[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Voreinstellen von Kaltverformungsanlagen,
wie Kaltwalzstraßen, Dressiergerüste, Streckbiegerichter, Richtmaschinen und andere.
[0002] Kaltwalzstraßen werden in Reversier- und Tandembauweise aufgrund einer Stichplanvorausberechnung
vor dem Walzbeginn voreingestellt. Dadurch sollen die durch die vorausberechneten
Beanspruchungen verursachten Verformungen der Walzgerüste kompensiert und ein Walzprodukt
mit den gewünschten Abmessungen hergestellt werden.
[0003] Die Berechnung der Beanspruchungen beruht auf der Verfestigungskurve, die den Zusammenhang
zwischen der Verformung (ε) und der Umformfestigkeit

(ε) der unterschiedlichen Werkstoffe als Standardwerte darstellt. Bedingt durch Schwankungen
der chemischen Zusammensetzung, den Unterschieden beim Abkühlen nach dem Warmwalzen
oder während des Glühprozesses und des allgemeinen Gefügezustands weicht die reale
Verfestigungskurve von der Standardverfestigungskurve mehr oder weniger ab. Deshalb
stimmt die auf Standardwerte basierende Stichplanauslegung häufig nicht, wodurch sich
Formabweichungen und Mehraufwand beim Walzen ergeben.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur optimalen Stichplanauslegung
für die jeweilige Walzcharge zu schaffen.
[0005] Die gestellte Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Härte des zu verformenden Materials
kurz vor dessen Kaltverformung gemessen und zur Korrektur seiner Verfestigungskurve
und der darauf basierenden Voreinstellung der Kaltverformungsanlage verwendet wird.
Der Vorteil der Adaption der Verfestigungskurve über eine Härtemessung liegt darin,
dass zum einen Abweichungen in der Umformfestigkeit eines Werkstoffs (abhängig unter
anderem von der chemischen Zusammensetzung, Unterschieden beim Abkühlen nach dem Warmwalzen
oder während des Glühprozesses, Gefügezustand allgemein) ohne Vorinformation direkt
vor Walzbeginn in die Stichplanauslegung eingehen können und das zum anderen unterschiedliche
Werkstoffe mit ähnlichem Verfestigungsverhalten mit nur einer Verfestigungskurve verwaltet
werden können.
[0006] Es ist von Vorteil, dass die Standardverfestigungskurve eines Werkstoffs oder einer
Werkstoffgruppe mit dazugehörenden Standardwerten von Härte, Streckgrenze, Zugfestigkeit
usw. durch additive oder multiplikative Verknüpfung mit einem Korrekturglied korrigiert
wird, das zumindest eine über den gemessenen Härtewert ermittelte Zugfestigkeit enthält.
Die Adaption einer vorhandenen Verfestigungskurve durch additive oder multiplikative
Verknüpfung mit einem Korrekturglied ist auf einfache Weise zu verwirklichen.
[0007] Eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung besteht darin, dass die Differenz zwischen
der mittels Härtemessung vorausberechneten und der beim Walzen effektiv gemessenen
Walzkraft des ersten Gerüstes bzw. des ersten Stiches zur rechnerischen Korrektur
der vorausberechneten Walzkraft des jeweils folgenden Walzgerüstes bei Tandemanlagen
bzw. des folgenden Stiches bei Reversieranlagen verwendet wird. Da eine weitere Adaption
der Verfestigungskurve durch Härtemessung zwischen den Walzgerüsten einer Tandemstraße
nicht möglich ist, wird aus der Differenz zwischen vorausberechneter und gemessener
Walzkraft eines Walzgerüstes ein nur rechnerisch ermittelter Korrekturwert für die
Walzkraft des jeweils folgenden Walzgerüstes ermittelt.
[0008] Bei Reversiergerüsten ist eine Härtemessung vor jedem Stich möglich aber kosten-
und zeitaufwendig. Es ist jedoch ausreichend, die Härte nur im Einlauf vom ersten
Stich zu messen und Abweichungen der daraus abgeleiteten Walzkraft als Korrekturwert
bei dem zweiten Stich zu berücksichtigen. Sollte die dabei gemessene Walzkraft immer
noch zu große Abweichungen von der vorausberechneten aufweisen, ist eine weitere Härtemessung
vor dem dritten Stich sinnvoll.
[0009] Von Vorteil ist auch, wenn die Anpassung der Standardverfestigungskurve nach der
jeweils gemessenen Härte des Walzgutes und nach ausgewerteten Abweichungen und Korrekturwerten
der Walzkraft früherer Walzungen erfolgt. Die statistische Auswertung einer Anzahl
von Walzungen bietet die Gewähr einer treffsicheren Korrektur der dem ersten Walzgerüst
bzw. ersten Stich folgenden Bearbeitungsschritte.
[0010] Wenn die Härtemessung dynamisch und vorzugsweise an mehreren Stellen des zu verformenden
Materials erfolgt, ist die erforderliche Messzeit minimiert und das Messergebnis gemittelt
und somit repräsentativ für die jeweilige Charge. Vorzugsweise wird dabei das bekannte
EQUOTIP-Messverfahren benutzt.
[0011] Dadurch, dass zusätzlich zur Härte auch die Temperatur und die Oberflächenreibung
es zu verformenden Materials gemessen werden, sind weitere wichtige Parameter berücksichtigt,
die die Verfestigungskurve beeinflussen.
[0012] Es ist ferner vorteilhaft, dass die Härtemessung vorzugsweise während verfahrensbedingter
Stillstandszeiten der Kaltverformungsanlagen erfolgt. Dadurch tritt keinerlei Verzögerung
im Produktionsablauf ein. So kann die Härtemessung bei Tandemstraßen vorzugsweise
zwischen Abhaspel und Schweilßmaschine während des Schweißens erfolgen und somit die
Schweißzeit ausnutzen. Entsprechend erfolgt die Härtemessung bei Reversierstraßen,
vorzugsweise in Bereich von deren Dickenmessgeräte während der Eichung derselben und
erfordert ebenfalls keine Zusatzzeit.
[0013] Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung und den
Zeichnungen bzw. Diagrammen, in denen Ausführungsbeispiele der Erfindung schematisch
dargestellt sind.
[0014] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Verfestigungskurve mit additiver Korrektur,
- Fig. 2
- eine Verfestigungskurve mit multiplikativer Korrektur.
[0015] In beiden Figuren 1 und 2 sind die Standardverfestigungskurven mit Verfestigungskraft
k
f0 als Funktion des Verformungswegs (ε) ausgezogen und die korrigierten Verfestigungskurven
k
f1 (ε) gestrichelt dargestellt.
[0016] In Figur 1 unterscheiden sich k
f0 (ε) und k
f1 (ε) durch ein additives Korrekturglied

[0017] Dabei sind:
kf0 (0) = Anfangswert der Standardverfestigungskurve bei ε=0,
H0 = Standardhärtewert
H1 = gemessener Härtewert,
Rm0 = Standardzugfestigkeit.
[0018] Demnach gilt:

[0019] In Figur 2 ist jeder k
f (ε)-Wert mit dem Faktor k(H
0, H
1, R
m0...) multipliziert.
[0020] Demnach gilt:

[0021] Beide Korrekturmodelle geben den Einfluss der gemessenen Härte H
1 auf die Verfestigungskraft k
f1 (ε) wieder.
[0022] Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich nicht nur für Kaltwalzstraßen, sondern
auch für alle Arten von Dressiergerüsten, Streckbiegerichter, Richtmaschinen (Band
und Blech), ebenso für Kaltprofilrichtmaschinen und Kaltwalzstraßen für Profile und
Draht.
1. Verfahren zum Voreinstellen von Kaltverformungsanlagen, wie Kaltwalzstraßen, Dressiergerüste,
Streckbiegerichter, Richtmaschinen und andere, dadurch gekennzeichnet, dass die Härte des zu verformenden Materials kurz vor dessen Kaltverformung gemessen
und zur Korrektur seiner Verfestigungskurve und der daraus basierenden Voreinstellung
der Kaltverformungsanlage verwendet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Standard-Verfestigungskurve eines Werkstoffs oder einer Werkstoffgruppe
mit dazugehörenden Standardwerten von Härte, Streckgrenze, Zugfestigkeit usw. durch
additive oder multiplikative Verknüpfung mit einem Korrekturglied korrigiert wird,
das zumindest eine über den gemessenen Härtewert ermittelte Zugfestigkeit enthält.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Differenz zwischen der mittels Härtemessung vorausberechneten und der beim
Walzen effektiv gemessenen Walzkraft des ersten Gerüstes bzw. des ersten Stiches zur
rechnerischen Korrektur der vorausberechneten Walzkraft des jeweils folgenden Walzgerüstes
bei Tandemanlagen bzw. des folgenden Stiches bei Reversieranlagen verwendet wird.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Anpassung der Standardverfestigungskurve nach der jeweils gemessenen Härte
des Walzgutes und nach ausgewerteten Abweichungen und Korrekturwerten der Walzkraft
früherer Walzungen erfolgt.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Härtemessung dynamisch erfolgt, vorzugsweise nach dem EQUOTIP-Messverfahren.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Härtemessung an mehreren Stellen des zu verformenden Materials erfolgt.
7. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich zur Härte auch die Temperatur und die Oberflächenreibung des zu
verformenden Materials gemessen werden.
8. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Härtemessung vorzugsweise während verfahrensbedingter Stillstandszeiten
der Kaltverformungsanlage erfolgt.
9. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Härtemessung bei Tandemstraßen vorzugsweise zwischen Abhaspel und Schweißmaschine
während des Schweißens erfolgt.
10. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Härtemessung bei Reversierstraßen, vorzugsweise in Bereich von deren Dickenmessgeräte
während der Eichung derselben erfolgt.