen Anlagen. Es bestand daher das Bedürfnis nach einem weiteren Schaumkunststoff mit schallabsorbierenden Eigenschaften.

[0003] Es wurde nun gefunden, daß nicht vollständig verschweißte Polyolefin- und Polystyrol-Partikelschaumstoffe mit einem Zwickelvolumen zwischen 10 und 40 % einen Schallabsorptionsgrad nach DIN 52215 im Frequenzbereich von 0,5 bis 4 kHz, vorzugsweise von 1,25 bis 2 kHz von 30 - 95 %, vorzugsweise von 50 bis 95 % aufweisen.

[0004] Polyolefine im Sinne der vorliegenden Erfindung sind

a) Homopolypropylen,

b) Randomcopolymere des Propylens mit 0,1 bis 15, vorzugsweise 0,5 bis 12 Gew.-% Ethylen und/oder einem C4-C10-α-Olefin, vorzugsweise ein Copolymer von Propylen mit 0,5 bis 6 Gew.-% Ethylen oder mit 0,5 bis 15 Gew.-% Buten-1 oder ein Terpolymer aus Propylen, 0,5 bis 6 Gew.-% Ethylen und 0,5 bis 6 Gew.-% Buten-1, oder

c) Mischungen von a) oder b) mit 0,1 bis 75, vorzugsweise 3 bis 50 Gew.-% eines Polyolefin-Elastomeren, z.B. eines Ethylen/Propylen-Blockcopolymeren mit 30 bis 70 Gew.-% Propylen.

d) Polyethylen (PE-LLD, -LD, -MD, -HD) und

e) Mischungen aus den unter a bis d genannten Polyolefinen (gegebenenfalls nach Zugabe von Phasenvermittlern).



[0005] Der Kristallitschmelzpunkt (DSC-Maximum) der unter a. bis e. aufgelisteten Polyolefine liegt im allgemeinen zwischen 90 und 170°C. Ihre Schmelzwärme, bestimmt nach der DSC-Methode, liegt vorzugsweise zwischen 20 und 300 J/g, der Schmelzindex MFI (230°C, 2,16 kp für Propylenpolymerisate und 190°C, 2,16 kp für Ethylenpolymerisate) nach DIN 53 735 zwischen 0,1 und 100 g/10 min.

[0006] Bei einem bevorzugten Verfahren zur Herstellung der EPO-Partikel geht man von Polyolefingranulat aus, welches vorzugsweise mittlere Durchmesser von 0,5 bis 5 mm aufweist. In einem Rührreaktor werden 100 Gew.-Teile dieses Granulats in 100 bis 500 Gew.-Teilen Wasser, mit Hilfe eines Suspendierhilfsmittels dispergiert. Dann wird ein Treibmittel in Mengen von vorzugsweise 2 bis 50 Gew.-Teilen bezogen auf 100 Gew.-Teile Polymer, eingepreßt und der Reaktorinhalt aufgeheizt. Geeignete Treibmittel sind Kohlenwasserstoffe, wie Butan, Halogenkohlenwasserstoffe, Alkohole sowie CO2, N2 und NH3. Die Treibmittelzugabe kann dabei vor oder während des Aufheizens (dazu gehören auch Haltezeiten) des Reaktorinhalts auf die Entspannungstemperatur erfolgen. Diese sollte 5°C unter bis 20°C über, vorzugsweise 2 bis 10°C über dem Kristallitschmelzpunkt des Polyolefins liegen. Bei den bevorzugten Propylenpolymerisaten arbeitet man bei 110°C bis 180°C. Je nach Menge und Art des Treibmittels sowie nach der Höhe der Temperatur stellt sich im Reaktor ein Druck ein, der im allgemeinen höher als 2 bar ist und 100 bar nicht übersteigt. Durch die Wahl der Imprägniertemperatur und des Treibmittels kann die Schüttdichte der entstandenen EPO-Partikel gesteuert werden. Nach Erreichen der Entspannungstemperatur wird der Reaktor entspannt, wobei die Entspannung zweckmäßigerweise in einen Zwischenbehälter erfolgt, in dem ein Druck von vorzugsweise 0,5 bis 5 bar herrscht. Beim Entspannen des Reaktors erfolgt eine Expansion des treibmittelhaltigen Polyolefin-Granulats und es entstehend EPO-Partikel mit einem mittleren Durchmesser von 1 bis 20 mm.

[0007] Die Schüttdichte der EPO-Partikel ist in weiten Grenzen zwischen 10 und 200 g/l, einstellbar. Besonders geeignet sind EPO-Partikeln mit verhältnismäßig niedrigen Schüttdichten zwischen 15 und 40 g/l. Die EPO-Partikel sind überwiegend geschlossenzellig und besitzen eine Zellzahl von 1 bis 5000 Zellen/mm2, insbesondere 10 bis 1500 Zellen/mm2.

[0008] Diese Schaumstoffpartikel werden nun in üblichen Formteilautomaten mit Hilfe von Wasserdampf in perforierten Werkzeugen miteinander verschweißt. Wesentlich ist, daß im Gegensatz zur üblichen Formteilherstellung kein oder höchstens ein geringer Gegendruck während des Füllvorgangs herrscht. Auf diese Weise wird die erfindungsgemäß unvollständige Verschweißung erreicht. Der Anteil an Hohlstellen, d.h., das Zwickelvolumen liegt zwischen 10 und 40 %, vorzugsweise zwischen 20 und 38 %. Eine geringe, wenigstens punktuelle Verschweißung ist aber notwendig, damit ein zusammenhängender Formkörper entsteht.

[0009] Bei einem anderen Hersteilverfahren wird in einem Extruder das Polyolefin aufgeschmolzen und ein flüchtiges Treibmittel, vorzugsweise wieder ein Kohlenwasserstoff, wird eingepreßt. Danach wird die treibmittelhaltige Schmelze an die Atmosphäre ausgepreßt, wo sie aufschäumt. Der entstandene Schaumstoffstrang wird dann zu Schaumstoffpartikeln zerkleinert, die im Falle des Polyethylens zweckmäßigerweise einer Elektronenstrahlvernetzung unterworfen werden. Dabei sind verhältnismäßig niedrige Schüttdichten im Bereich von 10 bis 20 g/l erreichbar. Im Falle der Polyethylen-Schaumstoffpartikel kann die Halbzeugherstellung auch auf einem luftdurchlässigen Transportband erfolgen, das einen Heißluftkanal durchläuft.

[0010] Polystyrol-Schaumstoffpartikel werden nach einem anderen, ebenfalls an sich üblichen und bekannten Verfahren hergestellt. Dazu wird das monomere Styrol, gegebenenfalls im Gemisch mit anderen olefinisch ungesättigten Comonomeren, Initiatoren, Hilfs- und Zusatzstoffen in Wasser suspendiert und in Gegenwart von Suspensionsstabilisatoren polymerisiert. Die entstehenden Polystyrolperlen werden abgetrennt, gewaschen und getrocknet. Die Zugabe des Treibmittels kann dabei bereits während der Polymerisation erfolgen, es ist jedoch auch möglich, das Treibmittel in einem nachfolgenden Verfahrensschritt in die Polystyrolperlen einzubringen. Geeignete Treibmittel sind C4-C8-Kohlenwasserstoffe, vorzugsweise Pentan.

[0011] Die Verschäumung der Treibmittel enthaltenden Polystyrol-Partikel erfolgt üblicherweise ebenfalls nach den im Stand der Technik bekannten Verfahren, indem sie zunächst mit Wasserdampf in offenen oder geschlossenen Vorschäumern in mehreren Stufen weitgehend ausgeschäumt werden. Die vorgeschäumten Polystyrolpartikel weisen im allgemeinen eine mittlere Partikelgröße von 1 bis 10 mm, insbesondere von 2 bis 8 mm auf. Die bevorzugte Schüttdichte beträgt 10 bis 20 g/l. Die Herstellung von Formkörpern erfolgt in Blockpressen, wobei vorher in einem Mischer auf die Schaumstoffpartikeloberfläche ein Haftvermittler (z.B. Bitumen) aufgebracht wird. In der Blockpresse werden die Schaumstoffpartikel unter leichtem Gegendruck zu einem lockeren Verbund verschweißt.

[0012] Ein großer Vorteil der schallabsorbierenden Schaumstoff-Formkörper auf Basis von Polyolefinen und Polystyrol ist, daß diese thermoplastischen Kunststoffe schmelzbar und somit recycelbar sind.

Beispiel 1



[0013] Zur Herstellung von Akustikplatten mit den Abmessungen 900x400x140 mm wurden PP-Schaumstoffpartikeln mit einer mittleren Schüttdichte von 28 g/l (Neopolen 2 9230 der BASF AG) unter Verwendung eines konventionellen Formteilautomaten druckpneumatisch von einem unter 0,5 bar stehenden Behälter in ein perforiertes Formnest, das unter Atmosphärendruck stand, transportiert. Die in loser Schüttung im Formnest befindlichen Schaumstoffpartikeln wurden mit 2,8 bar Heißdampf von beiden Seiten je 3 sec querbedampft, wobei die Absperrventile in der Kondensatleitung geöffnet waren, und dabei punktförmig verschweißt. Nach dem Abkühlen im Formnest konnte nach Öffnen der Formteilmaschine ein quaderförmiges Formteil mit einer Dichte von 33 kg/m3 entnommen werden, das eine relativ hohe Anzahl von Zwickeln (Fehlstellen zwischen den punktförmig verschweißten Schaumstoffpartikeln) aufwies. Der Zwickelanteil lag bei 35 %. Der Schallabsorptionsgrad nach DIN 52215 im Frequenzbereich 1,25-2 KHz lag zwischen 75 und 90 %.

Beispiel 2



[0014] Es wurde analog Beispiel 1 verfahren, jedoch mit den Unterschieden, daß zur Befüllung der unter Atmosphärendruck stehenden Formkavität ein Differenzdruck zwischen Füllbehälter und Formnest angewandt wurde und die Querbedampfung mit 3,2 bar und einer Bedampfungszeit von 4 sec erfolgte.

[0015] Das resultierende quaderförmige Formteil wies einen Zwickelanteil von 25 % auf. Der Schallabsorptionsgrad im Frequenzbereich 1,25-2 kHz lag zwischen 55 und 70 %.

Beispiel 3



[0016] Aus PP-Schaumstoffpartikeln mit einer mittleren Schüttdichte von 17 g/l (Neopolen 2 9220) wurden Akustikplatten mit den Abmessungen 300x200x60 mm auf einem konventionellen Formteilautomaten hergestellt. Die Schaumstoffpartikel wurden pneumatisch in eine unter Atmosphärendruck stehende perforierte Formkavität transportiert. Die in loser Schüttung im Formnest befindlichen Schaumstoffpartikeln wurden mit Heißdampf von 2,4 bar von beiden Seiten je 3 sec querbedampft (bei geöffneten Absperrventilen in der Kondensatleitung der Maschine). Dabei wurden die Schaumstoffpartikel punktförmig verschweißt. Nach dem Abkühlen im Formnest konnte nach Öffnen der Formteilmaschine ein quaderförmiges Formteil mit einer Dichte von 24 kg/m3 entnommen werden. Der Zwickelanteil im Innern des Formteiles betrug 30 %. Der Schallabsorptionsgrad lag im Frequenzbereich zwischen 1,25 und 2 kHz bei 80 %.

Beispiel 4



[0017] PE-Schaumstoffpartikel (Neopolen E 1710 der BASF AG) mit einer Schüttdichte von 13 g/l, die vorher physikalisch durch Elektronenbestrahlung vernetzt worden waren, wurden auf ein luftdurchlässiges, umlaufendes Transportband (Bandbreite 1100 mm) ca. 200 mm hoch aufgeschüttet und durch einen Heißluftkanal transport. Die Transportgeschwindigkeit betrug 1,6 m/min. und die Umwälzluft im Heizkanal 160°C. Nach Verlassen des 6 m langen Kanals wurde ein punktförmig verschweißter zusammenhängender Schaumstoffpartikelverbund erhalten, der ca. 40 % Hohlstellen aufwies. Der Schallabsorptionsgrad im Frequenzbereich 1,25 bis 2 kHz dieses Formteils (Dichte: 14 kg/m3) lag bei 85 bis 90 %.


Ansprüche

1. Schallabsorbierender Schaumstoff-Formkörper mit einem Schallabsorptionsgrad nach DIN 52215 im Frequenzbereich von 0,5-4 KHz von 30-95 %, dadurch gekennzeichnet, daß der Schaumstoff ein nicht vollständig verschweißter Polyolefin- oder Polystyrol-Partikelschaumstoff mit einem Zwickelvolumen zwischen 10 und 40 % ist.
 
2. Schallabsorbierender Schaumstoff-Formkörper, dadurch gekennzeichnet, daß der Schaumstoff ein Polyethylen- oder Polypropylen-Partikelschaumstoff ist.