(19)
(11) EP 0 968 780 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.01.2000  Patentblatt  2000/01

(21) Anmeldenummer: 99112239.1

(22) Anmeldetag:  25.06.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B22D 11/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 02.07.1998 DE 19829605

(71) Anmelder: SMS SCHLOEMANN-SIEMAG AKTIENGESELLSCHAFT
40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Lippold, Carsten, Dipl.-Ing.
    63110 Rodgau (DE)
  • Hoen, Karl, Dr.Ing.
    57250 Netphen (DE)
  • Bernhardt, Jürgen, Dipl.-Ing.
    40235 Düsseldorf (DE)
  • Parschat, Lothar, Dipl.-Ing.
    40885 Ratingen (DE)

(74) Vertreter: Valentin, Ekkehard, Dipl.-Ing. 
Patentanwälte Hemmerich-Müller-Grosse- Pollmeier-Valentin-Gihske Hammerstrasse 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)

   


(54) Strangabzugsverfahren


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Strangabzugsverfahren für einen in einer Bogenstranggießanlage gegossenen Metallstrang (5), insbesondere ein Stahlband (5), wobei der Metallstrang (5) zunächst aus einer Gießkokille (1) senkrecht abgezogen wird, dem Metallstrang (5) sodann in einem mit einem Eingangsmoment (Fe) angetriebenen Bogeneingangstreiber (3) eine Bogenform aufgeprägt wird und der Metallstrang (5) schließlich nach Erreichen einer waagrechten Stranglaufrichtung (x) in einem mit einem Ausgangsmoment (Fa) angetriebenen Bogenausgangstreiber (4) geradegerichtet wird. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß dem Bogeneingangstreiber (3) eine Eingangs- (ve) und dem Bogenausgangstreiber (4) eine Ausgangsgeschwindigkeit (va) vorgegeben werden, daß das Eingangs- (Fe) und das Ausgangsmoment (Fa) erfaßt werden und daß die Ausgangsgeschwindigkeit (va) derart eingestellt wird, daß sowohl das Eingangs- (Fe) als auch das Ausgangsmoment (Fa) einen positiven Wert aufweisen.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Strangabzugsverfahren für einen in einer Bogenstranggießanlage gegossenen Metallstrang, insbesondere ein Stahlband, wobei der Metallstrang zunächst aus einer Gießkokille senkrecht abgezogen wird, dem Metallstrang sodann in einem mit einem Eingangsmoment angetriebenen Bogeneingangstreiber eine Bogenform aufgeprägt wird und der Metallstrang schließlich nach Erreichen einer waagrechten Stranglaufrichtung in einem mit einem Ausgangsmoment angetriebenen Bogenausgangstreiber geradegerichtet wird.

[0002] Derartige Strangabzugsverfahren sind allgemein bekannt. Bei ihnen wird der gegossene Metallstrang mittels eines angetriebenen Bogeneingangstreibers, auch Biegetreiber genannt, aus der Senkrechten in eine Bogenform abgebogen. Nach Erreichen der Waagrechten wird der Metallstrang dann mittels eines angetriebenen Bogenausgangstreibers, auch Richttreiber genannt, wieder gerade gebogen, so daß er die Bogenstranggießanlage in einer waagrechten Stranglaufrichtung verläßt.

[0003] Im optimalen Fall verläuft der Strang zwischen dem Bogeneingangs- und dem Bogenausgangstreiber weitgehend kreisbogenförmig. Bereits geringfügige Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Treibern führen aber dazu, daß der Metallstrang aus seiner Ideallinie ausgelenkt wird. Der Metallstrang verläuft dann entweder sehnenförmig oder hängt sackartig durch. Die Geschwindigkeitunterschiede können daher zu Betriebsstörungen bis hin zu einer Unterbrechung des Gießbetriebes führen. Ferner wird in jedem Fall die Qualität des gegossenen Metallstrangs negativ beeinflußt.

[0004] Aus dem Fachbuch

Stranggießen von Stahl - Einführung und Grundlagen" von Hans Schrewe, Verlag Stahleisen mbH, Düsseldorf 1987, Seiten 13 und 46 bis 50 ist ein Strangabzugsverfahren für einen in einer Bogenstranggießanlage gegossenen Metallstrang, insbesondere ein Stahlband, bekannt, wobei der Metallstrang zunächst aus einer Gießkokille senkrecht abgezogen wird, dem Metallstrang sodann in einem Bogeneingangstreiber eine Bogenform aufgeprägt wird, der Metallstrang sodann in einem Vielrollenantrieb geführt wird und der Metallstrang in mehreren Schriften gerade gerichtet wird, so daß er nach Erreichen einer waagrechten Stranglaufrichtung aus der Bogenstranggießanlage ausläuft.

[0005] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Strangabzugsverfahren zur Verfügung zu stellen, mittels dessen ein Abweichen des gegossenen Metallstrangs von seiner Ideallinie möglichst vermieden wird.

[0006] Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß dem Bogeneingangstreiber eine Eingangs- und dem Bogenausgangstreiber eine Ausgangsgeschwindigkeit vorgegeben werden, daß das Eingangs- und das Ausgangsmoment erfaßt werden und daß die Ausgangsgeschwindigkeit derart eingestellt wird, daß sowohl das Eingangs- als auch das Ausgangsmoment einen positiven Wert aufweisen.

[0007] Vorzugsweise wird die Ausgangsgeschwindigkeit erniedrigt, wenn der Quotient von Ausgangsmoment zu Eingangsmoment einen Quotientensollwert übersteigt, und umgekehrt die Ausgangsgeschwindigkeit erhöht, wenn der Quotient von Ausgangsmoment zu Eingangsmoment den Quotientensollwert unterschreitet. Denn dadurch wird die Ideallinie noch besser eingehalten.

[0008] Vorzugsweise wird der Quotientensollwert erhöht, wenn nach einem Erniedrigen der Ausgangsgeschwindigkeit die Summe von Ausgangsmoment und Eingangsmoment steigt und umgekehrt der Quotientensollwert erniedrigt, wenn nach einem Erhöhen der Ausgangsgeschwindigkeit die Summe von Ausgangsmoment und Eingangsmoment steigt. Denn dadurch stellt die Bogenstranggießanlage selbsttätig einen optimalen Strangverlauf ein. Gleichzeitig wird sie mit minimalem Energieaufwand betrieben.

[0009] Weitere Vorteile und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines Ausführungsbeispiels. Dabei zeigen in Prinzipdarstellung
Figur 1
ein Blockschaltbild einer Bogenstranggießanlage und
Figur 2
ein Flußdiagramm zur Steuerung der Bogenstranggießanlage.


[0010] Gemäß Figur 1 weist eine Bogenstranggießanlage eine Gießkokille 1, einen darunter angeordneten Kühlkörper 2, einen Bogeneingangstreiber 3 und einen Bogenausgangstreiber 4 auf. In der Gießkokille 1 wird flüssiges Metall, z.B. Stahl, zu einem Metallstrang 5, z.B. einem Vorband, gegossen. Das Metall erstarrt zunächst an seinen Außenseiten und wird mit noch flüssigem Kern senkrecht aus der Gießkokille 1 abgezogen. Beim Durchlaufen des Kühlkörpers 2 wird der Metallstrang 5 soweit abgekühlt, daß er auch in seinem Kern durcherstarrt.

[0011] Nach dem Durcherstarren durchläuft der Metallstrang 5 den Bogeneingangstreiber 3. Der Bogeneingangstreiber 3 weist angetriebene Eingangsrollen 6 auf. Die Eingangsrollen 6 werden mit einem Eingangsmoment Fe angetrieben. Mittels der Eingangsrollen 6 wird der Metallstrang 5 mit einer Gießgeschwindigkeit vG aus der Gießkokille 1 abgezogen. Ferner wird dem Metallstrang 5 mittels einer Biegerolle 6' eine Bogenform aufgeprägt, d.h. er wird aus der Senkrechten abgebogen.

[0012] Nach Durchlaufen des Bogeneingangstreibers 3 läuft der Metallstrang 5 frei bis zum Bogenausgangstreiber 4. Nach dem Eintreten des Metallstrangs 5 in den Bogenausgangstreiber 4 erreicht der Metallstrang 5 eine waagrechte Stranglaufrichtung x. Der Bogenausgangstreiber 4 weist angetriebene Ausgangsrollen 7 auf. Die Ausgangsrollen 7 werden mit einem Ausgangsmoment Fa angetrieben. Mittels der Ausgangsrollen 7 wird der Metallstrang 5 weitergefördert. Ferner wird der Metallstrang 5 mittels der Ausgangsrollen 6 wieder geradegerichtet, d.h. er wird aus der Bogenform in die Waagrechte zurückgebogen.

[0013] Die Antriebe für den Bogeneingangstreiber 3 und den Bogenausgangstreiber 4 können beliebiger Art sein. Meist werden Elektromotoren eingesetzt. Insbesondere bei Elektromotoren sind die aufgebrachten Momente Fe, Fa leicht erfaßbar.

[0014] Der Bogeneingangstreiber 3 und der Bogenausgangstreiber 4 sind geschwindigkeitsgeregelt. Ihnen werden also eine Eingangs- und eine Ausgangsgeschwindigkeit ve, va vorgegeben. Die Eingangsgeschwindigkeit ve ist dabei durch die Gießgeschwindigkeit vG vorgegeben. Die Ausgangsgeschwindigkeit va hingegen steht als Regelparameter zur Verfügung. Anstelle der Geschwindigkeiten ve, va können selbstverständlich auch die Drehzahlen der Rollen 6, 7 geregelt werden.

[0015] Zum Regeln der Ausgangsgeschwindigkeit va werden gemäß Figur 2 das Eingangs- und das Ausgangsmoment Fe, Fa erfaßt. Wenn das Eingangsmoment Fe einen negativen Wert aufweist, wird die Ausgangsgeschwindigkeit va erniedrigt, da dann der Metallstrang 5 vom Bogenausgangstreiber 4 zu schnell gefördert wird. Wenn umgekehrt das Ausgangsmoment Fa einen negativen Wert aufweist wird die Ausgangsgeschwindigkeit va erhöht, da dann der Metallstrang 5 vom Bogenausgangstreiber 4 zu langsam gefördert wird. Wenn sowohl das Eingangs- als auch das Ausgangsmoment Fe, Fa einen positiven Wert aufweisen, ist die Förderleistung auf beide Treiber 3, 4 verteilt, was dem anzustrebenden Zustand entspricht. Im Ergebnis wird also die Ausgangsgeschwindigkeit va derart eingestellt wird, daß sowohl das Eingangs- als auch das Ausgangsmoment Fe, Fa einen positiven Wert aufweisen.

[0016] Um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Förderleistung auf beide Treiber 3, 4 zu gewährleisten, wird ein Quotientensollwert n festgelegt. Wenn der Quotient von Ausgangsmoment Fa zu Eingangsmoment Fe den Quotientensollwert n übersteigt, wird die Ausgangsgeschwindigkeit va erniedrigt. Wenn umgekehrt der Quotient von Ausgangsmoment Fa zu Eingangsmoment Fe den Quotientensollwert n unterschreitet, wird die Ausgangsgeschwindigkeit va erhöht. Der Quotientensollwert n weist vorzugsweise einen Wert oberhalb von Eins auf.

[0017] Das Erhöhen bzw. Erniedrigen der Ausgangsgeschwindigkeit va ist gemäß Figur 2 ein iterativer Prozeß. Bei jeder Iteration wird die Summe S von Ausgangsmoment Fa und Eingangsmoment Fe gebildet und mit der Summe S' von Ausgangsmoment Fa' und Eingangsmoment Fe' der vorhergehenden Iteration verglichen. Wenn die Summe S von Ausgangsmoment Fa und Eingangsmoment Fe der aktuellen Iteration die Summe S' von Ausgangsmoment Fa' und Eingangsmoment Fe' der vorhergehenden Iteration nicht übersteigt, bleibt der Quotientensollwert n unverändert. Wenn hingegen die Summe S von Ausgangsmoment Fa und Eingangsmoment Fe der aktuellen Iteration die Summe S' von Ausgangsmoment Fa' und Eingangsmoment Fe' der vorhergehenden Iteration übersteigt, ist dies ein Indiz dafür, daß die Bogenstranggießanlage noch nicht optimal betrieben wird. In diesem Fall wird der Quotientensollwert n erhöht, wenn zuvor die Ausgangsgeschwindigkeit va erniedrigt wurde. Umgekehrt wird der Quotientensollwert n erniedrigt, wenn zuvor die Ausgangsgeschwindigkeit va erhöht wurde.

[0018] Mittels des erfindungsgemäßen Strangabzugsverfahrens stellt sich unabhängig von weiteren Parametern wie z.B. der Strangtemperatur, der Strangbreite und - dicke, der Gießgeschwindigkeit vG, der Änderung der Rollendurchmesser durch Verschleiß und der gegossenen Metallart und -qualität automatisch ein optimaler Betrieb der Bogenstranggießanlage ein. Dies ist besonders bei Dünnbrammengießanlagen, mit denen Brammen mit Dicken zwischen 40 mm und 100 mm gegossen werden, von Bedeutung. Denn bei Dünnbrammengießanlagen ist die Gießgeschwindigkeit vG erheblich größer als bei konventionellen Brammenanlagen, so daß ohne korrigierende Regelung schnell kritische Anlagenzustände erreicht werden. Darüber hinaus werden mit dem erfindungsgemäßen Strangabzugsverfahren die Schwingungsneigung des Metallstranges 5 unterdrückt bzw. gedämpft und ein Durchrutschen des Metallstranges 5 verhindert. Auch wird die Geometrie des Metallstranges 5 verbessert. Schließlich wird die Neigung des Metallstranges 5 zum Schräglaufen reduziert, was unter anderem zu einem verbesserten Einlaufverhalten in der Bogenstranggießanlage nachgeschaltete Einheiten führt.

Bezugszeichenliste



[0019] 
1
Gießkokille
2
Kühlkörper
3
Bogeneingangstreiber
4
Bogenausgangstreiber
5
Metallstrang
6
Eingangsrollen
6'
Biegerolle
7
Ausgangsrollen
Fa, Fa',
Fe, Fe'
Momente
n
Quotientensollwert
S, S'
Summen
va, ve,
vG
Geschwindigkeiten
x
Stranglaufrichtung



Ansprüche

1. Strangabzugsverfahren für einen in einer Bogenstranggießanlage gegossenen Metallstrang (5), insbesondere ein Stahlband (5),
wobei der Metallstrang (5) zunächst aus einer Gießkokille (1) senkrecht abgezogen wird,
wobei dem Metallstrang (5) sodann in einem mit einem Eingangsmoment (Fe) angetriebenen Bogeneingangstreiber (3) eine Bogenform aufgeprägt wird und
wobei der Metallstrang (5) schließlich nach Erreichen einer waagrechten Stranglaufrichtung (x) in einem mit einem Ausgangsmoment (Fa) angetriebenen Bogenausgangstreiber (4) geradegerichtet wird,
wobei dem Bogeneingangstreiber (3) eine Eingangs- (ve) und dem Bogenausgangstreiber (4) eine Ausgangsgeschwindigkeit (va) vorgegeben werden,
wobei das Ausgangsmoment (Fa) erfaßt wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß auch das Eingangsmoment (Fe) erfaßt wird und daß die Ausgangsgeschwindigkeit (va) derart eingestellt wird, daß sowohl das Eingangs- (Fe) als auch das Ausgangsmoment (Fa) einen positiven Wert aufweisen.
 
2. Strangabzugsverfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Ausgangsgeschwindigkeit (va) erniedrigt wird, wenn der Quotient von Ausgangsmoment (Fa) zu Eingangsmoment (Fe) einen Quotientensollwert (n) übersteigt, und
daß umgekehrt die Ausgangsgeschwindigkeit (va) erhöht wird, wenn der Quotient von Ausgangsmoment (Fa) zu Eingangsmoment (Fe) den Quotientensollwert (n) unterschreitet.
 
3. Strangabzugsverfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Quotientensollwert (n) erhöht wird, wenn nach einem Erniedrigen der Ausgangsgeschwindigkeit (va) die Summe (S) von Ausgangsmoment (Fa) und Eingangsmoment (Fe) steigt und
daß umgekehrt der Quotientensollwert (n) erniedrigt wird, wenn nach einem Erhöhen der Ausgangsgeschwindigkeit (va) die Summe (S) von Ausgangsmoment (Fa) und Eingangsmoment (Fe) steigt.
 




Zeichnung










Recherchenbericht