(19)
(11) EP 0 969 111 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.01.2000  Patentblatt  2000/01

(21) Anmeldenummer: 98810591.2

(22) Anmeldetag:  26.06.1998
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 21/00, B22D 11/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(71) Anmelder: Alusuisse Technology & Management AG
8212 Neuhausen am Rheinfall (CH)

(72) Erfinder:
  • Plata, Miroslaw
    1963 Vétroz (CH)
  • Bolliger, Martin
    3973 Venthône (CH)
  • Arnold, Grégoire
    3964 Muraz/Sierre (CH)

   


(54) Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften und Verfahren zu seiner Herstellung


(57) Bei einem Verfahren zur Herstellung von Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand wird aus einer Metallschmelze ein Strang mit einem thixotropen Gefüge gegossen, der gegossene Strang zu Bolzen abgelängt und die Bolzen werden zur Einstellung des thixotropen Zustandes vor der Weiterverarbeitung aufgeheizt. Der Strang wird mit einem von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt gegossen und beim Aufheizen der Bolzen zum thixotropen Zustand wird die sich zwischen der tiefsten Temperatur im Kern und der höchsten Temperatur an der Oberfläche des Bolzens einstellende Temperaturdifferenz im Vergleich zu einem Bolzen mit kreisrundem Querschnitt bei gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleiner gehalten bzw. nach kürzerer Aufheizzeit erreicht.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand. Im Rahmen der Erfindung liegt auch ein Verfahren zur Herstellung von Metallbolzen sowie deren Verwendung.

[0002] Bolzen mit thixotropen Eigenschaften werden in bekannter Art durch vertikales oder horizontales Stranggiessen einer Metallegierung hergestellt. Zur Erzeugung des für das thixotrope Verhalten erforderlichen feinkörnigen Gefüges wird die Metallschmelze im Erstarrungsbereich kräftig gerührt, wobei sich vor allem elektromagnetische Rühreinrichtungen bewährt haben. Durch den Rührvorgang werden die sich bildenden Dendriten abgeschert bzw. derart zurückentwickelt, dass diese primär erstarrenden Festteilchen eine im wesentliche globulitische Gestalt annehmen. Solche als Vormaterial dienende Bolzen zeigen nach deren Erwärmung auf eine zwischen Solidus- und Liquidustemperatur der eingesetzten Metallegierung liegende Temperatur thixotrope Eigenschaften. Bei derart erwärmten Bolzen enthält die Metallegierung im thixotropen Zustand die zurückentwickelten dendritischen, primär erstarrten Partikel in einer diese umgebenden Matrix aus flüssigem Metall.

[0003] Aus stranggegossenem Material hergestellte Bolzen, die für eine Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand vorgesehen sind, weisen nach dem Stand der Technik einen kreisrunden Querschnitt auf Beim Aufheizen der Bolzen auf die für die Einstellung des thixotropen Zustandes erforderliche Verarbeitungstemperatur ergibt sich infolge der begrenzten Wärmeleitfähigkeit der Metallegierung zwischen der Bolzenoberfläche und dem Bolzenkern ein Temperaturgefälle, welches um so ausgeprägter in Erscheinung tritt, je höher die Aufheizgeschwindigkeit gewählt wird.

[0004] Zu Einhaltung eines hohen Qualitätsstandards bei Produkten, die durch Verarbeitung von Werkstoffen im thixotropen Zustand gefertigt werden, ist von wesentlicher Bedeutung, dass der Flüssigmetallanteil über dem Bolzenquerschnitt bei der Verarbeitungstemperatur innerhalb von vorgegebenen Toleranzwerten liegt, beispielsweise zwischen 30 und 50%. Insbesondere ist ein starker Anstieg des Flüssigmetallanteils im Bereich der Bolzenoberfläche infolge einer zu hohen Temperatur unbedingt zu vermeiden. In der Praxis erfolgt daher der Energieeintrag in den Bolzen im Bereich des Fest/Flüssig-Übergangs zwischen Solidus- und Liquidustemperatur der Metallegierung so langsam, dass an der Bolzenoberfläche die maximal zulässige Temperatur nicht überschritten wird und die Temperatur im Bolzenkern nicht wesentlich tiefer ist, so dass der Flüssigmetallanteil über dem Bolzenquerschnitt im vorgegebenen Toleranzbereich liegt. Hierbei ist zu beachten, dass mit zunehmender Verweilzeit im Bereich zwischen Solidus- und Liquidustemperatur ein Kornwachstum der primär erstarrten Festteilchen in der diese umgebenden Matrix aus flüssigem Metall eintritt. Diese Teilchenvergröberung wirkt sich negativ auf die am Endprodukt gewünschte feinkörnige Gefügestruktur aus. Eine lange Verweilzeit führt zu einer niedrigen Produktionsgeschwindigkeit der für die Weiterverarbeitung aufgeheizten Bolzen. Die Produktionsgeschwindigkeit kann zwar durch Vergrösserung der Anzahl Heizeinrichtungen erhöht werden, jedoch müssen erhöhte Investitions- und Produktionskosten in Kauf genommen werden.

[0005] Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, Metallbolzen der eingangs genannten Art so auszugestalten, dass im Vergleich zu konventionellen Rundbolzen ein schnelleres Aufheizen auf die für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand erforderliche Temperatur möglich ist.

[0006] Zur erfindungsgemässen Lösung der Aufgabe führt, dass der Bolzen einen von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt aufweist, wobei beim Aufheizen des Bolzens zum thixotropen Zustand die sich zwischen der tiefsten Temperatur im Kern und der höchsten Temperatur an der Oberfläche des Bolzens einstellenden Temperaturdifferenz im Vergleich zu einem Bolzen mit kreisrundem Querschnitt bei gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleiner gehalten bzw. nach kürzerer Aufheizzeit erreicht wird.

[0007] Der wesentliche Kern der Erfindung liegt darin, dass bei Abweichung von der kreisrunden Querschnittsform bei gleichbleibender Querschnittsfläche die Bolzenoberfläche vergrössert und gleichzeitig der Abstand zwischen Bolzenoberfläche und Kern verkleinert wird. Beide Massnahmen bewirken, dass sich beim Aufheizen eines erfindungsgemäss ausgestatteten Bolzens im Vergleich zu einem Rundbolzen nach dem Stand der Technik mit gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleinere Temperaturdifferenzen zwischen der Bolzenoberfläche und dem Bolzenkern einstellen. Dies bedeutet andererseits, dass der zur Weiterverarbeitung erforderliche thixotrope Zustand der Metallegierung mit erfindungsgemäss ausgestalteten Bolzen in kürzerer Zeit erreicht werden kann, da die grössere Bolzenoberfläche beim Aufheizen einen höheren Energieeintrag in den Bolzen erlaubt.

[0008] Grundsätzlich weist jeder Bolzen mit einem von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt den vorstehend erwähnten Vorteil gegenüber Rundbolzen auf. Zusätzlich kann die Bolzenform durch spezielle Querschnittsformen den beispielsweise durch Thixoformen herzustellenden Formteilen besser angepasst werden. Mögliche Formen für eine Bolzenquerschnitt sind beispielsweise oval oder elliptisch, hantel-, kreuz- oder sternförmig, H- oder doppelkreuzförmig.

[0009] Zur Herstellung der erfindungsgemässen Metallbolzen sind alle im Stand der Technik zur Herstellung von Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand beschriebenen Verfahren geeignet, bei denen aus einer Metallschmelze ein Strang mit einem thixotropen Gefüge gegossen, der gegossene Strang zu Bolzen abgelängt und die Bolzen zur Einstellung des thixotropen Zustandes vor der Weiterverarbeitung aufgeheizt werden. Erfindungsgemäss wird die Metallschmelze zu einem Strang mit einem von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt gegossen und beim Aufheizen der Bolzen zum thixotropen Zustand wird die sich zwischen der tiefsten Temperatur im Kern und der höchsten Temperatur an der Oberfläche des Bolzens einstellende Temperaturdifferenz im Vergleich zu einem Bolzen mit kreisrundem Querschnitt bei gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleiner gehalten bzw. nach kürzerer Aufheizzeit erreicht.

[0010] Die erfindungsgemässen Bolzen bzw. deren Herstellung ist nicht auf einen bestimmten Werkstoff beschränkt. Bevorzugte Werkstoffe sind jedoch Aluminium, Magnesium, Kupfer, Stahl sowie deren Legierungen, wobei sich insbesondere bei Leichtmetallen und ganz besonders bevorzugt bei Aluminium- und Magnesiumlegierungen, die beispielsweise auch faser- oder partikelverstärkt sein können, ausgezeichnete Ergebnisse erzielen lassen.

[0011] Die Bolzen werden bevorzugt auf einer Horizontalstranggussanlage mit einer im Bereich der Kokille angeordneten elektromagnetischen Rühreinrichtung durchgeführt. Derartige Anlagen zur Erzeugung eines Metallstranges mit thixotropen Eigenschaften sind im Stand der Technik hinlänglich bekannt. Das Aufheizen der Bolzen zur Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand erfolgt üblicherweise induktiv. Grundsätzlich können jedoch auch andere Heizverfahren bzw. -vorrichtungen eingesetzt werden, mit denen Bolzen rasch und gleichmässig aufgeheizt werden können.

[0012] Ein besonders bevorzugtes Anwendungsgebiet für die erfindungsgemässen Metallbolzen ist die Herstellung von Formteilen durch Thixoformen. Beim Thixoformen wird der durch Aufheizen in den thixotropen Zustand überführte Metallbolzen in eine Füllkammer gegeben und durch Druckbeaufschlagung mittels eines Kolbens in einen Formhohlraum eingebracht bzw. eingeschossen, in welchem die thixotrope Metallegierung als Formteil erstarrt.

[0013] Ein weiteres bevorzugtes Anwendungsgebiet ist die Herstellung eines Profils durch Thixoextrusion. Bei diesem Verfahren wird ein zum thixotropen Zustand aufgeheizter Bolzen durch eine gekühlte Kokille zu einem Profilstrang verpresst.

[0014] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung; diese zeigt schematisch in
- Fig. 1
den Flüssigmetallanteil einer Aluminiumlegierung als Funktion der Temperatur;
- Fig. 2
einen Temperatur-Zeitverlauf beim Aufheizen eines Metallbolzens aus einer Aluminiumlegierung zum thixotropen Zustand;
- Fig. 3
das Temperaturgefälle über dem Querschnitt eines Metallbolzens aus einer Aluminiumlegierung im thixotropen Zustand;
- Fig. 4-9
verschiedene Querschnittsformen von Metallbolzen.


[0015] Fig. 1 zeigt am Beispiel der Legierung AlSi7Mg, dass der Flüssigmetallanteil der Legierung beim Aufheizen im Bereich des binären Eutektikums innerhalb eines schmalen Temperaturbereichs von etwa 2°C von etwa 10 auf 50% ansteigt. Aus dem Diagramm ist ohne weiteres ersichtlich, dass das Temperaturgefälle über dem Querschnitt eines Metallbolzens im thixotropen Zustand zur Erzeugung eines innerhalb schmaler Toleranzgrenzen liegenden Flüssigmetallanteils klein gehalten werden muss. Die in Fig. 2 und 3 gezeigten Diagramme wurden an Rundbolzen von 60 mm Durchmesser aus der obenerwähnten Legierung ermittelt. Die Bolzen wurden in zwei Stufen induktiv aufgeheizt. In einer ersten Stufe erfolgte das Aufheizen mit 100% Heizleistung während 95 sec und anschliessend in einer zweiten Stufe während einer Zeit von 200 bis 350 sec mit einer Heizleistung von 23,6%. Verwendet wurde ein Induktionsofen mit einem Innendurchmesser von 80 mm, die Frequenz wurde auf 1 KHz eingestellt. Die wesentlichen Ergebnisse der Fig. 3 sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Hierbei bedeuten To die Temperatur an der Bolzenoberfläche, TK die Temperatur im Bolzenkern, flo der Flüssigmetallanteil an der Bolzenoberfläche, flK der Flüssigmetallanteil im Bolzenkern und t2 die Aufheizzeit der zweiten Stufe.
Tabelle 1
t2[s] TK[°C] flK [%] To[°C] flo[%]
200 569.2 26.1 571.5 52.0
250 569.5 31.7 572.3 53.0
300 569.8 40.3 574.1 53.9
350 570.1 51.2 575.8 55.1


[0016] Modellrechnungen an Metallbolzen mit von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitten haben gezeigt, dass die Aufheizzeiten zur Erzielung vergleichbarer Temperaturprofile mit vergleichbaren Flüssigmetallanteilen bis zu 50% und mehr reduziert werden können.

[0017] Die Fig. 4 bis 9 zeigen beispielhaft mögliche Querschnittsformen von Metallbolzen. Je nach Anwendungszweck kann sich eine bestimmte Querschnittsform als günstig erweisen. Im wesentlichen ovale, hantel-, kreuz- oder sternförmige sowie H- oder doppelkreuzförmige Bolzenquerschnitte gemäss den Fig. 4 bis 9 eignen sich beispielsweise für die gleichzeitige Herstellung von mehreren Teilen aus einem Bolzen oder auch für grosse Teile. Insbesondere in Kombination mit einem oder mehreren schlitzförmigen Anschnittquerschnitten lässt sich die Palette der durch Thixoformen herzustellenden Teile erweitern. Schlitzförmige Anschnittquerschnitte erhöhen die Scherrate und führen in der Folge zu einer geringeren Presskraft und zu einem besseren Formfüllungsvermögen, was die Herstellung komplex gestalteter Formteile erlaubt.


Ansprüche

1. Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Bolzen einen von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt aufweist, wobei der Bolzen beim Aufheizen zum thixotropen Zustand die sich zwischen der tiefsten Temperatur (TK) im Kern und der höchsten Temperatur (To) an der Oberfläche des Bolzens einstellende Temperaturdifferenz im Vergleich zu einem Bolzen mit kreisrundem Querschnitt bei gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleiner gehalten bzw. nach kürzerer Aufheizzeit erreicht wird.
 
2. Metallbolzen nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen im wesentlichen ovalen oder elliptischen Querschnitt.
 
3. Metallbolzen nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen im wesentlichen hantel-, kreuz- oder sternförmigen Querschnitt.
 
4. Metallbolzen nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch einen im wesentlichen H- oder doppelkreuzförmigen Querschnitt.
 
5. Verfahren zur Herstellung von Metallbolzen mit thixotropen Eigenschaften für die Weiterverarbeitung im thixotropen Zustand, wobei aus einer Metallschmelze ein Strang mit einem thixotropen Gefüge gegossen, der gegossene Strang zu Bolzen abgelängt und die Bolzen zur Einstellung des thixotropen Zustandes vor der Weiterverarbeitung aufgeheizt werden,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Metallschmelze zu einem Strang mit einem von der kreisrunden Form abweichenden Querschnitt gegossen und beim Aufheizen der Bolzen zum thixotropen Zustand die sich zwischen der tiefsten Temperatur (TK) im Kern und der höchsten Temperatur (To) an der Oberfläche des Bolzens einstellende Temperaturdifferenz im Vergleich zu einem Bolzen mit kreisrundem Querschnitt bei gleicher Querschnittsfläche unter gleichen Aufheizbedingungen kleiner gehalten bzw. nach kürzerer Aufheizzeit erreicht wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Strang mit einem im wesentlichen ovalen oder elliptischen Querschnitt gegossen wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Strang mit einem im wesentlichen kreuz- oder sternförmigen Querschnitt gegossen wird.
 
8. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Strang mit einem im wesentlichen H- oder doppelkreuzförmigen Querschnitt gegossen wird.
 
9. Verwendung eines Metallbolzens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 oder Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 5 bis 8 zur Herstellung eines Formteils durch Thixoformen.
 
10. Verwendung eines Metallbolzens nach einem der Ansprüche 1 bis 4 oder Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 5 bis 8 zur Herstellung eines Profils durch Thixoextrusion.
 




Zeichnung










Recherchenbericht