[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Stranggießen von in
ihrem Innenbereich zumindest einen Hohlraum aufweisenden Werkstücken mit geringen,
über den Querschnitt sich verändernden Wandstärken.
[0002] Aus der DB 195 29 931 C1 ist eine Plattenkokille zur Erzeugung von Strängen aus Stahl
bekannt, bei welcher die Breitseitenwände mindestens drei nebeneinander liegende und
voneinander unabhängige Kühlsegmente aufweisen. Hierdurch soll es möglich sein, eine
differenzierte Aussage über den partiellen Wärmestrom über die Kokillenbreite zu machen.
[0003] Die DE 32 04 339 A1 beschreibt eine Stranggußkokille zum Gießen von Trägerrohlingen,
welche mit Kühlmittelleitungen versehen ist.
[0004] Eine weitere Vorrichtung sowie ein entsprechendes Verfahren sind aus der DE-OS 26
50 016 bekannt. Bei diesem als Extrudieren bezeichneten Verfahren wird aus einem flüssigen
Metall in einem Formwerkzeug, in diesem Fall als Extrudiermatrize bezeichnet, als
Werkstück ein Endlosstrang abgezogen.
[0005] Aus der DE-PS 429 217 ist ein Verfahren zur Herstellung von Rohren, Drähten usw.
bekannt, welches das bekannte Schleudergußverfahren mit dem ebenfalls bekannten Strangpreßverfahren
verbindet.
[0006] Des weiteren beschreibt die DE 31 50 684 C2 ein halbkontinuierliches Stranggießverfahren
für Metalle mit nach oben abzuziehendem Strang. Durch das dort beschriebene, sehr
komplizierte Verfahren soll sichergestellt werden, daß sich auch aus komplexen Legierungen
seigerungsfreie Stränge ausgezeichneter Qualität bei hoher Produktionsleistung herstellen
lassen.
[0007] Durch sämtliche der oben beschriebenen Verfahren und Vorrichtungen ist es nachteiligerweise
nicht möglich, Werkstücke mit komplizierten Querschnitten, welche insbesondere unterschiedliche
Dicken aufweisen, durch Stranggießen herzustellen.
[0008] Die Verfahren Stranggießen und Strangpressen sind außer aus den oben genannten Schriften
auch aus dem allgemeinen Stand der Technik bekannt. Um beliebige, je nach Verwendungszweck
teilweise recht komplizierte Profile herzustellen, wird meist ein Halbzeug durch Stranggießen
hergestellt und anschließend durch Strangpressen in die endgültige Form gebracht.
[0009] Der hohe Fertigungsaufwand und die damit verbundenen hohen Kosten dieses Verfahrens
und der dabei verwendeten Vorrichtungen sind jedoch sehr nachteilig.
[0010] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Vorrichtung und ein Verfahren
zum Stranggießen zu schaffen, mit welchen auch Werkstücke von kompliziertem Querschnitt
mit unterschiedlichen, über den Querschnitt sich verändernden Dicken bzw. Wandstärken
hergestellt werden können.
[0011] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die in Anspruch 1 genannten Merkmale gelöst.
[0012] Eine verfahrensmäßige Lösung ergibt sich aus den in Anspruch 9 genannten Merkmalen.
[0013] Durch die enfindungsgemäße Auslegung des Temperierungssystems des Formwerkzeugs können
nunmehr Bereiche des herzustellenden Werkstücks mit größerer Wandstärke stärker gekühlt
werden und Bereiche mit geringerer Wandstärke können Weniger stark gekühlt oder sogar
beheizt werden. Dadurch ist es möglich, Werkstücke mit beliebigem, insbesondere mit
kompliziertem Querschnitt durch Stranggießen herzustellen, da die Erstarrungsfront,
also der Bereich in dem die Schmelze in das fertige Werkstück übergeht, trotz der
unterschiedlichen Wandstärken nunmehr gleichmäßig über den Querschnitt verteilt ist.
Man könnte auch von einem symmetrisch Verlauf der Erstarrungsfront über den Querschnitt
sprechen, bei dem das Mittel der zuletzt erstarrenden Bereiche sich in der Art einer
Kraftresultierenden im Mittelpunkt des Werkstücks befindet. Vorteilhafterweise tritt
nunmehr der gegossene Strang geradlinig aus dem Formwerkzeug aus.
[0014] Die bisherige Problematik, daß Bereiche mit größerer Wandstärke eine längere Erstarrungszeit
haben als Bereiche mit geringerer Wandstärke und dadurch sehr starker Verzug an dem
aus der Kokille austretenden Strang auftreten würde, ist somit nicht mehr gegeben.
[0015] Durch das erfindungsgemäße Verfahren ist es möglich, auf das Strangpressen zu verzichten,
das bisher zusätzlich zum Stranggießen notwendig war, um Werkstücke mit komplizierteren
Querschnitten herzustellen.
[0016] Eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung geht aus den Unteransprüchen 2 bis
4 hervor.
[0017] Durch das Anpassen der Anzahl bzw. des Durchmessers der Kühlmittelleitungen bzw.
der Heizleitungen ergibt sich eine einfache konstruktive Umsetzung der erfindungsgemäßen
Auslegung des Temperierungssystems.
[0018] Eine alternative Möglichkeit der Ausführung des erfindungsgemäßen Temperierungssystems
des Formwerkzeugs ergibt sich aus den Unteransprüchen 5 und 6.
[0019] Durch die geringere Höhe bzw. Länge des Formwerkzeugs in den Werkstückbereichen mit
geringerer Wandstärke ergibt sich eine geringere wirksame Höhe des Temperierungssystems,
welches somit einen geringeren Kühleffekt in den Bereichen mit geringerer Wandstärke
des herzustellenden Werkstücks erzeugt.
[0020] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den weiteren
Unteransprüchen und aus dem nachfolgend anhand der Zeichnung prinzipmäßig dargestellten
Ausführungsbeispiel.
[0021] Es zeigt:
- Fig. 1
- die erfindungsgemäße Vorrichtung zum Stranggießen in einer stark schematisierten Darstellung;
- Fig. 2
- eine erste Ausführungsform des erfindungsgemäßen Formwerkzeugs im Schnitt nach der
Linie II-II aus Fig. 1; und
- Fig. 3
- eine zweite Ausführungsform des erfindungsgemäßen Formwerkzeugs in einer Vorderansicht.
[0022] Gemäß Fig. 1 ist eine Vorrichtung 1 zum Stranggießen mit einem Schmelztiegel 2, einer
Einfülleinrichtung 3 und einem Formwerkzeug 4 dargestellt. Aus dem Formwerkzeug 4
tritt an dessen Unterseite ein durch Stranggießen hergestelltes Werkstück 5 aus bzw.
dieses wird durch geeignete Einrichtungen abgezogen.
[0023] In den Schmelztiegel 2 wird an dessen Oberseite Schmelze 6 eingefüllt, welche in
diesem Fall durch ihren eigenen hydrostatischen Druck über die Einfülleinrichtung
3 in das Formwerkzeug 4 gelangt. In nicht dargestellter Art und Weise wäre es auch
möglich, die Schmelze 6 über einen pulsierenden Druckerzeuger, wie z.B. einen Stempel
oder einen Extruder, dem Formwerkzeug 4 zuzuführen. Dies wäre insbesondere dann sinnvoll,
wenn höhere Preßkräfte erforderlich wären. In beiden Fällen könnte die Zuführung der
Schmelze 6 dabei auch in horizontaler Richtung erfolgen. Aus der Schmelze 6 entsteht
in dem Formwerkzeug 4 durch Erstarrung das Werkstück 5.
[0024] Fig. 2 zeigt einen Schnitt durch das Formwerkzeug 4, welches in an sich bekannter
Weise mit einem Temperierungssystem 7 versehen ist. Das Temperierungssystem 7 weist
Kühlmittelleitungen 8 und im vorliegenden Fall auch Heizleitungen 9 auf. Das Temperierungssystem
7 ist dafür vorgesehen, die Schmelze 6 bzw. das Werkstück 5 so abzukühlen, daß sich
bis zum Austreten des Werkstücks 5 an der Unterseite des Formwerkzeugs 4 eine gleichmäßige,
symmetrische Erstarrungsfront bildet und kein Verzug des Werkstücks 5 entsteht. Vielmehr
tritt dieses geradlinig aus dem Formwerkzeug 4 aus.
[0025] Das Werkstück 5, welches durch einen Hohlraum 10 in dem Formwerkzeug 4 gebildet wird,
weist in seinem Querschnitt Bereiche 11 mit einer größeren Wandstärke d
1 und Bereiche 12 mit einer geringeren Wandstärke d
2 auf. In den Bereichen 11 mit größeren Wandstärken d
1 befinden sich mehr Kühlmittelleitungen 8 als in den Bereichen 12 mit der geringeren
Wandstärke d
2, wo sich gegebenenfalls auch Heizleitungen 9 befinden können.
[0026] Dies ist der Fall, weil die Bereiche 11 mit den größeren Wandstärken d
1 eine längere Erstarrungszeit benötigen als die Bereiche 12 mit den geringeren Wandstärken
d
2. Die Kühlmittelleitungen 8 und die Heizleitungen 9 müssen so angeordnet und aufeinander
abgestimmt sein, daß das Werkstück 5 gleichmäßig erstarrt. Es wird jedoch beispielsweise
in den Bereichen 11 an den Wänden zu dem Formwerkzeug 4 noch immer zu einer schnelleren
Erstarrung kommen als in der Mitte der Bereiche 11, so daß die Erstarrungsfront hier
in der Art einer Parabel verlaufen wird. Am Ausgang aus dem Formwerkzeug 4 ist zumindest
die äußere Schale des Werkstücks 5 erstarrt, es kann jedoch bereits im Formwerkzeug
4 ein vollständig durcherstarrtes Werkstück 5 vorliegen.
[0027] Bei dem Werkstück 5 handelt es sich hierbei um ein Hohlprofil mit einer Aussparung
in seinem Innenbereich, weshalb das Formwerkzeug 4 auch einen an sich bekannten Dorn
13 aufweist, welcher ebenfalls mit Kühlmittelleitungen 8 und gegebenenfalls mit Heizleitungen
9 versehen ist. Statt des Dorns 13 könnte alternativ auch eine ebenfalls bekannte
Brückenmatrize vorgesehen sein. Auch diese könnte mit Kühlmittelleitungen 8 und gegebenenfalls
mit Heizleitungen 9 versehen sein.
[0028] In einem nicht dargestellten Ausführungsbeispiel kann auch vorgesehen sein, daß die
Kühlmittelleitungen 9 in den Bereichen 11 mit größerer Wandstärke d
1 einen größeren Durchmesser aufweisen als die Kühlmittelleitungen 8 in den Bereichen
12 mit geringerer Wandstärke d
2. Auch eine Anpassung des Volumenstroms in den Kühlmittelleitungen 8 bzw. den Heizleltungen
9 an die notwendige Kühlung des Werkstücks 5 ist möglich.
[0029] Durch die beiden beschriebenen Anordnungen werden die Bereiche 11 des Werkstücks
5 mit der größeren Wandstärke d
1 stärker gekühlt als die Bereiche 12 des Werkstücks 5 mit der geringerer Wandstärke
d
2. Durch die sich am unteren Rand des Formwerkzeuges 4 ergebende gleichmäßig erstarrende
Schicht des Werkstücks 5 können durch das Formwerkzeug 4 Werkstücke 5 mit beliebigem
Querschnitt hergestellt werden, insbesondere mit unterschiedlichen, sich über den
Querschnitt verändernden Wandstärken und mit zumindest einem Hohlraum in ihrem Innenbereich.
[0030] Fig. 3 zeigt eine weiteres Ausführungsbeispiel des Formwerkzeugs 4 mit Kühlmittelleitungen
8, welches hier verschiedene Höhen bzw. Längen aufweist, um die unterschiedlichen
Erstarrungszeiten durch die unterschiedlichen Wandstärken d
1 und d
2 des Werkstücks 5 zu berücksichtigen. Aus Übersichtlichkeitsgründen ist der Hohlraum
10 und der Dorn 13 des Formwerkzeugs 4 in Fig. 3 nicht dargestellt. In den Bereichen
11 (nicht dargestellt) mit der größeren Wandstärke d
1 des herzustellenden Werkstücks 5 weist das Formwerkzeug 4 eine größere Höhe h
1 auf als in den Bereichen 12 mit der geringeren Wandstärke d
2, wo das Formwerkzeug 4 lediglich die Höhe h
2 aufweist. In den Bereichen 12 mit niedrigerer Höhe h
2 ist in der Einfülleinrichtung 3 ein Einfließbereich 14 vorgesehen, dessen Höhe h
3 der Differenz zwischen der Höhe h
1 der höheren Bereiche 11 und der Höhe h
2 der flacheren Bereiche 12 entspricht.
[0031] Bei Werkstücken 5 mit sehr komplizierten Querschnitten können sich selbstverständlich
noch weitere Höhendifferenzen der entsprechenden Bereiche ergeben, so daß letztendlich
ein Formwerkzeug 4 mit einer vollständig an das Werkstück 5 angepaßten Kontur entsteht.
[0032] In den Bereichen 11 ergibt sich somit eine stärkere Kühlung durch die Kühlmittelleitungen
8 als in den Bereichen 12, die aufgrund ihrer geringen Höhe h
2 auch kürzere Kühlmittelleitungen 8 aufweisen.
[0033] Somit ist auch durch dieses Formwerkzeug 4 die Herstellung von Werkstücken 5 mit
beliebigen Querschnitten durch Stranggießen möglich, und es muß nicht wie bisher ein
zusätzlicher Arbeitsschritt, nämlich das Strangpressen, durchgeführt werden.
[0034] Selbstverständlich ist es auch möglich, sowohl unterschiedliche Höhen des Formwerkzeugs
4 als auch die oben beschriebene Verteilung der Kühlmittelleitungen 8 und der Heizleitungen
9 miteinander in einem Formwerkzeug 4 zu kombinieren.
1. Vorrichtung (1) zum Stranggießen von in ihrem Innenbereich zumindest eine Aussparung
aufweisenden Werkstücken (5) mit geringen, über den Querschnitt sich verändernden
Wandstärken, mit einem Schmelztiegel (2), einer Einfülleinrichtung (3) und mit einem
Formwerkzeug (4), welches mit einem Temperierungssystem (7) versehen ist, wobei das
Temperierungssystem (7) des Formwerkzeugs (4) so ausgelegt ist, daß Bereiche (11)
des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer größeren Wandstärke (d1) stärker kühlbar sind, und daß Bereiche (12) des herzustellenden Werkstücks (5) mit
einer geringerer Wandstärke (d2) weniger stark kühlbar und/oder beheizbar sind.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß das Temperierungssystem (7) des Formwerkzeugs (4) Kühlmittelleitungen (8) und
gegebenenfalls Heizleitungen (9) aufweist.
3. Vorrichtung nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, daß in den Bereichen (11) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer größeren Wandstärke
(d1) eine größere Anzahl von Kühlmittelleitungen (8) vorgesehen sind als in den Bereichen
(12) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer geringerer Wandstärke (d2).
4. Vorrichtung nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, daß in den Bereichen (11) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer größeren Wandstärke
(d1) die Kühlmittelleitungen (8) einen größeren Durchmesser aufweisen als in den Bereichen
(12) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer geringerer Wandstärke (d2), oder daß in den Bereichen (12) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer geringerer
Wandstärke (d2) Heizleitungen (9) vorgesehen sind.
5. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß das Formwerkzeug (4) in den Bereichen (11) mit der größeren Wandstärke (d1) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer größeren Höhe (h1) als in den Bereichen (12) mit der geringeren Wandstärke (d2) des herzustellenden Werkstücks (5) ausgebildet ist.
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet, daß in den Bereichen (12) mit niedrigerer Höhe (h2) ein Einfließbereich (14) in der Einfülleinrichtung (3) vorgesehen ist, dessen Höhe
(h3) der Differenz zwischen der Höhe (h1) der höheren Bereiche (11) und der Höhe (h2) der flacheren Bereiche (12) entspricht.
7. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Formwerkzeug (4) einen Dorn (13) aufweist, welcher mit Kühlmittelleitungen
(8) und gegebenenfalls Heizleitungen (9) aufweist.
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß für die Zufuhr der Schmelze (6) in das Formwerkzeug (4) der hydrostatische Druck
der Schmelze (6) und/oder ein pulsierender Stempel und/oder ein Extruder vorgesehen
ist.
9. Verfahren zum Stranggießen von in ihrem Innenbereich zumindest eine Aussparung aufweisenden
Werkstücken (5) mit geringen, über den Querschnitt sich verändernden Wandstärken,
wobei einem Schmelztiegel (2) Schmelze (6) zugeführt wird, welche in ein mit einem
Temperierungssystem (7) versehenes Formwerkzeug (4) eingeführt wird, wobei in dem
Formwerkzeug (4) Bereiche (11) des herzustellenden Werkstücks (5) mit einer größeren
Wandstärke (d1) stärker gekühlt werden und Bereiche (12) des herzustellenden Werkstücks (5) mit
einer geringeren Wandstärke (d2) weniger stark gekühlt und/oder beheizt werden.