[0001] Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug für Behinderte, mit einem Chassis, an dem mindestens
drei Räder befestigt sind, von denen mindestens eines durch einen ebenfalls am Chassis
befestigten Elektromotor antreibbar und mindestens eines lenkbar ist, und mit einem
Sitz für den Benutzer.
[0002] Derartige Fahrzeuge müssen verschiedene, teils widersprüchliche Anforderungen erfüllen.
So sollen sie möglichst wenig Grundfläche beanspruchen, damit der Benutzer mit dem
Fahrzeug auch enge Stellen, wie beispielsweise Türrahmen, passieren und kleine Räume,
wie Telefonzellen oder Aufzüge, benutzen kann. Eine kleine Grundfläche bringt aber
zwangsläufig auch einen geringen Radabstand mit sich, worunter die Stabilität des
Fahrzeuges leidet. Zwar sind die schweren Komponenten, wie Akkumulatoren und Motoren,
üblicherweise möglichst tief im Fahrzeug angeordnet, doch ist es unausweichlich, dass
durch das Gewicht des Benutzers der Schwerpunkt des beladenen Fahrzeuges nach oben
verschoben wird. Dadurch ergibt sich insbesondere beim Befahren von Steigungen und
Gefällen eine gewisse Gefahr des Umkippens.
[0003] Es sind zwar schon Fahrzeuge mit Vorrichtungen zum Verstellen des Sitzes bekannt,
jedoch dienen diese Vorrichtungen nur dem Komfort und/oder sie müssen manuell betätigt
werden.
[0004] Demzufolge hat sich der Erfinder die Aufgabe gestellt, ein Fahrzeug der eingangs
genannten Art vorzuschlagen, bei dem der Sitz beim Befahren einer geneigten Fläche
automatisch so verstellt wird, dass sich die Lage des Gesamschwerpunktes von Fahrzeug
und Benutzer zur geneigten Fläche hin verschiebt.
[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass der Sitz mittels mindestens
eines Verstellantriebes verstellbar am Chassis gehalten ist und dass der Verstellantrieb
den Sitz in Abhängigkeit von einer durch Sensormittel feststellbaren, von einer Horizontallage
abweichenden Lage des Chassis oder des Sitzes verstellt, wodurch beim Befahren einer
geneigten Fläche der Gesamtschwerpunkt von Fahrzeug und Benutzer automatisch in Richtung
der ansteigenden Fläche verstellt wird.
[0006] Besonders bevorzugt weist das Fahrzeug vier Räder auf, von denen zwei antreibbar
und zwei lenkbar sind.
[0007] Eine bevorzugte Ausführungsart mit einem Chassis, das als im wesentlichen plattenförmiges
Bauteil ausgebildet ist, ist konstruktiv besonders einfach und gewichtssparend. Zudem
lassen sich alle Elemente wie Akkumulator, Steuerung und so weiter besonders einfach
auf dem Chassis unterbringen und befestigen.
[0008] Ein Schaden an einem Antriebsmotor oder Getriebe eines Fahrzeuges der oben diskutierten
Art ist für eine behinderte Person besonders unangenehm, denn sie ist in der Regel
nicht in der Lage, den Schaden selbst zu beheben oder Hilfe zu holen. Es wurden zwar
schon Fahrzeuge mit zwei unabhängigen Antrieben vorgeschlagen. Bei einem bekannten
solchen Fahrzeug lassen sich die Antriebe vom jeweiligen Fahrzeugrad abkuppeln, doch
sind dazu Werkzeuge erforderlich. Daher lässt sich dieser Vorgang kaum vom Benutzer
selbst bewerkstelligen, wenn dieser den Sitz nicht verlassen kann. Demzufolge liegt
einer besonderen Ausführungsart der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein
Fahrzeug für Behinderte vorzuschlagen, bei dem der Benutzer selbst, ohne Werkzeug
und ohne den Sitz zu verlassen, einen Antrieb vom betreffenden Rad abkuppeln und danach
weiterfahren kann. Diese Aufgabe wird durch die in den Ansprüchen 4 und 5 angegebenen
Massnahmen gelöst.
[0009] Der Verstellantrieb ist bevorzugt als Linearantrieb ausgebildet und es kann ein im
Handel erhältlicher Linearantrieb verwendet werden.
[0010] Die Ansprüche 7 und 9 umschreiben Ausführungsarten, bei denen der Sitz in Fahrtrichtung
nach vorne und hinten verstellbar ist. Dies ergibt beim Befahren von geneigten Flächen
annähernd in deren Falllinie eine gute Sicherheit gegen ein Kippen des Fahrzeuges.
Sollen geneigte Flächen in einer beliebigen Richtung befahren werden, eignen sich
die Ausführungsarten nach den Ansprüchen 8 und 10 besonders gut, weil diese auch eine
automatische Verstellung des Sitzes quer zur Fahrtrichtung beinhalten.
[0011] Die Ausführungsarten nach den Ansprüchen 9 und 10, bei denen der Sitz um eine Achse
oder einen Punkt schwenkbar ist, haben den zusätzlichen Vorteil, dass sie dem Benutzer
beim Befahren einer geneigten Fläche eine bequeme und sichere Sitzposition ermöglichen,
indem die Sitzfläche immer eine horizontale Lage einnimmt.
[0012] Schliesslich kann gemäss Anspruch 11 ein Bedienungselement vorgesehen sein, mit dem
der Benutzer den Verstellantrieb manuell beeinflussen kann, um den Sitz in eine gewünschte
Position zu bringen. Dadurch kann beispielsweise zum Ein- uns Aussteigen der Sitz
in die vorderste Position gebracht werden.
[0013] Die Erfindung wird nachstehend unter Bezugnahme auf in den Zeichnungen dargestellte
Ausführungsarten näher beschrieben. Es zeigt
- Figur 1
- eine Draufsicht auf das Chassis mit den Elementen für Antrieb und Steuerung des Fahrzeuges,
- Figur 2
- eine seitliche Ansicht einer Ausführungsart des Fahrzeuges mit linear verstellbarem
Sitz,
- Figur 3
- das Fahrzeug gemäss Figur 2 mit dem Sitz in der vordersten Position,
- Figur 4
- eine seitliche Ansicht einer Ausführungsart des Fahrzeuges mit schwenkbarem Sitz und
- Figur 5
- das Fahrzeug gemäss Figur 4 beim Befahren einer abfallenden Fläche.
[0014] Anhand von Figur 1, die eine Draufsicht auf das Chassis zeigt, werden im folgenden
die wesentlichen Elemente für Antrieb und Steuerung des Fahrzeuges erklärt. Das Chassis
1 ist im vorliegenden Beispiel als 20 mm dicke Platte aus einer Aluminiumlegierung
gebildet. Zwei Schneckengetriebe 2 mit angebauter Bremse 3, je eines für das linke
beziehungsweise rechte Antriebsrad sind auf dem Chassis befestigt. Mit jedem Schneckengetriebe
2 ist über eine Kupplung 10 ein elektrischer Antriebsmotor 11 verbunden. Mit der Abtriebswelle
des Schneckengetriebes 2 ist eine mittels einer Feder 4 in ihre eingerückte Stellung
gedrängte Klauenkupplung 5 verbunden. Am anderen Ende der Klauenkupplung 5 befindet
sich eine in einem Lagerbock 6 gelagerte Welle mit einem Kettenrad. Eine Kette 7 überträgt
das Drehmoment auf das nicht dargestellte, mittels einer Aufhängung 8 am Chassis 1
befestigte Antriebsrad. In der Figur 1 unten sind die mit Hilfe der Aufhängungen 12
am Chassis 1 befestigten Achsen für die nicht dargestellten Lenkräder vorhanden. Ein
aus einem Elektromotor mit angebautem Getriebe bestehender Lenkantrieb 15 betätigt
die Lenkachsen über ein Stirnrad 14 und Lenkstangen 13.
[0015] Ein Mechanismus 9 mit einem selbsthemmenden Exzenter ermöglicht es dem Benutzer,
die Klauenkupplung 5 auszurücken. Damit wird es beispielsweise beim Ausfall eines
Motors 11 möglich, mit dem anderen Motor weiterzufahren. Mit Hilfe der Lenkung 12,
13, 14 und 15 kann erreicht werden, dass das Fahrzeug trotz dem einseitigen Antrieb
in die gewünschte Richtung fährt.
[0016] Figur 2 zeigt eine Seitenansicht einer Ausführungsart des erfindungsgemässen Fahrzeuges
mit dem Chassis 1, dem Sitz 20, den Antriebsrädern 21 und den Lenkrädern 22. Ein Akkumulator
für die Versorgung des Fahrzeuges mit elektrischem Strom ist mit 23 nur angedeutet.
Mit 24 ist eine Bedienungskonsole bezeichnet, mit welcher der Benutzer alle elektrischen
Funktionen des Fahrzeuges steuern kann. Der Sitz 20 ist in diesem Beispiel mittels
einer Führung 25 am Chassis gelagert und mit Hilfe eines Linearantriebes 26 bezüglich
des Chassis nach vorne und hinten verschiebbar. Der Linearantrieb 26 kann in der Führung
25 integriert sein. Ein mit dem Chassis 1 verbundener Sensor 27 ist als bekannter
Lotfühler, beispielsweise als Schwerependel, als Libelle, insbesondere Elektrolyt-Libelle
oder als Lotkreisel ausgebildet. Seine Signale werden einer Steuerung 28 zugeleitet,
welche bei Bedarf den Linearantrieb 26 ansteuert. Der Linearantrieb kann beispielsweise
ein Zahnstangengetriebe, ein Spindelantrieb, ein elektromagnetischer Linearmotor oder
eine pneumatische oder hydraulische Kolben-Zylindereinheit sein.
[0017] Angenommen, das Fahrzeug gemäss Figur 1 befahre in Vorwärtsrichtung ein Gefälle.
Sobald der Sensor 27 feststellt, dass er und damit auch das Chassis eine von der Horizontalen
abweichende Position einnimmt, gibt er ein entsprechendes, eine Richtung und einen
Betrag beinhaltendes Signal ab, welches von der Steuerung 28 dazu benutzt wird, den
Linearantrieb 26 in Bewegung zu setzen, derart dass der Sitz 20 nach hinten verschoben
wird. Mit dem Linearantrieb 26 oder der Führung 25 kann noch ein (nicht dargestellter)
Weggeber verbunden sein, welcher der Steuerung 28 jederzeit die genaue Lage des Sitzes
übermittelt. Im vorliegenden Beispiel wird der Sitz nur in Fahrrichtung nach hinten
und vorne verschoben. Selbstverständlich könnte auch eine Verschiebung in Seitwärtsrichtung
vorgesehen werden. Dazu müsste entweder ein zweiter Sensor oder bevorzugt ein Zweiachsloffühler,
ein weiterer Linearantrieb und eine weitere, quer zur Fahrtrichtung bewegliche Führung
vorgesehen sein.
[0018] Die soeben beschriebene automatische Verstellung des Sitzes kann durch den Benutzer
mittels eines auf der Bedienungskonsole 24 vorgesehenen Bedienungselementes deaktiviert
werden. Mit demselben oder einem weiteren Bedienungselement kann dann der Linearantrieb
26 direkt angesteuert werden. Dadurch wird es möglich, den Sitz, wie in Figur 3 dargestellt,
auch bei horizontal stehendem Chassis ganz nach vorne zu verschieben und damit dem
Benutzer das Auf- und Absteigen zu erleichtern.
[0019] Figur 4 zeigt eine andere Ausführungsart des erfindungsgemässen Fahrzeuges, bei der
das Verstellen des Sitzes anders gelöst ist, als bei der Ausführungsart gemäss den
Figuren 2 und 3. Der Sitz 20 ist bei diesem Beispiel mittels eines Schwenklagers 29
am Chassis abgestützt. Ein Linearantrieb 26 ist mit seinem einen Ende am Chassis und
mit dem anderen am Sitz schwenkbar befestigt. Falls eine Verstellung des Sitzes nur
in der Fahrtrichtung erfolgen soll, können zwei Axiallager das Schwenklager 29 bilden.
Wenn auch eine Verstellung quer zur Fahrtrichtung möglich sein soll, kann das Schwenklager
29 als kardanisches Lager ausgeführt sein. In diesem Fall wäre ein zweiter Linearantrieb
26 für die Bewegung des Sitzes quer zur Fahrtrichtung vorzusehen. Anders als bei der
Ausführungsart gemäss den Figuren 2 und 3 ist beim Beispiel nach den Figuren 4 und
5 der Sensor 27 nicht mit dem Chassis 1, sondern mit dem Sitz 20 verbunden. Der Sensor
27, die Steuerung 28 und der Linearantrieb 26 sind dabei so ausgelegt, dass - innerhalb
des Hubbereichs des Linearantriebes - der Sitz stets automatisch in die Horizontallage
gebracht wird. Diese Ausführungsart hat den Vorteil, dass neben dem durch die Erfindung
angestrebten Ziel, den Gesamtschwerpunkt in Richtung zur geneigten Fläche zu verstellen,
auch das Ziel erreicht wird, dem Benutzer beim Befahren einer geneigten Fläche eine
bequeme und sichere Sitzposition zu ermöglichen. Figur 5 zeigt eine Situation, bei
der das erfindungsgemässe Fahrzeug auf einer in Fahrtrichtung abwärts geneigten Fläche
30 steht. Selbstverständlich kann auch bei dieser Ausführungsart die im Zusammenhang
mit Figur 2 beschriebene Möglichkeit der manuellen Sitzpositionsverstellung vorgesehen
sein.
1. Fahrzeug für Behinderte, mit einem Chassis (1), an dem mindestens drei Räder (21,
22) befestigt sind, von denen mindestens eines durch einen ebenfalls am Chassis befestigten
Elektromotor (11) antreibbar und mindestens eines lenkbar ist, und mit einem Sitz
(20) für den Benutzer, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz mittels mindestens eines
Verstellantriebes (26) verstellbar am Chassis gehalten ist und dass der Verstellantrieb
den Sitz in Abhängigkeit von einer durch Sensormittel (27) feststellbaren, von einer
Horizontallage abweichenden Lage des Chassis oder des Sitzes verstellt, wodurch beim
Befahren einer geneigten Fläche (30) der Gesamtschwerpunkt von Fahrzeug und Benutzer
automatisch in Richtung der ansteigenden Fläche verstellt wird.
2. Fahrzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es vier Räder (21, 22) aufweist,
von denen zwei antreibbar und zwei lenkbar sind.
3. Fahrzeug nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das
Chassis (1) als im wesentlichen plattenförmiges Bauteil ausgebildet ist.
4. Fahrzeug nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es zwei
unabhängige, je auf ein Rad wirkende Antriebseinheiten aufweist, welche je aus einem
Motor (11) und einem Getriebe (2) bestehen, wobei sich zwischen Getriebe und Rad eine
Kupplung (5) befindet, mit welcher der Benutzer den Antrieb abkuppeln kann.
5. Fahrzeug nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupplung (2) eine Klauenkupplung
ist, die mittels eines selbsthemmenden Exzentermechanismus (9) entgegen der Kraft
einer Feder (4) in die ausgerückte Stellung bringbar ist.
6. Fahrzeug nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der
Verstellantrieb als Linearantrieb (26) ausgebildet ist.
7. Fahrzeug nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der
Sitz (20) mittels einer Längsführung (25) am Chassis gelagert und durch den Verstellantrieb
(26) in Fahrtrichtung nach vorne und hinter verstellbar ist und dass die Sensormittel
(27) am Chassis (1) angeordnet sind.
8. Fahrzeug nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz (20) mittels einer
quer zur genannten Längsführung (25) angeordneten weiteren Längsführung am Chassis
gelagert und durch den genannten Verstellantrieb (26) und einen weiteren Verstellantrieb
sowohl in Fahrtrichtung nach vorne und hinten als auch seitwärts links und rechts
verstellbar ist.
9. Fahrzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz (20)
mittels eines Lagers (29) am Chassis um eine Achse schwenkbar gelagert und durch den
Verstellantrieb (26) in Fahrtrichtung nach vorne und hinten verschwenkbar ist und
dass die Sensormittel (27) am Sitz angeordnet sind.
10. Fahrzeug nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz (20) mittels des genannten
Lagers (29) am Chassis um einen Punkt schwenkbar gelagert ist, beispielsweise indem
das Lager als kardanisches Lager ausgeführt ist und dass der Sitz durch den genannten
Verstellantrieb (26) und einen weiteren Verstellantrieb sowohl in Fahrtrichtung nach
vorne und hinten als auch seitwärts links und rechts verschwenkbar ist.
11. Fahrzeug nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein
Bedienungselement vorhanden ist, mit dem der Benutzer den Verstellantrieb (26) manuell
beeinflussen kann, um den Sitz in eine gewünschte Position zu bringen, beispielsweise
in die vorderste Position, um dem Benutzer das Ein- uns Aussteigen zu erleichtern.