(19)
(11) EP 1 001 134 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.05.2000  Patentblatt  2000/20

(21) Anmeldenummer: 99120626.9

(22) Anmeldetag:  18.10.1999
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7E21D 21/00, E21D 9/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH CY DE DK ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priorität: 13.11.1998 DE 19852455

(71) Anmelder: Geoforschungszentrum Potsdam
14473 Postdam (DE)

(72) Erfinder:
  • Borm, Günter
    76227 Karlsruhe (DE)
  • Schmidt-Hattenberger, Cornelia
    12209 Berlin (DE)
  • Giese, Rüdiger
    14715 Schmetzdorf (DE)
  • Bribach, Jens
    14478 Potsdam (DE)

(74) Vertreter: Hertz, Oliver, Dr. 
v. Bezold & Sozien, Akademiestrasse 7
80799 München
80799 München (DE)

   


(54) Verankerungseinrichtung mit seismischem Sensor


(57) Eine Verankerungseinrichtung mit einem Ankerstab (21) und einem Ankerkopf oder ein Aufnehmerstab zur Seismik und Tomographie von Gebirgszonen, besitzt mindestens einen am Ankerstab (21) angebrachten Schwingungssensor (25-27). Es wird ein Verfahren zur hochauflösenden Seismik oder Tomographie von Gebirgszonen oder Bauwerken beschrieben.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Verankerungseinrichtung, insbesondere ein Ankerelement für den Grundbau, Felsbau, Bergbau oder Massivbau, und einen seismischen Sensor, wie z.B. ein Geophon oder ein Akzelerometer, sowie Verfahren zur räumlich hochauflösenden Seismik und seismischen Tomographie in der Erdkruste oder in Bauwerken, insbesondere zur untertägigen seismischen Gebirgserkundung (sogenannte "Tunnel Seismic Prediction" oder TSP).

[0002] Beim Tunnelbau im Gebirge durch Vollausbruch mit Tunnelbohrmaschinen (TBM) erfolgt eine seismische Vorauserkundung des Gebirges zur Untersuchung des Festgesteins in Vortriebsrichtung. Die Vorauserkundung ist darauf gerichtet, bautechnisch relevante Gebirgsänderungen im Vor- und Umfeld des Tunnelvortriebs vorherzusagen und felsmechanische Parameter im Vortriebsbereich zu gewinnen. Ein bekanntes Vorauserkundungsverfahren, das vom Unternehmen "Amberg Meßtechnik" (Scweiz) mit dem System "TSP 202" implementiert wird, ist im folgenden unter Bezug auf Fig. 4 erläutert.

[0003] Fig. 4 zeigt in schematischer Seitenansicht den Vortrieb eines Tunnels 40 in einem Gebirge 41 mit einer Tunnelbohrmaschine 42. Zur Vorauserkundung wird im Tunnel 40 hinter der Tunnelbohrmaschine 42 (oder auch beim Sprengvortrieb ohne Tunnelbohrmaschine) mit Einzelsprengungen oder einer Sprengschnur 43 eine Serie von seismischen Sprengungen ausgelöst, wodurch sich Schwingungssignale oder akustische Signale insbesondere in Vortriebsrichtung ausbreiten. Diese Signale werden in Bereichen veränderter Gebirgsfestigkeit (Störungen, Gesteinswechsel) aufgrund der sich ändernden seismischen Ausbreitungsgeschwindigkeit in diesen Zonen teilweise reflektiert. Die reflektierten Signale werden von einem seismischen Aufnehmer 44 erfaßt. Die Zonen 41a und 41b liefern verschiedene Laufzeiten der reflektierten Signale ("Echolaufzeiten"), aus denen die Raumlage der Zonen, der Schnittwinkel mit der Tunnelachse und der Abstand zur Tunnelbrust 45 berechnet werden. Beim System TSP 202 besteht der Aufnehmer 44 aus einer kraftschlüssig im Gebirge eingebrachten Verrohrung, die mehrere Gruppen hochsensitiver Akzelerometer enthält. Die Serie seismischer Sprengungen wird durch die Einzelsprengungen oder die Sprengschnur 43 und eine zugehörige Zündsteuerung realisiert.

[0004] Das herkömmliche Vorauserkundungsverfahren besitzt die folgenden Nachteile. Die Anbringung des Aufnehmers 44 erfordert die Einbringung einer gesonderten Bohrung und Einzementierung der Verrohrung. Außerdem müssen Schußbohrungen für die Einzeisprengungen bzw. die Sprengschnur 43 eingebracht werden. Diese Maßnahmen sind arbeits- und zeitaufwendig. Die eigentliche seismische Messung erfordert eine Unterbrechung des Vortriebs zur Auslösung der Ladungen in den Schußbohrungen und für die seismische Aufzeichnung, wodurch ein zusätzlicher Zeitaufwand entsteht, der den eigentlichen Tunnelbaubetrieb stört. Ein weiteres Problem besteht in der Beschränkung des herkömmlichen Systems auf wenige (z.B. vier) Meßkanäle, wodurch die Heterogenitäten im Gebirge nur ungenau erfaßt werden können. Schließlich ist das herkömmliche System auf eine zweidimensionale Erfassung der Heterogenitäten im Gebirge, nämlich in Bezug auf die Vortriebsrichtung oder Tunnelachse und auf den radialen Abstand von dieser, beschränkt. Damit kann nur ein unvollständiges Bild vom den Tunnel umgebenden Gebirge und damit nur eine unvollständige Vorhersage und Dokumentation der tunnelbaurelevanten Parameter erreicht werden.

[0005] Es ist ferner allgemein bekannt, beim Tunnelbau im Gebirge anstelle eines massiven Ausbaus einen Verankerungsausbau (Systemankerung) der Tunnelwände vorzunehmen. Es ist bekannt, Felsanker beispielsweise aus glasfaserverstärktem Kunststoff (sogenannte "GFK"-Anker) herzustellen. GFK-Anker werden beispielsweise vom Unternehmen "H. Weidmann AG" (Schweiz) vertrieben. Ein GFK-Anker besteht aus einem Ankerstab, einer Ankerplatte und einer Ankermutter, von denen zumindest der Ankerstab aus glasfaserverstärktem Kunststoff besteht. GFK-Anker werden in entsprechende, vom Tunnel her in das Gebirge eingebrachte Ankerbohrungen mit Kunstharzklebern eingebracht und -geklebt (Klebeanker). Alternativ werden sogenannte Injektionsanker (aus GFK) verwendet; das sind Hohlrohre, bei denen der Zweikomponenten-Kunstharzkleber durch das Rohr gepreßt wird, am unten offenen Ende austritt und von dort zurück den Ringspalt zwischen Anker und Bohrlochwand ausfüllt und verklebt. Die Anbringung erfolgt anwendungsabhängig kamm- oder igelartig in der Tunnelwand quer zur Vortriebsrichtung oder als Vorausverankerung in Vortriebsrichtung. GFK-Anker werden beispielsweise in der Publikation "Sicherungs- und Befestigungstechnik im Untertagebau" in "Schweizer Baublatt" (Nr. 24, 1994) beschrieben.

[0006] Aus der Wo 98/19044 ist eine Verankerungseinrichtung auf der Basis eines GFK-Ankers bekannt, die zur Dehnungsmessung im Gebirge eingerichtet ist. In die Verankerungseinrichtung ist mindestens ein Lichtleiter integriert, der mindestens ein Bragg'sches Gitter aufweist und zur Dehnungs- oder Kraftmessung in Wandungen von Hohlräumen beispielsweise des Gebirges oder in Bauwerken eingerichtet ist. Derartige GFK-Anker mit integrierten Lichtleitern erlauben auch schnell veränderliche Dehnungsmessungen (einige kHz), der apparative Aufwand für eine hochauflösende Messung der seismischen Schwingunsamplitude mit dem faseroptischen System ist jedoch wesentlich höher als für die Geophon-Meßaufnehmer.

[0007] Die oben am Beispiel der seismischen Vorauserkundung beim Tunnelbau erläuterten Probleme treten auch allgemein bei seismischen Untersuchungen der Erdkruste oder in der Bautechnik (z.B. Großbauten wie Kraftwerksmauern, Pfahlgründungen und dgl.) auf, wenn im untersuchten Boden- oder Bauwerksbereich Heterogenitäten durch Schall- oder Schwingungsmessungen erfaßt werden sollen.

[0008] Die Aufgabe der Erfindung ist es daher, eine verbesserte Vorrichtung zur Schwingungsuntersuchung, insbesondere in der Tunnelbautechnik, Seismik und Bautechnik, anzugeben, mit der die jeweiligen Schwingungsuntersuchungen mit vermindertem Zeitaufwand und erhöhter Genauigkeit durchgeführt werden können. Es soll insbesondere möglich sein, von den herkömmlichen zweidimensionalen zu dreidimensionalen Untersuchungen überzugehen. Die Aufgabe der Erfindung ist es auch, ein verbessertes Verfahren unter Einsatz einer derartigen Vorrichtung anzugeben.

[0009] Die genannten Aufgaben werden mit einer Verankerungseinrichtung, einem Aufnehmerstab einer Systemankerung und einem tomographischen Schwingungsmeßverfahren mit den Merkmalen gemäß den Patentansprüchen 1, 7, 9 bzw. 11 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen und Anwendungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.

[0010] Gemäß einen ersten wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung wird eine Verankerungseinrichtung (oder: Ankerelement), insbesondere mit einem Ankerstab und einen Ankerkopf, angegeben, wobei am oder in der Verankerungseinrichtung mindestens ein Schwingungssensor angebracht ist. Als Schwingungssensor sind beispielsweise Geophone und/oder Akzelerometer einsetzbar. Es ist vorzugsweise eine integrierte Anbringung im Körper des Ankerstabes oder an dessen ankerkopffernen Ende vorgesehen, so daß der oder die Schwingungssensor(en) mit der Verankerungseinrichtung eine Einheit bilden. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird ein GFK-Gebirgsanker mit mindestens einem Geophon und/oder Akzelerometer ausgerüstet. Eine erfindungsgemäße Verankerungseinrichtung kann jedoch allgemein auch auf der Basis anderer Arten von Felsankern gebildet sein. Es kann auch vorgesehen sein, daß der mindestens eine Schwingungssensor durch mindestens einen anderweitigen Sensor (z.B. Schallsensor, Sensor zur Erfassung weiterer geophysikalischer Größen, wie z.B. Temperatur, Druck oder dgl.) ersetzt ist.

[0011] Gemäß einem zweiten wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung wird ein Aufnehmerstab angegeben, der als Träger für mindestens einen Schwingungssensor ausgelegt ist. Als Schwingungssensor sind wiederum beispielsweise Geophone und/oder Akzelerometer einsetzbar. Der Aufnehmerstab besteht aus Metall (z.B. Stahl) oder vorzugsweise aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Der Aufnehmerstab kann beispielsweise wie der Ankerstab der erfindungsgemäßen Verankerungseinrichtung (ohne Ankerkopf) aufgebaut sein.

[0012] Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt der Erfindung besteht darin, aus einer Vielzahl der genannten Verankerungseinrichtungen oder Aufnehmerstäbe Schwingungs-Empfängeranordnungen zur räumlich hochauflösenden Reflexions- und Refraktionsseismik oder seismischen Tomographie anzugeben. Eine bevorzugte Anwendung ist die Gestaltung einer Systemankerung beim Ausbau einer Tunnelwand unter mindestens teilweiser Verwendung der genannten Verankerungseinrichtungen, so daß eine seismische Empfängeranordnung geschaffen wird. Bei Einsatz der Aufnehmerstäbe kann ebenfalls eine Systemanordnung von diesen beispielsweise in einer Tunnelwand oder einem Bauwerk vorgesehen sein.

[0013] Gemäß einem weiteren wichtigen Gesichtspunkt der Erfindung wird ein seismisches Vorauserkundungsverfahren für den Tunnelbau im Festgestein eines Gebirges unter Verwendung der genannten Schwingungs-Empfängeranordnung beschrieben.

[0014] Die Erfindung besitzt die folgenden Vorteile. Die Integration von Schwingungssensoren in Verankerungseinrichtungen erlaubt die Anbringung der Schwingungssensoren an den interessierenden Meßorten simultan zur ohnehin erforderlichen Anbringung der Verankerungseinrichtungen z.B. beim Ausbau einer Tunnelwand oder bei Anwendungen in der Bautechnik. Die erfindungsgemäße Verankerungseinrichtung besitzt somit eine Doppelfunktion. Einerseits ist sie Träger der Schwingungssensoren und andererseits besitzt sie eine Sicherungswirkung für die ausgebaute Wand. Durch diese Doppelfunktion unterscheidet sich die erfindungsgemäße Verankerungseinrichtung von allen herkömmlichen Trägern von Schwingungssensoren. Dieser Vorteil betrifft auch den Aufbau des erfindungsgmäßen Aufnehmerstabs, wenn dieser eine Sicherungswirkung übernimmt. Dadurch wird der Zeitaufwand für die Durchführung der Messungen erheblich reduziert. Ferner wird eine verhältnismäßig dichte Sensoranordnung geschaffen, die eine dreidimensionale Meßauswertung mit erhöhter Genauigkeit erlaubt. Insbesondere der Einsatz von Geophonen oder Akzelerometern ist dadurch vorteilhaft, daß eine reproduzierbare Meßwertgewinnung unabhängig von etwaigen Störungen unter Felöbedingungen realisiert werden kann. Es können gering ausgedehnte Heterogenitäten und/oder Deformationen im Gestein oder in einem Bauwerk erfaßt und lokalisiert werden. Die Meßwertgewinnung kann unmittelbar an der Verankerungseinrichtung erfolgen. Das erfindungsgemäße Vorauserkundungsverfahren kann routinemäßig beim Tunnel-Baubetrieb ohne gesonderte Umstände implementiert werden. Die erfindungsgemäße Verankerungseinrichtung mit integriertem Sensor ist besonders gut zur Erfassung dynamischer Signale geeignet, wie sie bei der Reflexionsseismik auftreten.

[0015] Weitere Vorteile ergeben sich daraus, daß das Meß- und Auswertesystem zur seismischen Tomographie mobil ausgeführt sein kann. Das Meß- und Auswertesystem wird beispielsweise im Tunnel oder im Bauwerk am interessierenden Ort an die jeweiligen Verankerungseinrichtungen angeschlossen. Die Meßwerte der Schwingungssensoren werden erfaßt und ausgewertet. Das Meß- und Auswertesystem kann aber auch ortsfest im Tunnel und mit einer Vielzahl oder allen Verankerungseinrichtungen verbunden und für eine parallele oder serielle Anfrage eingerichtet sein, so daß sich nach geeigneter Schwingungserzeugung oder Anregung laufend Bilder vom umgebenden Gebirge oder Bauwerk ermitteln lassen.

[0016] Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung werden aus den beigefügten Zeichnungen ersichtlich. Es zeigen:
Fig. 1
schematische Längs- und Querschnittsansichten eines Tunnels mit einer Anordnung von Verankerungseinrichtungen oder Aufnehmerstäben gemäß der Erfindung;
Fig. 2
eine vergrößerte, schematische Schnittansicht des Endes eines Ankerstabes einer erfindungsgemäßen Verankerungseinrichtung;
Fig. 3
eine schematische Perspektivansicht zur Illustration der erfindungsgemäßen Verfahrensweise; und
Fig. 4
eine schematische Schnittansicht zur Illustration eines herkömmlichen Vorauserkundungsverfahrens (Stand der Technik).


[0017] Die Erfindung wird im folgenden am Beispiel eines Ankers für den Gebirgs-Tunnelbau erläutert, ist jedoch nicht auf diese Anwendung beschränkt, sondern auch bei anderen seismischen Messungen in der Erdkruste oder in der Bautechnik anwendbar. Ferner kann neben oder anstelle der im folgenden beschriebenen Integration von Schwingungssensoren in einer Verankerungseinrichtung diese mit zusätzlichen Sensoren, z.B. einem Dehnungssensor gemäß der obengenannten WO-Publikation oder der o.a. Sensoren für geophysikalische Größen, versehen sein.

[0018] Fig. 1 zeigt einen Tunnel 10 in einem druckhaften Gebirgsbereich 11 mit einer Systemankerung 12 in Längs-(A)- und Quer-(B)-Schnittdarstellung (nach S. Flury et al. in "Tunnel", 1998, S. 26 ff.). Die Systemankerung 12 umfaßt seitliche Wandanker 121 und eine Vorausverankerung 122, die als Ortbrustsicherung dient. Es sind ferner die Ortbetonsohle 101, eine Spritzbetonbewährung 102, eine Ortbetonverkleidung 103 (Fig. 1(A)) und ein verformbarer Stahleinbau 104 (Fig. 1(B)) dargestellt. Der Tunneldurchmesser liegt beispielsweise im Bereich von 6 bis 12 m.

[0019] Die Anbringung der Wandanker 121, 122 der Systemankerung 12 oder von Aufnehmerstäbe gemäß einer Systemanordnung entspricht dem an sich bekannten Tunnelausbau und den zur Erzielung einer bestimmten Ausbaustabilität erforderlichen Anforderungen an die Dichte und Ausrichtung der Wandanker in Bezug auf die Tunnelwand. Dementsprechend sind die Wandanker 121 und die Vorausverankerung 122 igelartig, sich radial bzw. axial in das Gebirgsgestein erstreckend angeordnet. Es werden ggf. jedoch noch weitere Schräg-Wandanker 123 eingesetzt, die abweichend von der radialen Anordnung der seitlichen Wandanker 121 mit der Tunnelachse 13 einen Winkel bilden, der kleiner als 90° ist. Die nur im oberen Teil der Fig. 1(A) bzw. (B) gezeigten Schräg-Wandanker 123 können in allen Tunnelbereichen angebracht sein und in Bezug auf den Anstellwinkel gegenüber der Tunnelachse 13 variieren. Die Schräg-Wandanker 123 besitzen zwar auch eine Ausbaufunktion, dienen aber ferner insbesondere zur Verbesserung der Auflösung der seismischen Tomographie des umgebenden Gebirges (s. unten).

[0020] Als Wandanker 121-123 sind alle Formen von Wandankern oder Ankerelementen geeignet, die eine Integration von Sensoren erlauben. Es werden jedoch GFK-Anker bevorzugt. Erfindungsgemäß ist vorgesehen, daß einige oder alle der Wandanker 121-123 erfindungsgemäße Verankerungseinrichtungen sind oder an den entsprechenden Orten erfindungsgemäße Aufnehmerstäbe vorgesehen sind, deren Einzelheiten weiter unten unter Bezug auf Fig. 2 erläutert werden. Die Wandanker, die erfindungsgemäß mit mindestens einem Schwingungssensor ausgestattet sind, bilden eine Empfangsantennenanordnung zur räumlich hochauflösenden seismischen Tomographie des Gebirges.

[0021] Einzelheiten einer erfindungsgemäßen Verankerungseinrichtung, die als mindestens einer der Wandanker in der igelartigen Systemankerung gemäß Fig. 1 vorgesehen sein kann, sind in der schematischen Schnittansicht gemäß Fig. 2 dargestellt. Ein erfindungsgemäßer Aufnehmerstab ist analog aufgebaut. Fig. 2(A) zeigt das vom Ankerkopf (nicht dargestellt) bzw. im Verankerungszustand von der Tunnelachse abgewandte Ende eines Wandankers 20 mit dem Ankerstab 21, der eine Kabelführung 22 enthält, einem Ankerstabaufsatz 23, der über einen Verbindungsbereich 24 mit dem Ankerstab 21 verbunden ist und drei Schwingungssensoren 25, 26, 27 enthält, und einer Stabspitze 28, die zum Durchstechen der Klebepatrone beim Einkleben des Wandankers 20 im Gebirgsgestein eingerichtet ist. Die Dimensionen des Wandankers 20 sind an die üblichen Dimensionen eines GFK-Ankers angepaßt. Demnach kann der Durchmesser des Ankerstabs 21 z.B. rd. 2 bis 3 cm betragen. Die Kabelführung 22 zur Durchführung der elektrischen Signalleitungen (nicht dargestellt) für die Schwingungssensoren 25, 26, 27 besitzt einen Durchmesser von rd. 5 mm (bei Injektionsankern rd. 10 mm). Der Durchmesser des Stabaufsatzes 23 ist an den des Ankerstabs 21 angepaßt. Die axiale Länge des Stabaufsatzes 23 ist in Abhängigkeit von der Zahl und Größe der Schwingungssensoren gewählt und beträgt beispielsweise rd. 6 cm. Der Verbindungsbereich 24 zwischen dem Stabaufsatz 23 und dem Ankerstab 21 wird beispielsweise durch eine Klebe-, Steck- oder Schraubverbindung gebildet.

[0022] Der Stabaufsatz 23 enthält mehrere Schwingungssensoren, die beispielsweise Geophone und/oder Akzelerometer umfassen. Die Schwingungssensoren sollten vorzugsweise einen meßbaren Frequenzbereich besitzen, der bis zu 2,5 kHz bis 3 kHz reicht, um bei Ausbreitungsgeschwindigkeiten seismischer Wellen von rd. 5000 m/s im Festgestein eine Auflösung von rd. 1 bis 2 m zu erzielen. Außerdem sollte die Schwingungssensoren genügend klein dimensioniert sein, um im Ankerstabaufsatz angebracht werden zu können. Es handelt sich vorzugsweise um an sich kommerziell verfügbare, miniaturisierte Schwingungssensoren, die hier nur schematisch quadratisch bzw. kreisförmig dargestellt sind. Ein Geophon, z.B. vom Typ GS-14-LD, GS-14-L3 oder GS-14-L9, kann gemäß Fig. 2(B) typische Dimensionen a · b von rd. 16 · 18 mm2 besitzen. Die erfindungsgemäß eingesetzten drei Geophone arbeiten vorzugsweise in allen Richtungslagen, d.h. sie können in allen Raumrichtungen angebracht werden.

[0023] Die Schwingungssensoren 25, 26, 27 sind so im Stabaufsatz 23 angeordnet, daß die Auswertung der Echolaufzeiten oder des Zeitmusters empfangener seismischer Schwingungen, die durch eine gemeinsame Schwingungsanregung und Reflexion an Gebirgsheterogenitäten verursacht worden sind, in Bezug auf die räumliche Ausbreitungsrichtung der jeweiligen Schwingung meßbar sind. Hierzu ist ein erster Schwingungssensor 27 axial auf der Längsachse des Wandankers 20 angeordnet. Die übrigen Schwingungssensoren 25, 26 sind in Bezug auf die Längsachse des Wandankers 20 in verschiedene Richtungen außermittig versetzt, jeweils an die Außenwand des Stabaufsatzes 23 angrenzend angeordnet. Die Geometrie dieser in Bezug auf die Längsachse versetzten Anordnung ist in Fig. 2(C) in schematischer Querschnittsansicht illustriert. Zur Orientierung der Sensoranordnung im Bohrloch enthält der GFK-Anker am Ankerkopf eine Markierung.

[0024] Die als Schwingungssensoren eingesetzten Geophone werden anwendungsabhängig gewählt. Mit einer Eigenfrequenz von rd. 20 Hz dienen die auf elektrodynamischen Meßprinzipien basierenden Geophone vorzugsweise zur Geschwindigkeitsmessung, wohingegen Akzelerometer z.B. auf piezoelektrischer Basis mit Eigenfrequenzen im kHz-Bereich als Beschleunigungsaufnehmer dienen.

[0025] Der Aufbau des Stabaufsatzes 23 gemäß Fig. 2(A) kann anwendungsabhängig modifiziert werden. Dies betrifft sowohl die Anordnung als auch die Zahl der einzelnen Empfänger, die größer oder kleiner als 3 sein kann. Die Anordnung kann die Form eines in Bezug auf die Längsachse des Ankerstabs schräg gestellten Dreibeines gewählt sein.

[0026] Die Anbringung der Schwingungssensoren im Stabaufsatz 23 am Ende des Wandankers 20 stellt einen besonderen Vorteil der Erfindung dar. Die Geophone sind kraftschlüssig am Anker befestigt und über den Stabkörper 21 bzw. den Stabaufsatz 23 und die Zweikomponentenverklebung unmittelbar in mechanischem Kontakt mit dem umgebenden Gebirgsgestein. Der Wandanker 20 wird durch den Stabaufsatz 23 in seiner Stabilität und Funktion nicht geschwächt. Bei einer alternativen Gestaltung kann jedoch vorgesehen sein, daß die Schwingungssensoren nicht in einem Stabaufsatz, sondern unmittelbar im Körper des Ankerstabs 21 integriert sind, falls dieser einen genügend großen Durchmesser besitzt bzw. die Schwingungssensoren genügend klein (z.B. als Mikrosysteme ausgeführt) sind.

[0027] Zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Verankerungsvorrichtung wird im wesentlichen wie bei der Herstellung herkömmlicher GFK-Anker vorgegangen, wobei jedoch bei der Herstellung des glasfaserverstärkten Kunststoffs von vornherein die Einbringung der Kabelführung 22 und die Gestaltung des Verbindungsbereiches 24 vorgesehen sind. Der Stabaufsatz 23 mit der Stabspitze 28 kann dann als unabhängig herstellbare Kappe nach Einziehen der Signalleitungen (nicht dargestellt) auf dem Verbindungsbereich 24 aufgesetzt werden.

[0028] Eine Ausführungsform der erfindungsgemäßen Verfahrensweise wird im folgenden unter Bezug auf Fig. 3 erläutert. Fig. 3 zeigt in schematischer Perspektivdarstellung einen Tunnel 30 im Gebirge 31 mit einer Tunnelbohrmaschine 32 und einer Systemankerung 33, die entsprechend der Darstellung von Fig. 1 ausgebildet ist. Die Tunnelbohrmaschine 32 ist mit einer seismischen Anregungseinrichtung 34 (Frequenz rd. 2-6 kHz) ausgerüstet. Die Anregungseinrichtung 34 ist beispielsweise zur mechanischen, elektrodynamischen oder piezoelektrischen Erzeugung seismischer Schwingungen vorgesehen und im Vortriebskopf der Tunnelbohrmaschine 32 oder in einem vorauseilenden Bohrloch angebracht. Falls in der Praxis keine Tunnelbohrmaschine, sondern ein normaler Sprengvortrieb verwendet wird, kann die Erfindung analog implementiert werden.

[0029] Erfindungsgemäß werden während der Auffahrung des Tunnels die hochauflösenden Reflexions- oder Refraktionsseismik oder seismische Tomographie durchgeführt, indem ausgehend von der Anregungseinrichtung 34 seismische Wellen in das Gebirgsgestein 31 abgestrahlt und mit Wandankern der Systemankerung 33 seismische Wellen empfangen werden, die an Heterogenitäten 31a, 31b im Gebirgsgestein 31 reflektiert worden sind. An den mit Schwingungssensoren ausgerüsteten, erfindungsgemäßen Wandankern der Systemankerung 33 werden die reflektierten Signale zeit-, richtungs- und/oder amplitudenselektiv erfaßt und einer Auswertungseinrichtung (nicht dargestellt) zugeführt. In der Auswertungseinrichtung erfolgt die Signalauswertung und Erzeugung einer Abbildung des interessierenden Gebirgsbereiches mit den darin befindlichen Heterogenitäten oder reflektierenden Zonen.

[0030] Abweichend von der Positionierung der Anregungseinrichtung im Vortriebsbereich kann alternativ auch vorgesehen sein, daß die seismische Anregung im bereits fertiggestellten Tunnel, d.h. hinter der Tunnelbohrmaschine 32, erfolgt, wie es beispielsweise vom herkömmlichen System TSP 202 her bekannt ist.


Ansprüche

1. Verankerungseinrichtung mit einem Ankerstab (21) und einem Ankerkopf,
gekennzeichnet durch
mindestens einen am Ankerstab (21) angebrachten Schwingungssensor (25-27).
 
2. Verankerungseinrichtung gemäß Anspruch 1, bei der mehrere Schwingungssensoren (25-27) vorgesehen sind, die jeweils verschiedene Relativpositionen in Bezug auf die Längsachse des Ankerstabs (21) besitzen.
 
3. Verankerungseinrichtung gemäß Anspruch 1 oder 2, bei der die Schwingungssensoren (25-27) in einem Stabaufsatz (23) am vom Ankerkopf abgewandten Ende des Ankerstabs (21) angeordnet sind und der Ankerstab (21) eine Kabelführung (22) von den Schwingungssensoren (25-27) hin zum Ankerkopf aufweist.
 
4. Verankerungseinrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei der drei Schwingungssensoren (25-27) vorgesehen sind, die entspechend einem orthogonalen Dreibein angeordnet sind.
 
5. Verankerungseinrichtung gemäß Anspruch 4, bei der die Schwingungssensoren (25-27) Geophone und/oder Akzelerometer umfassen.
 
6. Verankerungseinrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei der der Ankerstab (21) aus glasfaserverstärktem Kunststoff besteht.
 
7. Aufnehmerstab, der einen Träger für mindestens einen Schwingungssensor (25-27) bildet, der in den Aufnehmerstab integriert ist.
 
8. Aufnehmerstab gemäß Anspruch 7, der wie ein Ankerstab einer Verankerungseinrichtung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6 aufgebaut ist.
 
9. Systemankerung für den Tunnelbau oder für die Hochbautechnik bestehend aus einer Vielzahl von Wandankern, von denen mindestens ein Wandanker durch eine Verankerungseinrichtung mit den Merkmalen gemäß einem der Ansprüche 1-6 gebildet wird.
 
10. Systemanordnung für den Tunnelbau oder die Bautechnik, bestehend aus einer Vielzahl von Aufnehmerstäben gemäß einem der Ansprüche 7 oder 8.
 
11. Verfahren zur hochauflösenden Seismik oder Tomographie von Gebirgszonen oder Bauwerken, bei dem im Gebirgsgestein bzw. Bauwerk Schallwellen angeregt und Echo-Wellen, die an Heterogenitäten reflektiert worden sind, mit mindestens einer Verankerungseinrichtung gemäß einem der Ansprüche 1-6 oder mit mindestens einem Aufnehmerstab gemäß einem der Ansprüche 7 oder 8 erfaßt werden.
 
12. Verfahren gemäß Anspruch 11, bei dem eine Systemankerung (12, 33) zur hochauflösenden Seismik oder Tomographie des Gebirges verwendet wird.
 
13. Verfahren gemäß Anspruch 12, bei dem die Anregung seismischer Wellen im Gebirges mit einer Anregungseinrichtung (34) am Vortriebskopf einer Tunnelbohrmaschine (32) oder in einem vorauseilenden Bohrloch oder in einem Sprengvortrieb erfolgt.
 




Zeichnung













Recherchenbericht