[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Fadenführungsvorrichtung zum Aufspulen von
Fäden zu Kreuzspulen, mit zwei gegenläufig rotierbaren, übereinander angeordneten
Fadenführerflügeln zur Verlegung des Fadens in jeweils einer Hubrichtung, wobei in
den Bewegungsumkehrpunkten der Fadenverlegung eine Übergabe des Fadens von dem einen
zum anderen Fadenführerflügel und umgekehrt erfolgt.
[0002] Bei diesen auch als Flügelaggregate bezeichneten und beispielsweise aus der CH-A-448
835 bekannten Fadenführungsvorrichtungen wird der aufzuspulende Faden mit der in Bewegungsrichtung
vorderen Kante des jeweiligen Fadenführerflügels entlang der bogenförmigen Kante einer
Bogenscheibe verschoben, ohne dass der Faden in einer speziellen Führungsöse geführt
werden muss. Dies hat gegenüber den sogenannten Fadenführeraggregaten mit positiver
Fadenführung in einer Führungsöse den Vorteil einer sehr schonenden Behandlung des
Fadens. Es sei darauf hingewiesen, dass in der vorliegenden Beschreibung der Begriff
Faden ein langgestrecktes Textilgut bezeichnet, und somit nicht nur Garne sondern
auch Bänder umfasst.
[0003] Ein weiterer Vorteil der Flügelaggregate ist die hohe Spulgeschwindigkeit. Diese
wird dadurch ermöglicht, dass die Fadenführerflügel immer nur in einer Richtung rotieren
und ihre Bewegungsrichtung nicht ändern müssen. Der Antrieb der Fadenführerflügel
ist mit demjenigen der die Spule antreibenden Spulenwelle zwangsläufig verbunden und
erfolgt über einen von einem gemeinsamen Antriebsmotor angetriebenen Transmissionsriemen.
[0004] Das Aufwickeln oder Aufspulen eines Fadens erfolgt nach verschiedenen Wicklungsarten
oder Wickelgesetzen, von denen heute die sogenannte wilde Wicklung, die Präzisionswicklung
und die Stufenpräzisionswicklung in Verwendung sind. Die relevanten Spulparameter
für die verschiedenen Wickelgesetze sind insbesondere das sogenannte Windungsverhältnis
(Anzahl Spulenumdrehungen pro Doppelhub), der durch das Windungsverhältnis bestimmte
Steigungswinkel der Fadenverlegung, der dem halben Kreuzungswinkel entspricht, und
die Geschwindigkeit.
[0005] Unter wilder Wicklung versteht man Wicklungen, deren Windungsverhältnis mit wachsendem
Spulendurchmesser kontinuierlich abnimmt, wobei der Kreuzungswinkel konstant bleibt.
Der konstante Kreuzungswinkel über den ganzen Spulendurchmesser hat eine gute Formstabilität
und Transportfähigkeit der so hergestellten Spule zur Folge. Nachteile entstehen durch
ungünstige Windungszahlen, die sich während des Spulenaufbaus bei bestimmten Spulendurchmessern
als sogenannte Bilder oder Bildzonen bemerkbar machen.
[0006] In diesen Zonen wird Faden dicht neben Faden oder sogar Faden auf Faden direkt übereinandergelegt.
Die Folge dieser Bildzonen ist eine ungleichmässige Garnabwicklung, was später zu
Fadenzugkraftspitzen beim Abwickeln führen kann. Da bei den folgenden Verarbeitungsprozessen
fast durchweg mit hohen bis sehr hohen Abzugsgeschwindigkeiten gearbeitet wird, stellen
die Bildzonen einen gravierenden Nachteil dar.
[0007] Bei der Präzisionswicklung bleibt das Windungsverhältnis während des gesamten Spulvorgangs
konstant. Der Kreuzungswinkel ändert sich und wird mit zunehmendem Spulendurchmesser
spitzer. Eine präzisionsgewickelte Spule kennt bei optimal gewählter Windungszahl
keine Bildzonen, was sehr gute Abzugseigenschaften zur Folge hat. Dagegen ist die
Formstabilität wegen des sich über den Spulenaufbau ändernden Steigungswinkels der
Fadenverlegung nicht so gut.
[0008] Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Präzisionswicklungen zwar problemlosen Fadenabzug
gewährleisten, jedoch im Hinblick aufFormstabilität und Transportfähigkeit der Spulen
nicht immer befriedigen, während wilde Wicklungen zwar zu stabil gebauten Spulen,
aber auch zu ungünstigen Abzugseigenschaften führen.
[0009] Die Stufenpräzisionswicklung stellt eine Kombination der beiden Wickelgesetze, wilde
Wicklung und Präzisionswicklung, dar und optimiert deren Vorteile bei gleichzeitiger
Minimierung der Nachteile. Bei Spulbeginn ist das Windungsverhältnis vorgegeben und
nach Abnahme des Kreuzungswinkels um einen vorgegebenen Betrag wird aufeine vorgegebene
tiefere Windungszahl umgeschaltet. Es entstehen so konzentrische Ringe mit Präzisionswicklung,
wobei von Ring zu Ring mit zunehmendem Spulendurchmesser die Windungszahl sprunghaft
diskrete vorgegegebene Wert so annimmt, dass der Kreuzungswinkel nur in engen Grenzen
variiert. Der angenähert konstante Kreuzungswinkel entspricht einer wilden Wicklung
und die Beibehaltung des Windungsverhältnisses in Durchmesserstufen einer Präzisionswicklung.
[0010] Die Stufenpräzisionswicklung, welche unbestrittene Vorteile aufweist, kann bisher
auf Flügelaggregaten nicht hergestellt werden und ist bis heute den Fadenführeraggregaten
mit positiver Fadenführung vorbehalten.
[0011] Durch die Erfindung soll nun ein Flügelaggregat angegeben werden, mit welchem eine
Stufenpräzisionswicklung hergestellt werden kann, um so die Vorteile des Flügelaggregats,
schonende Fadenbehandlung und hohe Spulgeschwindigkeit, mit den Vorteilen der Stufenpräzisionswicklung
kombinieren zu können.
[0012] Die gestellte Aufgabe wird erfindungsgemäss dadurch gelöst, dass zwischen dem Antrieb
der Fadenführerflügel und dem Antrieb der Spulenwelle keine zwangsläufige mechanische
Verbindung besteht, und dass für die Fadenführerflügel und die Spulenwelle je ein
separater Antrieb vorgesehen ist.
[0013] Eine erste bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Fadenführungsvorrichtung
ist dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Antriebe über eine gemeinsame Steuerung
verbunden sind, in welche die Spulparameter und die Wickelgesetze für eine Stufenpräzisionswicklung
eingebbar sind.
[0014] Eine zweite bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemässen Fadenführungsvorrichtung
ist dadurch gekennzeichnet, dass durch die Steuerung eine Regelung der Changierbewegung
des Fadens anhand der Spulenumdrehung erfolgt.
[0015] Durch die erfindungsgemässe Aufhebung der zwangsläufigen antriebsmässigen Verbindung
zwischen Fadenführerflügeln und Spulenwelle wird es erstmals möglich, auf einem Flügelaggregat
eine Stufenpräzisionswicklung herzustellen. Dabei wird vorzugsweise die Bewegung der
Fadenführerflügel anhand des Spulenantriebs geregelt. Die Spulparameter und die Wickelgesetze
für die Stufenpräzisionswicklung können in der Steuerung in Form von Tabellen oder
Kurven für verschiedene Arten von Stufenpräzisionswicklungen und für verschiedene
Fadenmaterialen gespeichert sein, und die jeweils anzuwendende Tabelle wird aus dem
Speicher entweder von Hand oder automatisch abgerufen.
[0016] Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels und der Zeichnungen
näher erläutert; es zeigen:
- Fig. 1
- eine schematische Darstellung einer mit einer erfindungsgemässen Fadenführungsvorrichtung
ausgerüsteten Spulstelle einer Spulmaschine, in Blickrichtung parallel zur Spulenachse,
- Fig. 2
- eine Ansicht in Richtung des Pfeiles II von Fig. 1; und
- Fig. 3, 4
- ein Detail der Fadenführungsvorrichtung von Fig. 1 und 2 in zwei verschiedenen Betriebszuständen.
[0017] Die in den Fig. 1 und 2 dargestellte Spulstelle besteht im wesentlichen aus einer
durch einen Spulenantrieb 1 antreibbaren Spulenwelle oder Spulspindel 2 zur Aufnahme
einer Spulenhülse 3, auf die eine Kreuzspule 4 aufgewickelt wird, und aus einer Fadenverlegung
5 zur Verlegung eines von einer nicht dargestellten Vorratsspule in Richtung des Pfeiles
P abgezogenen Fadens F. Die Spulenwelle 2 ist am freien Ende einer am Maschinengestell
6 schwenkbar gelagerten Wippe 7 drehbar angeordnet, welche im Uhrzeigersinn federnd
nach unten gekippt wird, wobei die Spule 4 aufeiner rotierbar gelagerten Stützrolle
8 aufliegt.
[0018] Die Spulenhülse 3 ist entweder auf die als Dorn ausgebildete Spulenwelle 2 aufgesteckt
und auf dieser befestigt, oder sie ist zwischen zwei Flanschen gehalten, von denen
der eine auf der Spulenwelle 2 angeordnet ist.
[0019] Die Fadenverlegung 5 ist ein sogenanntes Flügelaggregat, mit zwei durch einen Flügelantrieb
9 antreibbaren Fadenführerflügeln 10 und 11, von denen in den Fig. 1 und 2 nur der
Flügel 10 eingezeichnet ist, und einer Bogenscheibe 12. Wie den Fig. 3 und 4 zu entnehmen
ist, sind die beiden Fadenführerflügel 10 und 11, welche übereinander angeordnet sind,
gegenläufig rotierbar angetrieben. Die Fadenführerflügel 10 und 11 liegen oberhalb
der eine Fadenauflage bildenden Bogenscheibe 12, welche sie berührungsfrei überstreichen,
und tauchen periodisch aus der eine Steuerkurve bildenden Kontur der Bogenscheibe
12 hervor und wieder hinter diese zurück. Zu diesem Zweck sind die Fadenführerflügel
10 und 11 auf zwei zueinander parallelen Achsen angeordnet, welche exzentrisch zur
Bogenscheibe 12 liegen.
[0020] Der Antrieb der Fadenführerflügel ist in Fig. 1 durch eine Antriebswelle 13 und eine
gezahnte Büchse 14 symbolisiert, wobei die Antriebswelle 13 zwei Schnecken und die
Büchse 14 einen der Fadenführerflügel trägt. Bezüglich weiterer Einzelheiten des Flügelaggregats
wird auf die CH-A-448 835 verwiesen.
[0021] Fig. 3 zeigt den Augenblick der Fadenübergabe am rechten Umkehrpunkt der Changierbewegung.
Darstellungsgemäss taucht bei der Fadenübergabe der Fadenführerflügel 10, der den
Faden F an den Übergabepunkt transportiert hatte, mit seiner Spitze hinter die Kontur
der Bogenscheibe 12 zurück und gibt dadurch den Faden F frei, der jetzt nur an der
Kontur der Bogenscheibe 12 anliegt. Gleichzeitig taucht der Fadenführerflügel 11 aus
der Kontur der Bogenscheibe 12 heraus, übernimmt den Faden F und transportiert ihn
nach links (Fig. 4). Zur exakten Fadenpositionierung an den Übergabepunkten sind in
deren Bereich unterhalb der Bogenscheibe 12 Fühungsnasen 15 vorgesehen, die zusammen
mit der Kontur der Bogenscheibe 12 je einen Fadeneinlaufschlitz bilden. Auf diese
Weise ist der Faden F zum Zeitpunkt seiner Übergabe in dem betreffenden Fadeneinlaufschlitz
geführt.
[0022] Aus den Fig. 1 und 2 ist ersichtlich, dass der Faden F bei seinem Abzug von der Vorratsspule
(nicht eingezeichnet) eine Spann- und Überwachungseinheit 16 durchläuft, die beispielsweise
eine Fadendämmung und einen Fadenwächter enthält.
[0023] Der Spulenantrieb 1 und der Flügelantrieb 9 sind durch geeignete Motoren gebildet,
die über eine Steuerung 17 verbunden sind, welche eine Art von elektronischem Getriebe
bildet. Diese Steuerung, in welche die Spulparameter, insbesondere das Windungsverhältnis
(Anzahl Spulenumdrehungen pro Doppelhub), der durch das Windungsverhältnis bestimmte,
dem halben Kreuzungswinkel entsprechende, Steigungswinkel der Fadenverlegung und die
Geschwindigkeit, eingebbar sind, regelt anhand der Spulenumdrehungen die Changierbewegung
des Flügelaggregats 5 so, dass auf der Spule 4 eine Stufenpräzisionswicklung hergestellt
wird.
[0024] Zu diesem Zweck wird der Wicklungsvorgang in einzelne Präzisionswicklungen mit beliebigem
Durchmesserverhältnis eingeteilt. Innerhalb einer solchen Wicklung bleibt die Windungszahl
konstant, während sich der Steigungswinkel verringert. In der nächstfolgenden Wicklung
wird die Windungszahl verringert, so dass sich der Steigungswinkel erhöht, usw., wobei
sich der Steigungswinkel innerhalb eines vorgegebenen Bereichs frei bewegt. Die Spulparameter
für verschiedene Stufenpräzisionswicklungen und Materialien sind in der Steuerung
17 in Form von Tabellen oder Kurven gespeichert. Ein Sensor für den Durchmesser der
Spule 4 oder gegebenenfalls für die Länge des aufgespulten Fadens F liefen bei Erreichen
des Durchmessers einer neuen Wicklung ein Signal an die Steuerung 17, die aufgrund
dieses Signals den zugehörigen Spulenumdrehungswert auswählt und den Spulenantrieb
1 entsprechend ansteuert.
1. Fadenführungsvorrichtung zum Aufspulen von Fäden zu Kreuzspulen, mit zwei gegenläufig
rotierbaren, übereinander angeordneten Fadenführerflügeln (10, 11) zur Verlegung des
Fadens (F) in jeweils einer Hubrichtung, wobei in den Bewegungsumkehrpunkten der Fadenverlegung
eine Übergabe des Fadens (F) von dem einen zum anderen Fadenführerflügel (10, 11)
und umgekehrt erfolgt, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Antrieb der Fadenführerflügel
(10, 11) und dem Antrieb der Spulenwelle (2) keine zwangsläufige mechanische Verbindung
besteht, und dass für die Fadenführungsflügel (10, 11) und die Spulenwelle (2) je
ein separater Antrieb (9 bzw. 1) vorgesehen ist.
2. Fadenführungsvorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden
Antriebe (1, 9) über eine gemeinsame Steuerung (17) verbunden sind, in welche die
Spulparameter und die Wickelgesetze für eine Stufenpräzisionswicklung eingebbar sind.
3. Fadenführungsvorrichtung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass durch die Steuerung
(17) eine Regelung der Changierbewegung des Fadens (F) anhand der Spulenumdrehung
erfolgt.
4. Fadenführungsvorrichtung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass in der Steuerung
(17) Parameter für verschiedene Stufenpräzisionswicklungen in Form von Tabellen oder
Kurven gespeichert sind.
5. Fadenführungsvorrichtung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die
Steuerung (17) Tabellen oder Kurven mit den Parametern für Stufenpräzisionswicklungen
für verschiedene Materialien enthält.